Sollen in historischen Ausstellungen ausschliesslich historische Objekte verwendet we

oberhaenslir

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Sollen in historischen Ausstellungen ausschliesslich historische Objekte verwendet werden? Oder müssen nur 'Schlüsselobjekte' Originale sein? Können nur solche den Zugang des Publikums zum historischen Thema gewährleisten?

In welchen Fällen ist es gerechtfertigt, für die Geschichtsvermittlung Rekonstruktionen einzusetzen? Gibt es Gründe, Rekonstruktionen ganz abzulehnen?

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Sollen in historischen Ausstellungen ausschliesslich historische Objekte verwendet werden?

Nein, natürlich nicht.


In welchen Fällen ist es gerechtfertigt, für die Geschichtsvermittlung Rekonstruktionen einzusetzen?

Immer dann, wenn das Original so verwittert/fragmentarisch/ramponiert ist, daß sich der Besucher nicht ohne viel Phantasie vorstellen kann, wie es einst ausgesehen oder funktioniert hat.
Auch Kopien eines gut erhaltenen Originals können sinnvoll sein, wenn das Original sich nicht ohne Gefahr demontieren oder transportieren läßt.


Gibt es Gründe, Rekonstruktionen ganz abzulehnen?

Im Einzelfall mag es Gründe geben. Gründe, Rekonstruktionen in Bausch und Bogen abzulegen, gibt es nicht.
 
1. Immer dann, wenn das Original so verwittert/fragmentarisch/ramponiert ist, daß sich der Besucher nicht ohne viel Phantasie vorstellen kann, wie es einst ausgesehen oder funktioniert hat.
Auch Kopien eines gut erhaltenen Originals können sinnvoll sein, wenn das Original sich nicht ohne Gefahr demontieren oder transportieren läßt.




2. Im Einzelfall mag es Gründe geben. Gründe, Rekonstruktionen in Bausch und Bogen abzulegen, gibt es nicht.
1. Eine andere Ursache für das Ausstellen von Rekonstruktionen ist teilweise, dass diese einfach schonungsloser verwendet werden können. Textilien z.B. sind sehr lichtempfindlich. Museen, die sich einen Lichtschutz oder Abdunkelung (siehe Modemuseum im Schloss Ludwigsburg, nicht leisten können, zerstören ihre textilen Bestände indem sie dieser zu sehr der Sonne aussetzen. Hierbei ist es sicherlich besser von Profis lieber gute Rekonstruktionen herzustellen, die aber in Hinweisschildern etc. deutlich als solche für den Besucher kenntlich gemacht werden sollten(!).

2. Stimmt. Aber man sollte sensibler mit dem Thema umgehen. Man sieht nach wie vor in vielen Museen extrem schlechte Rekonstruktionen, welche annehmen lassen, dass der heutige internationale Stand z.B. der Kostümkunde, aber auch die Breite an guten Herstellern von Repros ignoriert wird.


Leider muss ich mich auf das textile Fach einmal beschränken. Hierbei habe ich im Musée d'Armée (Paris) eine gute Lösung gesehen. Die Uniformwesten wie auch -hosen sind vor über 200 Jahren weitaus mehr beansprucht worden als die Uniformröcke, weshalb sich erstere extrem selten erhalten haben. Um trotz des Fehlens von Westen und Hosen das gesamte Erscheinungsbild einer Uniform zu präsentieren wurde auf extrem gute Rekonstruktionen zurückgegriffen, die in der Verarbeitung exakt mit den Stücken des 18.Jh. übereinstimmen. Somit konnte der Gesamteindruck vermittelt werden, aber unter Hinweis auf die Rekonstruktion. (Manche Röcke, Ausrüstungsgegenstände etc. werden aber auch einzeln ausgestellt; die Masse der Vitrinen mit "ganzen" Uniformen (teilw. Mix Repro mit Original) fängt dann ohnehin erst mit den Räumen ab dem 2. Koalitionskrieg an.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Also wenn ich da an technische Museen denke, werden sicher nicht nur originale und historische Exponate verwendet. Das ist ja auch garnicht möglich, wenn ich da z.B. an das Schifffahrtsmuseum in Bremen denke. Rein aus Platzgründen unmöglich. Somit gibt es in diesen Bereich auch jede Menge an Objekten, die als Modelle nachgebildet werden.
 
Ich fürchte, dass in diesem Fall viele Ausstellungen gar nicht möglich wären, und besonders kleine Museen sind da im Nachteil - so viele historische Exponate gibt es schließlich nicht. Allerdings mag ich selbst Ausstellungen lieber, bei denen Exponate selbst zu sehen sind und nicht etwa Imitate oder gar Bilder auf Leinwand. Für einen Film muss ich doch eigentlich nicht ins Kino.:winke:
 
[FONT=&quot]Die Berliner Wikinger Ausstellung wirbt z.B. mit dieser Zeile: [/FONT]

[FONT=&quot]
Als zentrales Symbol der Wikingerzeit soll ein Schiff aus Roskilde im Mittelpunkt der Präsentation stehen – mit einer Länge von 37 m das längste bekannte Kriegsschiff dieser Epoche.
[/FONT][FONT=&quot]Ich habe mir das angeschaut: Es hatte 72 oder so Ruderer, mit anderen Besatzungsmitgliedern kam man auf fast 100 Mann. Das ist für damalige Zeiten eine gewaltige Anzahl Krieger, die auf einmal an einer Küste landen konnten. Und wenn mehrere Schiffe zugleich ankamen, konnte es wohl kaum Gegenwehr geben – zumindest kurzfristig. [/FONT]

