Entstehung der Kompositreflexbögen

S

SergejKorolev

Gast
Grüß euch, ich habe auf einer Internetseite folgendes gelesen:

http://www.marook-armouries.de/arch%e4ologie7.htm schrieb:
Der Ursprung dieser Kompositbögen wird nach aktuellem Forschungsstand tatsächlich im Steppengebiet Zentralasiens und Südosteuropas im 5. Jh. v. Chr angesiedelt, im Bereich der skythischen Kultur(!). Als Beleg hierfür können zeitgleiche bzw. sogar ältere Funde von zunächst ausschließlich nur mit Sehnen verstärkten Holzbögen im selben geographischen Verbreitungsgebiet angesehen werden.Danach wären den Kimmeriern, den Vorgängern der Skythen im Nordschwarzmeerraum, Kompositbögen noch unbekannt gewesen. Die Gründe für ihre Erfindung sind noch völlig unklar. Ausgeschlossen werden kann jedoch die von einigen Forschern vertretene Meinung, das Aufkommen von Kompositbögen sei auf die Knappheit von Holz oder als Bogenmaterial geeignetes Holz in der Steppe zurückzuführen. Richtig ist, das sich der steppennomadische Kulturkreis, aus dem die Erfindung des Kompositbogens stammt, in Richtung Norden bis in die Waldsteppen und dichten Wälder der Wolga erstreckte, eines Landes, das von den Griechen Hylaia, das Waldland genannt wurde, und von denselben in historischen Überlieferungen (Herodot) als skythisch angesprochen worden ist. Der Mangel an geeignetem Holz kann also nicht der Grund gewesen sein, zumal ja ein Kompositbogen sehr wohl auf einem Holzkern aufgebaut ist. Was auch immer der Grund für seine Erfindung war, der Kompositbogen stellt eine für Reiterkrieger geradezu ideale Waffe dar. Seine Verbundkonstruktion lässt eine sehr kurze Bauweise zu, archäologisch belegte und aus historischen Quellen zu rekonstruierende Längen bewegen sich zwischen 65 und 115cm Länge bei aufgespanntem Bogen, bei einer Standhöhe (Höhe der Sehne über dem Griff bei aufgespanntem Bogen) von 15- 18cm. Kein anderer Bogen ist besser für die Handhabung auf dem Pferderücken geeignet und kein anderer hatte dieselbe Durchschlagskraft. Erst der englische Langbogen des Hochmittelalters konnte der Kompositkonstruktion das Wasser reichen, und auch das nur mit brachialen Zuggewichten von 170 Pfund und mehr.

Stimmt ihr zu? Was ist dran?

Grüße

SK
 
Stimmt ihr zu? Was ist dran?

Ich habe in vielen Publikationen über nomadische Reiterkrieger stets gelesen, dass der Reflexbogen ihre Erfindung sei. Das erste Mal musste ich den mir unbekannten Begriff erst im Lexikon nachschlagen.

Ich bin ziemlich sicher, dass die Konstruktion dieses erfolgreichen Bogens nicht aus einer Notsituation wegen Holzmangels erfolgte, sondern dem Erfindergeist seiner Konstrukteure zuzuschreiben ist, die die Bogenwaffe auf diese Weise revolutionierten.
 
Ich habe in vielen Publikationen über nomadische Reiterkrieger stets gelesen, dass der Reflexbogen ihre Erfindung sei. Das erste Mal musste ich den mir unbekannten Begriff erst im Lexikon nachschlagen.

Ich bin ziemlich sicher, dass die Konstruktion dieses erfolgreichen Bogens nicht aus einer Notsituation wegen Holzmangels erfolgte, sondern dem Erfindergeist seiner Konstrukteure zuzuschreiben ist, die die Bogenwaffe auf diese Weise revolutionierten.

