Saladin

Edelmütig wäre in meinen Augen beispielsweise Mahatma Gandhi. (Doch was hätte er wohl an Saladins Satt getan, sein Volk vor dem Zu~ und Übergriff gewalttätiger Andersgläubiger zu schützen? Vermutlich an seiner Friedlichkeit festgehalten -- um daraufhin vielleicht sogar von seinen eigenen, leidenden Genossen ermordet zu werden.)

Ich war ebenfalls vor allem positiv überrascht und erfreut als ich von Saladins Lebenswandel las. Wenn ich heute einen Feldherrn nennen sollte der mir ehr~würdig erscheint, so wäre er es. Insbesondere seine Gnade in vielen Fällen sowie sein Verzicht auf (übermäßigen) Reichtum machen ihn mir durchaus sympathisch.
 
Ich finde, dass gerade in jenen Zeiten, da Aufwiegler und Hassprediger das Wort haben und zur Vernichtung des Andersartigen aufrufen, jeder Lichtblick willkommen ist, der mit der binären Logik von Gut und Böse bricht und den Menschen auf der anderen Seite wahrzunehmen vermag.

Dass Saladin weder Pazifist noch Humanist war, das brauchen wir ja nicht zu erwähnen. Wie schon an anderer Stelle gesagt wurde: "Edelmut" und "Feldherr" widersprechen sich, wenn wir heutige Massstäbe anlegen. Wer es vermochte - wie Saladin - zum mächtigsten Herrführer Arabiens aufzusteigen, der musste schon etwas mehr als nur "lieb sein".
 
Ganz abgesehn davon, wie man Saladins Taten etc. nun beurteilt ein Wort zu seiner Bedeutung in der "islamischen Welt" im Gegensatz zu seiner Bekanntheit bei uns:
Für viel Europäer galt Saladin als das Paradebeispiel des edlen Sarazenen, des mildtätigen, gerechten, fairen Feldherren. In deisem Sine ist er hier nie ganz "vergessen" worden.
Ganz anders in muslimischen Ländern. Wirkliche Bekanntheit und Aufmerksamkeit wurde ihm erst mit der Orientreise unseres Wilhelm II wieder zuteil. Der Kaiser besuchte dabei auch das Grab Saladins.
Saladin wurde in der Folge zum islamischen "Freiheitskämpfer" stilisiert (zu Zeiten des Kolonialismus!); s. a. Saddam Husseins Selbstbezeichung als "neuer" Saladin
 
Ich erlaube mir eine kurze Anmerkung zu Deinen Ausführungen...

Für viel Europäer galt Saladin als das Paradebeispiel des edlen Sarazenen, des mildtätigen, gerechten, fairen Feldherren. In deisem Sine ist er hier nie ganz "vergessen" worden.

Das Wort "galt" ist wichtig, wiewohl dieses historisch unkorrekte Bild des "mildtätigen, gerechten, fairen Feldherren" - gemeinhin taucht auch das Wort "edelmütig" in diesem Kontext auf - tatsächlich noch immer in Europa sehr verbreitet ist.
Wie wenig es den historischen Fakten gerecht wird, hatte ich bereits mehrfach angesprochen - hier einige Beispiele dazu:
http://www.geschichtsforum.de/270798-post3.html
http://www.geschichtsforum.de/270808-post5.html
http://www.geschichtsforum.de/270826-post7.html
 
Nur mal so eingeworfen, da wir schon dabei sind: Die Schiiten sind wahrscheinlich auch nicht so heiß auf ihn... (Stichwort Fatimiden, wem das was sagt...)
 
@Timotheus:
Ich hoffe, es ist nicht der Eindruck entstanden, ich würde dieses romantisch-verklärte Saladinbild teilen...
Und klar: Dass die schiitischen Fatimiden in Ägypten von Saladin (bzw. dessen Bruder (?) Schurkuh) gestürzt wurden dürfte unter Schiiten nicht gerade ein positives Bild hinterlassen haben. Bleibt die Frage, ob das eine modernere Sache ist, oder ob Saladin für die Schiiten schon länger eine Art "sunnitisches Feindbild" bildet.
Welche Rolle spielt es außerdem generell, dass Saladin Kurde war???
 
für (einige) Kurden heute eine immense. Für die damaligen Kurden ist die Quellenlage dürftig. Außerdem steckt die Kurdologie noch in den Kinderschuhen, als dass etliche Thesen abschließend zu bewerten wären. Ethnische Selbstidentifikation stand nicht überall so hoch im Kurs, wie nach der franz. Revolution.
 
@Timotheus:
Ich hoffe, es ist nicht der Eindruck entstanden, ich würde dieses romantisch-verklärte Saladinbild teilen...

Bei mir zumindest nicht ;)
Ich hatte Deinen Beitrag lediglich aufgegriffen, um zu verdeutlichen, daß dieses Bild überholt und unkorrekt, aber dennoch durchaus noch immer recht verbreitet ist.
 
