Für diese Annahme spricht vor allen Dingen die Tatsache, daß sie oft in Schuillehrbüchern steht und der Geschichtslehrer sie deshalb wahrscheinlich hören will.
Grundlage ist der Umstand, daß England das Ziel verfolgte, immer die deutlich stärkste Flotte zu haben. Durch den Ausbau der deutschen Flotte entstand daher ein Konflikt zwischen Deutschland und England. Dies soll den Krieg mitverschuldet haben. Dabei ist allerdings zu beachten, daß diese Meinung von einem selbstverständlichen Vorrecht Englands als führende Seemacht ausgeht und in diesem Licht das deutsche Flottenprogramm als indirekten Angriff wertet.
Eine der Ursachen für den Krieg war es vielleicht, von Verschulden aber sollte dadurch nicht automatisch die Rede sein.
Ostlandreiter
Es besteht für mich die Frage, ob eine Annahme dadurch bestätigt wird, dass sie in Schulbüchern steht und die Lehrperson sie deshalb in Schülervorträgen hören will. Ich glaube, da sollte Maharbal seinen Lehrer selbst einschätzen, ob er eher darauf steht, seine Lehrmeinung vertreten zu haben oder dass die Schüler die Referate nutzen um sich eine eigene Meinung zu bilden.
Allerdings ist es wahr, dass England stets darauf pochte, die größte Seemacht zu haben und ihren Flottenbestand stets über dem Two-Power-Standard, idealerweise sogar über den Three-Power-Standard zu halten, der aber 1911 den Schiffsbestand der Briten überstieg.
Ob aber der besagte Konflikt durch das Flottenwettrüsten
entstand ist für mich ebenfalls fraglich. Meines Erachtens kam der schon viel früher auf, als es um die Kolonisation etc. ging. Soweit ich mich erinnere gab es ja auch Konflikte persönlicher Natur zwischen den Monarchen, aber ob das nun so ausschlaggebend war ist mir nicht klar, vermutlich ja eher nicht.
Das sogenannte Flottenwettrüsten war aber 1908 wieder beendet, als das englische Parlament die Mittel für acht neue Schiffe pro Jahr bewilligte. Damit war das Ziel Deutschlands, 2/3 des englischen Flottenbestandes zu erreichen wohl außer Kraft gesetzt.
Ich bin der Meinung, dass man von einem deutsch-britischen Flottenwettrüsten nicht reden kann, weil spätestens ab 1900, meiner Ansicht nach aber schon früher, ein Internationales Aufrüsten der Kriegsflotten begann. Dafür mochte jedes Land seine eigenen, mehr oder minder nachvollziehbaren Gründe haben. Dazu gibt es übrigens auch eine Karikatur, in welcher einige Matrosen am Ufer stehen und Gummischiffe aufblasen, die mit den jeweiligen Landesnamen bezeichnet sind. Der Karikaturist fragt dazu: "Wem geht wohl als erstes die Puste aus?".
Nun ja, für Deutschland, oder vielmehr für Wilhelm, dürfte die Flotte wohl vor allem ein Prestigeobjekt gewesen sein, der ja selber ein großer Schiffsliebhaber war. Ob die Herren Wilhelm und Tirpitz es allerdings tatsächlich für möglich hielten, an 2/3 des englischen Flottenbestandes heranzukommen, halte ich für unwahrscheinlich. Das Projekt "Risikoflotte" war wohl eher ein Propagandabegriff.
Der aber wurde von den Briten berechtigterweise tatsächlich als Angriff und Provokation gewertet und registriert, aber sofort wieder entkräftet. Damit war das Wettrüsten beendet, der deutsch-britische Gegensatz noch ein wenig verschärft, aber darin eine Ursache für den I. Weltkrieg zu sehen halte ich für Unfug.