Was ist Terror?

Scarlett

Mitglied
Ausgehend von unserer Diskussion um den Stalinismus warf ich die Frage ein, was Terror sei.
Ich muß zugeben, so ganz ist mir das nicht klar. Die Definitionen zu diesem Begriff gehen ja weit auseinander.

Wo sind etwa Grenzen zwischen Repression und Terror, besteht da überhaupt ein Unterschied?
Ausgehend von historischen Beispielen, könnt Ihr mir da ebensolche nennen, die für Euch Terror darstellen und dies begründen?
 
Terror ist lateinisch und bedeutet 'Angst', 'Schrecken'. Im Gegensatz zur Repression, die vorwiegend die Opposition und ihre Sympathisanten trifft, weitet der Staatsterrorismus den Oppositionsbegriff soweit aus, dass quasi die Gesamtbevölkerung als virtuelle Opposition gesehen werden kann. Während unter einem repressiven Regime das "richtige" Verhalten einem einen relativen Frieden garantiert, kann man sich gegenüber dem Terror nicht richtig verhalten. Ein Terrorregime ist so gesehen paranoid, weil es überall, bis in die eigenen Reihen, Feinde sieht. Genauso natürlich beim nichtstaatlichen Terrorismus: das eigene Verhalten hat quasi keinen Einfluss darauf, ob man potentielles Terroropfer ist, oder nicht.
 
Die Herrschaft des Wohlfahrtsausschusses unter Robbespierre während der Französischen Revolution wir ebenfalls als Terreur bezeichnet.
 
Terror ist lateinisch und bedeutet 'Angst', 'Schrecken'. Im Gegensatz zur Repression, die vorwiegend die Opposition und ihre Sympathisanten trifft, weitet der Staatsterrorismus den Oppositionsbegriff soweit aus, dass quasi die Gesamtbevölkerung als virtuelle Opposition gesehen werden kann. Während unter einem repressiven Regime das "richtige" Verhalten einem einen relativen Frieden garantiert, kann man sich gegenüber dem Terror nicht richtig verhalten. Ein Terrorregime ist so gesehen paranoid, weil es überall, bis in die eigenen Reihen, Feinde sieht. Genauso natürlich beim nichtstaatlichen Terrorismus: das eigene Verhalten hat quasi keinen Einfluss darauf, ob man potentielles Terroropfer ist, oder nicht.

Kann ich voll unterschreiben ...

Obwohl es wirklich schwer ist, in der Wirklichkeit sagen zu können, ab wann die Repression in Terror umschlägt.
 
Stalin beschrieb sein Konzept einmal mit "Bestrafe einen, erziehe tausend".

Beim Terror geht es also nicht in erster Linie um die Wirkung auf den Betroffenen selbst, sondern um den beim Publikum erzielten psychologischen Effekt und das durch diesen hervorgerufene Verhalten.
 
Kann ich voll unterschreiben ...

Obwohl es wirklich schwer ist, in der Wirklichkeit sagen zu können, ab wann die Repression in Terror umschlägt.

Die Grenzen sind natürlich fließend. Um meine Worte von heute Nacht vielleicht noch einmal kurz zu fassen: Unter einem repressiven Regime gibt es Regeln des unauffälligen Verhaltens. Unter einem terroristischen Regime sind alle "Spielregeln" außer Kraft gesetzt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Grenzen sind natürlich fließend. Um meine Worte von heute Nacht vielleicht noch einmal kurz zu fassen: Unter einem repressiven Regime gibt es Regeln des unauffälligen Verhaltens. Unter einem terroristischen Regime sind alle "Spielregeln" außer Kraft gesetzt.

Danke Dir (bzw Euch!).

Ich würde spontan auch meinen, dass Terror der letzte Punkt auf einer Skala von Repressalien ist, vlt das Maximum? Gemessen am Kräfteaufwand, die dieser bedeutet, dürfte dieser auch nur eine begrenzte Zeit brauchbar sein. Wenn dieses Maximum sein Ziel erreicht hat, sind die normalen Mittel (Stichwort Repression) wieder ausreichend.

Was meint Ihr dazu?
 
Ja, man könnte den Staatsterrorismus wohl auf einer "Repressionsskala" an das äußerste Ende setzen. Die Rückkehr zu normalen Mitteln, wenn der Staatsterror das Zeil erreicht hat halte ich für abwegig, da der Staatsterrorismus ja nicht nach rationalen Maßstäben funktioniert. Er ist stattdessen irrational und befriedigt die Paranoia der herrschenden Klasse.
 
Zuerst der (in unseren Zeiten eigentlich überflüssige) Hinweis, dass Terror auch von nichtstaatlicher Seite erfolgen kann, während Repression immer ein Instrument der Herrschaft ist.

Ich würde den besonderen Bedeutunginhalt so sehen, dass Terror ganz auf den verusachten Schrecken abstellt; während bei anderen Repressionsmitteln (z.B. einsperren von Oppositionellen) der konkrete Akt den Staat (oder was auch imemr) schützen soll, zielen die Handlungen des Terrors darauf ab, die Opposition bzw. die gesamte Bevölkerung einzuschüchtern und so von Handlungen abzuhalten, die den Ausübern des Terrors missfallen.
 
