Wie sprach Mozart?

Das Glückspiel war tatsächlich sehr weit verbreitet, in Cassanovas Memoiren kann man nachlesen, wie sich manche Abenteurer beim Pharao ihre Reisekasse aufbesserten. Joseph II. rüffelte seine Schwester wegen ihrer Spielleidenschaft, eher aber für ihre Indeskretion. In Goethes Faust warnt Mephisto, mit Fausts Perücke einen Studenten: "Kaffee und Billiard, weiß Gott, das führt euch weit..." Ernst Schubert schrieb in seinen "Arme Leute Bettler und Gauner", daß sich nicht wenige Leute beim nach Genuaer Vorbild eingeführten Lotto ruinierten, weshalb auch einige Reichsfürsten die Lotterie verboten.
 
Ich habe mich anscheinend vorher nicht deutlich genug ausgedrückt.

Wenn Glücksspiel verboten war, dann stand es unter Strafe, hätte also jeder Mitwisser einen Grund gehabt zu schweigen.

Andererseits, woher sollen das die Biographen die das "früher" behaupteten, hergenommen haben? Gerüchte zumindest gab es also schon.

Dass Nachweise aus Mozarts Nachlass nicht mehr vorhanden sind, ist klar, z. b. bei Nietzsche wurde der Nachlass doch auch umfassend "gereinigt". Wenn die Verwalterin jahrzehntelang Zeit hat ist dies ja auch kein Problem.
 
@ Repo:

Auf welche Gerüchte beziehst Du Dich? - Ich muss gestehen, dass ich die allerersten Biographien zu Mozart jetzt nicht so genau im Kopf habe, aber mir kommt es so vor, als ob es eben KEINE Gerüchte gegeben hätte - und DAS erschiene mir merkwürdig, wenn er denn ein notorischer Spieler gewesen sein sollte. Selbst wenn Glücksspiel unter Strafe stand - Wien war damals berüchtigt für Klatsch und Tratsch und das hätten dann eben jene Leute erzählt, denen es irgendwie zu Ohren kam, die aber selbst nicht beteiligt waren und sich daher selbst nicht bloßgestellt hätten. Das ist doch so als ob jemand ein bekannter Säufer ist: Vielleicht reden seine Saufkumpanen nicht unbedingt darüber - aber es spricht sich herum und wird irgendwann dann doch öffentlich.

@ Brissotin, Scorpio

Ehrlich gesagt habe ich wenig Ahnung, ob Mozart Karten spielte. Vermutlich schon auch, aber sein Lieblingsspiel war wohl Billard. Egal, wie auch immer - er wird gespielt haben, das wollen wir gar nicht bestreiten, aber die Frage ist ja, ob er sein ganzes Geld hierbei verpulvert hat. Und das ist meiner Meinung nach eben nichts weiter als eine Theorie, für die mir Beweise fehlen. (Ähnlich wie bei der Geschichte, er sei ununterbrochen in irgendwelche jungen Damen verliebt gewesen... auch das behaupten manche Biographen, aber bewiesen werden kann es nicht...) - Die Spiel-Theorie ist natürlich eine gute Möglichkeit, um zu erklären, wohin diese großen Geldsummen verschwanden - aber da gibt es sicher noch andere Möglichkeiten (vielleicht hat ja Constanze das Geld verjuxt - wissen wir's?)
 
@ Repo:

Auf welche Gerüchte beziehst Du Dich? - Ich muss gestehen, dass ich die allerersten Biographien zu Mozart jetzt nicht so genau im Kopf habe, aber mir kommt es so vor, als ob es
)

Hallo Ruth,

ich beziehe mich eigentlich auf nichts handfestes.
Schlicht auf die Tatsache, dass die Spielleidenschaft Mozarts vor etlichen Jahren fetzustehen schien. Und wenn die Biographen, die dies damals behauptet haben, schon keine handbesten Beweise hatten, dann muss es doch Gerüchte gegeben haben?
Also reine Vermutung meinerseits.
 
Hi Repo, also ich habe mir jetzt diese Biographie von Günther G. Bauer ("Mozart - Glück, Spiel und Leidenschaft") bestellt, die ich bis dato nicht kenne und die hoffentlich ein bißchen Licht ins Dunkel bringt. Vielleicht finde ich ja ein paar neue Ansätze, die die Glücksspiel-Theorie ein wenig untermauern... Bei Interesse kann ich gern meine neuen Erkenntnisse darlegen, wenn ich das Buch gelesen habe...
 
Ein Beispiel zu den teuren Kleidern, wenn auch zeitlich früher gelagert:
"Court Ball to Celebrate the Dauphin's Marriage
... M. le marquis de Mirepois has hired three suits for 6,000 livres, each of which he will wear one day only and then return them to the tailor."
E.J.F. BARBIER, Journal (1745)
Aus "The Cut of men's clothes" von N. Waugh.

Ein neuer Leibrock (franz. Justaucorps) kostete noch um 1763 mehr als ein Jahresgehalt eines Dieners. Das muss man sich mal vorstellen. Natürlich bekam der Diener Kleidung etc. gestellt, aber dennoch...:fs:
 
Ein Beispiel zu den teuren Kleidern, wenn auch zeitlich früher gelagert:
E.J.F. BARBIER, Journal (1745)
Aus "The Cut of men's clothes" von N. Waugh.

