Wer oder was war Wotan ?

Du vergisst, dass es hier um indoeuropäische Ursprünge geht, um Überschichtungsvorgänge im 3. Jahrtausend v. Chr. Es geht auch nicht vordergründig um "Wotan", sondern um die Überlieferung des "Wanenkampfs", d.h. um das Ringen alter Himmels- oder Sturmgottheiten, die auf das indoeuropäische Pantheon zurückgehen, mit Fruchtbarkeitsgöttern einer altansässigen bäuerlichen Bevölkerung.

Der "Wanenkampf" bildet nur eine verschwommene Überlieferung, ein letztes, von den Germanen nicht mehr verstandenes Zeugnis uralter Ereignisse.
Ich kann auch nur den aktuellen Forschungsstand wiedergeben. Letztlich kann man sowieso nur aus den Quellen schöpfen, die seit langem mündlich von Generation zu Generation weiter gegeben wurden und zw. 800 und 1200 n. Chr. dann aufgeschrieben wurden und aus denen, die uns die Römer hinterlassen haben. Nach diesem Forschungsstand hat der Wanenkampf keine indoeuropäischen Wurzeln, sondern fand zwischen dem 1. Jh. v. Chr. und dem 1. Jh. n. Chr. statt und hat mit dem Kult um Wotan/Odin zu tun - und wahrscheinlich nur mit ihm.
 
Zuletzt bearbeitet:
Kain ist der Ackerbauer, Abel der Viehzüchter.
Also beides Landwirte, mit Jäger und Sammler hat das nichts zu tun.
Das leuchtet mir ein.

Es gibt auch heute häufig Konflikte zwischen Ackerbauern und Hirten. Die Ackerbauern müssen ihre Felder gegen Tierherden verteidigen, weil die sie sonst kahlfressen. Umgekehrt nehmen die Ackerbauern den Hirten Weideflächen weg.

Beide stehen dabei im Konflikt zu Jägern und Sammlern, da diese ihnen sowohl etwas weg-jagen als auch weg-sammeln können. Die wilden Tiere (Rehe, Auerochsen), Nahrungsgrundlage der Jäger, stören die Kreise des Bauern. (und umgekehrt).

Koexistenz ist grundsätzlich möglich, solange die Bevölkerungsdichte gering ist. Langfristig sitzen die Ackerbauern gegenüber den beiden Konkurrenten am längeren (Macht-) Hebel, weil sie aufgrund des höheren Flächenertrages eine größere Bevölkerungsdichte ernähren können.

Man muss also bei der Verdrängung der Jäger & Sammler zwischen Ackerbauern und Viehhirten differenzieren, da diese untereinander grundsätzlich im Konflikt stehen. Vielleicht bildeten die Hirten mancherorts ja eine Zwischenstufe zwischen den Jägern & Sammlern und den Ackerbauern.

Bei Kain und Abel gewinnt der Ackerbauer Kain, obwohl die Sympathien des Publikums (und Gottes) offensichtlich bei Abel liegen.
 
@Klaus: Langfristig sitzen die Ackerbauern gegenüber den beiden Konkurrenten am längeren (Macht-) Hebel, weil sie aufgrund des höheren Flächenertrages eine größere Bevölkerungsdichte ernähren können.

Die Geschichte beweist das Gegenteil. Spätestens seit der Domestikation des Pferdes waren Hirtennomaden i.d.Regel militärisch überlegen.

@Klaus: Vielleicht bildeten die Hirten mancherorts ja eine Zwischenstufe zwischen den Jägern & Sammlern und den Ackerbauern.

Sehe ich anders. Hirtennomaden entwickelten sich dort, wo produktiver Ackerbau nicht möglich war (Bergregionen, Steppe). Also keine Zwischenstufe.
 
Ich kann auch nur den aktuellen Forschungsstand wiedergeben. Letztlich kann man sowieso nur aus den Quellen schöpfen, die seit langem mündlich von Generation zu Generation weiter gegeben wurden und zw. 800 und 1200 n. Chr. dann aufgeschrieben wurden ...

