Versailler Vertrag

Also man kann das Österreich von heute nicht dem des Kaiserreichs gleichsetzten

Sicher, sicher, man kann auch das alte Herzogtum Österreich nicht mit dem Kaiserreich gleichsetzen, aber auch das ist Österreich. Die Geschichte Österreichs beschränkt sich nicht nur auf 114 Jahre Kaiserreich.

Und nun bitte zurück zum Thema "Pariser Friedensverträge"!
 
Sicher, sicher, man kann auch das alte Herzogtum Österreich nicht mit dem Kaiserreich gleichsetzen, aber auch das ist Österreich. Die Geschichte Österreichs beschränkt sich nicht nur auf 114 Jahre Kaiserreich.

Und nun bitte zurück zum Thema "Pariser Friedensverträge"!
Aber damit hat diese ganze Geschichte begonnen! Außerdem ist der Begriff Österreich, in seinem übernationalen Sinne, nicht auf 114 Jahre Kaisertum beschränkt. Schon viel früher etablierte sich Österreich als Gesamtbezeichnung für die Habsburgischen Territorien.
Und um wieder die Kurve zu kriegen: Der eigentliche Verlierer bei den Friedensverträgen war Mitteleuropa. Es konnte nach Ende des Habsburgerreiches den deutschen und russischen Aggressionen nicht mehr wiederstehen. Es entstand ein Machtvakuum das kein Nachfolgestaat füllen konnte. Genaugenommen bestaeht das MMachtvakuum ja immer noch.
 
(Sorry, falls derlei hier schon geschrieben wurde):

Hallo Andreas, soweit ich mich erinnere, war in den Gesprächen und Vorpapieren (natürlich innerhalb der Signatarmächte, mit "Einsichtnahmerecht" der österr. Delegation) bereits das Schlagwort "Schweizer Muster" aufgetaucht. Was für den Staatsvertrag 1955 dann (auf amerikanische Initiative) öffentlich viel -und aus den ganz anderen Umständen heraus mit besserem Verständnis - diskutiert wurde, war bereits in St. Germain bereits als Idee der "Einfügung(smöglichkeit) Restösterreichs in die neue europäische Ordnung" aufgetaucht. Die Tendenz ging damals also schon dahin, Ö. in eine Form der Neutralität zu drängen.
- Natürlich ohne sich um die eigentliche Befindlichkeit des, sich per Selbsdefinition als "Deutsch-Österreich", also als Anhängsel (kulturell aus "Tugend", wirtschaftlich aus Not) an das Deutsche Reich begreifende Land zu kümmern.
Dieses "Österreich verschweizern" (ich glaube, auch dieses Zitat ist von damals) war natürlich eine Luftgeburt, betrachtet man 500 Jahre Schweizer und 500 Jahre österreichische Vorgeschichte und die entspr. vorhandenen Strukturen.

Was man eigentlich sagen müsste, ist, dass die Siegermächte weniger eine überkommene (nun mal leider innerhalb ÖU selbst verursachte und gewünschte) "Übernationalität" zerstört hatten, sondern viel mehr gedankenlos einen zusammenhängenden (und zuletzt beispielhaft national-föderalen) Wirtschaftsraum nicht nur zersäbelt, sondern entzweit (kleine Entente, Anschlussverbot, etc.) und Österreich als Teilstumpf auch noch als resourcenlosen Verlierer unter den Splitterstaaten übrig gelassen hatten.

Die Vororteverträge für die Nachfolgestaaten der Monarchie waren nicht nur nicht auf gedeihliche Zukunft und Koexistenz, sondern auf mittel- u. mittelosteuropäischen Zwist ausgerichtet bzw. schrieben sie die Egoismen, vor allem der völlig neuen Staatsgeburten, ohne weiterreichende Reflexion fest. Was man niemals zulassen hätte dürfen, ist zB., dass sich jahrhundertlange Teilvölker der Monarchie durch eine relativ kurze Zeit der nationalistischen Aufschaukelung mit zu den Siegern des Kriegs zählen durften. Du hast ganz recht damit, dass wir noch heute diese alte Wunde klaffen und auch ein schwelende Glut sehen müssen, weniger was Österreich betrifft (das anscheinend und glücklicherweise eine "Verschweizerungsform" gefunden hat, wenn auch über den Umweg der Mitschuld im 2. WK), als im Verhältnis vieler Folgestaaten untereinander, mit allerlei Revanchismuspotential - zB. mit dem Ungarns im Epizentrum.
 
Zuletzt bearbeitet:
Obgleich :eek:fftopic: , muss ich mal was dazu sagen:
Aber damit hat diese ganze Geschichte begonnen! Außerdem ist der Begriff Österreich, in seinem übernationalen Sinne, nicht auf 114 Jahre Kaisertum beschränkt. Schon viel früher etablierte sich Österreich als Gesamtbezeichnung für die Habsburgischen Territorien.
Wann denn? Ich kenne nur Bezeichnungen vom "Haus Österreich", von den Habsburgern sprach man tatsächlich eher selten, vergleichbar mit dem "Haus Brandenburg". Eine übernationale Bezeichnung als Österreich, das mehr als die Stammlande umfassen würde, finde ich nicht in der Form greifbar.
Im Gegenteil, selbst zur Zeit Maria Theresias wurde ganz klar in Ungarn, Böhmen und Österreich, gerade von ausländischer Seite unterschieden.
Mehr Dazu aber im Österreich/Schweiz-Unterforum! Es wäre mir ganz lieb, wenn AndreasKlammer dann dort selber einen Thread zu der Thematik eröffnen würde, da ich nicht die Ansatzpunkte seiner Theorie kenne, dass Österreich bereits übernational übertragen wurde, wie es dann im österreichischen Kaisertum der Fall war. Vielmehr sehe ich ja die Hofkanzleien bspw. zwar als Form der Bündelung, aber gerade, dass der Versuch einer Zusammenfassung in dem Umfange erst in der 2. Hälfte des 18.Jh. einsetzte, lässt mich an der Bemerkung von AndreasKlammer zweifeln.
 
