Hattische Sprache

Witege

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Die Hattische Sprache gilt als die Sprache der Ureinwohner Anatoliens vor der Einwanderung der indogermanischen Hethiter, Luwier und Palaier. Die Sprache war bei der Einführung der Schrift bereits ausgestorben und wurde nur bei einigen religiösen Texten in hethitisch-hattischen Bilinguen verwendet. Eine Verwandschaft zu anderen Sprachen kann nicht bewiesen werden, am ähnlichsten scheint das Hurritsche, also eine kaukasische Sprache.

Da ich mich nicht gut mit den Hethitern auskenne und auch nichts genaueres im Netz gefunden habe, wollte ich fragen, ob diese Theorie als bewiesen gilt, oder eher verfasst wurde um die Kurgan-Hypothese zu stützen.
Brandschichten in den Hattisiedlungen sollen die kriegersische Eroberung belegen.

Gibt es hethitische Quellen die diese beschreiben und die Hatti eindeutig als anderssprachige Vorbevölkerung nennen?

Wie wird die hattische Sprache in der Anatolien-Hypothese erklärt?
Könnte es vielleicht sein, dass sie als religiöse Sprache mit Lehenswörter aus dem Hurritischen entstand?
 
Daß Hattisch und Hethitisch zwei unterschiedene Sprachen waren, ist unstrittig. Die Hethiter nannten ihre Sprache "nesili" bzw. "nesumnili", die hattische Sprache "hattili".

Umstritten ist vielmehr die Hypothese der Einwanderung der Hethiter um 2000 v. Chr., die lange als Lehrmeinung galt, bevor die Hypothese aufkam, daß

Für eine Einwanderung fehlen sämtliche Belege. Inzwischen gehen die Fachleute davon aus, daß die Indogermanen nicht erst um 2000 nach Anatolien gekommen sein können:

Norbert Oettinger, Indogermanische Sprachträger lebten schon im 3. Jahrtausend v. Chr. in Kleinasien, in: Die Hethiter und ihr Reich - das Volk der 1000 Götter (Ausstellungskatalog; Hrsg.: Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH; Redaktion: Helga Willinghöfer ), Stuttgart 2002; ISBN 3-8062-1676-2


Witege schrieb:
Wie wird die hattische Sprache in der Anatolien-Hypothese erklärt?

Welche Erklärung wäre hier vonnöten?
 
hyokkose schrieb:
Daß Hattisch und Hethitisch zwei unterschiedene Sprachen waren, ist unstrittig. Die Hethiter nannten ihre Sprache "nesili" bzw. "nesumnili", die hattische Sprache "hattili".
Das ist klar.
Es gibt aber doch keine Quellen über diese Sprache, welche sie als älter ausweist, oder?
Ich dachte nur, dass es eventuell möglich wäre, dass das Hattische von außerhalb für religiöse Zwecke übernommen wurde.

hyokkose schrieb:
Welche Erklärung wäre hier vonnöten?
Ich dachte, dass der anatolische Bereich(um Catal Hüjük) in dieser Hypothese als Wiege der indogermanischen Sprachen gilt, wodurch kein Platz mehr für die nicht indogermanischen Hattier wäre, von denen die Hethiter die Kultur übernahmen.
Aber es ist natürlich möglich, dass beide Völker nebeneinander in Anatolien lebten und die Hattier erst später von den Hethitern erobert wurden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Witege schrieb:
Aber es ist natürlich möglich, dass beide Völker nebeneinander in Anatolien lebten und die Hattier erst später von den Hethitern erobert wurden.

Zumal zwischen dem Beginn des Neolithikums und dem hethitischen Eroberungszug nach Hattusa noch ein paar Jahrtausende liegen.
 
Ich mach mal weiter, weil ich das von Hyokkose verwendete Buch auch im Schrank stehen habe.