Ein neuer Leibrock (franz. Justaucorps) kostete noch um 1763 mehr als ein Jahresgehalt eines Dieners. Das muss man sich mal vorstellen. Natürlich bekam der Diener Kleidung etc. gestellt, aber dennoch...:fs:

Aus heutiger Sicht nicht nachvollziehbar.
Ich kenne aus der Familienforschung einen Fall, wo die Offiziers-Ausstattung des Sohnes Uniformen usw. im Jahr 1806, den Vater (ein Handwerksmeister) in den Ruin getrieben hat.
 
Aus heutiger Sicht nicht nachvollziehbar.
Weil wir nicht mehr zusammenzählen können.
Ein Leibrock heißt ja:
- Schaf mit Hirte auf Wiese. (Futter für Schaf, Lohn für Hirte.)
- Wolle muss gewoben werden, Garn gesponnen (Weber mit vielleicht teurem Webstuhl, Spinner(in).)
- Wolle muss behandelt werden (aufgeraut, gestrichen...)
- Wolltuch wird gefärbt (Färber)
- Tuchhändler verkauft Wolle weiter (zwischendurch oftmals noch Transport, wenn besonders gute Wolle wie aus Nordfrankr. oder England vom Konsumenten gewünscht wird, dann sind ettliche Berufe noch dazwischen!)
- Endverbraucher kauft das Wolltuch
- Schneider holt Wolltuch ab
- Schneider macht Schnitt, er und Näher oder Gesellen bauen das Endstück zusammen (reine Handarbeit von qualifiziertem Handwerker).
Ich habe sicherlich noch viel vergessen, wie all die Zölle und Beamten an den Schlagbäumen, welche den Preis nochmal erhöhen...

Mal ein für uns Heutige erstaunlicher Vergleich:
Ein einfacher Leibrock kostete 1763 ca. 20 Tahler
ein Paar Schuhe nur 1 Tahler
(Heute sind also Schuhe im Vergleich zur Oberbekleidung unverhältnismäßig überteuert, eben weil damals bspw. Lederhäute nicht weit transportiert (kostspielige Fuhrwerke, weniger Platz auf einem solchen bei Schuhen...) werden mussten u. weniger Fachkräfte damit beschäftigt waren.):fs:

Kleine Randnotiz: Dafür war die Qualität damals auch unglaublich höher bei den Materialien wie der Verarbeitung (mal von preuß. Ausnahmen abgesehen).:still:
 
Kann man diese 20 Taler für den Leibrock anno 1763 irgendwie auf heutige Verhältnisse umrechnen? Also wenn man Einkomensniveau, Geldwert/Inflation etc. berücksichtigt - wie teuer wäre das nach heutigen Maßstäben in Euro? Oder ist diese Rechnung allzu kompliziert?

Überhaupt kann ich den Taler gerade schlecht einordnen. Ich bin halbwegs vertraut mit Gulden/Florin, aber könnte jetzt nicht mal sagen, ob ein Taler mehr wert war (ich nehme es an, bin aber eben überhaupt nicht sicher...)
 
Kann man diese 20 Taler für den Leibrock anno 1763 irgendwie auf heutige Verhältnisse umrechnen? Also wenn man Einkomensniveau, Geldwert/Inflation etc. berücksichtigt - wie teuer wäre das nach heutigen Maßstäben in Euro? Oder ist diese Rechnung allzu kompliziert?

2. Überhaupt kann ich den Taler gerade schlecht einordnen. Ich bin halbwegs vertraut mit Gulden/Florin, aber könnte jetzt nicht mal sagen, ob ein Taler mehr wert war (ich nehme es an, bin aber eben überhaupt nicht sicher...)
2. Hier Gulden - Wikipedia steht, dass 4 Reichsgulden 2 2/3 Reichstaler im 18.Jh. entsprochen hätte.
Man findet einiges bei Wikipedia zum Thema Währungen.
1. Das kann ich auch nicht, denn die Einkommen der verschiedenen Personen und der statistische Warenkorb war damals einfach zu anders. Die enorme Diskrepanz zwischen Umrechnung in DM oder Euro begegnet mir auch immer, wenn Historiker Staatsverschuldungen oder Staatsvermögen in heutige Werte umrechnen wollen und doch irgendwie scheitern müssen...
 
Habe jetzt mal einen Teil des Hörbuchs "Brandauer liest Mozart 2. Erinnerungen eines Freundes" gehört. Gottfried von Jaquin ist ja selber Augen- und Ohrenzeuge gewesen und beschrieb seinen Freund. Auffällig dabei waren mir, die scheinbar hohen Ausgaben Mozarts am Ende seines Lebens für die Kuren seiner Frau in Baden. Darüberhinaus erwähnte Jaquin immer wieder, dass Mozart große Summen anderen Bekannten lieh, allen voran dem Klarinettisten Anton Stadler, dem Jaquin vorneweg vorwarf an der Situation von W.A. Mozart schuld zu sein. Neben diesen Ausgaben kam Jaquin auf das Billardspiel, wobei er scheinbar gegen eine adelige Gesellschaft immer wieder auf Kosten seines Geldbeutels verlor, da er unachtsam war und sich ablenken ließ. Dennoch betonte Jaquin, dass Mozart für ein umfangreiches Essen und Trinken stets Geld hatte.
 
Zurück
Oben