Ich stimme dir dem zu. Nur ich denke, dass es NICHT stimmt, dass der Bogen die kürze dem verdankt, dass er "nur" vom Pferderücken eingesetzt werden kann. Weil ich denke da an mehrere Beispiele:

zB Japan: Die berittenen japansichen Bogenschützen verwendeten (bzw. verwenden im Yabusame und im Kyudo), Bögen, die 2 meter lang sind, und zwar vom Pferd. Sie sind zwar asymmetrisch, nur wird bezweifelt, dass die Bögen wegen des Einsatzes vom Pferderücken diese Formgebung haben, da sie diese Form auch schon vor dieser Einsatzweise hatten.

weiteres Bsp. Osmanen, Kreter, Thraker, Syrer und Römer: Diese setzten Kompositreflexbögen ein, waren aber keine berittene Bogenschützen. Allerdings stammen die Bögen, im Falle der Osmanen, Thraker, Syrer und Römer aus reiternomadischen Kulturkreisen auf. Nicht so bei den Kretern.

Ich schließe daraus, das der Bogen wegen der zusätzlichen Stärke, die aus der Form resultiert, so kurz gehalten wurde. Weiters ist er auch in bewaldeten Gebieten praktischer als ein 2-Meter-Langbogen. Ich schließe daher, dasss es nichts damit zu tun, dass der Einsatz vom Pferd erfolgt, wenn dieser so kurz ist (genauso die Assymetrie der Bögen. was nichts mit den Einsatz vom Pferderücken zu tun hat, sondern den Handschock verringern soll).
 
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@Serg: Nur ich denke, dass es NICHT stimmt, dass der Bogen die kürze dem verdankt, dass er "nur" vom Pferderücken eingesetzt werden kann.
Der Reflexbogen ist offenbar älter als die Reitkunst, da er auch von Streitwagen belegt ist.
 

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Der Reflexbogen ist offenbar älter als die Reitkunst, da er auch von Streitwagen belegt ist.

Das ist ein sehr interessantes Relief @bb

Aus welcher Zeit ist es? Ich seh deutlich, das es persisch sein muss, wegen der Darstellung Zarathustras. Ich tippe auf Skythenzeitlich, da diese Bogenform typisch Skythisch ist UND weil die Perser selbst dann noch Streitwägen einsetzten, als es längst berittene Bogenschützen gab.
 
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Offensichtlich hat die Entwicklung und der Bau von Kompositbögen doch etwas mit dem Fehlen von gutem Bogenholz zu tun.
Auch die Ägypter bauten hervorragende Kompositreflexbögen. Im Wüstenklima in Ägypten gab es eben nur wenige Bäume, aus denen man hätte gute Bögen bauen können.

Auch die Indianer der Great Plains und die Inuit entwickelten ihre eigenen
Kompositkonstruktionen (s. Bibel des Traditionellen Bogenbaus I-IV).
Bögen dieser Art wurden mehrfach "erfunden" bzw. entwickelt, wobei davon auszugehen ist, daß bei den östlichen Reitervölkern die vorhandenen
Designs übernommen und den jeweiligen Bedürfnissen angepasst und weiterentwickelt wurden.
Inwieweit der japanische Yumi speziell als Reiterbogen entwickelt wurde oder sich die Assymetrie daraus ergab, daß ein relativ kleinwüchsiger Japaner einen 230cm langen Bogen eben nur schlecht aus der Mitte ziehen konnte, kann uns vielleicht jemand klären,der sich mit der japanischen Waffengeschichte genauer auskennt. Ein derart langer Bogen würde beim
Schiessen durch einen kleinen Schützen auf dem Boden aufstehen.
Beim Lösen des Schusses würde sich der Bogen, wenn das Wurfarmende
irgendwo anschlägt, in seine Einzelteile zerlegen ( schon bei anderer Gelegenheit selbst beobachtet).
 
Offensichtlich hat die Entwicklung und der Bau von Kompositbögen doch etwas mit dem Fehlen von gutem Bogenholz zu tun.
Auch die Ägypter bauten hervorragende Kompositreflexbögen. Im Wüstenklima in Ägypten gab es eben nur wenige Bäume, aus denen man hätte gute Bögen bauen können.

