Wann begann das Ende des Rittertums?

Hallo zusammen,
dies ist mein erster Beitrag auf diesem Forum und die Frage nach dem Niedergang des Rittertums erscheint mir besonders interessant:
Zuerst möchte auch ich betonen, daß man beim europäischen Rittertum immer seine gesellschaftliche Bedeutung einerseits und seine militärische Rolle andererseits betrachten muß, auch wenn sich diese gegenseitig bedingen. Auf die gesellschaftliche Rolle möchte ich hier nicht eingehen, da diese Frage kaum innerhalb eines Beitrages zu behandeln wäre und mir zudem scheint, daß in dieser Diskussion in erster Linie die militärische Bedeutung des Rittertums erörtert werden soll.
Die Erfindung neuer Waffen oder die überraschenden Siege von Volksaufgeboten spielen für den Niedergang des Rittertums als beherrschende Waffe auf dem Schlachtfeld nur eine nebensächliche Rolle. Zur Zeit der Einführung der Muskete, die jederlei Harnisch durchschlagen konnte, war der Ritter von Europas Schlachtfeldern bereits verschwunden.
Meiner Ansicht nach ist der entscheidende Faktor die Einführung des taktisch führbaren Verbandes. Dies gelang der Schweizer Eidgenosseschaft im Rahmen ihrer Unabhängigkeitskriege, in dem sie geordnete, einheitlich bewaffnete Fußvolkverbände (eigentlich die erste Infantrie) ins Feld stellte, die erstens der Lage entsprechend auf dem Schlachtfeld operieren konnten und zweitens für die Reiterei unangreifbar waren. Bezeichnenderweise spielen Schußwaffen aller Art in dieser Entwicklung eine sehr untergeordnete Rolle.
Der Ritterschaft bestand aus qualifizierten Einzelkämpfern, die aufgrund ihrer Fechtweise und ihres Standesethos als taktischer Verband nicht zu gebrauchen waren. Dies zeigt sich schon in der Organisation der Lanze oder Gleve im im späten Mittelalter: Der Ritter erschien zum Dienst mit einer Reihe leicht bewaffneter Gefolgsleute, diese Einheit wurde je nach Bedarf getrennt oder gemeinsam eingesetzt und war dehalb schon aufgrund ihrer Zusammensetzung als taktische Einheit in der Schlacht unbrauchbar.
Die neue schweizer Infantrie verdrängte nun mit ihren geschlossenen Formationen die schwere Reiterei, zu dieser Zeit noch weitgehend deckungsgleich mit der Ritterschaft, als feldbeherrschende Waffe. Da die Reiterei eine für das Kriegswesen der damaligen Zeit eine unverzichtbare Waffe war, mußte sie sich, zumindest für ihren Einsatz als Schlachtenreiterei, zur Kavallerie weiterentwickeln. Der erste große Schritt in diese Richtung waren die Pistolenreiter, die in massiven, tiefgestaffelten Verbänden operierten und in dieser Form wieder effizient gegen die Infantrie fechten konnte. Daneben gab es eine parallel lange Zeit auch noch die Ritterschaft, die aber gegen die Massen der Kavallerie schnell an Bedeutung verlor. Zudem ließen sich viele mittellose Ritter als "Einspännige" zu den neuen Kavallerieverbänden anwerben. Spätestens um die Mitte des 16. Jahrhunderts war daher der Ritter als militärische Einrichtung aus dem europäischen Kriegswesen verschwunden und vollständig durch die Kavallerie ersetzt worden.
Nachfolgende Veränderungen in der Zusammensetzung und Ausrüstung der Heere, wie die massenhafte Verwendung der Feuerwaffen, das Verschwinden der Rüstungen etc. haben daher nichts mehr mit der Frage nach dem Niedergang des Rittertums zu tun. Selbst die beliebte Umschreibung, die schwere Kavallerie, insbesondere die Kürassiere, seien die erben der Ritter, ist irreführend: Die Ritterschaft wurde ersetzt, sie entwickelte sich nicht weiter.
Diese Betrachtung ist notwendigerweise sehr kurz gefaßt, zudem spielen auch noch viele andere Faktoren in der beschriebenen Entwicklung eine Rolle, die zu beschreiben hier nicht der Platz ist. Ich hoffe jedoch, daß es mir gelungen ist, meine These vom Übergang der ritterlichen Reiterei zur modernen Reiterei deutlich zu machen.
 