Das Problem mir solchen inflationär gebrauchten Wörtern ist, dass sie immer schwammiger und ausgefranster werden, und jeder legt ihnen die Bedeutung bei, die er gerade im Kopf hat. Eine allgemeinverbindliche Defintion im Sinne einer DIN-Norm gibt es eben nicht. Der Terrorismus der RAF wurde anfangs als Anarchismus bezeichnet. Auch so ein Begriff, mit dem sich ganz unterschiedliche Vorstellungen verbanden, vor allem, wenn man seine historische Entwicklung betrachtet. Zur historischen Entwicklung des Begriffs Terror, weiß Tante Wiki ein bisschen was: Terror - Wikipedia
Damit will ich aber nichts gegen die Diskussion hier sagen.
 
Das Problem mir solchen inflationär gebrauchten Wörtern ist, dass sie immer schwammiger und ausgefranster werden, und jeder legt ihnen die Bedeutung bei, die er gerade im Kopf hat. Eine allgemeinverbindliche Defintion im Sinne einer DIN-Norm gibt es eben nicht. Der Terrorismus der RAF wurde anfangs als Anarchismus bezeichnet. Auch so ein Begriff, mit dem sich ganz unterschiedliche Vorstellungen verbanden, vor allem, wenn man seine historische Entwicklung betrachtet. Zur historischen Entwicklung des Begriffs Terror, weiß Tante Wiki ein bisschen was: Terror - Wikipedia
Damit will ich aber nichts gegen die Diskussion hier sagen.

Richtig, allerdings ist das eben auch das verwirrende - selbst in manchen wissenschaftlichen Texten geht nicht nicht klar hervor, was der Autor eigentlich tatsächlich unter Terror subsumiert.
Finde ich sehr verwirrend.
 
Ja, man könnte den Staatsterrorismus wohl auf einer "Repressionsskala" an das äußerste Ende setzen. Die Rückkehr zu normalen Mitteln, wenn der Staatsterror das Zeil erreicht hat halte ich für abwegig, da der Staatsterrorismus ja nicht nach rationalen Maßstäben funktioniert. Er ist stattdessen irrational und befriedigt die Paranoia der herrschenden Klasse.

Gut, dass die herrschende Klasse nun nicht - wie etwa in der UdSSR - nicht rationalen Maßstäben folgt, mag etwa auch am Selbstverständnis liegen, wenn sie sich - wie eben die Bolschewiki - im Inneren und Äußeren von Feinden umgeben sieht.

Mit Rückkehr zu "normalen" Mitteln meinte ich im übrigen die auch weiterhin vorhandenen repressiven Mittel, die sich von offenem Terror unterscheiden.
 
Staatsterror ist m.E. noch nicht die letzte Konsequenz: Die letzte Stufe wäre die Versklavung/Internierung/totale, physische Vernichtung jeglicher Oppositionspotentiale. Ich denke an Kambodia oder an das 3. Reich, wo ganze Bevölkerungsgruppen unter Generalverdacht genommen und liquidiert wurden.
 
Welchen Oberbegriff könnte man den für die Terrorismusdefiniton heranziehen? Ich las neulich die Definiton im Buch "moralisch korrektes Töten" (mehr habe ich aus dem BUch nicht gelesen), die ihn als Strategie der Drohung verschiedener Gewalttaten sowie entsprechende HAndlungen charakterisiert, die einen größeren Kreis als die eigentlich Betroffenen einschüchtern soll.
 
Staatsterror ist m.E. noch nicht die letzte Konsequenz: Die letzte Stufe wäre die Versklavung/Internierung/totale, physische Vernichtung jeglicher Oppositionspotentiale. Ich denke an Kambodia oder an das 3. Reich, wo ganze Bevölkerungsgruppen unter Generalverdacht genommen und liquidiert wurden.

Hm, zumindest während des Stalinismus wird das durchaus schon erfasst unter dem Terminus Terror.
Wobei, was ist in diesem Fall Gulag? Terror? Repression?

Was mir bei den Antworten hier Schwierigkeiten macht, ist die konkrete Anwendung auf historische Beispiele. Nehmen wir die Internierung von politischen Gegnern, die einigen hier zufolge "nur" Repression wäre.
Wenn man die Instrumente und Methoden bedenkt, die hierfür angewendet werden, z.B. Denunziationen (deren Überprüfbarkeit doch nicht immer gegeben war!) und die allgegenwärtige Geheimpolizei - die mögen zwar auch tatsächliche Gegner erfasst haben, aber auf Unschuldige wird hierbei ja keine Rücksicht genommen.

Oder der Nationalsozialismus könnte hier auch herangezogen werden, etwa die Konzentrationslager (nicht die unmittelbaren Vernichtungslager!) .. Repression oder Terror?

