Flottenwettrüsten - Motive Kaiserreich

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Frage zum Ausbau der deutschen kaiserlichen Marine

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich beschäftige mich zur Zeit ein wenig mit dem Navalismus um der Jahrhundertwende. Dabei ist mir aufgefallen, dass der Ausbau der deutschen Marine immer mit Einheiten vorangetrieben wurde, die gemessen am Standart der Schiffsbauten der Briten, Franzosen oder Russen hinterhinkten, vor allem im Bereich der Schlagkraft.

Wieso hat man in der deutschen Marine nicht die Standarts jener Zeit bei Bau von Schlachtschiffen, Panzerkreuzer oder geschützten Kreuzern übernommen?

Gab es einen Grund, die Schiffe so zu konstruieren, dass sie immer einen Tick kleiner waren und schwächer bewaffnet waren, als der Standart?

Vielleicht könnt Ihr mir hier weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen
 
Ich habe noch nie gehört, dass die deutschen Schiffe von minderererererer Qualität waren als die englischen, aber wenn ich das jetzt so lese, überrascht es mich keineswegs, da eine sorgfältige Ausrüstung wohl zu langwierig für die schnellen Ausbauvorhaben Wilhelms gewesen wären.
Das Ziel war ja immerhin, 2/3 der Tonnage Englands zu schaffen, also nur der Masse, um einen Angriff der britischen Flotte auf die deutsche durch das hohe Risiko für die Briten, welches daraus entstehen würde, zu unterbinden. Um dieses Ziel schnell zu erreichen (was ja von vornherein aussichtlos war), hat man dann vermutlich lieber schnell gebaut als stark (der hypothetische 2/3-Angriff der Engländer wurde ja nicht herbeigesehnt, vielmehr sollten die Zahlen sprechen...).
Wie weit es mit den deutschen Technologien her war vermag ich nicht zu beurteilen, aber vll waren sie auch einfach nicht in der Lage, qualitativ an England ranzukommen.
 
Für Deutschland war wichtig, dass Mehrheit des Kampfschiffes war nach 1906 gebaut, es bedeutet, dass sie war sehr modern. Gegenteil nämlich Grossbritanien muss viel Einheiten ausschalten, weil Sie war veraltet.
 
Dass sie deutschen Schiffe nicht schlechter und kampfschwächer waren, haben sie in der Skagerrak-Schlacht mehr als deutlich bewiesen.
 
Dass sie deutschen Schiffe nicht schlechter und kampfschwächer waren
Das hat auch niemand behauptet. Technische Unterlegenheit hat ja nicht zwangsläufig Versagen auf dem Schlachtfeld und praktische Kampfschwäche zur Folge. Die Briten waren in der Skagerrakschlacht von der Zahl, von der Größe der Schiffe und der Schlagkraft der Geschütze in der Tat überlegen. Dafür konnten die Deutschen schneller nachladen... Und eindeutig war das Schlachtergebnis auch nicht, da beide Seiten der Meinung waren, gesiegt zu haben.
Außerdem entnehme ich den Worten unseres Gastes, dass er sich spezielle Schiffsdatentabellen angeschaut und daraus ersehen hat, dass die deutschen Schiffe kleiner und mit schwächeren Geschützen ausgestattet waren.
@Ladislav: das widerspricht nun aber den Erkenntnissen des Gasts. Vielleicht könnte der uns mal genau schreiben, wie er auf seine Erkenntnisse gekommen ist, das bringt vielleicht ein bisschen Licht ins Dunkel. Im Übrigen hat ja Großbritannien auch neue Schiffe gebaut, und zwar nicht zu knapp; genau wie Frankreich, Russland und auch Japan. Aber das wurde lang und breit schon in den betreffenden Threads im Forum ausdiskutiert.
 
Technische Unterlegenheit hat ja nicht zwangsläufig Versagen auf dem Schlachtfeld und praktische Kampfschwäche zur Folge. Die Briten waren ... von der Größe der Schiffe und der Schlagkraft der Geschütze in der Tat überlegen.
So ist es, und diese Tatsache war vor dem Krieg auch Gegenstand heftiger Kritik an Tirpitz' Beschaffungspolitik (vgl. Simsa, Marine intern [1972], S. 122 ff. [leider ohne Literaturnachweise]. Den "Dreadnought-Sprung" konnte das Reich nur mit mehrjähriger Verspätung - und bis zum Ende auch nicht vollständig - nachvollziehen, zumal unter den bekannten finanziellen Restriktionen. Der propagierte Primat der Standfestigkeit gegenüber der Offensivkraft mag sich bei den Großkampfschiffen punktuell rechtfertigen lassen - im gesamten Kreuzerkrieg erwies sich das Konzept jedenfalls als Sackgasse.