Ich habe eine Frage zum Ende des Rittertums, will aber deswegen kein neues Thema aufmachen.

Also, ich möchte gern wissen ab wann sich in der europäischen Kriegsführung der nichtkämpfenden Oberbefehlshaber zum ersten mal bemerkbar macht. Ab wann lässt sich daher behaupten, dass der "Feldherr" nicht so sehr durch physische Stärke und persönlichen Mut auffällt, sondern durch rationale Planung und kluge militärische Führung.

Ich habe die Vermutung, dass man schon vom Burgunderherzog Karl dem Kühnen, in der Schlacht von Nancy 1477, dergleichen sagen könnte. Aber das ist nur eine wilde Spekulation.

Die Antike lasse ich mal unbeachtet, denn da scheint es mir bei den Römern schon soetwas gegeben zu haben. Ich hoffe die Militärhistoriker des Forums können mir bei dieser Frage helfen. :grübel:
 
... ich möchte gern wissen ab wann sich in der europäischen Kriegsführung der nichtkämpfenden Oberbefehlshaber zum ersten mal bemerkbar macht. Ab wann lässt sich daher behaupten, dass der "Feldherr" nicht so sehr durch physische Stärke und persönlichen Mut auffällt, sondern durch rationale Planung und kluge militärische Führung.

Ich habe die Vermutung, dass man schon vom Burgunderherzog Karl dem Kühnen, in der Schlacht von Nancy 1477, dergleichen sagen könnte. Aber das ist nur eine wilde Spekulation.

Es war schon vor Karl dem Kühnen und vor dem 15. Jh. der Fall.
Soweit mir bekannt ist, dürfte es sich um Ludwig den Bayern/Ludwig IV. handeln, als der Wittelsbacher seinen Konkurrenten Friedrich von Habsburg in der Schlacht bei Mühldorf 1322 schlug.
Ludwig von Wittelsbach ritt bei Mühldorf - im Gegensatz zu vorherigen Schlachten und auch im Gegensatz zu seinem Gegner - nicht mehr selbst in die Schlacht, sondern koordinierte sein Heer von einem Hügel aus.
Siehe dazu auch:
http://mdz.bib-bvb.de/digbib/lexika/adb/images/adb019/@raster?filename=adb0190464.gif;target=1017
Das Münchener Hoch-Mittelalter - Kaiser Ludwig der Bayer - Communitas Monacensis e.V.
Kalenderblatt/Druckversion - 06.08.2003 - Ludwig der Bayer beendet Feindschaft mit den Habsburgern
 
Ich komme auch zu keinem anderen Ergebnis.
Personifizieren läst sich das so:
Jedem Mann ein Ei, dem braven Schweppermann aber zwei.
 
Also ich meine, mal gelesen zu haben, aber bitte ich weiß hier im Moment keine Quelle und nichts, dass Kaiser Maximilian I. als der letzte Ritter bezeichnet wurde und der starb, so um 1516.
Aber ich denke, das Rittertum ist schon lange vorher abgeflaut, einen genauen Zeitpunkt wird man nicht ausmachen können.
:grübel:
 
timotheus schrieb:
Soweit mir bekannt ist, dürfte es sich um Ludwig den Bayern/Ludwig IV. handeln, als der Wittelsbacher seinen Konkurrenten Friedrich von Habsburg in der Schlacht bei Mühldorf 1322 schlug

In einer Dokumentationsreihe über die Geschichte der Habsburger (die Friedrich von Thun moderierte) wurde die Schlacht bei Mühldorf 1322 überhaupt als die letzte reihne Ritterschlacht genannt.
In Frankreich markierte sicher der hundertjährige Krieg das Ende des Rittertums (Azincourt 25.10.1415).

@Josephine
Als "letzter Ritter" gilt Maximilian I. wohl wegen seiner Leidenschaft für das Turnier. Allerdings war er nicht der letzte der in die Schranken ritt. 1559 hauchte König Heinrich II. von Frankreich nach einem Turnierunfall sein Leben aus.
 
