Übergang von den Merowingern auf die Karolinger

W

Wulfnoth

Gast
Moin,

Ich habe nun im Internet relativ viel über das Frankenreich vor und nach Pippin III. gelsen, doch konnte sich bei mir immer noch nicht die Frage klären wie ein totaler Machtverlust für die Merowinger möglich war.
Kann mir das jemand vielleicht erläutern?

Wulfnoth
 
Niedergang der Merowinger

Hallo! Habe gerade eine Unterrichtsstunde vorbereitet, die sich genau damit beschäftigt. Deshalb kann ich dir hier einen kurzen Überblick geben.

:fs:

Der Niedergang der Merowinger hat drei ursächliche Zusammenhänge:
:teach: Mit der Vererbung des geschaffenen Reiches an seine drei Söhne schafft Chlodwig eine Situation, in der das Reich immer mehr zersplittert. Alle drei sind gleichberechtigt, alle haben Territorien mit Hauptstädten und diese sind wiederum unterteilt in kleinere Verwaltungseinheiten. So entstehen die drei Teilreiche Neustrien, Austrien und Burgund.

:idee: Die Macht der merowingischen Herrscher wird durch die fränkische Erbschaftsregelung untergraben.

:teach: Das Edictum Chloterii schafft das Amt des Hausmeiers. Es wird auf Drängen des fränkischen Adels festgesetzt, dass ein Vorsteher der Teilreiche Neustrien, Austrien oder Burgund nur aus dem Teilreich selbst stammen kann. Zunächst stehen diese Hausmeier nur an der Spitze ihrer eigenen Teilreiche. Pippin d. Ältere ist beispielsweise der Hausmeier von Austrien. Diese Entwicklung ist den merowingischen Herrschern sicherlich nicht recht gewesen und zeigt ihre zunehmende Machtlosigkeit. ABer ohne den Adel kann der Herrscher nunmal auch nicht regieren. Deshalb war er zu diesem Schritt gezwungen.

:idee: Die Entwicklung des Amtes eines Hausmeiers schafft eine machtvolle Ausgangsposition für einen Staatsstreich.



:fs:



:teach: Militärische Erfolge bringen die Hausmeier bald an die Spitze des Reiches. Pippin der Mittlere schaltet zunächst den Hausmeier von Neustrien-Burgund aus, womit er Hausmeier über alle drei Teilreiche ist und eine große Machtfülle besitzt. Aus väterlichem Erbe besitzt er eine Menge Geld und Einfluss auf den Adel. Sein Großvater war Arnulf, der Bischof von Metz, der ihm auch eine kirchliche Legitimation verschafft. Er hat nun eine Position inne, die eine große Gefahr für das immer schwächer werdende merowingische Herrscherhaus darstellt. Die können sich aber nicht wehren, denn der Adel steht zum großen Teil hinter dem neuen Machtfaktor aus Austrien.
Als Karl Martell dann auch noch die Araber zurückschlägt (Schlacht zwischen Tours und Poitiers) und sich kein merowingischer Herrscher mehr blicken lässt, ist die macht der Hausmeier nicht mehr zu brechen.

:idee: Militärische Erfolge haben einen Machtanstieg der Hausmeier zur Folge. Merowingische Herrschaftspolitik spielt eine immer kleinere Rolle.

:teach: Pippin der Jüngere vollzieht dann nur noch, was seine Vorgänger schon vorbereitet haben. Er schreibt dem Papst und lässt sich die Legitimation des obersten Hirten aller Christen geben, den Griff zur Krone zu übernehmen. Als er dann dem Papst auch noch gegen die Langobarden hilft, begibt sich dieser sogar persönlich zu Pippin, um ihn nochmals 752 offiziell zu Salben und so seine Königswürde "von Gottes Gnaden" zu bestätigen.

:idee: Die Unterstützung von Papst und Adel bringt die Hausmeier, die seit Karl und Karlmann, den beiden Söhnen Pippin des Jüngeren, Karolinger genannt werden, an die Macht.

Alles Klar? Kannste alles im Geschichtsbuch nachlesen.

Liebe Grüße!
 