Siehe zum Thema auch die Beiträge von Petter und Güth im 6. Band der Deutschen Militärgeschichte [Liz. 1983], insb. S. 242 ff. und 274 ff.; zum "Wilhelminischen Navalismus" insgesamt die Studie von Hobson, Maritimer Imperialismus [2004], insb. S. 269 ff., zu technischen Aspekten Breyer, Schlachtschiffe und Schlachtkreuzer 1905-1970 [1970], insb. S. 66-75 für die Vorkriegszeit.
 
Gab es einen Grund, die Schiffe so zu konstruieren, dass sie immer einen Tick kleiner waren und schwächer bewaffnet waren, als der Standart?

Hier wäre der Wettlauf zu beachten, der hinsichtlich Typen, Kaliber, Panzerung etc. stattfand. Ein Beispiel für die "Verspätung" und Fehlinformation bei Kaliberwahl und Geschwindigeit ist die Blücher (= Panzerkreuzer "E"):

http://www.geschichtsforum.de/f80/die-bl-cher-und-die-doggerbankschlacht-1915-a-18660/
http://www.geschichtsforum.de/f60/britische-flottenbauprogramme-um-1890-a-18430/
 
Hallo Zusammen,

die erste Frage stellt sich, was war der Standart beim Linienschiffbau um von 1890 bis zum Ende des 1. WK?
Hierbei sollte der Bau von Linienschiffen in drei Epochen eingeteilt werden.
  • erste etwa von 1890 bis 1905 ( Einheitslinienschiffe )
  • zweite von 1906 bis 1912 ( Großlinienschiffe )
  • dritte von 1913 bis 1918 ( schnelle Großlinienschiffe )
Die Findung des Einheitslinienschiffes entwickelte sich nach den 80iger Jahren, wobei hier der Standart von britischen Konstruktionen vorgegeben wurde. Diese lagen mit den Eckdaten bei 4 Geschützen des Kalibers von 30,5 cm, einer Mittelartillerie von 15,2 cm. Die Panzerung wurde entsprechend der Größe der entspechenden schweren Kaliber angepasst. Geschwindigkeiten lagen bei 17 - 19 kn.
Abweichungen gab es bei der verschiedenen Marinen je nach der taktischen Ausrichtung der Seestrategie.

Bei den deutschen Konstuktionen der Jahre 1890 - 1900 gibt es die Linienschiffe der Brandenburg-Klasse, die in ihr Konstrioktionsdatum noch in die Vor-Zeit-Tipitzära fallen. Sie waren mit ihren 6 28cm Ringkanonen stärker bewaffnet als der Standart jener Jahre. Nachteil war allerdings hier die verschiedenen Rohrlängen der 28iger sowie die fehlende Mittelartillerie.
Mit den neuen Plänen des Ausbau der deutschen Marine gab es innenpolitische Probleme zwischen der Konstrukionsabteilung des Reichsmarineamtes und den Admiralen und Offizieren der Schiffe ( die sogenannte Front ). Erstens war man von dem Irrglauben geleitet, das es keine Gefechte von mehr als 3000 m geben könne. So war man vor allem bei der Front der Meinung, viele schnellfeuernde Geschütze auf den neuen Linienschiffen zu platzieren. Zusätzlich gab es keine Schnellfeuergeschütze des Größeren Kalibers als 24cm.
Daher wurden ersten beiden Typen von Linienschiffen des deutschen Flottenbauprogrammes von 1899 nur so stark bewaffnet, wie britische Linienschiffe 2. Klasse.
Mit den Typen der Braunschweig- und Deutschland-Klasse ging man wieder auf das Kaliber 28 cm über, war aber immer noch unter dem Standart von Linienschiffbauten anderer Nationen.
Erst mit dem Übergang zum Großlinienschiffbau ab 1906 auch bei der deutschen Marine ( Diese Bauten kamen etwas später als die Dreadnought, aber sie wurden gleich als 4er Gruppe gebaut. Die Dreadnought war ein Einzelschiff. )
Mit dem Bau von Großlinienschiffen bei der kaiserlichen Marine war man zwar nicht immer mit der Kalibergröße auf dem Standart, dafür war die Standkraft der deutschen Schiffe einzigartig. ( Übrigens wurde der nicht weitere Kalibersprung von 30,5cm auf etwa 34 cm durchgeführt, da nach Schießversuchen festgestellt wurde, das die 30,5 cm Geschütze mit den speziellen Treibladungen und der richtigen Rohrlänge, die gleiche Durchschlagskraft besaßen, wie das stärkere britische Modell mit 34,3 cm.
Schlußfolgerung war der große Sprung vom 30,5cm auf 38 cm ab 1912.
Allerdings verpasste man bei den deutschen Konstruktionen den Sprung zum schnellen Großlinienschiff. Die Briten machten es mit der Queen- Elisabeth-Klasse ab 1913 und entzogen dem Schlachtkreuzer (große Kreuzer) die Daseinsberechtigung. Den Beweis hierfür brachten die Erfahrungen des 1.WK.