Aber woher willst du wissen, wann diese Quellen entstanden? Es kann sich dabei um sehr alte Überlieferungen handeln, die bis zur Ethnogenese der Germanen und davor zurückgehen.

Das ist keineswegs unwahrscheinlich wenn man bedenkt, dass sowohl Ziu/Tyr, Jupiter, Zeus und andere auf den indogermanische Himmelsgott deiwos zurückgehen:

Wikipedia schrieb:
Der Name entspringt derselben indogermanischen Wortwurzel wie lat. deus (Gott), germ. *Tiwas und vedisch-ai. deva (Dyaúh pitá), die Ausdruck eines gemeinsamen indogermanischen Gottesbildes ist.

Wenn dem so ist, erscheint es denkbar, dass auch Götter der vorindoeuropäischen Bevölkerung Eingang gefunden haben. Man denke z.B. an den griechischen Götterhimmel, in den sich Artemis, Dionysos und vielleicht auch Demeter eingeschlichen haben, kleinasiatische Fruchtbarkeitsgottheiten, die wohl schon vor der protogriechischen Einwanderung um das Jahr 2000 v. Chr. von der altansässigen Bevölkerung verehrt wurden.
 
Aber woher willst du wissen, wann diese Quellen entstanden? Es kann sich dabei um sehr alte Überlieferungen handeln, die bis zur Ethnogenese der Germanen und davor zurückgehen.
In der Form, wie sie in der Edda stehen, bestimmt nicht. Oder glaubst du das? Bei Wiki steht:
Wiki schrieb:
Die ältesten darin enthaltenen Lieder gehen vielleicht schon auf Vorstufen aus dem 10. Jahrhundert zurück. Ein noch höheres Alter ist aus sprachgeschichtlichen Gründen (Synkope) ausgeschlossen.
Edda - Wikipedia
Sicher sind die Sagen - mündlich überliefert - noch viel älter, aber wie alt? Wer will das einschätzen? Wir können nur das Jahr nehmen, in dem die Sagen niedergeschrieben wurden und das als den "damals aktuellen Wissensstand" über die Mythologie und die Götter festlegen, denke ich.
Das ist keineswegs unwahrscheinlich wenn man bedenkt, dass sowohl Ziu/Tyr, Jupiter, Zeus und andere auf den indogermanische Himmelsgott deiwos zurückgehen:
Wenn dem so ist, erscheint es denkbar, dass auch Götter der vorindoeuropäischen Bevölkerung Eingang gefunden haben. Man denke z.B. an den griechischen Götterhimmel, in den sich Artemis, Dionysos und vielleicht auch Demeter eingeschlichen haben, kleinasiatische Fruchtbarkeitsgottheiten, die wohl schon vor der protogriechischen Einwanderung um das Jahr 2000 v. Chr. von der altansässigen Bevölkerung verehrt wurden.
Ja gut, sowas habe ich in meiner Homepage auch schon geschrieben und mir ist deshalb natürlich klar, daß z. B. Tiwaz/Tyr oder auch Wotan/Odin sehr alte Gottheiten sind. Klick ruhig mal auf die links in diesem Beitrag:
http://www.geschichtsforum.de/297178-post9.html
Aber gerade am Beispiel von Tiwaz/Tyr sieht man, wie eine Gottheit seine Bedeutung und seine Funktion verändert hat und gleichzeitig haben sich auch die Mythen um diese Gottheit verändert, da können wir uns sicher sein. Genauso wird es auch bei Wotan/Odin gewesen sein.
 
Hallo
Klaus, Balticbirdie, Dieter
Darf ich Euch drauf hinweisen, dass gerade vor Euren drei Beiträgen der Mediator gebeten hat, nicht vom Thema "Wer oer was war Wotan ?" abzuweichen.Das aber tut Ihr gerade mit der Discussion um Landwirtschaftsformen: Wildbeuter, Ackerbauern, Nomaden.
Trotzdem sind Eure Überlegungen nicht unwichtig, aber ich möchte ie doch für den Augenblick zurückstellen.