AndreasKlammer schrieb:
Danach endeten die alllierten Bemühungen um einen Sepperatfrieden mit Österreich-Ungarn, bzw. um einen Erhalt der Donaumonarchie.
Österreich-Ungarn zu erhalten, hätte für die Alliierten nicht nur bedeutet, nicht seine Aufteilung unter die neuen Nationalstaaten zu regeln- es hätte sogar Gewalteinsatz zugunsten Ö-Us erfordert. Unter anderem sogar gegen den bisherigen Verbündeten Serbien/Jugoslawien!
tejason schrieb:
Ein Sicherheitsbedürfnis das auf Ohnmacht bei den Besiegten baut kann nicht von Dauer bleiben, weil es gegen die menschliche Natur ist, solche Bedingungen hinzunehmen. Nachvollziehbar ist vieles, etwa die Racheakte unterdrückter Sklaven oder Völker an ehemaligen Besatzern und dennoch kann man solche Reaktionen nicht gut heißen oder als politisches System erheben ... Es ist Aufgabe der Politik eine Ordnung zu finden die tragfähig ist, ansonsten muss man seine Heloten halt regelmäßig mit Krieg überziehen wie es die Spartaner in der Antike einst getan haben, dann nämlich gewinnt ein solches System wieder eine gewisse Stabilität. Müssen die Deutschen jetzt dankbar sein das in Versailles nicht ein spartanisches System etabliert wurde? Sorry, ich wollte nicht allzu scharf antworten aber das musste gesagt werden!
Bin mir jetzt nicht im Klaren, ob du Versailles vorwirfst, dass es ein "spartanischer Friede" war oder nicht.
Bei Versailles ist in der Tat kritisierenswert, dass Art, Umfang und Dauer der Reparationen nicht von vornherein klar definiert wurden. Reparationen aus der Industrie hatten das Problem, dass sie die deutsche Industrie im Grunde angekurbelt hätten Finanzielle Reparationen konnten von Berlin durch Anwerfen der Notenpresse entwertet werden. Das hat Propagandisten vornehmlich der Rechten in die Hände gearbeitet. (Das Ende der Reparationen wurde schließlich von einer der letzten Weimarer Regierungen erreicht).
Eine schiefe Perspektive finde ich es allerdings, die Reparationen nur an der deutschen Wirtschaftskraft zu messen, nicht an den Kriegsschäden in Frankreich und Belgien. Vor dem Problem, die (ökonomischen, demographischen) Kriegsfolgen zu verarbeiten, standen alle Kriegsteilnehmer.
Der Briand-Kellog-Pakt und Locarno zeigen m.E., dass Frankreich ab 1925 auf kollektive Sicherheit setzte. (Wohl auch, weil Frankreich gar nicht willens war, noch einen Krieg zu führen.) Wer dann wieder ausscherte, war ab 1933 Deutschland.
@Brest-Litowsk: Bei den Bolschewiki gab es sehr verschiedene Positionen zu diesem Frieden. Letztlich hat sich Lenin durchgesetzt und mit seiner Erwartung auf den Zusammenbruch der Mittelmächte (wenn auch nicht die Weltrevolution) Recht behalten. Hinzu kam, das es bis Herbst 1918 eigentlich keine sowjetische Armee gab. Berlin hat m.E. schlecht taktiert: um die neuen Gebiete auszubeuten, wurden beträchtliche Besatzungstruppen gebraucht, die also nicht frei waren für die Westfront vor dem Eintreffen der Amerikaner (Getreide musste in der Ukraine mit Waffengewalt eingezogen werden). Selbst im Interesse der Mittelmächte wäre ein mäßiger Friede besser gewesen.
Soll Unrecht aufgerechnet werden? Besonders Grausam ist die Aufrechterhaltung der „Hungerblockade“ genannten Seeblockade Deutschlands auch nach dem Waffenstillstand bestimmt gewesen. Es spielen mehr Details in die Hungerzeit der Republik als nur Versailles.
So wie Deutschland die Ausbeutung der Randstaaten nach Brest-Litowsk, so sahen die Westmächte in der Seeblockade ein wesentliches Instrument, den Krieg zu gewinnen. Die Blockade war jedenfalls 1919 zu Ende. Der Hunger auch?
Im Militär gab es sehr wohl einen grundlegenden Austausch, denn hier kam eine deutlich jüngere Generation bewährter Frontoffiziere an die Stelle der alten Führungsschicht und hatte sich zum großen Teil in den Freikorps bewährt. Hier gilt aber das Gleiche wie in Verwaltung und Rechtsprechung: Die innere Einstellung der dort neu verantwortlichen Personen und ihrer Organe änderte sich nicht!
Wie auch, wenn die "Bewährung" der Freikorps ganz wesentlich in der Massakrierung von echten oder vermeintlichen "Roten" bestand. Sozusagen ein Austausch von Personen in der Elite, aber kein Austausch der Elite selbst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nur ganz kurz:

Finanzielle Reparationen konnten von Berlin durch Anwerfen der Notenpresse entwertet werden

Das siehst Du falsch. Die Siegermächte haben sich natrülich nicht auf Papiermark eingelassen. Die wollten und bekamen harte Goldmark vom Stand 1914.

Die Entschuldung über die Inflation funktinoert nur im "Innenverhältniss" bei den eigenen Bürgern. Die auf die Art und Weise quasi enteignet werden.


Grüße Repo
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Siegermächte haben sich natrülich nicht auf Papiermark eingelassen. Die wollten und bekamen harte Goldmark vom Stand 1914 ... Die Entschuldung über die Inflation funktinoert nur im "Innenverhältniss" bei den eigenen Bürgern. Die auf die Art und Weise quasi enteignet werden.
Aha, man dankt für die Korrektur. Das spricht dann also noch weniger dafür, die inneren Probleme der Republik auf Versailles zurückzuführen.
 
