Der Ortsname und das Salz

Hellweg

Im Ruhrgebiet le(h)r(n)t man gerne in den Grundschulen, dass sich Hellweg von Salzweg ableitet. Archäologische Ausgrabungen, z.B. in Soest (Salzsiederwerkstätten, Kelten nicht nachweisbar), scheinen dies zu bestätigen.
Die Deutung als "Hang"-Weg würde mich jetzt etwas verwirren (wenn man mal dem alten Verlauf des Wegs durch meine nähere Heimat folgt), Gottseidank hat Wikipedia ja noch ein weiteres Erklärungsmodell (das dritte, "Hel"-Weg, gilt eigentlich als überholt).
Damit wäre die Verbindung von "Hall" mit "Hell" ein False-Positive, eine trügerische Wortähnlichkeit, quasi "Bauern"- oder "Beamtenetymologie".
 
Um nochmal auf meinen Hinweis auf den Franzosen (Salin- & Alaise- verwandte Ortsnamen mit Salzvorkommen) zurück zu kommen, fast zeitgleich hatte der Deutsche Wilhelm Teudt eine ähnliche Theorie entwickelt. Und in England war es Alfred Watkins der auch einen erstaunlichen Zusammenhang in der Verteilung alter Ortsnamen entdeckte, aber er nannte sie "Ley-linies".
 
Ist das ein Tippfehler oder hast Du tatsächlich etwas von einem indoeuropäischen "*hal" gelesen?

Das griechische "h" geht lautgesetzlich auf ein indoeuropäisches "s" zurück, so wie z. B. "hidros" (süß) auf *swat' (vgl. Sanskrit "svadu", Latein "suavis", englisch "sweet")
War eher ein Ausdrucksfehler. Ich hätte schreiben sollen, "das dem Indoeuropäischen zugehörige Griechische". Ich wollte es nur vom - meiner Meinung nach alteuropäischen - *suolata trennen.

Deinem Zurückgehen des H's auf ein S kann ich nicht folgen. Das indoeuropäische läßt (mindestens) sich in Kentum- und Satem-Sprachen aufteilen. Aber beide haben denselben Ursprung. Einer Entwicklung vom S zum H/K würde ich widersprechen. Schon deshalb, weil es bis weit nach Europa hinein "S-Wörter" gibt, wie Du selbst als Beispiel anführst. Hat die Entwicklung dort eine Ausnahme gemacht? Ebensogut könnte das indoeuropäische im Klenasien entstanden sein, was eher das H/K als ursprünglich erklären würde. Da ist noch zu wenig geklärt. finde ich.
 
3 relevante Bezüge für germanisches "hal"

Die Deutung als "Hang"-Weg würde mich jetzt etwas verwirren ...

Grimm gibt für Halde mehrere Bedeutungen an.
Die zentrale Bedeutung von abschüssig, Hang:
1) die abschüssige seite eines berges, bergabhang, zunächst oberdeutsch, namentlich alemannisch, ...
http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemid=GH01352

Aber ebens auch im Sinne einer bergmännischen Verwendung:
(dort auch explizit mit Nennung von "Halle".)
halde assimiliert sich in halle: clivus halle DIEFENB. 127c, namentlich wo es im bergmännischen gebrauche ...

2) bei den bergleuten heiszt halde ein beim schacht aufgeschütteter hügel erde oder gesteins: halde wird genannt derjenige üm einen stollen oder schacht am tage aufgeworfene und aus
Bd. 10, Sp. 222
dem gebäude geforderte berg und erden.
http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemid=GH01352

Des weiteren entwickelt sich noch ein dritter (hier relevanter)Bedeutungsstrang.
Hahl, Hähl enthält einen Bezug zu Moore/Heiden:
1 3) ein anderes hahl, hähl findet sich in Niederdeutschland und durch Hessen bis ins Rheinfränkische hinein: hess. hâl und hæl trocken, mager, dürre, austrocknend, eine hale heide, hale stoppeln, hal aussehen (abgezehrt aussehen). ...
http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemid=GH00801

Die Orte können ihren Ursprung alle im germanischen Wortstamm "hal" finden. Es zeigt sich bei Grimm bereits eine Differenzierung in mindestens drei relevante Bezüge:

1. topografischer Hang,
2. bergmännische Halde (nicht zwingend ein Berg oder Hang, sondern Abraum)
3. ausgetrockene (bereits durch Plaggenwirtschaft devastierte?) Heide.

