Franz. Oper 18.Jh. u. davor ein bissel ;-)
Ein Beispiel habe ich jüngst zumindest über den Umweg einer Radierung des Bühnenbildes von Bellotto gefunden. Dieser war ja in den späten 1750ern aus Dresden geflohen und schuf einige seiner berühmtesten Werke in Wien. Hier fertigte er auch 1759 besagte Radierung eines Stückes, welches am 26.April 1758 erstmals im Hoftheater Wien in der Form aufgeführt wurde. Es handelt sich um "Le Turc Généreux", dem ersten "entrée" der Oper "Les Indes Galantes" (1735) von Rameau. Dieses Stück wurde zu Ehren des außerordentlichen Gesandten der Hohen Pforte Rasmi Achmed Effendi gegeben, der die Thronbesteigung Sultan Mustafa III. in Wien anzeigen sollte. Man kann sich vorstellen wie passend schlichtweg die Handlung war, welche einen Türken zeigte, der aus Dankbarkeit für eine Rettung durch Christen dieselben freiließ, als diese in seine Gewalt gerieten. Allerdings wurde dieses "entrée", dessen Libretto von Louis Fizelier stammt, vom Tänzer und Choreographen Franz Anton Christoph Hilverding (1710-1768) extra umgestaltet, dass die Handlung mehr Dramatik bekam.
Da wir im Chat mal eine kleine Verwirrung hatten, weil ein CD-Anbieter im Netz (Internet) "Les fêtes d'Hébé ou Les Talents lyriques" als Balettkomödie anpries, mal kurz was zu den Opern der Zeit von Rameau und welche in Frankreich vorrangig im 18.Jh. eine Rolle spielten:
Tragédie lyrique
Zentraler Bestandteil der "Tragédie en musique", wie die Tragédie lyrique auch genannt wurde, ist die Nachahmung der antiken Tragödie in 5 Akten, wobei der Stoff aus Sagen, mythologischen Stoffen usw. genommen wurde. Wichtig war in der französischen Tragédie Lyrique wie übrigens auch in der "normalen" Tragödie eines Voltaire die äußere Form in Alexandrinern und 4-füßigen Jamben.
Jedoch muss man besonders für Rameau reklamieren, dass der Ausgang der Tradédie lyrique nicht immer unbedingt tragisch sein musste. Es ging v.a. wohl darum, dass die Tragédie lyrique im Sinne des künstlerischen Anspruchs ein gleichwertiges Pendant zur Tragödie Racines z.B. bildete. So lassen sich auch die namenhaften Librettisten der Tragédie lyrique erklären, die man findet.
Bsp.:
"Alceste"
Philippe Quinault (1635-1688) /
Jean-Baptiste Lully (1632-1687)
(1674)
"Medée"
Thomas Corneille (1625-1709) /
Marc-Antoine Charpentier (1643-1704)
(Die Oper gilt als die oder eine der stärksten Opern der franz. Oper, wohl auch durch das ausgezeichnete Libretto Corneilles, der nach Racine und Pierre Corneille zu seiner Zeit dem Philosophen Voltaire als herrausragenster Dichter der franz. Klassik galt.)
(1693)
"Castor et Pollux"
Pierre Joseph Bernard (1708-1775) /
Jean-Philippe Rameau (1683-1764)
(1737)
"Abaris ou les Boréades" ? /
Rameau
(Diese Oper wurde von Rameau zwar 1764 fertig gestellt, gelangte aber bis zum 20. Jh. nicht auf die Bühne, da der Tod des Komponisten die Vorbereitung während der Proben überraschte. Das ist von daher bedauerlich gewesen, da diese Oper Rameaus Wandlungsfähigkeit unterstrich. Übrigens kam die Oper ohne Prolog, der ansonsten üblich war, und tragischem Ende aus.)