Ich habe das in anderem Zusammenhang schon mehrfach geschrieben, nach dem Waffenstillstand war der Frieden gelinde.
Und die Unterschrift unter dem Waffenstillstand musste nur geleistet werden, weil zuvor die Seekriegsleitung durch den mit der Regierung nicht abgestimmten Angrfiffsbefehl (glatte Meuterei, in England hätte man die Admirale an den Masten aufgehängt) Deutschland letztlich ins Chaos gestürzt hatte.

Grüße Repo
 
Zuletzt bearbeitet:
Österreich-Ungarn zu erhalten, hätte für die Alliierten nicht nur bedeutet, nicht seine Aufteilung unter die neuen Nationalstaaten zu regeln- es hätte sogar Gewalteinsatz zugunsten Ö-Us erfordert. Unter anderem sogar gegen den bisherigen Verbündeten Serbien/Jugoslawien!
.
1918 hätte man es komplett besetzen können um dann in Ruhr zu entscheiden und um die Sache nicht in die Hand von einem Haufen Nationalisten zu legen. Nur gar nichts zu tun, wie nach dem Waffenstillstand geschehen, war deffinitiv falsch.
 
Ich habe das in anderem Zusammenhang schon mehrfach geschrieben, nach dem Waffenstillstand war der Frieden gelinde.
Da sind wir uns einig.
Und die Unterschrift unter dem Waffenstillstand musste nur geleistet werden, weil zuvor die Seekriegsleitung durch den mit der Regierung nicht abgestimmten Angrfiffsbefehl (glatte Meuterei, in England hätte man die Admirale an den Masten aufgehängt) Deutschland letztlich ins Chaos gestürzt hatte.
Das halte ich allerdings für verkürzt. Damit (mit dem Angriffbefehl der Marineführung) erklärt man zwar den Aufstand der Matrosen gegen ihre Admiralität, aber schon nicht mehr das Übergreifen auf die normale Bevölkerung in Kiel. (Dass die Revolution bei der Kriegsflotte ausbrauch ist nicht verblüffend: an kaum einer anderen Stelle prallen die Gegensätze einer Gesellschaft so dicht und unmittelbar aufeinander.) Erst recht erklärt es nicht die rasche Ausbreitung über die Städte Nord-, Mittel- und Süddeutschlands (eine Frage von wenigen Tagen!)- die dann schließlich Berlin erreichte. Wenn über ein so großes Gebiet eine Revolution sich spontan ausbreitet, muss es schon manifeste gemeinsame Interessen geben.
1918 hätte man es komplett besetzen können um dann in Ruhr zu entscheiden und um die Sache nicht in die Hand von einem Haufen Nationalisten zu legen. Nur gar nichts zu tun, wie nach dem Waffenstillstand geschehen, war deffinitiv falsch.
Ich denke es ist klar, dass die Habsburger das Bindeglied zwischen den im einzelnen sehr unterschiedlichen Reichsteilen waren. Die Alliierten wären in Österreich sehr schnell in die Situation gekommen, den Kaiser in Österreich selbst (also den deutschsprachigen Teilen seines Reiches) mit Waffengewalt stützen zu müssen (etwa gegen Arbeiterunruhen), um seine gesamte Monarchie zu bewahren. Ebenso hätte man die Tschechen niederhalten, Serben und Polen an der Vereinigung mit ihren Nationalstaaten hindern müssen. Nach Stabilität klingt das nicht.
 
Ich denke es ist klar, dass die Habsburger das Bindeglied zwischen den im einzelnen sehr unterschiedlichen Reichsteilen waren. Die Alliierten wären in Österreich sehr schnell in die Situation gekommen, den Kaiser in Österreich selbst (also den deutschsprachigen Teilen seines Reiches) mit Waffengewalt stützen zu müssen (etwa gegen Arbeiterunruhen), um seine gesamte Monarchie zu bewahren. Ebenso hätte man die Tschechen niederhalten, Serben und Polen an der Vereinigung mit ihren Nationalstaaten hindern müssen. Nach Stabilität klingt das nicht.
Also der "Schutz" des Kaisers bestand aus einem Offizier. Klingt für mich ein Wenig dürftig sollte da mal ein Lynchmob kommen...Außerdem weiß jeder der Gordon Brook-Sheppards Bücher kennt dass die Reaktionen sehr unterschiedlich waren. Außerdem ist der Nationalstaat (obwohl man dass dauernd von euch Deutschen um den Kopf geknallt kriegt) nicht der Weisheit letzter Schluss. Abgesehen davon hat man bei St.Germain/Trianon vile betrogen, z.B die Slowaken da die Tschechoslowakei ohne deren Zustimmung. Die Tschechoslowakei war eine rein tschechische Idee. Oder Kroatien wollte auch kein Teil Jugoslawiens werden, beides rächte sich bitter als die Slowakei und Kroatien Hitler unterstützten um die Unterdrückung abzuwerfen.
Hier haben wir die einzig faire Lösung der Problematik:
Aurel Popovicis Plan http://www.thomasgraz.net/glass/map-popov.htm

Und zum Vergleich eine Nationalitätenkarte http://www.thomasgraz.net/glass/map-ethn.htm

Ist doch gut, die Lösung?
Um wieder zur Ausgangsfrage zu kommen:"Vertrag, Diktat oder gerechte Strafe?", so kann man nur sagen dass man diesen in Bezug auf die Donaumonarchie nur als humanitäre Katastrophe bezeichnen kann. Denn kein Nachfolgestaat war ein Nationalstaat, aber alle handelten als wären sie ein solcher.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da sind wir uns einig.