Ich dachte nur, dass es eventuell möglich wäre, dass das Hattische von außerhalb für religiöse Zwecke übernommen wurde.

Das ist richtig. Oettinger führt aus, dass Hetitisch von der hattischen Sprache beeinflusst wurde. In den ältesten religiösen Texten der Hethiter ruft man die Götter auch durch Gebete in hattischer Sprache an, wobei oftmals eine hethitische Übersetzung vonnöten war. Eins zu eins ins Nesa-Hetitische übernommen wurde nur der Name der Throngöttin Hamalsuitt.
 
Also stammten die Hattier nicht von den neolithischen Bauern aus Catal Hüjük, den Indogermanen nach diese Theorie, ab, waren den Hethitern aber kulturell überlegen?

Ist es überhaupt gesichert, dass die Einwohner von Hattusa im 18. Jahrhundert im Gegensatz zu den Einwohnern von Nesa keine Indogermanen waren?
 
Witege schrieb:
Also stammten die Hattier nicht von den neolithischen Bauern aus Catal Hüjük, den Indogermanen nach diese Theorie, ab, waren den Hethitern aber kulturell überlegen?

Angesichts der dazwischenliegenden Jahrtausende ergibt diese Frage für mich keinen rechten Sinn.


Witege schrieb:
Ist es überhaupt gesichert, dass die Einwohner von Hattusa im 18. Jahrhundert im Gegensatz zu den Einwohnern von Nesa keine Indogermanen waren?

Gibt es einen anderen plausiblen Grund, warum die nicht-indoeuropäischen Sprachreste als "hattili" bezeichnet wurden?
 
Lukrezia Borgia schrieb:
Das ist richtig. Oettinger führt aus, dass Hetitisch von der hattischen Sprache beeinflusst wurde. In den ältesten religiösen Texten der Hethiter ruft man die Götter auch durch Gebete in hattischer Sprache an, wobei oftmals eine hethitische Übersetzung vonnöten war. Eins zu eins ins Nesa-Hetitische übernommen wurde nur der Name der Throngöttin Hamalsuitt.
Das hat meine Frage wohl schon beantwortet.

Ich hielt die Hattier für die Ureinwohner ganz Anatoliens. Da die Hethiter aber von Süden kamen, passt es ja doch.



@Hyokkose:
Mir ist auch klar, dass dazwischen viel Zeit liegt. Aber offensichtlich habe ich diesen Thread eröffnet um zu erfahren was dazwischen geschah. Also falls du es besser weisst, wäre ich dankbar wenn du es kurz erklären könntest.
 
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hyokkose schrieb:
Angesichts der dazwischenliegenden Jahrtausende ergibt diese Frage für mich keinen rechten Sinn.
Naja, wenn die neolitische Bevölkerung Catal Hüyüks als Indogermanen gelten und die Hethiter, Luwier und Palaier auch Indogermanen sind. Was spricht dann trotz der Zeitspanne dagegen sie als Nachfahren anzusehen?
Das einzig, was ich wissen wollte ist, ob sie keine Nachfahren sind, obwohl sie quasi von den "Indogermanen" umringt waren.
 
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Witege schrieb:
@Hyokkose:
Mir ist auch klar, dass dazwischen viel Zeit liegt. Aber offensichtlich habe ich diesen Thread eröffnet um zu erfahren was dazwischen geschah. Also falls du es besser weisst, wäre ich dankbar wenn du es kurz erklären könntest.

Ihren eigenen Traditionen nach stießen die Hethiter von ihrem ursprünglichen Zentrum Neša her nach Norden vor, eroberten Hattuša und drangen bis zur Schwarzmeerküste vor.