Zuletzt bearbeitet:
In einer Dokumentationsreihe über die Geschichte der Habsburger (die Friedrich von Thun moderierte) wurde die Schlacht bei Mühldorf 1322 überhaupt als die letzte reihne Ritterschlacht genannt.

Kann man so sehen; allerdings schließe ich mich diesbezüglich der gängigen Aussage der Historiker an, welche besagt, daß es die letzte Schlacht auf deutschem Boden war, in der noch keine Feuerwaffen eingesetzt wurden. Was aber nicht in Widerspruch zur Wertung in der Dokumentation steht...
 
@Josephine
Als "letzter Ritter" gilt Maximilian I. wohl wegen seiner Leidenschaft für das Turnier. Allerdings war er nicht der letzte der in die Schranken ritt. 1559 hauchte König Heinrich II. von Frankreich nach einem Turnierunfall sein Leben aus.
Das Turnier (Un-)Wesen existierte noch bis ins 18.Jh.. Dabei sollte Gustav(richtiger Gustaf) III. aber schon eine exzentrische Ausnahme gewesen sein, der ja auch anderwertig recht traditionsverliebt war. Das Turnierwesen, immerhin bis an die Wende zum 17.Jh. noch umfangreich in vielen Staaten betrieben, kann also kaum als Markstein für das Rittertum gelten. (weiter hier zum neuzeitlichen Turnierwesen: http://www.geschichtsforum.de/f288/die-rueckkehr-des-adels-der-wende-vom-17-zum-18-jh-12803/ )
 
Ich habe eine Frage zum Ende des Rittertums, will aber deswegen kein neues Thema aufmachen.

Also, ich möchte gern wissen ab wann sich in der europäischen Kriegsführung der nichtkämpfenden Oberbefehlshaber zum ersten mal bemerkbar macht. Ab wann lässt sich daher behaupten, dass der "Feldherr" nicht so sehr durch physische Stärke und persönlichen Mut auffällt, sondern durch rationale Planung und kluge militärische Führung.

Ich habe die Vermutung, dass man schon vom Burgunderherzog Karl dem Kühnen, in der Schlacht von Nancy 1477, dergleichen sagen könnte. Aber das ist nur eine wilde Spekulation.

Die Antike lasse ich mal unbeachtet, denn da scheint es mir bei den Römern schon soetwas gegeben zu haben. Ich hoffe die Militärhistoriker des Forums können mir bei dieser Frage helfen. :grübel:

Ohne mich hier groß auszukennen. Aber Tagliacozzo, als Karl von Anjou mit einer Reserve (völlig unritterlich) erst spät in die Schlacht eingriff.
Rudolf von Habsburg auf dem Marchfeld gegen Ottokar von Böhmen ist doch, glaube ich zumindet, ähnlich abgelaufen.
In beiden fällen Schlachtentscheidung "durch rationale Planung und kluge militärische Führung."
 
Eine schöne Diskussion insgesamt, herzlichen Dank an Alle.
Und ich hätte dazu noch eine Anmerkung und eine Frage.

Zuerst eine Anmerkung zum Thema "Langbogen": Diese überaus wirkungsvolle Waffe war natürlich militärisch ein Problem für die Ritter und Crécy und Agincourt sind spektakuläre Beispiele dafür.
Aber der Langbogen wurde nur von den Engländern und auch nur für eher überschaubare Zeit eingesetzt, war also nur ein temporäres Problem für die französischen (und teilweise die schottischen) Ritter.
Das Rittertum im übrigen Europa mußte seinen Niedergang mit anderen Methoden bewerkstelligen ;-)
Und da sind neben den aufgeführten wirtschaftlichen und sozialen Gründen bestimmt die Infanterietaktiken à la Kortrijk und Morgarten ausschlaggebend.

Und dann eine Frage zum wirtschaftlichen Niedergang: Da wurde dargelegt, daß die Pest hier wesentlich gewesen sei, weil die Ritter deutliche Einnahmeverluste wg. ausfallender Pachten gehabt hätten.
Nun ist aber "Niedergang" oder "Bedeutungsverlust" immer relativ zu anderen, konkurrierenden Gesellschaftsgruppen zu sehen.
Und die waren doch m. E. genauso von der Pest betroffen, auch den Fürsten, Äbten, Städten etc. sterben die Leibeigenen bzw. Steuerzahler weg.
Wie also kann die Pest speziell die Ritter so stark beeinträchtigt haben?
 