Kleine Korrektur: Chlodwig hatte vier Söhne - und unter diesen wurde das Reich aufgeteilt: Theuderich ("Hauptstadt" Reims), Childebert ("Hauptstadt" Paris), Chlodomer (Orleans) und Chlothar (Soissons).
 
Ich denke doch das Clothar das Reich noch einmal vereint hat. Aber das ändert natürlich nichts an der Tatsache, dass die Erbfolgeregelung der Franken nicht gerade positiv für ein reich ist. Die Karolinger haben sie ja auch beibehalten und bei ihnen lief das auch nicht besonders gut.

Der Adel stand ja zu Anfangs nur hinter dem Hausmeier Pippin, nicht hinter dem Thronanwärter Pippin. Denn Karl Martell konnte sich durch seine Siege über die Araber erlauben keinen neuen Merowinger auf den Thron zu setzten, aber unter Pippin dem kurzen hat der Adel ja noch einmal auf einen König aus dem merowingischen Haus bestanden. Naja dieser letzte König der Merowinger ist sowieso eine großes Rätsel.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Das Problem der Merowinger bestand auch darin, dass sich ihre Könige nicht als herrschende Gewaltenvereiniger verstanden, sondern aus alten Sitten und Bräuchen heraus meist nur als eine Art Priesterkönig, mit mehr repräsentativer Aufgaben mystischer Art. Sie ließen sich ja auch noch meist ihre Haare wachsen, um damit ihre Kraft (mystischer Natur) zu repräsentieren.
 
Die Dynastie der Merowinger entstand ursprünglich aus der archaischen Heerkönigtum und bildeten den Traditionskern der Franken. Der Zusammenhalt entsteht nicht durch Ethnie, sondern durch die Verfassung. Das Einende ist derjenige mit dem Königsheil, welches sich im Haar manifestiert. Dieses erbliche Königsheil ist für alles mögliche - von guten Ernten, bis zu Glück im Krieg - verantworltlich.
Daher ließ Pippin d. J. bei seiner Königserhebung 751 - unter den Karolingern ersetzte die christliche Salbung das legitimierende Königsheil - den Merowinger nicht nur in Klster stecken, sondern auch gleich scheren, um die letzten Zweifel der verlorenen Legitimität der Merowinger zu zementieren. Klartext für die zeitgenössischen Zweifler: Selbst wenn der rechtmäßige König nun nicht mehr König sei - sein Königsheil hat er in Form seiner Haare sowiso verloren.
 
hallo -
die diskussion an dieser stelle ist zwar nicht mehr ganz aktuell, möchte aber doch schreiben/fragen: gab es nicht fälle, in denen ein merowinger zwar seine haare eingebüßt hat (u. damit herrschaft u. königsheil), das aber zurückerlangen konnte, wenn seine haare schlicht u. einfach wieder nachgewachsen waren (vorausgesetzt er hat 'nur' seine haarpracht verloren u. sitzt in haft, ist also nicht zum mönch geschoren worden)? möchte dann noch darauf hinweisen, daß das sogenannte "priesterkönigtum" der merowinger eine recht esoterisch angehauchte sache ist (baigent usw.); das königtum der merowinger war genauso wie das der gotischen amaler natürlich 'magisch' ritualisiert - vielleicht ist der ebenfalls in der literatur verwendete begriff von den 'ritualkönigen' etwas besser. die merowinger waren, soweit sie ins erwachsenenalter gelangten auch in der spätphase, 'machtpolitiker'. der aufstieg der hausmeier hat ja sicher auch mit der minderjährigkeit mancher könige zu tun. das esoterische mischmasch aus jesus, den merowingern, katharern, templern, freimaurern versteh' ich echt nicht.
tschö
 
Denke auch, dass die langen Haare zwar schon Zeichen der Macht waren, jedoch ist Herrschaft immer nur dann da, wenn man jemanden beherrschen kann. Macht ist Verwaltung!!!!
Folgt man diesen, wahrlich etwas schnell geschriebenen Thesen, so erklärt sich der Übergang von Merowingern zu Karolingern recht einfach (auch wenn da natürlich viele Faktoren zusammenkamen):