Das halte ich allerdings für verkürzt. Damit (mit dem Angriffbefehl der Marineführung) erklärt man zwar den Aufstand der Matrosen gegen ihre Admiralität, aber schon nicht mehr das Übergreifen auf die normale Bevölkerung in Kiel. (Dass die Revolution bei der Kriegsflotte ausbrauch ist nicht verblüffend: an kaum einer anderen Stelle prallen die Gegensätze einer Gesellschaft so dicht und unmittelbar aufeinander.) Erst recht erklärt es nicht die rasche Ausbreitung über die Städte Nord-, Mittel- und Süddeutschlands (eine Frage von wenigen Tagen!)- die dann schließlich Berlin erreichte. Wenn über ein so großes Gebiet eine Revolution sich spontan ausbreitet, muss es schon manifeste gemeinsame Interessen geben.
t.

Das Interesse war klar, Beendigung von Krieg und Hunger auf Basis der 14 Punkte.
Durch die Meuterei der Seekriegsleitung hatten die Massen den Beweis vorliegen, dass die Herrschenden den Krieg verlängern wollten. Ist ja auch ein Hammer, Befehl zum Großangriff mitten in Waffenstillstandsverhandlungen.

Grüße Repo
 
Und die Unterschrift unter dem Waffenstillstand musste nur geleistet werden, weil zuvor die Seekriegsleitung durch den mit der Regierung nicht abgestimmten Angrfiffsbefehl (glatte Meuterei, in England hätte man die Admirale an den Masten aufgehängt) Deutschland letztlich ins Chaos gestürzt hatte.

Grüße Repo

...verstehe ich jetzt nicht, will es aber :) ..von welchem Waffenstillstand ist hier die Rede , der "nur wegen der glatten Meuterei " der Seekriegsleitung geleistet werden mußte :(
 
Zuletzt bearbeitet:
Also der "Schutz" des Kaisers bestand aus einem Offizier. Klingt für mich ein Wenig dürftig sollte da mal ein Lynchmob kommen...
Fakt ist, der Kaiser musste seinen Thron am 12. November räumen und die Monarchie war am Ende. Die Frage ist: was sollte die habsburgischen Länder noch zusammenhalten- ohne Habsburg? Dafür musste eine Regelung gefunden werden.
Aurel Popovicis Plan http://www.thomasgraz.net/glass/map-popov.htm Ist doch gut, die Lösung?
Sieht aus wie die Grenzziehung für Nationalstaaten ;) Probleme: Ungarn dazu bringen, einen Gutteil seines Territoriums aufzugeben. Die Polen und Serben überzeugen, doch besser im Reichsverband zu bleiben. Eine Mehrheit der Deutschen für diesen Plan gewinnen.
Repo schrieb:
Befehl zum Großangriff mitten in Waffenstillstandsverhandlungen.
Der Befehl zum Großangriff kam am 28. Oktober und scheiterte am Widerstand der Matrosen. Die Waffenstillstandsverhandlungen begannen erst am 8. November.
Nach dem "Schwarzen Tag des deutschen Heeres" am 8. August war der Krieg auf jeden Fall verloren (keine Kräfte mehr für deutsche Offensiven, die Kräfteverschiebung durch die Ankunft weiterer US-Truppen)- Deutschland hätte also auf jeden Fall Waffenstillstand und Frieden schließen müssen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Außerdem ist der Nationalstaat (obwohl man dass dauernd von euch Deutschen um den Kopf geknallt kriegt) nicht der Weisheit letzter Schluss.
Die Frage die du aufwirfst ist ja ganz interessant. Vielleicht war für einen Völkerbund als Nachfolgestaat von Ö-U die Zeiten einfach noch nicht reif. Dass der Nationalstaat als hohe Premisse auch gefährlich war, das hatte man aus dem 1.WK scheinbar in Versailles nicht gelernt.

Natürlich traten dann in der Folge gegensätzliche Entwicklungen ein, so wie mit dem Beitritt Dtl. zum Völkerbund in Locarno. http://de.wikipedia.org/wiki/Verträge_von_Locarno
Ein aber ähnlich verdichtetes staatenähnliches und nach außen auch geschlossen wirkendes Gebilde wie ein Staat "Vereinigte Staaten von Österreich-Tschechien..." bedeutet hätte, war damals aber scheinbar noch undenkbar. Dass dies neuen Konflikten Nahrung geben würde, erscheint für mich einleuchtend, denn die Problemlösungen in der Region wurden ja eher aufgeschoben, statt bewältigt.
 
...verstehe ich jetzt nicht, will es aber :) ..von welchem Waffenstillstand ist hier die Rede , der "nur wegen der glatten Meuterei " der Seekriegsleitung geleistet werden mußte :(
Es dürfte wohl um dieses Thema handeln: http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=10165

Meiner Meinung nach übersieht Repo zweierlei:

Erstens bat die Deutsche Regierung schon vor der Meuterei um einen Waffenstillstand, weil das Reich vor dem militärischen Zusammenbruch stand: am 4.10.1918 ersuchte die deutsche Regierung um einen Waffenstillstand; Ende Oktober 1918 kam es zur Meuterei.

Zweitens fielen die Waffenstillstandsbedingungen deshalb so hart aus, weil die Alliierten eine "deutsche Finte" befürchteten und nicht bereit waren, die Waffen unterhalb der Schwelle einer faktischen Kapitulation schweigen zu lassen.
 