Rudolf von Habsburg auf dem Marchfeld gegen Ottokar von Böhmen ist doch, glaube ich zumindet, ähnlich abgelaufen.
In beiden fällen Schlachtentscheidung "durch rationale Planung und kluge militärische Führung."


Meine Frage zielte hauptsächlich darauf ab, ab wann der Herrscher und Oberbefehlshaber, in einer Schlacht zwar persönlich anwesend war, aber nicht selbst mitkämpfte, sondern eher plante und befehligte. Also mehr Feldherr als Ritter ist.

Den letzte Herrscher oder Befehlshaber den ich kenne, der mitkämpfte, war Franz I. von Frankreich in Pavia 1525. Er zahlte einen hohen Preis für sein "vergnügungsorientiertes" Verhalten: die Kaiserlichen fingen ihn ein, die Schlacht war für Frankreich verloren.

Aber ich denke Timo hat das schon gut erklärt. Diese Veränderung in der europäischen Kriegsführung beginnt sich also seit dem frühen 14. Jahrh. durchzusetzen.
 
Aber der Langbogen wurde nur von den Engländern und auch nur für eher überschaubare Zeit eingesetzt, war also nur ein temporäres Problem für die französischen (und teilweise die schottischen) Ritter.
Das Rittertum im übrigen Europa mußte seinen Niedergang mit anderen Methoden bewerkstelligen ;-)
Die Franzosen stellten auch Langbogenschützen auf und in Schottland gab es auch, sogar recht lange welche. Das würde ich nicht als ein originär französisches Problem sehen, außerdem würde ich die Wirkung nicht überschätzen. Der Nimbus des Ritters ging zwar dadurch verloren, aber die Hauptursachen sehe ich in der Renaissance und der Hinterfragung der Selbstrechtfertigung des Adels usw.. Als Kriegerkaste hätte die Ritter, egal wie ausgerüstet ja weiter existieren können, wenn es dafür einen flächendeckenden Konsenz gegeben hätte. (Dahin geht ja überhaupt die Rechtfertigung des Adels in der Neuzeit als militärischer Träger des Staates, womit man dem eigenen Handeln einen eminenten Wert verleihen wollte...)

Die Hauptfrage für mich ist, wie die Ritter als Gruppe auftraten und wie wandlungsfähig sie bereit waren, sich den neuen neuzeitlichen Anforderungen in der Gesellschaft und auf dem Schlachtfeld, in den (Militär-(!))Akademien und im Staatskörper zu stellen. Bei den Rittern, welche alte Rechte etc. einforderten, bei Persönlichkeiten wie Franz von Sickingen, Hutten, aber auch der Gegenpartei würde ich ansetzen.:lupe:
 
@Repo: Du siehst mir jetzt bitte meine Intervention an der Stelle nach...

... Tagliacozzo, als Karl von Anjou mit einer Reserve (völlig unritterlich) erst spät in die Schlacht eingriff.
Rudolf von Habsburg auf dem Marchfeld gegen Ottokar von Böhmen ist doch, glaube ich zumindet, ähnlich abgelaufen.

Das ist richtig, dennoch nahmen sowohl Charles d'Anjou als auch Rudolf von Habsburg noch immer selbst kämpfend an der Schlacht teil und sind folglich i.d.S. noch keine nichtkämpfenden Oberbefehlshaber - und darum war es Louis le Grand gegangen bzw. hatte ich ihn so verstanden.

In beiden fällen Schlachtentscheidung "durch rationale Planung und kluge militärische Führung."

Naja, im Falle von Tagliacozzo war es wohl eher die bessere Ortskenntnis, die größere Kampferfahrung und die Einheitlichkeit des Oberbefehls auf Seiten des Anjou Heeres, welches dadurch v.a. auch die zahlenmäßige Unterlegenheit ausgleichen konnte.
Im Falle von Marchfeld teilweise: hier besaß Rudolf den Vorteil v.a. durch Erkundung des Gebietes und der Truppenstärke des Feindes, wodurch ihm die Entwicklung seiner taktischen Finten möglich wurde (welche übrigens von sämtlichen Zeitgenossen bekanntlich als unritterlich bzw. unehrenhaft angesehen wurden).



