Zu den Eingangs gestellten Fragen:
Frage 1: ist aber durchaus beantwortbar, das Zuggewicht mongolischer Kriegsbögen lag um die 130 Pfund herum. Die Reichweite läßt sich aber nicht aus dem Zuggewicht einfach ableiten, sie hängt sehr stark von den verwendeten Pfeilen ab. Ein Mongole dieser Zeit führte nachweislich viele verschiedene Pfeile mit sich, die dann je nach Ziel verwendet wurden, darunter leichte für weite Schüsse, schwere und massive zum Durchschlagen auf kurze Entfernungen, solche mit und ohne Federn, Vergiftete Pfeile, Pfeile mit breiten Spitzen für ungepanzerte Ziel usw
Mit dem gleichen Bogen abgeschossen ergeben sich daraus viele verschiedene Reichweiten. Desweiteren ist die Frage der Reichweite nicht so entscheidend, da gezielte Schüsse vom Pferd aus nicht auf größere Reichweiten hin ausgeführt werden können sondern im Bereich bis maximal 50 m stattfanden. Es ist nicht möglich halbwegs gezielt mit einem Bogen vom Pferd aus weiter zu schießen, völlig egal wie zugstark der Bogen ist !
Abgesessen oder vom stehenden Pferd wird man auf Distanzen bis 300 m im Massenfeuer ballistisch geschossen haben, wo also viele Schützen zusammen ganze Einheiten beschossen. Die 300 m ergeben sich aus dem Einsatz von Bögen durch die Mandschu deren Bögen man mit den mongolischen Bögen gut vergleichen kann. Typisch für die Mongolen war aber der Schuss vom Pferd im Bereich bis zu 50 m ! während das Schießen auf Einheiten über große Distanzen nur der Einleitung des Gefechts, der Irritation des Gegners usw diente, also nicht der wirklichen Bekämpfung des Gegners sondern dem Stören, Verunsichern usw
Frage 2: Es gibt meines Wissens nach keine wissenschaftlich durchgeführten Beschussversuche mit echten Mongolischen Bögen. Abgesehen davon das die Mongolen noch heute mit Bögen schießen (auf vergleichsweite weite Distanzen um die 200 m als Sport), läßt sich daher in Bezug auf deine Frage 2 eine Aussage zur Durchschlagskraft nur von Beschussversuchen mit anderen, vergleichbaren Bögen ableiten.
Ein Kettenhemd mit einem Unterpanzer wurde bei Beschussversuchen von Bögen die mit den mongolischen Vergleichbar waren im Bereich bis 50 m grundsätzlich durchschlagen. Bei solchen Beschusstests ging man aber von schweren Pfeilen mit Vierkantspitzen und einem rechtwinkligen Auftreffwinkel aus, also einem sich nicht bewegenden Ziel das zudem nicht schräg zum Schuß steht. Ein Lebewesen, ein Mensch der sich zudem bewegt, auch noch einen Schild dabei hat, ist ein ganz anderes Ziel !
Mongolische Bögen konnten also in dem Bereich in dem sie eingesetzt wurden (bis 50 m) Kettenhemden durchschlagen, aber ! und das ist entscheidend: das sie es konnten bedeutet nicht, daß sie es immer taten. In vielen Fällen wird sicher kein Durchschlag erreicht worden sein, weil der Pfeil schräg aufkam, im Schild hängen blieb, das Ziel sich beim Treffer bewegte usw
Es hängt zudem stark davon ab wo ein Mensch getroffen wird:
Bei einem Treffer auf den Bauch kann dieser nachgeben, und der Pfeil verliert gerade so viel Energie das er nicht durchschlägt ! Bei einem Treffer auf die Rippen wird der gleiche Pfeil unter sonst gleichen Umständen dann doch wieder durchschlagen !
Hier noch ein paar Daten aus wissenschaftlichen Beschusstests mit schwächeren römischen Bögen aus der Antike:
Daten von Bergman, Mc Ewen, Miller:
Ein Langbogen aus Eibe mit einer Länge von 193 cm und einer Zuglänge von 81,3 cm erbrachte bei einem Zuggewicht von ca 40 kg mit einem 50g schweren Pfeil eine Anfangsgeschwindigkeit von 53 m/s.
Ein Römischer Bogen von 145 cm Länge mit einer Zuglänge von 81,3 cm erbrachte bei einem Zuggewicht von ca 30 kg mit einem 50 g schweren Pfeil eine Anfangsgeschwindigkeit von 51 m /s.