Auch die Indianer der Great Plains und die Inuit entwickelten ihre eigenen
Kompositkonstruktionen (s. Bibel des Traditionellen Bogenbaus I-IV).
Bögen dieser Art wurden mehrfach "erfunden" bzw. entwickelt, wobei davon auszugehen ist, daß bei den östlichen Reitervölkern die vorhandenen
Designs übernommen und den jeweiligen Bedürfnissen angepasst und weiterentwickelt wurden.
Inwieweit der japanische Yumi speziell als Reiterbogen entwickelt wurde oder sich die Assymetrie daraus ergab, daß ein relativ kleinwüchsiger Japaner einen 230cm langen Bogen eben nur schlecht aus der Mitte ziehen konnte, kann uns vielleicht jemand klären,der sich mit der japanischen Waffengeschichte genauer auskennt. Ein derart langer Bogen würde beim
Schiessen durch einen kleinen Schützen auf dem Boden aufstehen.
Beim Lösen des Schusses würde sich der Bogen, wenn das Wurfarmende
irgendwo anschlägt, in seine Einzelteile zerlegen ( schon bei anderer Gelegenheit selbst beobachtet).

Nur hat mWn die Assymetrie mehr mit dem Handschock zu tun (denke an Csaba Grozer, in seinem Forum wird auch das Diskutiert).
 
Der Handschock ist ein Teil der Begründung für die Assymetrie.
Ein Bogen, der das Mittelteil bei ca.48" hat, lässt sich allenfalls in der Halle oder auf einem ebenen Platz schiessen, nicht jedoch im Gelände, wo die meisten Kämpfe statt-
gefunden haben. Für die extreme Assymetrie der jap. Bögen dürften mehrere Gründe
vorhanden sein. Auf jeden sollen die jap. Bögen bereits die extreme Länge u.Assymetrie gehabt haben, bevor sie für den Kampf vom Pferd aus eingesetzt wurden. Es gibt in der Literatur Ansichten, daß die jap. Krieger der Frühzeit im Knien schossen und daher Aufteilung des Bogenstabes durch den Griff im Maßstab 1/3 zu 2/3 eingeführt wurde ( Bibel d.trad.Bogenbaus, Bd.III, S.100).
Die griechischen Abbildungen von skythischen Bogenschützen zeigen diese auch im knieenden Auszug. Bei kurzen Bögen scheint dies üblich gewesen zu sein. Einen normal langen Bogen (engl. LB o.ä) im Knien zu schiessen, ist sehr schwer, ausser man schiesst bergauf oder bergab.
 
Der Handschock ist ein Teil der Begründung für die Assymetrie.
Ein Bogen, der das Mittelteil bei ca.48" hat, lässt sich allenfalls in der Halle oder auf einem ebenen Platz schiessen, nicht jedoch im Gelände, wo die meisten Kämpfe statt-
gefunden haben. Für die extreme Assymetrie der jap. Bögen dürften mehrere Gründe
vorhanden sein. Auf jeden sollen die jap. Bögen bereits die extreme Länge u.Assymetrie gehabt haben, bevor sie für den Kampf vom Pferd aus eingesetzt wurden. Es gibt in der Literatur Ansichten, daß die jap. Krieger der Frühzeit im Knien schossen und daher Aufteilung des Bogenstabes durch den Griff im Maßstab 1/3 zu 2/3 eingeführt wurde ( Bibel d.trad.Bogenbaus, Bd.III, S.100).
Die griechischen Abbildungen von skythischen Bogenschützen zeigen diese auch im knieenden Auszug. Bei kurzen Bögen scheint dies üblich gewesen zu sein. Einen normal langen Bogen (engl. LB o.ä) im Knien zu schiessen, ist sehr schwer, ausser man schiesst bergauf oder bergab.

Die Frage ist ja dann, warum die Japaner so große Bögen gebaut haben...
 