@all:
Abschließend noch eine Anmerkung zu den (englischen) Langbogen: deren Wirksamkeit sollte mE zwar nicht unterschätzt, aber auch nicht zu sehr überschätzt werden. Wir hatten das Thema ja bekanntlich in folgendem Thread (vgl. v.a. die Beiträge ab November 2006): http://www.geschichtsforum.de/f43/englische-langbogen-2892/
 
So war die Frage:
Also, ich möchte gern wissen ab wann sich in der europäischen Kriegsführung der nichtkämpfenden Oberbefehlshaber zum ersten mal bemerkbar macht. Ab wann lässt sich daher behaupten, dass der "Feldherr" nicht so sehr durch physische Stärke und persönlichen Mut auffällt, sondern durch rationale Planung und kluge militärische Führung.
Sorry, wenn ich das falsch verstanden habe.
aber sind immer so Worte, erstmals............ letztmals...........

Hab ich noch was:
Blücher
Kein Herrscher, aber Befehlshaber, und wenn ich richtig informiert bin, ist der als Befehlshaber durchaus noch die eine oder andere Attacke mitgeritten.
 
Wie schon andere sagten, einen definitiven Zeitpunkt gibts nicht, da dass ganze ein Prozess ist (aber die Sache mit dem letzten Turnier ist schon treffend, Themistokles :)).

Für das Ende des Ritters als schlachtentscheidende Hauptwaffe des Mittelalters (ich denke, darauf wollte Konradin hinaus, wenn er doch selber mit Schlachten anfängt) sind mehrere Tatsachen bedeutsam, diese können an verschiedenen Indizien festgemacht werden (beziehe mich im folgenden hauptsählich auf Delbrück Geschichte der Kriegskunst; eine zwar 100 Jahre alters aber mE nach immer noch maßgebliches Werk):

1. Wie Marbod schon erwähnte, tauchte im 14. Jh. mit den Scheizern erneut eine Infanterie in Europa auf, die diesen Namen verdiente und in der Lage war, alleine gegen Ritterheere zu bestehen. Dies gab es so im Mittelalter nicht (Ritterheere wurden zwar auch vorher besiegt, z.B. durch engl. Bogenschützen oder flämische städtische Truppen, aber es waren immer besondere Umstände erforderlich, und eigenen Ritter, wenn auch nicht zu Pferd).
Damit verloren die Ritter ihre Stellung als allein schlachtentscheidende Waffe.

2. Ritterheere sind ihrer Natur nach klein. Mit dem (nach der Antike erneuten) Aufkommen von Massenheeren (nicht im modernen Sinne, aber immerhin) befanden sich die Ritter, die eine Kriegerelite par Exellence darstellen, in einer extremen Minderzahl. Delbrück weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die meisten zeitgenössischen Quellen beim Vergleich zwischen Lanzenreitern (den Nachfoglern der Ritter) und Kürrissern (den Vorgänger der modernen Kavalleristen) den Lanzenreitern den Vorzug geben. Historisch betrachtet hat aber die Kavallerie das Rennen gemacht. Delbrück verweist dabei auf die niedrigeren Kosten der Kürrisser, und auf die Tatsache, das der Lanzenreiter eines ganz anderen Hintergrundes bedurfte (eben eines "ritterlichen", also aristokratischen, was die Zahlen stark einschränkt).

3. Die Ritterschaft mit ihrem aristokratisch-hochmütigen Auftreten, von einem eigenen Standesdenken gefesselte, war unfähig, Disziplin zu wahren. Als nun die Schweizer auftauchten, deren Erfolg wie die antiken Heere der Römer und Griechen nicht auf der Kampfesleistung des Einzelnen (wie beim Ritter), sondern auf dem taktischen Zusammenspiel der Masse aufbaute, konnten die Ritterheere diese Entwicvklung nicht mitvollziehen. Es bedurfte einer anderen Waffe, eben der modernen Kavallerie.
Interessant ist dabei, dass diese frühe Kavallerie die Hauptkampfweise der Ritter (den Sturmangriff mit Lanze) fast völlig aufgab, und zum Kampf mit Pistolen und anderen Schusswaffen überging. Ich sehe darin keinen wirklichen Vorteil. Aber dem Ritterheer war die Disziplin nicht zu geben, und die neuen Kavalleristen hatten noch nicht den Elan, so zu fechten. Es dauerte aber nur eine relativ kurze Zeit, das die Kavallerie wieder lernte, dass der Angriff die stärkste Waffe Berittener ist (Gustav Adolf, Friedrich II).
Insgesamt würde ich daraus folgern, dass die Gründe für das Ende des Rittertums als mittelalterliche Hauptwaffengattung sozial-strategischer Natur sind, weniger taktischer (also das Aufkommen einer neuen Waffenart wie der Feuerwaffen).
MfG
 