Da vor dem 2. Jahrtausend keine Schriftquellen vorliegen, sind die einzigen Auskünfte über die Jahrtausende ab Çatal Hüyük archäologischer Art. Da liest sich schon eine Zusammenfassung recht kompliziert:
http://www.bag-verlag.de/shop/index...Schoop__Das_anatolische_Chalkolithikum389.htm
 
Alacahüyök ist eine der siedlungsgeschichtlich bedeutendsten Stätten, die bislang ausgegraben werden konnte. Sie war seit der Kupferzeit bewohnt und gibt daher Auskunft über die kulturellen Veränderungen in der betreffenden Zeit um 2.500-1.800 v.Chr.

http://www.kulturturizm.gov.tr/portal/arkeoloji_en.asp?belgeno=5966
http://www.politikforum.de/forum/archive/28/2004/07/1/67510

Eine andere Quelle sind assyrische Händler und ihre Niederschriften. So finden sich aufgrund der Handelsniederlassung in der Stadt Kanes ab 2.500 v.Chr. erstmals auch indogermanisch Personen- und Eigennamen in den Texten. (Brandau/Schickert: "Die Hethiter", S. 15f)
 
Pope schrieb:

Sehr niedlich ist der Beleg für die Einwanderung der "indioeuropäischen" Völkerstämme. Die sollen sogar aus Nordeuropa gekommen sein, man lese und staune:

Gegen Ende des dritten Jahrtausends v Chr kamen, im Zuge der großen Völkerwanderung, aus Nordeuropa viele indioeuropäische Völkerstämme in die wärmeren Länder Einer der Stämme waren die Hethiter, die über Kaukasien nach Anatolien kamen Allerdings haben sich die hethitischen Stämme mehr ins Land geschlichen, als dass sie es okkupiert hätten

Eine große Völkerwanderung, die sich dadurch auszeichnet, daß die Völker "geschlichen" sind. Und wie es sich für Indianer gehört, haben sie alle Spuren ihrer Wanderung hinter sich verwischt, so daß die Archäologie natürlich nichts finden kann.
 
hyokkose schrieb:
Sehr niedlich ist der Beleg für die Einwanderung der "indioeuropäischen" Völkerstämme. Die sollen sogar aus Nordeuropa gekommen sein, man lese und staune:

Eine große Völkerwanderung, die sich dadurch auszeichnet, daß die Völker "geschlichen" sind. Und wie es sich für Indianer gehört, haben sie alle Spuren ihrer Wanderung hinter sich verwischt, so daß die Archäologie natürlich nichts finden kann.

Ui, die Patzer hatte ich übersehen. Ich gebe zu, dass über die Hatti schlicht und ergreifend das Internet sich ausschweigt (Türkisch ist nicht meine Stärke).

Das Nordeuropa hatte ich wohl beim Überfliegen als Nordasien gelesen ... und das "Schleichen" stimmt ja insofern, als dass man davon ausgeht, dass die Einwanderer sich relativ gut und friedlich mit den Bewohnern arrangierten, bis Anitta um 1.800 v.Chr. "das Kriegsbeil ausgrub" ...
 
Pope schrieb:
und das "Schleichen" stimmt ja insofern, als dass man davon ausgeht, dass die Einwanderer sich relativ gut und friedlich mit den Bewohnern arrangierten, bis Anitta um 1.800 v.Chr. "das Kriegsbeil ausgrub" ...

Wobei die Frage ungeklärt ist, welches die Einheimischen und welches die Einwanderer sind.

Sind von den vier "Völkern", die eine Sprache hinterlassen haben (Hethitisch, Palaisch, Luwisch, Hattisch), drei eingewandert?

Oder könnte es auch andersrum gewesen sein?

Oder saßen die alle schon viel länger als seit 2000 v. Chr. dort?
 
hyokkose schrieb:
Wobei die Frage ungeklärt ist, welches die Einheimischen und welches die Einwanderer sind.