Der hauptsächliche Grund für die (kleineren) Konstruktionen von Linienschiffen waren damals (um 1900) die falsche Annahmen der taktischen Verwendung ( Mahan und Jeune Ecole )dieser Schiffe, sowie ab 1906 aus politisch taktische Zügen und auch aus Kostengründen.
Ein weiteres Problem waren gegensätzlicher Meinungen in der Führung der kaiserlichen Marine und dem Reichsmarineamt.
 
Schlußfolgerung war der große Sprung vom 30,5cm auf 38 cm ab 1912.

Kleine Ergänzung, es gab noch die 35 cm/45 (13.78") SK L/45 für die Mackensen-Klasse, konstruiert 1914.
(Working Pressure 3.150 kg/cm2)

der 34,3cm nur leicht überlegen, sowie etwas schwächere Durchschlagskraft, aber kleinere Ladung als die britische 15"/42 (38.1 cm) Mark I auf den QE-Schiffen.
 
Nur so aus dem Gedächtnis, man verbessere mich also, wenn mir da die Erinnerung einen streich spielt:

1. Technischer Anschluss

Deutschland übernahm recht schnell den von England vorgegebenen Trend des all-big-gun-Schlachtschiffes. ("Dreadnought") Die deutschen Schiffe - zumindest die modernen Einheiten - waren also durchaus state-of-the-art.
Insbesondere bei den Schlachtkreuzern legte man aber viel Wert auf die Standfestigkeit (möglicherweise auch, weil man sich der zahlenmäßigen Unterlegenheit bewusst war?), was naturgemäß freien Raum und Gewicht für übermäßig starke Bewaffnung verringert. Dazu kommt, dass England zum Teil schon mit Öl fuhr, die deutschen Schiffe aber noch mit Kohlebefeuerung, was ein großes Heer an Heizern nötig machte. Auch diese im Vergleich zu englischen Schiffen größere Besatzung kostete natürlich Raum und Gewicht.
(Dass die Standfestigkeit tatsächlich bedeutend über der englischer Schlachtkreuzer lag, bewiesen die deutschen Schiffe im Skagerrak eindrucksvoll)
Technisch waren die deutschen Schiffe also keinesfalls unterlegen, sie hatten nur in einigen Konstruktionsdetails andere Voraussetzungen.
Im Gegenteil: Frankreich verpasste den Anschluss an moderne Großkampfschifftechnologie und baute noch recht lange konzeptionell veraltete Vor-Dreadnought-Schiffe.

2.
Eventuell geringere Abmessungen deutscher Großkampfschiffe

Könnte möglicherweise dem Nord-Ostsee-Kanal (damals noch Kaiser-Wilhelm-Kanal) geschuldet sein. Die Abmessungen des Kanals und vor allem seiner Schleusen geben bauliche Grenzen für Schiffe vor, welche diesen Kanal passieren können sollen.
Die ersten Schleusen des Kanals (Eröffnung 1895) hatten meines Wissens eine Nutzbreite von 22 Meter, die HMS Dreadnought war bereits 25 Meter breit.
Ich bin mir nicht sicher, inwieweit die Abmessungen des Kanals bei der Konzeption moderner deutscher Großkampfschiffe tatsächlich eine Rolle spielten.