Vielleicht sollte ich mir Hannah Arendt zu Gemüte führen!! Bin grad leicht verwirrt ob der Abgrenzung! :weinen::still:

Oder sollten Gewaltexzesse als Anzeichen genommen werden?
 
Wie pope schon schrieb: die Abgrenzung ist bzw. die Übergänge sind fließend. Du kannst Terror auch als eine Qualitätsstufe der Repression verstehen (auch das hattest Du selbst schon, Beitrag 7). Ich würde nach wie vor die Unterscheidung da machen, wo gezielt "Unschuldige" (im Sinne des Regimes) die Unterdrückung zu spüren bekommen. Bei den Nazis nannte man das beschönigend "Sippenhaft". Ich würde aber nach wie vor - gegen Pope - den Terror als das oberste Ende Repressionsskala sehen. Den Völkermord der Nazis würde ich aus der Diskussion über Staatsterrorismus raushalten, da geht es nicht mehr um politischen Machterhalt mittels Gewaltanwendung sondern um Rassenwahn.
 
Wie pope schon schrieb: die Abgrenzung ist bzw. die Übergänge sind fließend. Du kannst Terror auch als eine Qualitätsstufe der Repression verstehen (auch das hattest Du selbst schon, Beitrag 7). Ich würde nach wie vor die Unterscheidung da machen, wo gezielt "Unschuldige" (im Sinne des Regimes) die Unterdrückung zu spüren bekommen. Bei den Nazis nannte man das beschönigend "Sippenhaft". Ich würde aber nach wie vor - gegen Pope - den Terror als das oberste Ende Repressionsskala sehen. Den Völkermord der Nazis würde ich aus der Diskussion über Staatsterrorismus raushalten, da geht es nicht mehr um politischen Machterhalt mittels Gewaltanwendung sondern um Rassenwahn.

Okay, wie siehst Du denn den GULAG in diesem Zusammenhang?

Was mir da grad Schwierigkeiten bereitet, ist die die zwar logische und hier schon angeführte Überlegung, Repression sei zunächst mal gegen die eigenen Gegner gerichtet - klingt gut und logisch. Was aber, wenn wie im Stalinschen System die Maßnahmen zur Gefangennahme derart gestaltet sind, dass bewusst auch Unschuldige eingesperrt und unter menschenunwürdigen Verhältnissen festgehalten werden?

In den Erinnerungen von Insassen des GULAGs sind neben diesen entsetzlichen Umständen etwa Methoden erwähnt, den Häftlingen kurz vor Ihrer Entlassung die Haftzeit unter absurdesten Gründen zu verlängern - was letztlich den psychischen Druck auf ein unerträgliches Maximum steigerte...


P.s. Bei den Nazis ging es mir "nur" um die Internierung und nicht um den Völkermord. ;)

Eine heillos verwirrte Scarlett :D:red:
 
Der GULAG ist natürlich ein Teil es staatsterroristischen Systems; dazu ein Witz:
Drei russische Strafgefangene in Ketten sitzen im Zug, der sie in die Verbannung nach Sibirien bringt. Fragt einer sein Gegenüber: "Was hast du bekommen, Brüderchen, was hast du gemacht?"
"Zehn Jahre", sagt der, "ich war für Dimitri Grigorewitsch Pawlow."
"Und du?", fragt der seinen Nachbarn.
"Auch zehn Jahre", antwortet der. "Ich war gegen Dimitri Grigorewitsch Pawlow. Aber du … was ist mit dir?"
"Auch ich hab zehn Jahre bekommen”, sagt der Dritte. "Und warum?" - "Ich bin Dimitri Grigorewitsch Pawlow."

Wobei der Witz nicht der historischen Wahrheit entspricht: Dimitri Grigorewitsch Pawlow wurde hingerichtet und nach dem berühmten XX. Parteitag der KPdSU rehabilitiert.
 
Wobei der Witz nicht der historischen Wahrheit entspricht: Dimitri Grigorewitsch Pawlow wurde hingerichtet

Der Witz kann nicht der historischen Wahrheit entsprechen, weil Pawlow (auch in den Shukow-Memoiren quasi als Versager abgefertigt) Kommandeur der russischen Truppen im sog. Bialystocker Balkon war. Die gundsätzliche Aufstellung und Zusammenballung der Truppen, die zur Kesselschlacht von Bialystock und Minsk führte, hatte er nicht zu verantworten, zumal sie den ein halbes Jahr zuvor durchgeführten Kriegsspielen/Simulation eines deutschen Angriffes und der Shukowschen Aufmarschplanung vom Mai 1941 entsprach.

Seine Hinrichtung war von Stalin wohl eher als Fanal für den Widerstand gegen die invasion und den Widerstand gemeint. "Versager" in der Generalität hatten nichts zu erwarten und ihr Leben verwirkt.

Insofern konnte niemand tatsächlich für oder gegen Pawlow sein. Der "Witz" steht deshalb - wie von El Quijote gesagt - für den Stalinistischen Terror.
 
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