Zuletzt bearbeitet:
aus einer sehr interessanten neuerscheinung, passend zum thema:

Der auf den Ersten Weltkrieg folgenden Frieden war die Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln. ... Die westlichen Staaten entwarfen Friedensverträge - einen für jede besiegte Mittelmacht (Deutschland, Österreich, Ungarn, Bulgarien und die Türkei) -, von denen jeder einzelne selbst einen Cassus belli darstellte. Das sollte sich rächen, ganz wie es Keynes in seiner Schrift Die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrages prophezeite. Allerdings hatte er, wie sich später herausstellte, nur zur Hälfte recht. Er erwartete, daß die finanzielle Belastung durch die Regelung des Versailler Vertrages die Hauptursache für Nachkriegsspannungen sein würde. Es werde zu einem europäischen Bürgerkrieg kommen - zum "letzten inneren Kampf" - wenn man "absichtlich auf den Ruin Mitteleuropas ausgehe" und den Standpunkt einnehme, "daß man wenigstens auf ein Menschenalter hinaus nicht das geringste Maß an Wohlstand anvertrauen darf..., daß Deutschland lange Jahre in Armut gehalten und seine Kinder ausgehungert und verkrüppelt bleiben sollen". Unrecht hatte Keynes insofern, als das die Ursachen des Zweiten Weltkriegs in Europa nicht ökonomischer natur waren - jedenfalls nicht in der Weise, wie er vorhergesagt hatte. Sie waren vielmehr territorialer Art; genauer gesagt entsprangen sie dem Widerspruch zwischen territorialen Arrangements auf der Grundlage der "Selbstbestimmung" und der Realität ethnisch gemischter Siedlungsgebiete.
Niall Ferguson, Krieg der Welt, S. 216 ff.
In der Praxis erwies sich die Anwendung des Selbstbestimmungsprinzip jedoch aus zwei Gründen als schwierig: Erstens lebten, wie erwähnt, mindestens 13 Millionen Deutsche außerhalb der grenzen des Vorkriegsreiches - ungefähr ein Fünftel der deutschsprachigen bevölkerung Europas. Hätte man die "Selbstbestimmung" rigoros angewandt, wäre möglicherweise eine Vergrößerung Deutschlands die Folge gewesen, und das lag sicher nicht in der Absicht Wilsons und der anderen Friedensstifter. Man war also, was Deutschland anging, von Anfang an gezwungen, inkonsequent zu sein, wenn nicht gar zu heucheln...
Das zweite Problem bestand darin, dass keiner der Friedensstifter die Selbstbestimmung auf das eigene Reich angewandt wissen wollte - nur die im Krieg unterlegenen Imperien sollten davon betroffen sein.
Ebd, S. 239 ff.

und in diesem zusammenhang ebenfalls gefunden (aus unverdächtigen quellen):
Eine heuchlerische Moral

Der englische Ökonom John Maynard Keynes analysiert in seinem eindrücklichen Essay "Krieg und Frieden", wie der Versailler Vertrag wesentlich zum Aufstieg Adolf Hitlers beitrug

Es gehört in Deutschland zum guten Ton politischer Korrektheit, den unseligen Versailler Vertrag nicht allzu sehr für die nachfolgenden Ereignisse in Anspruch zu nehmen. Hitlers Aufstieg, das war deutsches Versagen, nicht alliiertes Missmanagement.
Nun ist es bestimmt richtig, darauf zu achten, dass die Täter unter der Hand nicht zu Opfern werden und sechs Millionen ermordete Juden nicht zur zwangsläufigen Folge einer Politik, die 1919 in Versailles ihren Ausgang nahm. Es ist jedoch sehr verdienstvoll, einen Text in das historische Bewusstsein zurückzuholen, dessen Autor nicht im Verdacht steht, an deutscher Schuld herumzuwaschen: John Maynard Keynes.
Sein 1919 auf Englisch erschienener Essay "Krieg und Frieden. Die wirtschaftlichen Folgen des Versailler Vertrages" belegt eindrücklich das Desaster eines missratenen Friedens, der anders als sein Vorgänger von 1815 auf das Rachebedürfnis der Wähler Rücksicht nehmen musste. Schon deshalb war er gescheitert, noch ehe die Tinte unter dem Vertragswerk zu trocknen begann.
Dabei ist es am Ende nicht einmal die Härte der Bedingungen - Deutschland verlor ein Siebtel seines Gebietes und ein Zehntel seiner Bevölkerung, seine Flotte, die Kolonien und büßte 50 Prozent der Eisenerzversorgung und 25 Prozent der Steinkohleförderung ein -, es war das unausgegoren Verdruckste, das Heuchlerische, das diesen Vertrag in der Propaganda der Rechten zum jederzeit abrufbaren "Schanddiktat" werden ließ. Auf diese Weise schuf der Vertrag eben doch den Resonanzboden, auf dem der braune Trommler Demokraten und Republikaner als "Erfüllungspolitiker" bekämpfte.
Man hätte das Bismarckreich auflösen, es für unverträglich mit Europas Frieden erklären und die alten reichsständischen Bestandteile zu neuen Staaten ausrufen können, ein Siegfrieden, wie er Preußen auferlegt worden wäre, hätte Russland nicht 1762 die Koalition verlassen. Oder man hätte einen Versöhnungsfrieden schließen können, Schadenersatz und Elsass-Lothringen ja, aber Rache nein, so wie die Sache ursprünglich in den 14 Punkten Woodrow Wilsons angelegt war. Doch man schuf einen Zwitter, ungerecht nicht durch Härte, sondern durch Heuchelei.
Keynes nennt Beispiele. Statt zu sagen: Es wird Deutsch-Österreich verboten, sich mit Deutschland zu vereinigen, außer mit Erlaubnis Frankreichs, heißt es, dass "Deutschland die Unabhängigkeit Österreichs in den durch Vertrag zwischen diesen Staaten und den alliierten und assoziierten Hauptmächten bestehenden Grenzen anerkennt und sich verpflichtet, sie unbedingt zu achten; es erkennt an, dass diese Unabhängigkeit unabänderlich ist, es sei denn, dass der Rat des Völkerbundes einer Abänderung zustimmt". Das klingt anders, kommt aber auf dasselbe heraus. Nachdem Deutschland sich den 14 Punkten Wilsons unterworfen hatte, war es das Ziel Frankreichs, einen Siegfrieden durchzusetzen, ohne das Gewissen des amerikanischen Präsidenten zu belasten.
Das Ergebnis war schlimmer als der Frieden von Brest-Litowsk, da es einen moralischen Anspruch aufrechterhielt, ohne ihn einzulösen. So porträtiert der englische Aristokrat Keynes US-Präsident Wilson als "Geistlichen einer Dissidentenkirche", der plötzlich oberster Weltenrichter wurde. Das ist nicht bloß ironisch-sarkastisch, sondern letztlich vernichtend. Selten war ein Staatsmann so ungeeignet, die von ihm propagierte Friedensordnung durchzusetzen.
Über die Vorschläge, die Keynes zur Revision des Vertrages macht, ist die Geschichte hinweggegangen - seine Analyse
taz
Die Torheit der Sieger