Also Wotan:
dazu ist zunächst festzustellen, dass wir über ihn eigentlich nur wissen, dass er bei den Kontinentalgermanen verehrt wurde, und vermuten, dass deren angeblicher Mercurius-Kult sich auf Wodan bezieht. Beide sind Weltwanderer, listig und ihr charakteristisches Emblem ist eine besondere Art von Hut. Das ist wenig, aber die kontinentalen Quellen geben nicht mehr her und in den Schilderungen skandinavischer Provenienz ist dieser Weitwanderer so gründlich mit einer anderen Gestalt verquickt, Odin, dem fürstlichen Reiter im Goldhelm , sodass wir nicht sagen können, wem von beiden ursprünglich der "Galdr", der magische Gesang zuzuordnen ist: Wodan, Odin oder Beiden ?
Es ist auch unverkennbar, dass der kontinentale Wodan so wenig ein Souverän ist wie Hermes/Mercurius, auch wznn Tacitus diesen als den grossen Gott der Germanen bezeichnet(germania 9).
. Der grosse Gott dieses Systems war wohl eigentlich "Ziu", dessen Name mit "Zeus" und "Jupiter" verwandt scheint, ebenso wie mit dem indischen "*Dyaus-pitar" der Veden.
Der scheint aber schon früh zum "Deus Otiosus" geworden zu sein, der zwar da ist, aber fern und menschlichen Bitten und Opfern unzugänglich.
Tacitus kennt auch einen Tuisto, Vater bzw Grossvater der Menschheit (Germania 2).
(Da von keiner ausdrücklichen Mutter die Rede ist, mag "Tuisto" vielleicht "*Zwitter" bedeuten.)
Es gab da zweifellos eine Fülle von "Ortsgöttern", aber dass es eine gegliederte Göttergesellschaft gab, analog den "Olympiern", das lässt sich nur vermuten, auch wenn es eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat.
Im Übeigen muss man mit Gestalten rechnen deren Verehrung über den germanischen Raum hinaus reichte.
So ist bei den Sachsen ein Schwertgott "Sahsnot" bezeugt, dessen zweiter Namensteil einerseits mit dem gallischen "Nodens" identisch ist und andererseits mit dem irischen "Nudd Argatlam" (Silberhand) der demnach wohl ebenso einhändig ist wie der nordische "Tyr".
Gilt also dessen Geschichte auch fûr "Nudd", "Nodens" und "Sahsnot"? Wir wissen es nicht.
Und weiter:
Warum ist aber "Tyr" überhaupt ein Gott? Nach der Edda (Hymskvida 4-5, 11) ist er der Sohn des Riesen "Hymir".

Auf jeden Fall hat "Wodan(Wuotas, Muotas, *Wodhanaz)" etwas mit "Wut" zu tun, und so sagt auch Rudolf von Fulda (+865) "Wodan, id est furor".
Es scheint aber auch, dass da eine Vorstellung von "Sturm, kriegerischem Ansturm" mitschwingt. So ist es verständlich, dass auch, laut Tacitus (Annalen 13, 57) die Chatten "Mercurius" und "Mars" auf die gleiche Ebene stellten.
Auf jeden Fall steht "Wodan" um die Zeitenwende nicht an der Spitze einer Götter-Sippe, Göttergesellschaft.