Ich habe mich mal ein wenig mit der Frage nach der Durchsetzung der Reiterheere gegenüber der Infanterie (Adrianopel 378) und der Durchsetzung der Panzer gegenüber der Infanterie (2. Weltkrieg) befasst. Entscheidend war in beiden Fällen nicht die Panzerung, sondern die Mobilität. Hat der Untergang der Ritterheere vieleicht etwas mit sinkender Bedeutung der Mobilität zu tun?

Zum einen sind Reiter nicht gleich Ritter...siehe Mongolen.
Und wenn ich mir die Tanks aus dem 1. Weltkrieg ansehe,dann waren diese vieles,jedoch nicht hochmobil. Das war zu dem Zeitpunkt immernoch Ding der Kavallerie. Der Grund,warum die Tanks zur entscheidenen Waffe wurden,war die Tatsache,dass sie effektiv Feuer an den Feind,und damit wieder Bewegung in die Operationen brachten. Sie schufen Mobilität...durch Panzerung und örtliche Feuerüberlegenheit. Ihre EIGENE Mobilität wurde erst später genutzt...Stichwort Heinz Guderian.
Der Grund,warum man im Mittelalter meinte, ein Ritter könne tausend Mann aufwiegen,war die einfache Tatsache,dass man kaum darauf kam,Langwaffen gegen die Reiterrei einzusetzen. Dazu muß man jedoch sagen,dass ihre Schnelligkeit dies auch nicht immer möglich machte.
Und Reiterrei damit angreifen zu wollen,dürfte ein ziemlich unmögliches Unterfangen gewesen sein. Diese konnte immerhin einfach ausweichen,umgehen,und einen in Flanke oder Rücken packen.

Da der Langbogen nur dort Verwendung fand,wo England Krieg führte,kann man diesen wohl nur sehr bedingt am millitärischen Bedeutungsverlust gepanzerter Reiterei schuldig sprechen. Schußwaffen allerdings fanden eine weitere Verbreitung. Ein weiterer Faktor dürfte ein zum Ende des Mittelalters einsetzender trend gewesen sein,sich in Festungsanlagen zu verschanzen,und die offene Schlacht zu meiden. Reiterei benötigt jedoch das offene Gelände,um ihre Trümpfe spielen zu können.
 
Der Grund,warum man im Mittelalter meinte, ein Ritter könne tausend Mann aufwiegen,war die einfache Tatsache,dass man kaum darauf kam,Langwaffen gegen die Reiterrei einzusetzen. Dazu muß man jedoch sagen,dass ihre Schnelligkeit dies auch nicht immer möglich machte.
Und Reiterrei damit angreifen zu wollen,dürfte ein ziemlich unmögliches Unterfangen gewesen sein. Diese konnte immerhin einfach ausweichen,umgehen,und einen in Flanke oder Rücken packen.

Hierzu muß man den Kontext jedoch genau betrachten...