Bei kleineren Schiffseinheiten (Kreuzer/Zerstörer/Torpedoboote) kann ich mich nicht an wirklich signifikante Größenunterschiede zu zeitgenössischen englischen Entwürfen erinnern.



Gruß,

Panzerreiter
 
Kleine Ergänzung, es gab noch die 35 cm/45

Das ist richtig, aber 1.) handelt es sich um große Kreuzer und 2.) wurden diese Schiffe nie fertiggestellt und die 35cm Geschütze auch nie eingesetzt.

Ich hatte lediglich das Beispiel des Linienschiffes dargestellt.

@Panzerreiter:
Der Einwurf mit dem Kaiser-Wilhelm-Kanal ist richtig, denn auch er bestimmte zeitweilig die größe deutscher Schiffbauten. In England hoffte man insgeheim auhc, das mit dem Sprung zum Großlinienschiffe Deutschland nicht mitmachen werde, wegen gerade diesen Begrenzungen des K.-W.-Kanals. Aber dieser wurde dann halt einfach vergrößert und war gerade rechtzeitig 1914 fertig.

Allerdings waren auch die deutschen kleinen Kreuzer kleiner und schwächer bewaffnet als die britischen(15,2cm) oder russischen (13cm) Kreuzer.
Und bei den Torpedobooten sah es ähnlich aus.
 
Hallo, ich habe mich durch viele Beiträge geforstet und scheitere dennoch an einer für mich wichtigen Fragestellung. Diese betrifft die Motivlage Deutschlands für das Flottenbauprogramm und die jeweiligen Gesetze. Tirpitz rechtfertigt selbiges durch den Risikogedanken. Dabei gehe ich davon aus, dass die englische Flotte in irgendeiner Form bedrohlich auf Deutschland gewirkt haben muss. Das das Reich auf dem wirtschaftlich aufsteigenden Zweig war ist klar und das man um blockierte Handelwege fürchtete kann ich auch nachvollziehen. Aber warum wollte man nach dem Bau der Dreadnought mit der britischen Rüstung gleichziehen? Inwiefern stellt denn die Überlegenheit der britischen Flotte zu diesem Zeitpunkt eine wirkliche Bedrohung für Deutschland dar, als das man den Risikogedanken Tirpitz`s als Rechtfertigung für den Flottenbau akzeptieren könnte? Deutschland war doch stärkste Landmacht. Wie sollte da eine Invasion der Engländer aussehen? Aus Sicht der Engländer kann ich die Bedrohung nachvollziehen. Warum sah man sich jedoch im Kaiserreich in die Lage versetzt beim Flottenbau mitzumischen? Ging es wirklich nur um Prestige und wirtschaftliche Interessen oder was fürchtete man genau in Deutschland? Wieviel Handel betrieb das Kaiserreich denn nach Übersee? Waren die Handelswege nach Übersee von solch großer Bedeutung als das sie das Risiko einer Provokation Englands bei evt. Eskalation wert waren? Ich habe da leider keine Zahlen aber um die Kolonien kann es doch nicht wirklich gegangen sein. Rechnete man in Deutschland mit einem Präventivschlag der Engländer, selbst wenn man nicht aufrüsten würde und still bliebe nur weil man die Briten Ausgang des 19. Jahrhunderts industriell bereits überflügelte und Angst hatte die Briten würden das um jeden Preis verhindern wollen.
Meine zweite Frage resulitiert aus der voran gegangenen:
Kann man die Bedrohung, die vom geplanten Raketenabwehrsystem in Polen für Russland ausgeht historisch vergleichen? Fühlt sich Russland ernsthaft bedroht oder sind das alles nur Machtspielchen und Machtdemonstrationen nach dem Motto : "Ich pinkel dir mal direkt vor deine Haustür - schau welche Macht ich habe." Entschludigung für den Audruck.
Mit freundlichem Gruß,
martemiez
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke da spielen auch persönliche Vorlieben von Wilhelm II. eine Rolle. Er hatte bekanntlich ein Faible für alles Maritime.

Zur zweiten Frage, das ist Tagespolitik, darüber diskutieren wir in diesem Forum eigentlich nicht.
 