Die Merowinger verloren ihre Macht durch den Verlust der wichtigen Verwaltungsaufgaben und wurden so zu Marjonetten (oftmal auch durch ihr junges Alter erklärbar) des Adels. Innerhalb des Adels konnten sich die Karolinger durchsetzen (z.B. in der Schlacht von Tertry über den neustrichen Hausmeier Berchar 714 - Pippin der MIttlere).
Die Situation der Karolinger ist also eine recht Komfortable, da sie die faktische Macht haben und sie sind erstmal gar nicht so sehr daran interesiert, dass sich an dieser Situation etwas ändert. Die Königserhebung von 751 als sich Pippin der Ältere mit der Unterstützung des Papstes zum König erhebt und damit den letzten Merowingerkönig Childerich III stürzt, ist vielmehr ein Akt gegen die Machtansprüche seiner Verwandten.

So, ich hoffe ich konnte mit meinem ersten Beitrag ein wenig zur Diskussion beitragen.
 
Nicht Pippin der Ältere wurde zum König, sondern Pippin der Jüngere. Die tatsächliche Macht der Hausmaier war brüchig, wie das Schicksal von Grimoald dem Älteren verdeutlich, dessen Sippe im Mannesstamm ausstarb, nachdem er versucht hatte, durch eine Annahme an Kindes statt, das Geschlecht der Merowinger zu entmachten. Entgegen der üblichen Auffassung waren die Merowinger nach dem Verlust der merowingischen Königsgewalt nicht verschwunden, sondern nur noch eine von vielen adeligen Geschlechtern mit reichem Besitz in Neustrien.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine wichtige Rolle hat damals auch die Kirche, besonders der Papst gespielt.

Die merowingischen Könige bis Dagobert I. waren über die Kirche gestellt, sie wechselten geistliche Würdenträger aus, brachten sie auch oft um. Ganz nach ihrem Belieben. Die Merowinger hatten in der Regel auch mehrere Frauen und Geliebte und waren auch sonst nicht so religiös.
Das war dem Papst bestimmt ein Dorn im Auge.

Pippin stellte, glaube ich, die Kirche über das Königstum. Die Kirche konnte von nun an Macht ausüben und Einfluss nehmen, was sie ja auch bis in die Neuzeit getan hat.


Gruß
 
Die tatsächliche Macht der Hausmaier war brüchig, wie das Schicksal von Grimoald dem Älteren verdeutlich, dessen Sippe im Mannesstamm ausstarb, nachdem er versucht hatte, durch eine Annahme an Kindes statt, das Geschlecht der Merowinger zu entmachten.

Allerdings konnte sich Pippin der Mittlere in der Schlacht bei Tertry 687 eindeutig durchsetzen und ohne Zweifel waren die Hausmeier von da an die bestimmenden Persönlichkeiten im Staat, bis Pippin der Jüngere dann auch König wurde.
 
Das Königsgericht, vor dem die Großen aus Adel und Kirche ihre Streitigkeiten austrugen, behielt oder gewann den Rang einer anerkannten Rechtseinrichtung, die auch gegen die Anliegen des mächtigen Hausmaiers, des Siegers von Tertry, und seines Anhangs entscheiden konnte. Pippin der Mittlere stärkte seine Stellung vor allem durch eine kluge Heirat seines Erstgeborenen Drogo mit der Tochter des verstorbenen neustrischen Hausmaiers Berchar.
 
Merowech schrieb:
Eine wichtige Rolle hat damals auch die Kirche, besonders der Papst gespielt.

Die merowingischen Könige bis Dagobert I. waren über die Kirche gestellt, sie wechselten geistliche Würdenträger aus, brachten sie auch oft um. Ganz nach ihrem Belieben. Die Merowinger hatten in der Regel auch mehrere Frauen und Geliebte und waren auch sonst nicht so religiös.
Das war dem Papst bestimmt ein Dorn im Auge.

Pippin stellte, glaube ich, die Kirche über das Königstum. Die Kirche konnte von nun an Macht ausüben und Einfluss nehmen, was sie ja auch bis in die Neuzeit getan hat.