Die Idee, sich als Fußkämpfer gegen angreifende Ritter mittels Stangenwaffen zu verteidigen, gab es bereits vor Schweizer Haufen und Schottischen Schiltrons, welche hier zur Vollständigkeit auch genannt werden müssen.
Das Problem während des Hochmittelalters - also während der Blütezeit des Rittertums - lag allerdings darin, daß zum einen die Lanzen der Fußkämpfer gegenüber den Lanzen der Ritter erheblich kürzer waren (2,00...2,20m vs. 2,50...3,00m), so daß ihre Wirksamkeit aufgrund der geringeren Reichweite relativ begrenzt war. Zum anderen war für eine effektive Reiterabwehr auch das Ausnutzen von Geländebedingungen u.ä. wichtig. Ein weiterer Punkt war die Diszipliniertheit des Verbandes - wie bereits mehrfach richtig angesprochen: die Fußkämpfer mußten eine Formation bilden und diese auch halten, ansonsten hatten sie faktisch keine Chance. Unbedingt zu berücksichtigen ist bei diesem Punkt jedoch, daß die Art der Kriegsführung bis ins Spätmittelalter eben darauf setzte, daß Ritter und Sergenten die eigentliche Schlacht schlugen, so daß eine besondere Ausbildung von Fußkämpferkontigenten i.d.S. v.a. in Fällen gegeben war, wo diese aufgrund fehlender Ritter/Sergenten zum Einsatz kamen (bspw. städtische Aufgebote im Hochmittelalter, Schweizer Haufen im Spätmittelalter).

Daß man Ritter/Sergenten nicht mit Fußkämpfern angreifen konnte bzw. dies grundsätzlich ein nahezu unmögliches Unterfangen war, stimmt so auch nicht ganz, denn bei entsprechenden Geländevorteilen (vgl. oben) konnte überfallartig und aus dem Hinterhalt angegriffen werden, was Ritter/Sergenten doppelt überraschte: erstens verhinderte dies per se ihren gewohnten Lanzenangriff, und zweitens war es für sie auch ein mentales Problem, da es in ihren Augen unehrenhafter Kampf war.
Anm.: Die mehrfach angeführten Schweizer siegten bei Morgarten 1315 bspw. auf diese Weise...

Noch eine letzte Anmerkung zu den Bogenschützen u.ä.: die Hauptwirkung erzielten diese durch koordinierten Salvenschuß und dadurch, daß sie dabei nicht auf die Ritter direkt schossen, sondern auf die Pferde...
Anm.: Ich betone allerdings nochmals, daß deren Wirksamkeit nicht überschätzt werden sollte!

Diesen komplexen Sachverhalt hatten wir bereits an anderer Stelle ein wenig zu thematisieren versucht: http://www.geschichtsforum.de/f77/welche-infanterie-war-faehig-einen-ritterangriff-zu-stoppen-13443/



Insgesamt allerdings sollten wir die rein militärischen Faktoren zwar unbedingt berücksichtigen, aber nicht zu stark betonen, wenn wir über den Niedergang des Rittertums sprechen.
Die in diesem Thread ebenfalls schon genannten Faktoren von Agrarkrise und Landflucht, Aufstieg des Bürgertums und der Städte etc. sind bei weitem nicht weniger entscheidend. Immerhin aber gelang es einigen Geschlechtern dabei durchaus zu überleben: zum einen beim landständischen Adel bspw. durch Übernahme von Pfleger-, Landrichter- und Amtsmannposten (Wahrnehmen von Gerichtsrechten, Polizeibefugnissen und Verwaltungsaufgaben für den Landesherrn), zum anderen durch Integration in die städtische Oberschicht, wo bspw. der Ministerialität entstammende Geschlechter die neuen wirtschaftlichen Möglichkeiten nutzten (z.B. Fernhandel). Aus diesem Grund spricht übrigens die neuere Forschung auch nicht mehr von einem regelrechten Niedergang, sondern von einem durch ungünstige Rahmenbedingungen begleiteten Selektionsprozeß unter den Geschlechtern.
Nach Andreas Schlunk/Robert Giersch "Die Ritter: Geschichte - Kultur - Alltagsleben" (Begleitbuch zur Ausstellung "Die Ritter" im Historischen Museum der Pfalz Speyer) - Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2003.
 
Daß man Ritter/Sergenten nicht mit Fußkämpfern angreifen konnte bzw. dies grundsätzlich ein nahezu unmögliches Unterfangen war, stimmt so auch nicht ganz, denn bei entsprechenden Geländevorteilen (vgl. oben) konnte überfallartig und aus dem Hinterhalt angegriffen werden, was Ritter/Sergenten doppelt überraschte:

Diese Möglichkeit ist aber fast schon wieder unter die besonderen Bedingungen zu zählen. Recht hast du natürlich,siehe dazu auch meinen Schlußsatz im letzten Post.
 
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