Comédie-Ballet (Ballettkomödie)
Gegenstück zum Hofballett, Grundlage war die gesprochene Komödie, worin Gesangspartien, Ensembles und Balelette Aufnahme fanden.
Bsp:
"La princesse d'Élide"
Molière (1622-1673) /
Lully (
1664)
"Le Bourgeois gentilhomme"
Molière /
Lully
(Ein wahres Meisterwerk von beiden, wobei ein jeder von beiden sein Bestes zeigte.) (
1670)
Opéra comique
Diese Oper kam aus den Vorstadtkomödien, welche mit Gassenhauern (Vaudevilles) gewürzt waren und der Komödie mit Chansons (Comédie mêlée d'ariettes).
Bsp:
"Les Paladins"
Duplat de Monticourt /
Rameau (1760)
Opéra-Ballet
Entstand aus der Verselbstständigung der Divertissements, welche durch eine inhaltlich lose verbunde Thematik miteinander zu einer vollwertigen Oper verknüpft wurden, wobei Arien Chöre usw. eingestreut wurden. Die Opéra-Ballet setzte sich aus einer variierenden Anzahl an Entrées zusammen.
Diese Entrées konnten allerdings auch herrausgenommen allein aufgeführt werden, da sie eine in sich abgeschlossene Handlung bildeten. Daneben wurden Actes de ballet auch einzeln komponiert. Diese
Actes de ballet konnten dann später zu einer Opéra-Ballet verbunden werden, was z.B. Rameau mit "Zéphyre" und "Nélée et Myrthis" scheinbar zusammen genommen vorhatte. Aber, drittens, konnten auch Actes de ballet einzeln komponiert und als selbstständige Werke aufgeführt werden. So gelangten "Pygmalion" und "La Guirlande" in der Académie Royale de Musique zur Aufführung. Diese kleinen Actes de ballet konnten als Meisterwerke genauso vollkommen sein wie die Opéra-Ballet, da die Actes de Ballet wiederum in einzelne Szenen zerfielen und ihnen eine teilw. herrausragende Ouverture wie im Falle von "Pygmalion" vorran gesetzt wurde.
Bsp. Opéra Ballet:
"L'Europe galante"
Antoine Houdar de Lamotte /
André Campra (1660-1744) (
1697)
"Les éléments"
Pierre-Charles Roy (1683-1764) /
Michel Richard Delalande (1657-1726) und
André Cardinal Destouches (1672-1749) (
1721)
"Les Indes Galantes"
Louis Fuzelier (1672-1752)/ Rameau
(Rameaus zweite große Oper und auch ein Erfolg, der zusammen mit "Castor et Pollux für die Etablierung des Komponisten sorgte.) (
1735)
"Les Fêtes d'Hébé ou Les Talents lyriques"
Antoine Gautier de Montdorge (1707-1768) / Rameau
(Wohl Rameaus erfolgreichste Opéra-ballet mit 200 Aufführungen noch zu Lebzeiten des Meisters.) (
1739)
Auf die
Pastorales und das
Comédie Ballet - z.B. "La Princesse de Navarre" von
Voltaire /
Rameau (1745) - sowie die
Opéra de Chasse -"Actéon" von
Charpentier :yes: - will ich hier nicht weiter eingehen.
Es ging mir v.a. darum, mal "Les Indes Galantes", da ich die Oper erwähnte ganz grob einzuordnen. Ich hoffe die Fachfrauen und -männer entschuldigen meine teilweise oberflächliche und kenntnisarme Formulierungsweise.:rotwerd:
Auch lag mir am Herzen mal die hochkarätigen Librettisten aufzuzeigen, welche verdeutlichen, welche Bedeutung damals der Oper beigemessen wurde, wenn ein Moliére, Th. Corneille oder gar Voltaire daran mitschufen.
Literatur:
Prof. Dr. Ulrich Michels/Gunther Vogel: "dtv-Atlas Musik" , Deutscher Taschenbuchverlag, München, 2001