Nunja, Vorliebe zum Schiffbau hin oder her, aber ich denke hier ging es um weitaus mehr als das. Schließlich stimmte ja das Parlament auch für die Flottengesetze und womit ließe sich eine Bedrohung durch England am besten begründen? Die Parlamentarier schienen sich ja zumindest nicht schwer getan zu haben bei ihrer Entscheidung. Die Argumente Tirpitz`s müssen dann ja überzeugend gewesen sein aber allein durch den Risikogedanken ließe sich dieses doch nicht begründen oder? Wie gesagt, welches Interesse hätte denn England in bezug aufs Kaiserreich? Welche Bedrohung genau geht von England aus?

Zu meinem zweiten Anliegen: Ich finde der Gegenwartsbezug passt hier eigentlich ganz gut, da mir der Vorgang identisch erscheint auf irgend eine Art und Weise und man ja aus der Geschichte lernen soll.
Die Thematik muss aber auch nicht aufgegriffen werden, wenn keine Interesse besteht. Wichtiger ist mir schon mein erstes Anliegen.
Danke im Übrigen für die schnelle Antwort, ich bin begeistert :)
 
Wie gesagt, welches Interesse hätte denn England in bezug aufs Kaiserreich? Welche Bedrohung genau geht von England aus?

Ich bin zwar kein Experte auf diesem Gebiet, aber eine eindimensionale Erklärung (Bedrohung durch England) scheint mir zu kurz zu greifen. Sicherlich müssen auch innenpolitische Motive berücksichtigt werden (z. B. Agrarkrise, Soziale Frage). Interessieren würde mich auch, ob bei den Flottennovellen eventuell ein Zusammenhang mit den deutschen Kolonialkriegen besteht.
 
Klar, Deutschlands Bündnisswert sollte durch die Flotte erhöht werden und den Sozialdemokraten wollte man mit dem Staat versöhnen und entpolitisieren. Aber wie genau rechtfertigte Tirpitz seinen Risikogedanken vor dem Reichstag bspw. Er muss doch gesagt haben so in etwa: "Wir brauchen ein Flotte die 2/3 so stark ist wie die von England" sonst...ja das ist meine Frage...sonst kommen die Engländer und schiessen unsere Wetterstationen auf den frisischen Inseln zusammen ? oder welches Argument war ausschlaggebend? Die deutsche Flotte lag doch in Kiel sicher. Die hätten die Engländer mit einem Ritt zwar erreicht hätten aber auf dem Rückweg aufzukohlen müssen um zurück zu kommen. Die deutsche hingegen konnte im Ernstfall durch den Kanal, aufkohlen und dann in einem Ritt nach England und zurück.Was hatte denn die Dreadnought unter Volldampf für eine Reichweite? Hat da jemand genaue Zahlen. Naja ich will sagen, eine existentielle Bedrohung hat es doch fürs Kaiserreich nicht gegeben oder? Eine Landung der Briten an der Nord oder Ostseeküste käme einem Himmelfahrtskommando gleich. Ähnlich den Russen die Ihre Seelenverkäufer um den halben Erdball zur Selbstversenkung in den Pazifik schicken.

Während das erste Flottengesetz durch reine Propaganda durchgewunken wurde, spielte beim zweiten Gesetz sicherlich der Burenkrieg (der zweite) eine Rolle
In diesem Zusammenhang wurde ein deutscher Postdampfer von der Royal Navy beschlagnahmt was die öffentliche Meinung hochputschte und einen nicht zu unterschätzenden Hintergrund bot dem Reichstag neue Zugeständnisse abzuringen.
 
Das Jahr 1897 markiert eine Zäsur in der deutschen auswäritgen Politik. Bernhard von Bülow wurde zum Staatssekretät des AA und Tirpitz zum Staatssekretär des Reichsmarineamt berufen. Wilhelm war entschlossen Weltpolitik zu betreiben. Das Deutschland Wilhelms wollte Weltmacht werden.

Die offizielle Argumentationslinie für den Ausbau zu einer der größten Flotten der Welt, war keineswegs, wie man bei einer Landmacht, wie Deutschland es nun einmal war, vermuten könnte, der Schutz der eigenen Küsten, nein, nein, als Grund wurde der Schutz der Handelsinteressen im Übersee bemüht. Nur war das eigentlich gar nicht so ohne Weiteres möglich, das wurde natürlichöffentlich nicht gesagt, weil es hierfür nämlich an überseeischen Stützpunkten fehlte, die beispielseweise für die Kohleversorgung oder die Erhaltung der Einsatzbereitschaft wichtig waren.