Gruß
Ich denke, zu dem Zeitpunkt 751, als Pippin den letzten Merowinger ins Kloster schickte und sich selbst die Krone aufsetzen ließ, hatte gerade der Papst überhaupt keine weltliche Macht mehr. Rom war von den Langobarden umlagert, daher floh Papst Stephan II kurz darauf an den pippinischen Königshof um dem ersten König von Gottes Gnaden das Schutzbündis für den Papststuhl aufzuerlegen. Und erst durch den Waffengang Pippins gegen die Langobarden und die Eroberung von Gebietsteilen um Rom und die pippinische Schenkung (Ursprung des Kirchenstaates) an Papst Stephan II erlöste das Papsttum aus dem weltlichen Niedergang.
Pippins Sohn Karl sollte dann dafür sorgen, dass Papsttum und Reichsidee wieder zur vollen Entfaltung gelangten.

Gruß
 
Gerade die vielen Reichteilungen unter den Merowingern, dürfte dafür gesorgt haben, dass die Großen immer mehr Enfluß auf die Politik erlangten.
Die Könige benötigten gerade deren Unterstützung im Kampf gegen ihre Brüder und Neffen.
Denn Durchbruch des Adels zu einer bestimmenden Macht im Frankenreich, brachte die Absetzung Brunichildes durch Arnulf von Metz und Pippin dem Älteren.
Wie gering das Ansehen der Merowinger beim Adel war, zeigte auch der Versuch des Hausmeiers Grimoalds, seinen Sohn Childebert, als König zu instalieren.
Zudem achtete der Adel auch darauf das vor allem Kinder als Könige eingesetz wurden um die Macht den Hausmeiern zu sichern.
Seit Dagobert I. gab es praktisch keinen König mehr der wircklich noch Macht über das ganze Frankenreich besaß.
Aber auch unter den Hausmeieren dauerte der Kampf um die alleinige Macht sehr lang. Die Arnulfinger/Pippiniden waren nicht die einzigen.
Pippin der Mittlere war der erste der eine Alleinherrschaft aufbauen konnte (Tertry). Doch nach seinem Tod zerfiel sie wieder unter mehrere Hausmeier.
Pippin hatte jedoch das Glück einen überaus fähigen Sohn gehabt zu haben.
Denn Karl "Martell" konnte schließlich die Herrschaft seiner Sippe entgültig etablieren um so seinem Sohn das Fundament eines neuen Königtums zu legen.

Das Ende der Merowinger war seit dem Tod Dagoberts I. besiegelt. Denn es war nur eine Frage der Zeit bis sich eine der Hausmeiersippen durchsetzen konnte.
Und wenn das geschehe war die Frage nach der Bestzung des Königtums zwangsläufig.

Um zu verhindern, das seine Sippe ein ähnliches Schicksal wie das der Merowinger ereilt, musste Pippin der Kurze eine dritte, auswärtige Macht als Legitimation mit ins Spiel bringen.
Der fränkische Adel besahß auf den Bischof von Rom keinen Einfluß. Zudem gab es für Pippin die Möglichkeit sein Königtum eine sakrale Bedeutung zu geben, was die Merowinger nicht besaßen.
 
Den Durchbruch des Adels zu einer bestimmenden Macht im Frankenreich, brachte die Absetzung Brunichildes durch Arnulf von Metz und Pippin dem Älteren.
Brunichilde herrschte für ihren zunächst unmündigen Sohn Childebert II. und nach dessen Tod für ihre Enkel in den fränkischen Teilreichen Austrasien und Burgund. Tatkräftig trat sie für die Rechte des Königtums gegenüber dem Adel ein, bis sie gestürzt und getötet wurde.
 
Hallo Ihr,

natürlich sind die Hausmaier aufgestiegen und haben die Merowinger verdrängt, also richtigerweise entmachtet, aber vor ihrem Aufstieg waren sie nicht unbedingt adlig, so steht es ja auch in dem link, zumindest habe ich es so verstanden.

Nach ihrem Aufstieg gehörten sie dem Hochadel an.

Gruß.....
 
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