Ohne jetzt tiefer in meine beschränkte Bibliothek zu greifen, sagt mir mein gleichwohl beschränktes Gedächtnis, dass es einen kulturellen Horizont in Zentralanatolien gab, der in enger Beziehung zu Mesopotamien stand. Im Laufe des 3. Jtds. v.Chr. kamen neue, nicht-mesopotamische Elemente hinzu. Es gab also um 3.000-2.500 v.Chr. einen fließenden Kulturwandel, der scheinbar nicht aus dem Osten kam.

hyokkose schrieb:
Sind von den vier "Völkern", die eine Sprache hinterlassen haben (Hethitisch, Palaisch, Luwisch, Hattisch), drei eingewandert?

Davon gehe ich doch aus. Es wäre ja auch keine außergewöhnliche Geschichte. Ansonsten müsste das Hattische ja der Fremdkörper gewesen sein, was ich jedenfalls noch nirgendwo so gelesen habe.
 
Pope schrieb:
Davon gehe ich doch aus. Es wäre ja auch keine außergewöhnliche Geschichte. Ansonsten müsste das Hattische ja der Fremdkörper gewesen sein, was ich jedenfalls noch nirgendwo so gelesen habe.
In der Anatolien-Hypothese zur Herkunft der Indogermanen wird eben behauptet, dass die Indogermanen aus dem Gebiet um Catal Hüyük stammen.

Da der Grundgedanke der Anatolien-Hypothese, also dass sich die Sprache mit der wichtigsten Entwicklung, der Landwirtschaft, verbreitet hat, meiner Meinung nach einleuchtender ist als die Kurgan-Hypothese, habe ich mich für diesen "Fremdkörper" interessiert.



hyokkose schrieb:
Gibt es einen anderen plausiblen Grund, warum die nicht-indoeuropäischen Sprachreste als "hattili" bezeichnet wurden?
Hm ok. Hattusa wurde also auf jeden Fall von den Hattier gegründet. Meine Theorie, dass Hatti als rein religiöse Sprache abzutun, war wohl eindeutiger Quatsch.
Allerdings kann man doch nicht ausschließen, dass Hattusa nicht schon früher von indogermanisch sprechenden Menschen bewohnt wurde.
 
Witege schrieb:
In der Anatolien-Hypothese zur Herkunft der Indogermanen wird eben behauptet, dass die Indogermanen aus dem Gebiet um Catal Hüyük stammen.

Da der Grundgedanke der Anatolien-Hypothese, also dass sich die Sprache mit der wichtigsten Entwicklung, der Landwirtschaft, verbreitet hat, meiner Meinung nach einleuchtender ist als die Kurgan-Hypothese, habe ich mich für diesen "Fremdkörper" interessiert.

Dazu müssten aber einige Fragen geklärt werden, die sicherlich in anderen Strängen zu den Indogermanen besser aufgehoben wären.

Über die Hattier kann ich nochmal das Internet bemühen, aber dort die Wahrheit liegt? Ich guck mal ...
 
Witege schrieb:
In der Anatolien-Hypothese zur Herkunft der Indogermanen wird eben behauptet, dass die Indogermanen aus dem Gebiet um Catal Hüyük stammen.

Wobei Hattuša nicht mehr dem "Gebiet um Çatal Hüyük" zuzurechnen ist. Auch von den landschaftlichen Gegebenheiten ist bzw. war das in frühgeschichtlicher Zeit eine ganz andere Region.


Witege schrieb:
Allerdings kann man doch nicht ausschließen, dass Hattusa nicht schon früher von indogermanisch sprechenden Menschen bewohnt wurde.

Ausschließen kann man natürlich nichts.
 
Übrigens ist Hattuša (danke für die Kopiervorlage, bin immer zu faul die Zeichentabelle herauszuholen) eine der sonderbarsten Hauptstädte des Altertums. Allein schon von der Lage her. Es hätte sicherlich unzählige bessere Örtlichkeiten gegeben, verkehrstechnischer, militärischer und wirtschaftlicher Art. Zudem war Hattuša vom legendären Urvater der Hetither, Anitta, verflucht worden ...
 
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