In Wahrheit war der Flottenbau gegen Großbritannien ausgerichtet. Tirpitz brachte ja schon 1897 zum Ausdruck, das England der für Deutschland gefährlichste Gegner zu See ist. Großbritannien sei auch der Gegner, gegen den Deutschland eine Flotte als politischen Machtfaktor benötige. So weit Tirpitz.

Wie schon oben gesagt, es ging um die Erlangung des Status als Weltmacht. Deutschland wollte beispielsweise auch über ein großes Kolonialreich verfügen. Das Problem war aber, das die Welt schon damals so gut wie verteilt war, es gab praktisch keine weißen Flecken mehr. Wo es noch "etas zu holen gab", wie beispielsweise in China oder Marokko war die Rivalität ausgesprochen hart. In Tsingtau, Chine, waren es dann beispielsweise primär keine wirtschaftlichen Interessen sich dort "niederzulassen", sondern es ging hier um ein Flottenstützpunkt.

Hier prallte Deutschlands Bedürfnis mit denen anderer Welt- oder Großmächte zusammen. Deutschlands Ansprüche konnten eigentlich nur zu Lasten anderer, in erster Linie Großbritanniens, realsiert werden. Dazu war Großbritannien gegenüber Deutschland aber nicht bereit. Man wollte eine große starke Flotte, so das sich Großbritannien genötigt sah, Deutschland in weltpolitischen Angelegenheiten insbesondere kolonialpolitischen entgegenzukommen.

Des Weiteren wurde ein Flotte auch gebraucht, um Deutschland blockadesicher sein. Man ging im Falle einer militärischen Auseinandersetzung mit Großbritannien davon aus, das die Briten zu dem Mittel der Nachblockade greifen würden. Um diese zu durchbrechen, wurde eine große Seeschlacht angestrebt und dazu sollte eben die Flotte dienen, die herifür natürlich eine gewisse Stärke benötigte.

Die Flotte sollte matürlich auch abschreckend wirken, das bedeutet, das sie so stark sein musste, das der eventuelle Gegner, wegen der zu erwartenden nicht ganz unbeträchtlichen Verluste, davon abegehalten wird anzugreifen. Deutschland sollte als Seemacht im Prinzip gefürchtet werden und dadurch die Attraktivität als Bündnispartner gesteigert werden.

Und schließlich vertrat man im Sinne von Mahan, das eine Position als Weltmacht nur mit einer starken Flotte erreichen bzw. behaupten kann.
 
@martemiez: Die hätten die Engländer mit einem Ritt zwar erreicht hätten aber auf dem Rückweg aufzukohlen müssen um zurück zu kommen. Die deutsche hingegen konnte im Ernstfall durch den Kanal, aufkohlen und dann in einem Ritt nach England und zurück.Was hatte denn die Dreadnought unter Volldampf für eine Reichweite? Hat da jemand genaue Zahlen.
Stimmt nicht. Tante Wiki bringt es an den Tag. Fast 5000 Seemeilen Reichweite bei 18,5 Knoten hätten ganz locker gereicht.
 
...oder sind das alles nur Machtspielchen und Machtdemonstrationen nach dem Motto : "Ich pinkel dir mal direkt vor deine Haustür - schau welche Macht ich habe." Entschludigung für den Audruck.
Mit freundlichem Gruß,
martemiez
Wenn ich mal an die Ausdrucksweise anknüpfen darf: Es ging zwar nicht nur, aber wie bei Auf- und Hochrüstung auch sonst, auch darum, wer hat "den Größsten", hier also beispielsweise den größten "Pott".
Die Reichstagsprotokolle für diese Zeit gibt es zwar noch nicht im Web. Aber einen kleinen Eindruck, wie die Marinerüstung begründet und verkauft wurde, kann man da bekommen:
http://www.ruhr-uni-bochum.de/iga/isb/isb-hauptframe/forschung/Tagung Kaiserreich/epkenhans.pdf
 
Während das erste Flottengesetz durch reine Propaganda durchgewunken wurde, spielte beim zweiten Gesetz sicherlich der Burenkrieg (der zweite) eine Rolle

Für die Flotte wurde durchgehend eine sehr starke Propaganda, die vom Tirpitz Reichsmarineamt aus gesteuert wurde, betrieben.
 
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