Den Armen die das Lösegeld nicht zahlen konnte schenke er nicht nur die Freiheit, sondern angeblich dürften sie im Land bleiben. Es gibt Thesen das die Volkgruppe der Drusen von ihnen abstammen soll.
Diese Thesen interessieren mich sehr, über einen Literaturhinweis wurde ich mich sehr freuen. Saladin war offenbar ein Kurde (vgl. Minorsky, V. Saladin's Origins, In: Studies in Caucasian history, Cambridge University Press, 1957, pp. 124-132), aus dem Stamm der Schadedi (vgl Banu Shaddad, in: EI1), die eine zeitlang in heutigen Armenien einflussreich waren. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass da Zusammenhänge bestehen.
Eine andere (ursprunglich) kurdische Familie, die Dschanpolat, haben heute eine immens wichtige Rolle in der drusischen Gemeinde inne (siehe: Die Canpolat)
 
für (einige) Kurden heute eine immense.
Dem möchte ich widersprechen. Die kurdische Nationalisten bezeichnen Saladin wörtlich als "Esel der Araber", weil er angeblich nur dem Islam, d.h. den Arabern gedient haben soll; generell steht die gegenwärtige kurdisch-nationalistische Bewegung dem Islam sehr kritisch gegenüber. Saladin und andere kurdo-islamische Persönlichkeiten werden aufgrund ihr Angagement für den Islam als Verräter angesehen.
In der Oraliteratur der ländlicher Bevölkerung ist, "Mîr Silêhedîn" (= Amîr Sileyhedin - so wird er von den Kurden bezeichnet) ein gewöhnlicher Fürst wie viele anderen kurdischen (regional) Fürsten seiner Zeit. (Siehe: kurdischer Nationalismus in Bezug auf die Religion).
 
Nicht jeder reflektiert so wie du, oder ist so in seiner Kultur (oral oder durch Lektüre) verwurzelt. Manche hören nur auf dem Schulhof: Saladin=Kurde=Cooool! ;)
 
heyho ;-)
kennt jemand von euch gute Sekundärliteratur und Urteile angesehener Historiker zu Saladin? Vielleicht wär es möglich hier ein oder zwei Links reinzustellen oder besser noch zwei gute Bücher dazu zu nennen, da Saladin ja wie man auch hier sieht eine recht umstrittene Person war, würde mich das mal interessieren^^
freundliche Grüße
 
wichtige Literatur, bitte schön:

Ehrenkreutz, Andrew S. Saladin. Albany: State University of New York Press, 1972.

Gibb, H. A. R. The Life of Saladin. Oxford, U.K.: Clarendon Press, 1973.

Lyons, Malcolm Cameron, and Jackson, D. E. P. Saladin: The Politics of Holy War. Cambridge, U.K.: Cambridge University Press, 1982.

Hillenbrand, Carole. The Crusades: Islamic Perspectives. Chicago: Fitzroy Dearborn, 1999

B.Z. Kedar, The Battle of Hattin Revisited (The Horns of Hattin, hg. B.Z. Kedar, 1992), 190-207

H. Möhring, Der andere Islam (Die Begegnung des W mit dem O, hg. O. Engels-P. Schreiner, 1993), 133-148.

F. GABRIELI, Die Kreuzzüge aus arabischer Sicht, Zürich 1973

Saladin und die Kreuzfahrer, hg. v. A. Wieczorek u. a., Ausstellungskatalog (2005).

M. Ripke, Saladin und sein Biograph Baha addin b. Shaddad, Bonn 1988.

Gibb, H. A. R. The achievement of Saladin , in S.J. Shaw and W.R. Polk (eds.), Studies on the civilization of Islam , Boston 1962, 91-107

For the family background and particular stages of his career, see V. Minorsky, The pre-history of Saladin , in Studies in Caucasian history, London 1953

H. Möhring, Saladin und die dritte Kreuzzug, Wiesbaden 1980.
 
Diese Bücher gehören offenbar mit zu den maßgeblichen Werken die spezieller über Saladin berichten, ohne gleich zu speziell zu sein, sondern einen Überblick bieten. Zumindest wurden diese immer wieder in diversen Enzyklopädien genannt, die ich für dich durchgesehen hatte.

Vielleicht kannste ja eines mal per Fernleihe oder so bestellen, wenn nicht vor Ort. Oder bei ebay, amazon, oder anderen Buchhändlern günstig gebraucht erstehen.
 
ach doch, da kommt man ganz gut dran....teilweise hab ich die auch schon. gabrieli ist natürlich pflichtlektüre wenn man sich mit dem thema auseinandersetzt
 
Hallo,

hatten die Soldaten des Saladins, allg. muslimische Soldaten in der Zeit der Kreuzzügen nen bestimmten Namen ?
Bei den Christen hießen die Soldaten ja Kreuzritter.
 
Nein, Kreuzritter ist kein zeitgenössischer Begriff. Es handelte sich um Ritter die das Kreuz genommen hatten oder Pilger in Waffen. Wie Saladins Soldaten genannt wurden, weiß ich nicht. Im Maghrib allerdings gab es im 11. und 12. Jhdt. die al-Murābiṭūn, muslimische Glaubenskrieger die in klosterartigen Grenzbefestigungen, den ribāṭs hausten.
 
Wenn Saladin seinen Krieg gegen die Kreuzfahrer als ğihād verstanden haben sollte, dann könnte man ihn als Muğāhid und seine Krieger als Muğāhiddin begreifen. Ich weiß aber nicht, ob der Begriff den den arabischen Quellen jener Zeit auftaucht.
 
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