Insgesamt wissen wir aldo so gut wie nichts über diese Götter. Sie haben für uns keine Geschichte, denn kaum eine Anekdote aus ihren Sagen ist überliefert.
Das ändert sich erst, als während und nach der Völkerwanderung eine Tendenz zur Verschriftlichung der Traditionen auch die Germanen erreichte.
Aber für die Göttermythen war es zu spät.Wir haben nur Heldensagen.
Lesiglich in Skandinavien wurden auch heidnische Götterlieder aufgezeichnet - fern von Rom.
Genug für heute
Fortsetzung folgt
Boiorix
 
@Boiorix kann nur zustimmen.
Nix genauses weiß man.
Bis zur Edda sind es um die Zeitenwende 1200 Jahre.
In dem zumindest in Mitteldeutschland erst Römer, dann Völkerwanderung, dann das HRRD kommen, die neben sozialen Wirrungen sicherlich auch religiöse Ansichten über den Haufen werfen. Mann nehme mal die Bestattungssitten Brandt, Körpergrab, Beigabe, keine Beigabe…

Dazu sind im Tacitus ja auch wenig allgemein gültige Gottheiten beschrieben und das Kulte oft regional sind.
Wenn man Funde hinzu zieht, so tauchen Wotan/Odin erst im 6./7. Jahrhundert auf Braktiaten. Diverse Opfer und Figurfunde (Idole von Braak) lassen auch eher auf bäuerliche Regionale Kulte schließen, mal Nydam als Ausnahme, ebenso diverse Flurnamen.
Klar dass die Götter sich wandeln und irgendwo nach einem Art Grundsystem verlaufen, aber Details oder ein Kontinuum ist nicht gegeben. In dem Sinne, dass sich der Wotanist aus dem 11. Jahrhundert mit dem Ziusten aus dem 1. sich „versteht“, ich denke selbst im Christentum ist dieses nicht so gegeben, obwohl hier Glaubensvorstellungen von Anfang an schriftlich fixiert werden konnten.
Also man kann sich da irgendwann nur noch verrennen.
Theorien sind gut, aber alle ziemlich am wackeln.
 
. Der grosse Gott dieses Systems war wohl eigentlich "Ziu", dessen Name mit "Zeus" und "Jupiter" verwandt scheint, ebenso wie mit dem indischen "*Dyaus-pitar" der Veden ...
Auf jeden Fall steht "Wodan" um die Zeitenwende nicht an der Spitze einer Götter-Sippe, Göttergesellschaft.

Das ist das eigentlich Entscheidende:

Die germanischen Götter sind mit der Edda nicht plötzlich vom Himmel gefallen, sondern gehen bekanntlich auf eine erheblich ältere indoeuropäische Schicht zurück - zumindest einige wie z.B. Ziu/Tyr. Das lässt sich auch bei anderen indoeuropäischen Völkern verfolgen, wo sich Hauptgottheiten wie Zeus, Jupiter oder Dyaus pita auf den alten indoeuropäischen Himmelsgott "deiwos" zurückführen lassen.

Wotan hingegen war lange Zeit lediglich eine Sturm- und Todesgottheit und erlangte seine Vorrangstellung als Hauptgott erst mit der (teils kriegerischen) Ausbreitung der Germanen Richtung Süddeutschland, wobei die Kelten zurückgedrängt wurden.

Bezeichnenderweise blieben die skandinavischen Nordgermanen dem alten Himmelsgott Tyr/Teiwaz treu, der die alte Verbindung zum indoeuropäischen "deiwos" noch gut erkennen lässt.
 
Wotan = Michel

Dieser Thread begann mit einer recht simplen Frage nach Wotan, wie sie einem immer wieder begegnet. Die tiefschürfenden Ausführungen zu den Feinheiten der Gestalt Wotans im Laufe der Zeit wie auch die Unterschiede zur nordischen Variante Odin können mE im Rahmen eines Forums immer nur skizzenhafte Andeutungen sein, von der Erörterung überregionaler Verbindungen und Parallen ganz zu schweigen. Ich halte da doch die Buchform für das bessere Medium angesichts der Stoffülle.
Ich möchte daher einen eher äußerlichen Aspekt einbringen:


Wotan, das ist (auch) der "deutsche Michel".