John Maynard Keynes’ brillante Streitschrift über den Versailler Vertrag aus dem Jahr 1920. Von Rudolf Walther
Die sprichwörtliche Rede, wonach es leicht sei, einen Krieg zu beginnen, aber sehr schwierig, einen gerechten Frieden zu stiften, hat sich an wenigen Friedensschlüssen so eindeutig bewahrheitet wie am Versailler Friedensvertrag vom 28. Juni 1919. Natürlich kann man den missratenen Frieden nicht für alles haftbar machen, was danach geschah. Aber der rasante Aufstieg Hitlers in den zwanziger Jahren und die Machtübergabe 1933 haben auch mit »Versailles« zu tun.
Der englische Ökonom John Maynard Keynes war der Erste, der in seiner 1920 erschienenen und jetzt wieder aufgelegten Schrift Krieg und Frieden die »Katastrophe nach der Katastrophe« (Dorothea Hauser) kommen sah. Allerdings neigte er dazu, hauptsächlich den französischen Premierminister Clemenceau für den »Karthago-Frieden« verantwortlich zu machen, was den englischen Gegenpart Lloyd George entlasten sollte. Fragwürdig ist schon die Bezeichnung »Karthago-Frieden«. Diese Qualifizierung gebührt im 20. Jahrhundert eher dem im März 1918 von der deutschen Heeresleitung der russischen Delegation unter Lew Trotzkij diktierten Friedensvertrag von Brest-Litowsk, der dem revolutionären Russland ungleich härtere Verluste zufügte als der Friede von Versailles ein Jahr später dem Deutschen Reich.
Ein »Karthago-Frieden« wurde weder in Paris noch in London, Washington oder Rom ausgeheckt. Gravierender als die Härte der Forderungen – Deutschland sollte auf 13 Prozent seines Gebietes, 10 Prozent seiner Bevölkerung, 80 Prozent der Eisenerzvorkommen, 25 Prozent der Steinkohlevorkommen und 19 Prozent der Stahl- und Eisenproduktion verzichten – waren die Reparationszahlungen in der Höhe von 132 Milliarden Mark. Die Zahl beruhte nicht, wie Keynes im Detail belegt, auf soliden wirtschaftlichen Berechnungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Deutschlands, sondern auf einer Mischung aus Illusionen, missionarischem Eifer und atavistischen Rachegefühlen. Die Reparationsforderungen waren im englischen Wahlkampf vom Dezember 1919 ebenso demagogisch instrumentalisierbar wie im parlamentarischen Gerangel um den völlig zerrütteten französischen Staatshaushalt oder in den Propagandaschlachten der rechten Parteien gegen die Weimarer Demokratie.
Keynes sieht in der Veranstaltung von 30 Siegerstaaten in Abwesenheit der fünf Kriegsverlierer (Deutschland, Österreich, Ungarn, Bulgarien, Türkei) vor allem eine verpasste Chance, »die Schwelle eines neuen Zeitalters« jenseits von nationalistischer Verhetzung, Militarismus und Imperialismus zu überschreiten. Ihm ging es in den Pariser Verhandlungen – er gehörte der britischen Delegation an – darum, nach dem verheerenden Krieg »die Grundlagen des Lebens« in einem prophetisch als Einheit verstandenen Europa wiederherzustellen. Die Hoffnung darauf war berechtigt.
Präsident Woodrow Wilson erklärt, er wolle »weder Annexionen noch Entschädigungen oder Schadensersatz, der den Charakter der Strafe trägt«. Davon rückten die vier Großen (USA, Großbritannien, Frankreich, Italien) schnell ab und erklärten unter anderem Ruhegehälter von Beamten in den Siegerstaaten zu Kriegsschäden, für die die Verlierer einzustehen hätten. Lloyd George beanspruchte pauschal »Entschädigung« für die »durch den Krieg Ruinierten«.
Im Verhalten der Siegermächte sah Keynes einen glatten Verrat. Die deutsche Seite willigte in die Kapitulation im Vertrauen ein, die schriftlich vereinbarten Zusicherungen würden in einem späteren Friedensvertrag eingehalten. Aus fast jeder Zeile des Buches spricht der heillose Zorn gegen die Heuchelei und die Borniertheit der Sieger. Statt nach einer Neuordnung Europas in einem »Freihandelsverband« mit einem wirklich handlungsfähigen »Völkerbund« zu suchen, verhedderten sich die Verhandelnden in einem kleinlichen Gezänk um »Grenz- und Gebietsfragen« und verloren die elementaren Probleme der Lebensmittelversorgung, der Transportinfrastruktur und der Währungsstabilisierung aus den Augen. Mit einem Schuldenerlass unter den Siegerstaaten, einer Anleihe unter Aufsicht des Völkerbundes und einer gezielten und kontrollierten Wiederaufbauhilfe für die Kriegsverlierer hätte man, so Keynes, wahrscheinlich mehr an Reparationen gewinnen können als mit einer Politik, die das Land in kurzer Zeit in eine Hyperinflation stürzte. Seine Prognose, dass die Siegerstaaten mit dieser Politik auch »ihren eigenen Untergang« beförderten, ist im wörtlichen Sinne nicht eingetroffen. Aber die Katastrophe der Weltwirtschaftskrise von 1929 hängt insofern mit den Reparationszahlungen zusammen, als diese zunehmend mit Krediten aus dem Dawes-Plan finanziert wurden. So kam ein schwungvoller Schuldenkreislauf in Gang, der die Krise von 1929 beschleunigte und verschärfte.
Die Zeit
 
Zuletzt bearbeitet:
@Collo:
Ein sehr lesenswerter Eintrag. Der humanistische Entwurf der aus Fergusons Werk herausleuchtet ist eine lohnende Perspektive für die europäische Zukunft. Im kriegsverheerten Europa des Jahres 1919 war eine so humane Denkweise natürlich nicht zu vermitteln.