[FONT=&quot]Aber zurück zu dem zentralen Ausstellungsstück: Das Schiff war nur zu vielleicht 10 % original erhalten, alles andere waren Nachbauten aus Stahl, ohne die man jedoch keine richtige Vorstellung von der Größe des Schiffes hätte. Der Nachbau war aus meiner Sicht voll gerechtfertigt.[/FONT]

[FONT=&quot]Alles in allem eine Ausstellung, deren Besuch sich für jemand, der noch nie ein Wikingerschiff gesehen hat, lohnt.[/FONT]
 
Verdammte Tippfehler! :motz::motz:

Ich fürchte, dass in diesem Fall viele Ausstellungen gar nicht möglich wären, und besonders kleine Museen sind da im Nachteil - so viele historische Exponate gibt es schließlich nicht. Allerdings mag ich selbst Ausstellungen lieber, bei denen Exponate selbst zu sehen sind und nicht etwa Imitate oder gar Bilder auf Leinwand. Für einen Film muss ich doch eigentlich nicht ins Kino.:winke:

Natürlich heißt es nicht "ins Kino", sondern ins Museum.
 
Ich bin in dieser Frage recht unentschlossen.

Einerseits geht es in einer Ausstellung u. a. wohl darum, die Objekte in Originalgröße und Originaldreidimensionalität und mit allen Originaleinzelheiten zu sehen und so einen Eindruck vom Original zu bekommen - etwas, was eine Abbildung in einem Buch oder auch eine Fernsehdokumentation nicht bieten kann. Wenn aber ein sorgfältig gemachtes Replikat all das auch bieten kann, ist es wohl eher zweitrangig, ob es sich um das Original handelt oder um eine Kopie.
Andererseits ist halt doch nur ein Original ein Original. Bei mir löst es andere Empfindungen aus, wenn ich weiß, ein Objekt wurde vor 4000 Jahren angefertigt oder ein berühmter Künstler hat persönlich daran herumgewerkt oder irgendeine Person, die längst zu Staub zerfallen ist, hat es verwendet, als wenn ich weiß, es ist eine vor ein paar Monaten angefertigte Kopie. Für Sammler alter Sachen macht es ja auch einen Unterschied, ob sie ein Original haben oder eine Reproduktion.

In einer Zeit, in der es in immer mehr Ausstellungen immer weniger darum geht, Ausstellungsstücke zu betrachten, sondern zunehmend der "Event"-Charakter im Vordergrund steht und den Zuschauern alles Mögliche an "Multimedialem" geboten wird, erübrigt sich die Frage, ob nur Originale gezeigt werden sollten, allerdings zunehmend von selbst.
Wirtschaftlich gesehen sprechen die hohen Versicherungssummen für wertvolle Originale dagegen, sie zu verleihen.
 
Eine Sache des Augenmaßes!

Vor Jahren habe ich in Spanien eine ausgezeichente Ausstellung über das Mittelalter gesehen, teilweise mit zeitgenössischen Objekten, hauptsächlich Keramik und Metallobjekten, und einigen sehr gut gemachten Rekonstruktionen, insbesonders Manekins mit Kleidung und Bewaffnung. Ich war vor dem Besuch sehr kritisch, aber es war tatsächlich sehr gut gemacht und sehr didaktisch.

Einige Jahre danach habe ich eine Ausstellung über Seeräuber gesehen, die der ersten nachempfunden war. Diese war so extrem schlecht gemacht, mit allen Gemeinplätzen, Klischees und Hollywoodvorstellungen die man sich vorstellen kann, dass es regelrecht weh getan hat!
 
Da waren das Problem aber dann wohl nicht die Rekonstruktionen, sondern das Konzept bzw. die mangelhafte wissenschaftliche Aufbereitung des dargebotenen Materials.
 
In einer Zeit, in der es in immer mehr Ausstellungen immer weniger darum geht, Ausstellungsstücke zu betrachten, sondern zunehmend der "Event"-Charakter im Vordergrund steht und den Zuschauern alles Mögliche an "Multimedialem" geboten wird, erübrigt sich die Frage, ob nur Originale gezeigt werden sollten, allerdings zunehmend von selbst.
Auch ich bin kritisch gegenüber sogenannten multimedialen Präsentationen, weil da das Jahrhunderte dauernde Geschehen meistens nur sehr verkürzt dargestellt wird, aber manche Dinge können mit der Computertechnik doch interessanter präsentiert werden.

So besteht auf der besagten Wikinger Ausstellung die Möglichkeit, den eigenen Namen in der Runenschrift auf einen Stein projiziert zu sehen. Weil man den eigenen Namen sehr gut kennt, „versteht“ oder „erkennt“ man die anderen Buchstaben auch sehr viel besser, als wenn man da einen Originalstein betrachtet, auf dem mit fremden Zeichen ein fremder Text in einer fremden Sprache geschrieben ist, weil da einem auch eine daneben stehende Übersetzung kaum weiter hilft, die 3 Unbekannten in Beziehung zueinander zu setzen.

Das mag man als Spielerei abtun, aber ich habe die 5 Runenzeichen, aus denen mein Vorname besteht, nach 4 Wochen noch heute im Kopf, was mir ohne diese "Namensbrücke" sicher nicht mehr möglich wäre.
 
Die Frage ist halt, wie korrekt (und somit seriös) der eigene Name überhaupt in Runenschrift transkribiert werden kann.
 
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