Die Straßburger Eide: Beistandsvertrag (842):
Dieser Vertrag zwischen den Brüdern Ludwig dem Deutschen (Ostfranke) und Karl dem Kahlen (Westfranke), Söhne Ludwigs des Frommen[Sohn Karls des Grossen], gegen ihren älteren Bruder Lothar wurde von einem gewissen Nithart als historischen Bericht in lateinischer Sprache niedergeschrieben; man vermutet, daß Nithart dabei war und als Augenzeuge die sprachliche Handlung der Begebenheit berichtet. Die Begebenheit, wodurch die beiden Brüder, Ludwig und Karl, zusammen mit ihren Heeren gegenseitige Treue schwören, ist sowohl sprachlich als auch kulturell wichtig: zum erstenmal werden die Grenzen des karolingischen Reiches, obwohl hier dreiteilig, geographisch bestimmt: Ludwig übernimmt Herrschaft des östlichen Teils; Karl Herrschaft des westlichen Teils, und Lothar Herrschaft des Mittelreichs von der westküste des heutigen Hollands im Norden bis zur südlichen Küste Italiens. Sprachlich erkennen wir hier zum erstenmal die Verständnisschwierigkeiten der Ost- und Westfranken. Um die Eide gegenseitig und verständnisvoll zu schwören, mußten die beiden Herrscher und ihre Heere beziehungsweise entweder Althochdeutsch (rhein-fränkische Mundart) oder Altfranzösisch (Westfränkisch /Romanisch) sprechen, d.h., Karl und seine Männer, deren Mundart Westfränkisch oder Romanisch war, haben auf Althochdeutsch (Rheinfränkisch) geschworen, während Ludwig der Deutsche und seine Männer, die normalerweise die rheinfränkische Mundart sprachen, auf Altfranzösisch (Westfränkisch) geschworen haben. Die Notwendigkeit ihre Eide zweisprachig zu schwören betont nicht nur die Treue und Beistandsabsicht der beiden Brüder gegen ihren gemeinsamen Feind und Bruder, Lothar, sondern auch die kulturell wichtige Tatsache, daß mitten im 9. Jhdt. (842) Westfranken und Ostfranken einander nicht mehr sprachlich ohne Schwierigkeiten verstehen konnten.