Herzlicher Gruß, Martin
 
Grimm gibt für Halde mehrere Bedeutungen an.
[...]
Die Orte können ihren Ursprung alle im germanischen Wortstamm "hal" finden. Es zeigt sich bei Grimm bereits eine Differenzierung in mindestens drei relevante Bezüge:

1. topografischer Hang,
2. bergmännische Halde (nicht zwingend ein Berg oder Hang, sondern Abraum)
3. ausgetrockene (bereits durch Plaggenwirtschaft devastierte?) Heide.
Hallo Martin69,
wenn Hellweg nicht Salzweg bedeutet, müsste die Gleichsetzung von Hell zu Hal (=Hang,Halde,etc.) falsch sein, da die drei Erklärungsmöglichkeiten nicht auf den Hellweg zutreffen können. Der Hellweg läuft nicht durch vollkommen ebenes Gelände, er überquert auch einige Anhöhen, ein Hangweg ist er für mich jedoch nicht (und dies nur auf das kurze Stück im Ruhrgebiet übertragen, der Name steht jedoch für den ganzen Weg vom Rhein bis weit nach Dtld. hinein), Abraumhalden gibt es erst in neuerer Zeit ;) , und Heidelandschaft hat's hier nicht gegeben). Hell muss hier einen anderen Ursprung haben, die Gleichsetzung mit Salz wäre demnach eher aus opportunen Gründen geschehen.
Nichtsdestotrotz kann Hal im Sinne von Hang und Halde bei den Ortsnamen zur Lösung beitragen.

LG, Chris
 
zwingend weder Hang noch Salz

... kann Hal im Sinne von Hang und Halde bei den Ortsnamen zur Lösung beitragen.

Mehr will ich auch nicht aussagen.
"hal" (und seine Abwandlungen) muß nicht zwangsläufig mit der Wortbedeutung Hang verknüpft werden.
Auch nicht mit Salz.
Zu Hell-weg habe ich, kann ich und will ich keine Aussage treffen.
Das ist Deine Baustelle ... :winke:

Herzlicher Gruß, Martin
 
Zuletzt bearbeitet:
Deinem Zurückgehen des H's auf ein S kann ich nicht folgen. Das indoeuropäische läßt (mindestens) sich in Kentum- und Satem-Sprachen aufteilen. Aber beide haben denselben Ursprung. Einer Entwicklung vom S zum H/K würde ich widersprechen. Schon deshalb, weil es bis weit nach Europa hinein "S-Wörter" gibt, wie Du selbst als Beispiel anführst. Hat die Entwicklung dort eine Ausnahme gemacht? Ebensogut könnte das indoeuropäische im Klenasien entstanden sein, was eher das H/K als ursprünglich erklären würde. Da ist noch zu wenig geklärt. finde ich.

Ich kann Deinen Ausführungen nicht folgen. Es ist doch seit hundert Jahren unbestritten, daß es ein ursprüngliches indoeuropäisches "s" gibt, das in allen Familienzweigen als "s" erhalten ist, mit Ausnahme des Griechischen, wo es sich in bestimmten Positionen zu "h" entwickelt hat.

Mit Kentum, Satem und ursprünglichem "h" oder gar "k" hat das ursprüngliche "s" überhaupt nichts zu tun, und wo das Indoeuropäische entstanden ist, ist für unsere Frage vollkommen belanglos.

Oder wolltest Du den Inhalt des gesamten Beitrags zurücknehmen? Dann hat sich diese Nebendiskussion erledigt.
 