Daß Michel üblicherweise immer nur als Kurzform von Michael aufgefaßt wird, liegt an der (rein zufälligen) Ähnlichkeit zwischen dem germanischen Adjektiv michel und dem hebräischen Namen Michael.
Ich habe mich schon in der Schulzeit gewundert, warum auf Englisch Michael "maikel" ausgesprochen wird und nicht "mitchel". Aber Mitchell gibt es ja auch, "maikel" dagegen geht auf nordisch "mikla" = groß, mächtig zurück, die nordische Entsprechung zum südlichen michel (z.B. in Miklagard für Konstantinopel, aber auch in Mecklenburg).
Hintergrund ist die weitverbreitete Sitte, den Namen eines Gottes möglichst nicht unnötig auszusprechen, weshalb man Umschreibung brauchte - für Wotan eben Michel (bzw. irgendwas mit mikla im Norden). Als mit der Christianisierung dann die Gestalt des Erzengels Michael eingeführt wurde, verknüpften sich beide Gestalten. Der Engel wurde gelegentlich einäugig oder auch mit Raben gemalt.
Belege müßte ich erst wieder raussuchen, aber solche Gleichsetzungen sind ja häufig. Es geht auch ohne Namensanklang, wie im Fall Donar - Petrus (bei Gewitter sagte meine Oma: "Petrus kegelt"; diverse Petersberge).
Nur im Fall Wotan - Michel ist das nicht mehr sehr bekannt. Mitte des 19. Jh. muß das noch anders gewesen sein, oder wie wäre sonst die Karikaturgestalt des "Deutchen Michels" zu erklären?
 
Ich möchte daher einen eher äußerlichen Aspekt einbringen:

Wotan, das ist (auch) der "deutsche Michel".
[...] auf Englisch Michael "maikel" ausgesprochen [...], "maikel" [...] geht auf nordisch "mikla" = groß, mächtig zurück, [...]
Hintergrund ist die weitverbreitete Sitte, den Namen eines Gottes möglichst nicht unnötig auszusprechen, weshalb man Umschreibung brauchte - für Wotan eben Michel (bzw. irgendwas mit mikla im Norden). [...] Nur im Fall Wotan - Michel ist das nicht mehr sehr bekannt. Mitte des 19. Jh. muß das noch anders gewesen sein, oder wie wäre sonst die Karikaturgestalt des "Deutchen Michels" zu erklären?

Nette These, ein wenig schräg. Allerdings hat sie zwei dickee Haken: der deutsche Michel hat so gar nicht die Eigenschaften Wotans.
Michel: gemütlich, passiv zuschauend, ein wenig faul, manchmal sogar eher ungebildet, schwerfällig
Odin/Wotan: Magier und Heiler; aktiv, ständig unterwegs (der Wanderer); gestaltwandlerisch; weise (Opferung des Auges führt zu seherisch Kräften, Raben unterstützen ihn)
Der zweite Haken ist die vorgestellte Etymologie:
auf Englisch Michael "maikel" ausgesprochen und nicht "mitchel". Aber Mitchell gibt es ja auch
Der deutsche Name Michael ist im Hebräischen Original dem englischen /'maikl/ gar nicht sowie entfernt: Mikaal bzw. Mika'il. Vgl. auch Italienisch Michele /mi'ke:le/ oder Spanisch Miguel /mi'gel/. Mi(t)chell dagegen ist nie ein Vorname sondern ein Nach- und Ortsname.

Als mit der Christianisierung dann die Gestalt des Erzengels Michael eingeführt wurde, verknüpften sich beide Gestalten. Der Engel wurde gelegentlich einäugig oder auch mit Raben gemalt.
Belege müßte ich erst wieder raussuchen, aber solche Gleichsetzungen sind ja häufig. Es geht auch ohne Namensanklang, wie im Fall Donar - Petrus (bei Gewitter sagte meine Oma: "Petrus kegelt"; diverse Petersberge).