Ansonsten muss ich hier wohl einiges Klarstellen:
Bin mir jetzt nicht im Klaren, ob du Versailles vorwirfst, dass es ein "spartanischer Friede" war oder nicht.
Ich zitiere aus dem von dir mitzitierten Beitrag von mir:
tejason schrieb:
Müssen die Deutschen jetzt dankbar sein das in Versailles nicht ein spartanisches System etabliert wurde?
Beantwortet? Es lohnt sich beim Zitieren das Zitierte mitzulesen ;)

Reparationen aus der Industrie hatten das Problem, dass sie die deutsche Industrie im Grunde angekurbelt hätten Finanzielle Reparationen konnten von Berlin durch Anwerfen der Notenpresse entwertet werden
Das siehst Du falsch. Die Siegermächte haben sich natrülich nicht auf Papiermark eingelassen. Die wollten und bekamen harte Goldmark vom Stand 1914.

Die Entschuldung über die Inflation funktinoert nur im "Innenverhältniss" bei den eigenen Bürgern. Die auf die Art und Weise quasi enteignet werden.
Aha, man dankt für die Korrektur. Das spricht dann also noch weniger dafür, die inneren Probleme der Republik auf Versailles zurückzuführen.
Woher du den fehlenden Zusammenhang nimmst ist mir völlig Schleierhaft!

Eine schiefe Perspektive finde ich es allerdings, die Reparationen nur an der deutschen Wirtschaftskraft zu messen, nicht an den Kriegsschäden in Frankreich und Belgien. Vor dem Problem, die (ökonomischen, demographischen) Kriegsfolgen zu verarbeiten, standen alle Kriegsteilnehmer.

Niemals war die Rede davon die Reparationen ALLEIN an der deutschen Wirtschaftskraft festzumachen!
Du weist was ein Konkurs bedeutet? Sind Leistungen zu tragen die über die Wirtschaftskraft des Schuldners hinausgehen, erhält der Gläubiger (egal ob seine Forderungen noch so berechtigt sind) schlichtweg über kurz oder lang keinerlei Leistungen mehr. Erst wenn du dies als gerechte Strafe für Deutschland, entsprechend der im Versailler Vertrag festgeschriebenen alleinigen deutschen Kriegsschuld ansiehst, dann erst wird deine Aussage verständlich. Forderungen unangepasst über einen Konkurs hinaus aufrecht zu erhalten sind wirtschaftlich unsinnig.

Der VV war alles Andere als ein gelindes Abkommen für den Besiegten. Ein im Maßstab seiner Zeit vergleichbares Völkerringen hatte es zuletzt in den Napoleonischen Kriegen gegeben. Die in den Pariser Frieden festgelegten Reparationen Frankreichs an seine Siegermächte waren zwar erheblich, konnten jedoch schon vor dem vorgesehenen Zeitraum von 5 Jahren beglichen werden (nach 4 Jahren)! Das besiegte Frankreich konnte auf dem Wiener Kongress sehr erfolgreich diplomatisch seine Interessen vertreten. Eine solche Chance hatte Deutschland nicht (auch durch eigene Schuld). Der restaurierten französischen Monarchie wurde ein diplomatischer Kredit eingeräumt. Der republikanische Regierungswechsel in Deutschland 1918 wurde dagegen nicht honoriert. Hier ist ein psychologischer Kardinalfehler des VV erkennbar.
David Lloyd George (der damalige britischen Premierminister in einem internen Memorandum):
„..Ungerechtigkeit und Anmaßung, in der Stunde des Triumphs zur Schau getragen, werden niemals vergessen noch vergeben werden.“
 
Zuletzt bearbeitet:
tejason schrieb:
Beantwortet? Es lohnt sich beim Zitieren das Zitierte mitzulesen

Lern einfach, vernünftig zu zitieren, dann bleiben solche Mißverständnisse aus ...

tejason schrieb:
Woher du den fehlenden Zusammenhang nimmst ist mir völlig Schleierhaft!
Wirklich? Ganz einfach: die Inflation hatte unbestrittenermaßen einen gewaltigen innenpolitischen Einfluss in Deutschland- zum Beispiel Hunger, Arbeitslosigkeit, Armut. Aber das kann nicht auf Versailles geschoben werden, wenn die deutsche Regierung selbst die Notenpresse anwirft, um sich von ihren aufgenommenen Kriegskrediten zu befreien. Typisches Beispiel wie innerdeutsche Probleme der Außenwelt zur Last gelegt werden.

tejason schrieb:
Niemals war die Rede davon die Reparationen ALLEIN an der deutschen Wirtschaftskraft festzumachen!

Mir war so- schließlich hast du bislang nur erläutert, dass Deutschland deiner Meinung nach völlig ungerecht behandelt wurde ... das übliche halt.

tejason schrieb:
Sind Leistungen zu tragen die über die Wirtschaftskraft des Schuldners hinausgehen, erhält der Gläubiger (egal ob seine Forderungen noch so berechtigt sind) schlichtweg über kurz oder lang keinerlei Leistungen mehr.