Mit Kentum, Satem und ursprünglichem "h" oder gar "k" hat das ursprüngliche "s" überhaupt nichts zu tun, und wo das Indoeuropäische entstanden ist, ist für unsere Frage vollkommen belanglos.
Ersteres dachte ich eigentlich... da muß ich mich noch mal belesen. Wo das Indoeuropäische entstanden ist, fnde ich aber nicht belanglos; je weiter weg, je längere Zeit ist vergangen und je eher sind Veränderungen der Sprache zu erwarten.

Also weiter mit hall... Hat mal einer die Versionen, wie die hall-Namen bei ihrer Ersterwähnung hießen?
 
hahl und kahl?

Nach Aspekt 3 - "hahl" - der Bedeutungen:
... Grimm ...
Des weiteren entwickelt sich noch ein dritter (hier relevanter)Bedeutungsstrang.
Hahl, Hähl enthält einen Bezug zu Moore/Heiden:

Noch eine laienhafte Frage an die Linguisten unter Euch (hyokkose?), bezüglich des Wortes "hahl". Mir als Süddeutscher ist dieses Wort vollkommen unbekannt. Ich hätte jetzt spontan von "hahl" auf "kahl" weitergebildet, noch dazu es ja hier im Wortsinn läge - ausgetrocknet, vegetationsfrei, glatt, eben kahl. Ist dem so, lässt sich kahl von hahl herleiten? Und - ist das Adjektiv hahl heute noch gebräuchlich? Eine hahle Heide?

Insgesamt fällt es mir einfach ein wenig schwer den Bedeutungskern des (germanischen) Wortes "hal" zu fassen, was vielleicht ja auch an sich ein falsches wie vereinfachendes Begehr ist. Jedoch auch Motiv der Kritik am germanischen "hal" in diesem thread sein könnte. Weil der Bedeutungsgrund sprachgeschichtlich zu fern liegt? Soll "ha(h)l" beschreibender Begriff von vegetationsfrei wie bei Halde, zumindest waldfrei wie bei einem Hang sein?! Wo es dementsprechend hallt?!

Wieviel Neigung und wieviel Hall ist denn nun unverzichtbar?! Wieviel Topografie und wieviel Bild?! Oder ist es gerade die Verbindung von Topografie-Bild-Erleben, Hang-Halde-Hall die einen Ort "hal"ig macht?! Kann ein Linguist dazu überhaupt eine genauere Festlegung treffen, oder sammelt er nur die vielfältigen Bedeutungsmögilchkeiten ... auch hier gespiegelt die Frage Breite/Vielschichtigkeit vs Kern/Ursprung an Wort, an Wortbedeutung!

(Die Thesen-Vertreter des keltisch-Salz-hal mögen sich bitte nicht von meinem parallelen germanisch-hal Fragen beirren lassen. Da haben wir wohl 2 Betrachtungs-Ebenen nebeneinander am laufen. Aber um "hal" geht es ja beiderseits.)

Herzlicher Gruß
und Danke falls jemand etwas Linguistisches zum germanischen "ha(h)l" sagen kann,
Martin
 
Soweit ich weiß, wurde in Halle an der Saale von den Halloren (Salzsiedern) nur salzhaltiges Wasser durch Sieden verdampft und dadurch das Salz gewonnen. Ein untertägiger Abbau, bei dem Bergbauhalden entstanden fand imho nicht statt.

Ganz richtig ist diese Darstellung nicht. Auch salzhaltiges Wasser kommt irgendwo her. Und die Gegend um Halle beweist es: große Kalivorkommen (also Steinsalz) werden heute noch untertage gefördert (Raum Bernburg - Staßfurt).

Was ist mit Bad Dürrenberg. Das "Bad" wurde der Stadt nahe Halle verliehen aufgrund der heilenden Wirkung von Salz.

PS: Als echter Hallenser würde ich schon darauf bauen, dass sich über 1200 Jahre Geschichtsschreibung nicht irren und der Name Halle an der Saale mit Salz zu tun hat.
 