Das halte ich - im Gegensatz zu dem oben behaupteten - für durchaus plausibel. Belege wären dennoch interessant.
 
Tacitus schreibt in seiner Germania, dass Herkules und Merkur bei den Germanen verehrt würden, wobei er wegen bestimmter Parallelen Wotan mit Merkur und Thor mit Herkules identifiziert.
 
Tacitus schreibt in seiner Germania, dass Herkules und Merkur bei den Germanen verehrt würden, wobei er wegen bestimmter Parallelen Wotan mit Merkur und Thor mit Herkules identifiziert.

Ich würde es so formulieren:

Tacitus schreibt in seiner Germania, dass Herkules und Merkur bei den Germanen verehrt würden, wobei man gerne wegen bestimmter Parallelen annimmt, daß er Wotan mit Merkur und Thor mit Herkules identifiziert.
 
Wotan-Michel

@ El Quijote
Es ist mindestens 10 Jahre her, daß ich mir diese Theorie zusammengebastelt habe. Die Belegstelle für die ikonographische Darstellung von St. Michael mit Attributen Wotans habe ich daher nicht griffbereit. Mindestens eine der beiden Varianten war abgebildet, um "Michel" ging es dort nicht. Ich könnte meine eigenen einschlägigen Buchbestände nochmal darauf durchsuchen, aber ich weiß nicht mehr, ob die Stelle in einem meiner Bücher war.
(War jetzt selbst zu neugierig und hab auf Verdacht in J. Lipperts "Christenthum, Volksglaube und Volksbrauch", Berlin 1882 nachgesehen - das war nicht meine Stelle, hat keine Bilder, kannte sie wohl gar nicht: S.500 wird beschrieben: Wotan+St.Michael > Engelsfürst/Herzog Michael/Michel plus Analogie zum Wenzel bei den Tschechen. Wenn es interessiert, kann ich die knappe Seite auch abschreiben.) (Grimms "Dt. Mythologie" hat 9 Registereinträge zu Michael. - Im 19.Jh. wurde eifrig Material gesammelt, auch wenn viele Theorien nicht haltbar sind.)

Die englischen Verweise sollten nur zeigen, was mich zuerst auf dieses Thema brachte. Sie sind nicht notwendig für die eigentliche Theorie. In der Sprachwissenschaft bin ich gewiß auch nur interessierter Laie. Die genannten Gegenargument sind mir jedoch bekannt und überzeugen mich nicht. Ich sehe hier ein Beispiel zweifacher Herkunft, wie sie gar nicht so selten sind, aber meist übersehen werden, weil man froh ist, eine belegbare Erklärung gefunden zu haben und sich dann allenfalls noch um "entweder so oder so" streitet. Ich finde es wert weiterer Betrachtung, wenn damit der Rahmen des Themas gesprengt wird, müßte man es verschieben.
Gerade die Differenzierung des Wortgebrauchs (Vorname 'maikl' - Orts- und Familienname Mitchell) ist doch typisch für den Umgang des Englischen mit allen Arten von "Dopplungen". Und daß im Englischen ein Wort wie <michel/mikla> angekommen ist, beweist ja 'much' (Scotts 'muckle'). Und die englische Geschichte des 1. Jt. bietet ja reichlich plausiblen Hintergrund.
[Ich wollte mich jetzt so kurz wie möglich fassen.]
PS: Ach ja, daß michel die Entsprechung zu mikla ist - das müßte ich auch erst wieder raussuchen...

Die satirische Gastalt des "Deutschen Michel", wie du sie schilderst, bezog ja ihre Ironie aus der Differenz zur überlieferten Heldengestalt, wie sie z.B. in meiner oben erwähnten Textstelle beschrieben wird. In der Zwischenzeit freilich ist das Original in Vergessenheit geraten und wir kennen nur noch die Karikatur. Auch deshalb hielt ich meine "Fußnote" zum Thema Wotan für hinreichend interessant.