Wobei nur noch zu beweisen wäre, dass der Fall auf Deutschland 1919 zutrifft. Außerdem solltest du nicht den Fehler begehen, einen Staat mit einem Privathaushalt gleichzusetzen. Achja, und wann hat Deutschland eigentlich Staatsbankrott angemeldet?

tejason schrieb:
Erst wenn du dies als gerechte Strafe für Deutschland, entsprechend der im Versailler Vertrag festgeschriebenen alleinigen deutschen Kriegsschuld ansiehst, dann erst wird deine Aussage verständlich.

Was ich seit meinem ersten Posting sage: Der Versailler Frieden entsprach sowohl der Art den Verträgen, die Deutschland im I. WK diktiert hat (Brest-Litowsk), als auch den gewaltigen Kriegsschäden insbesondere Frankreichs und Belgiens. Der Form nach mag man ihn ein Diktat nennen (eine Geschmacksfrage), so wie jeder Vertrag den ein militärischer Sieger mit dem Verlierer schließt, zwangsläufig Diktat ist, und kein demokratischer Aushandlungsprozess.
Dass die Revolutionskriege unter völlig anderen Bedingungen ausgekämpft und beendet wurden, sollte klar sein. Da kann man Versailles auch gleich mit dem Frieden zwischen Ramses I. und Hattusilis vergleichen.

Deutschland und die Deutschen sind aber doch zum Gutteil für das mitverantwortlich, was ihnen in Versailles widerfahren ist:

Deutschland durch seine aggressive, zumindest schlecht durchdachte Politik vor 1914, den Überfall auf ein neutrales Land im August 1914, den unbeschränkten U-Boot-Krieg und nicht zuletzt den Beweis, welchen Frieden Berlin diktieren wird, hat es die Gelegenheit dazu. Zweierlei Maß ist es, diese Dinge nonchalant zu übergehen und sich ganz auf deutsches Leid und deutsche Opfer zu konzentrieren (heutzutage leider immer mehr üblich).Wäre eine solche Haltung wirklich moralisch, wirklich auf Gerechtigkeit aus, dann würde sie doch nicht nach Nationen fragen.

Die Deutschen, weil sie sich nicht etwa von ihrer bankrotten Elite getrennt haben, sondern im Gegenteil- Leute wie Hindenburg- und die ganze Schicht, für die er stand- in Ehren hielten, einen Bruch mit der alten Elite nicht etwa als Befreiung von den Leuten verstanden, die sie in den bis dato blutigsten Krieg der deutschen Geschichte verwickelt haben- sondern als Zumutung durch die Alliierten! Die bürgerliche Demokratie nicht als Fortschritt, als Errungenschaft- sondern als Niederlage. Selbst nach den Millionen Toten des Weltkriegs betrachteten viele Deutsche die Alliierten als Hauptfeind- nicht ihre alte/neue Elite; die Soldaten auf der andren Seite des Schützengrabens als die Gegner- und nicht ihre eigenen Offiziere. Im Gegenteil- wer sich gegen das Militär und die alten Autoritäten wandte, galt schnell als Nestbeschmutzer (igitt!). Man frage nach bei Tucholsky oder Ossietzky. Kurz gesagt: die Deutschen büßten für ihre Unfähigkeit, eine Revolution zu machen, wenigstens eine funktionierende bürgerliche Republik zu schaffen.
Das man einen wirklichen Bruch nie vollzogen hat, und die militärische Niederlage durch die Dolchstoßlegende und „Novemberverbrecher“ rationalisierte, das schuf auch psychologisch Voraussetzungen, auf denen Hitler aufbauen konnte. Was den deutschen nationaln Narzissmus kränkt(e), war nicht erst Versailles, sondern schon die Tatsache, den Krieg überhaupt verloren zu haben, und den Frieden nicht selbst diktieren zu können, sondern diktiert zu bekommen.
 
Die Frage die du aufwirfst ist ja ganz interessant. Vielleicht war für einen Völkerbund als Nachfolgestaat von Ö-U die Zeiten einfach noch nicht reif. Dass der Nationalstaat als hohe Premisse auch gefährlich war, das hatte man aus dem 1.WK scheinbar in Versailles nicht gelernt.
Ein aber ähnlich verdichtetes staatenähnliches und nach außen auch geschlossen wirkendes Gebilde wie ein Staat "Vereinigte Staaten von Österreich-Tschechien..." bedeutet hätte, war damals aber scheinbar noch undenkbar. Dass dies neuen Konflikten Nahrung geben würde, erscheint für mich einleuchtend, denn die Problemlösungen in der Region wurden ja eher aufgeschoben, statt bewältigt.
Nachdem JEDER Nachfolgestaat in vielerlei Hinsicht von den Allierten abhängig war, scheint mir zumindest die Möglichkeit gegeben zu sein, einen solchen Bund den Nachfolgestaaten zu diktieren.
Dass die CSP (Vorgängerin der ÖVP) noch am 10 Nov. 1918 erklärte (am 11. verzichtete der Kaiser auf "jeden Anteil an den Regierungsgeschäften", dankte aber nicht ab und die Republik wurde ausgerufen) sie würde für die Monarchie stimmen, belegt dass der Kaiser noch eine Lobby hatte, genauso wie die um ein Haar geglückte Machtübernahme in Ungarn 1921. Also mit etwas druck,seitens der Allierten, hätte sich hier schon noch was retten lassen. In einem föderalen Staatsgebilde wäre die Monarchie wohl soagr ein großer Vorteil gewesen, da sich streitigkeiten um den Spitzenplatz im Staate erüberigt hätten. Die neuen Nationalstaaten führten nur zu einem Aufschub, statt zu einer Lösung des Nationaltätenproblems, hier stimme ich Brissotin voll und ganz zu. Denn für viele (z.B die Italiener Dalmatiens, oder die Slowenen rund um Triest) war dies keine Lösung.
 
Zurück
Oben