Das zeigt auf, daß ein Kompositbogen bei einem geringeren Zuggewicht eine ähnliche Schußleistung wie ein reiner Holzbogen/Langbogen erzielen kann. Das liegt daran, daß sich die Arme des Kompositbogen schneller bewegen und dabei weniger Energie verbrauchen als die Arme des Holzbogen.
Die Rekonstruktion eines Antiken Römischen Bogens den man bei Belmesa in Ägypten gefunden hat hat ähnliche Werte wie der hier angeführte rekonstruierte Bogen. Dieser gefundene römische Bogen war 147 cm lang und besaß bei einer Zuglänge von 82 cm ein Zuggewicht von ca 30 kg.
Schon zur Zeit des Augustus wurden in Rom Bögen wie sie die Parther verwendeten eingeführt die dann auch später von Römern wie Sassaniden weiter benutzt wurden. Solche Bögen waren meist um die 155 cm lang und hatten bei einer Zuglänge von 87 cm ein Zuggewicht von wiederum um die ca 30 kg.
In der Spätantike kam dann der Hunnische Bogen auf, der von der Form her dem Sassanidischen Bogen ähnelt, aber immer deutlich größere Zuggewichte aufwies, die Bögen der Römer und Hunnen in der Spätantike stiegen dann im Zuggewicht auf ca 40 bis 50 kg.
Nun etwas zur Frage der Energie und Reichweite:
Pfeile konzentrieren die Energie auf eine kleinere Fläche beim Treffen und sind daher in der Lage, bei gleicher Energie eine größere Durchschlagswirkung zu erzielen als Speere, Lanzen oder Schwertstiche. Ein Pfeil benötigt für die gleiche Durchschlagswirkung ! ca nur 1/3 der Energie die ein Speer dafür benötigt.
Vegetius teilt mit, daß Römische Bogenschützen Ziele in 600 Fuß Entfernung sicher treffen mussten, dass sind 175 m.
Bei Schüssen über 200 m ist es auch mit starken Bögen immer notwendig ballistisch zu schießen. Das hat man aber in Feldschlachten auch für kürzere Distanzen gemacht. Wenn man einen Pfeil mit 50 g Beispielsweise mit 60 Joule in einem Winkel von 40 Grad abschießt, trifft er bei einer kürzeren Distanz ballistisch wieder mit ca 50 Joule Energie auf und besitzt damit eine große Durchschlagskraft.
Ein typischer römischer Bogen schoß bei 30 kg Zuggewicht einen 50 Gramm schweren Pfeil bei 40 Grad maximal 250 m weit.
Der gleiche Pfeil vom gleichen Bogen durchschlug auf 15 m Distanz eine 10mm starke Sperrholzplatte die mit Leder beklebt war mit einer Vierkantspitze 32mm also ca 3 cm.
Eine Stahlblechplatte von 0,75mm durchschlug der Pfeil auf 15 m Distanz völlig.
Eine Stahlblechplatte von 1,5mm durchschlug der Pfeil teilweise, die Spitze ragte im weiteren 12mm auf der Rückseite hervor.
Einen Kettenpanzer mit Unterpanzer den man bei gleicher Entfernung auf einen Strohballen legte durchschlug der Pfeil und drang darauf hin 5 cm in den Strohballen ein.
Die Mongolischen Bögen waren nun zugstärker als die römischen Bögen die meist um die 30 kg Zuggewicht hatten. Die typischen mongolischen Bögen waren also ca 2 mal bis 3 mal so stark.
Das lag an der Technologie, der Bauweise der Bögen, die Römer konnten keine stärkeren Bögen herstellen bzw lernten dies erst von den Hunnen. Im feuchteren Klima von Europa waren die Hornbögen desweiteren auch nicht so überlegen da sie gegen Feuchtigkeit stark anfällig waren.
Aber wie man gesehen hat kann selbst ein 30 kg Bogen im Bereich bis 20 m ein Kettenhemd durchschlagen oder eine Platte bzw einen Schild durchdringen. Dennoch ist die Schutzwirkung der damaligen Defensivwaffen gegen Pfeile gut, insbesondere dann auf weitere Distanzen.
Wenn man grob vereinfachend also eine doppelt so starke Durschlagskraft für mongolische Bögen mit schweren Pfeilen annimmt, so kommt man auf den sicheren Durchschlag eines Kettenpanzers im Bereich bis 40 m.
Was genau der Entfernung entspricht, auf die die Mongolen ihre Bögen tatsächlich einsetzten.