Brauchst du auch Belege für Petersberge? Ich kenne näher nur den nördlich von Halle/Saale und den in Erfurt neben dem viel kleineren Domberg. Nach Beweisen, daß hier Donar durch Petrus ersetzt wurde, habe ich bisher nicht gesucht. Den Spruch "Petrus kegelt" kenne ich nur von meiner Oma, einer einfachen Frau vom Lande bei Magdeburg, Jahrgang 1904. Aber die Verbindung Donar-St.Petrus dürfte ja bekannt sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die genannten Gegenargument sind mir jedoch bekannt und überzeugen mich nicht. [...]
Gerade die Differenzierung des Wortgebrauchs (Vorname 'maikl' - Orts- und Familienname Mitchell) ist doch typisch für den Umgang des Englischen mit allen Arten von "Dopplungen".

Ich wiederhole mich gerne: Es gibt eine solche Differenzierung nicht. Mitchell ist keine Form von Michael, es gibt einen solchen Vornamen schlichtweg nicht!

Die satirische Gestalt des "Deutschen Michel", wie du sie schilderst, bezog ja ihre Ironie aus der Differenz zur überlieferten Heldengestalt, wie sie z.B. in meiner oben erwähnten Textstelle beschrieben wird. In der Zwischenzeit freilich ist das Original in Vergessenheit geraten und wir kennen nur noch die Karikatur. Auch deshalb hielt ich meine "Fußnote" zum Thema Wotan für hinreichend
interessant.
Die Zwischenzeit würde mich interessieren. Auf welchen Zeitraum ist sie anzusetzen? Und gibt es außer dem altnordgermanischen mikla noch einen weiteren Hinweis auf den Deutschen Michel?
 
Zur historischen Entwicklung des Deutschen Michels gibt es einiges Interessantes unter diesen Links, die ich von der Wikipedia geklaut habe:
HdG Karikaturen - Seiteninhalt
Seelze - Stadt mit Schwung
Warum er aber ausgerechnet Michel und nicht Hinz oder Kunz heißt, weiß offenbar niemand.
Zur Etymologie von Mitchell weiß die englische Wikipedia etwas, das ich auch schon vermutet hatte. Es kommt wohl auch vom germanischen michel und die französischsprachigen Normannen haben das für sie unaussprechliche ch zu tsch gemacht.
Mitchell - Wikipedia, the free encyclopedia
 
Ich wiederhole mich gerne: Es gibt eine solche Differenzierung nicht. Mitchell ist keine Form von Michael, es gibt einen solchen Vornamen schlichtweg nicht!


Die Zwischenzeit würde mich interessieren. Auf welchen Zeitraum ist sie anzusetzen? Und gibt es außer dem altnordgermanischen mikla noch einen weiteren Hinweis auf den Deutschen Michel?


Vorname - Vor 1000 Jahren gab es meines Wissens nur Namen...

Wegen der "Zwischenzeit" werd ich demnächst doch mal den Text von 1882 abschreiben, zumindest soweit er Antworten dazu gibt. (Jetzt geh ich doch lieber schlafen...)
 
Vorname - Vor 1000 Jahren gab es meines Wissens nur Namen...

Dann gab es also vor 1000 Jahren einen Namen "Mitchell" nicht.

Der Familienname "Mitchell" (altenglisch "micel") bedeutet "groß", entspricht also anderen bekannten europäischen Familiennamen wie Legrand (französisch), Groß (deutsch) oder Nagy (ungarisch).
 
Vorname - Vor 1000 Jahren gab es meines Wissens nur Namen...

War das nicht irgentwie anders?

Wurde da nicht jeder so angesprochen, je nach dem in welcher beziehung man ihn brachte?
Zum Beispiel Bäcker, Schmied, Schäfer usw und dann etwas verändert?
Aber Vornamen gab es doch schon immer, oder?
Wie hiessen eigentlich Adam und Eva mit Nachnamen?
Adam von Gott?
 
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