"zu tun" ist nicht gleich Wortherkunft

PS: Als echter Hallenser würde ich schon darauf bauen, dass sich über 1200 Jahre Geschichtsschreibung nicht irren und der Name Halle an der Saale mit Salz zu tun hat.

Genau das ist aber die Frage:
Sinnhaft unmittelbar, im "hal/Hall" steckt das Salz, ein keltisches "hal" (These)
Sinnhaft mittelbar, wohl über die "Halde" eine Salzwirtschaft transformierend, ein germanisches "hal" (wohl linguistisch state of the art)

Freilich hat Halle mit Salz "zu tun".
Aber liegt im Name Halle ein unmittelbar salziger Kern?
Ich denke nicht ...

Martin
 
Ich bin immer noch der Meinung, dass es zwei 'Hall'-Stämme gibt. Der eine (süddeutsche) hat irgendetwas mit Salz zu tun, der andere (norddeutsche) mit Mooren/Sümpfen/Marschlandschaften.

Ich gebe zudem zu bedenken, dass das kurze 'a' in Halle und Hall sicherlich nicht aus einem langen 'a', wie in Hahl hervorgegangen ist.
 
Insgesamt fällt es mir einfach ein wenig schwer den Bedeutungskern des (germanischen) Wortes "hal" zu fassen... falls jemand etwas Linguistisches zum germanischen "ha(h)l" sagen kann,
Zum einen sind viele Wörter völlig aus unserem Wortschatz verschwunden. Es gab mehr als ein Dutzend germanisch verwurzelte Wörter für Moor oder Sumpf (hab ich mal zusammengetragen). Die meisten sind nur noch in Orts- und Flurnaman vorhanden. Und fast alle sind sehr zerstückelt worden.
Zum zweiten: Laut Köblers Wörterbüchern ist mit dem germanischen Wort *hal (für Hang) unser heutiges Wort "Lehne" verwandt. das heißt, hier hat tatsächlich nur noch ein Buchstabe überlebt! Das macht die Suche nach Ursprüngen nicht gerade leicht.

Mal was zu Halle: Gibt es überhaupt Nachweise, daß Kelten in Halle gesiedelt haben? Das kommt mir doch etwas sehr weit im Nordosten vor...
 
Mal was zu Halle: Gibt es überhaupt Nachweise, daß Kelten in Halle gesiedelt haben? Das kommt mir doch etwas sehr weit im Nordosten vor...

apropos ... :winke: ... das passt natürlich in popes Trennung.
Da ein keltisch Süddeutsches Salz-hal. (zur Not Hang-hal)
Dort ein germanisch Norddeutsches Moor-hahl.

Aber das germanische hal zu hahl erscheint ja schon plausibel. Zumindest sagt das Grimm aus, sagt das Udolph aus. (Und hyokkose will es uns auch nahelegen.)

Gruß, MArtin
 
Zuletzt bearbeitet:
Woher kommen eigentlich die 'Halligen'? Gibt es sonst noch Wörter im Deutschen, die ein 'Hall' beinhalten?

Hall, Halle, Halse, ?
 
Wahrscheinlich weil die Halligen in einer sehr salzhaltigen Gegend liegen. ;-)
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Martin69,
wenn Hellweg nicht Salzweg bedeutet, müsste die Gleichsetzung von Hell zu Hal (=Hang,Halde,etc.) falsch sein, da die drei Erklärungsmöglichkeiten nicht auf den Hellweg zutreffen können.


Der sprachliche Lautwandel von Hall nach Hell ist im Heller bezeugt. Der 'Haller' oder 'Häller Pfennig' aus Schwäbisch Hall hat übrigens bis in die Neuzeit überlebt.

Wie ist das eigentlich mit der 'Eisenverhüttung'? Könnte es eine Parallele geben, zu 'Salzverhallung'? Woher stammt der Begriff 'verhütten'? Lateinisch?
 
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