Muss wohl mit der Bauweise zusammenhängen, der Jap. Langbogen ist wohl ein Kompositrecurvebogen, ist aber aus Holz und Bambus zusammengesetzt, nicht aus Holz, Horn und Sehnen.
Hier ein Bild von einem Querschnitt durch einen Jap. Bogen.
Im übrigen nimmt die Schusspräzision mit der Länge des Bogens zu, vielleicht ist auch dies ein Grund für die Bauweise.
 

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Muss wohl mit der Bauweise zusammenhängen, der Jap. Langbogen ist wohl ein Kompositrecurvebogen, ist aber aus Holz und Bambus zusammengesetzt, nicht aus Holz, Horn und Sehnen.
Hier ein Bild von einem Querschnitt durch einen Jap. Bogen.
Im übrigen nimmt die Schusspräzision mit der Länge des Bogens zu, vielleicht ist auch dies ein Grund für die Bauweise.

Hmm, mich erinnert das an die Bögen der Russen, die auch zum Teil aus solch einem Semi-Komposit bestanden. Das waren meistens Bögen, die Langbogenlänge hatten.

Also, ich ziehe folgenden Schluss aus der Diskussion:

Der Kompositreflexbogen entstand im Steppenreiterkulturkreis. Aufgrund seiner Bauweise verdrängte er dann bei den Angrenzenden seßhaften Kulturen den Vollholzbogen aufgrund seiner Durchschlagskraft. Die Asymmetrische Form entstand aufgrund der Verringerung des Handschocks.
 
Lieber Sergej,finde deinen Beitrag gut,da mich das Thema Bogenschießen auch schon immer fasziniert hat.Gibt es antike Fragmente von skythischen Bögen aus dem Permafrostboden oder persischen Bögen aus dem,sagen wir mal Wüstensand.
In den 80 gern waren doch Reste eines Perser-Heeres gefunden worden,vor allem viele Waffen.Ich google mal danach!
 
Es gibt einen gut erhaltenen Kompositbogen aus der Nähe von Dura Europos am Euphrat.
Der sogenannte Yrzi-Bogen, datiert auf 1.-3- Jhd. n. Chr.
Ein Originalbild davon habe ich nicht, nur diese Zeichnung.
 

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Es gibt einen gut erhaltenen Kompositbogen aus der Nähe von Dura Europos am Euphrat.
Der sogenannte Yrzi-Bogen, datiert auf 1.-3- Jhd. n. Chr.
Ein Originalbild davon habe ich nicht, nur diese Zeichnung.

Der Yrzi-Bogen ist nicht persisch, sondern parthisch. Datiert auf dem 1. Jahrhundert n. Chr. (wie du richtig geschrieben hast).

Bogenreste gefunden hat man zB beim Fund vom Olon-Kurin-Gol im Altaigebirge.

Gibt auch ne Rekonstruktion dieses Bogens, den Micheal Bitl hergestellt hat (gibt es auch zu kaufen, allerdings für horrende Summen).

http://www.redhawk-online.com/mail pics.jpg
 
Nach einem Dynastiewechsel hieß dasselbe Staatsgebilde plötzlich "Neupersisches Reich der Sassaniden", womit wir im dritten Jahrhundert angekommen wären wohin man den Bogen auch datiert.
Es gibt übrigens aus China noch interessante Bogenfunde aus dieser Zeit:
Bows and Arrows from Miran
 
Nach einem Dynastiewechsel hieß dasselbe Staatsgebilde plötzlich "Neupersisches Reich der Sassaniden", womit wir im dritten Jahrhundert angekommen wären wohin man den Bogen auch datiert.
Es gibt übrigens aus China noch interessante Bogenfunde aus dieser Zeit:
Bows and Arrows from Miran

Der Niya-Bogen ist aber ein "Hunnenzeitlicher" Bogen, dessen Typus in Europa etwa Anfang des 4. Jahrhunderts auftauchte.

Man sollte sich ohnehin davor hüten, zu sagen "Skythenbogen" oder "Hunnenbogen" oder "Partherbogen" sondern eher sagen, "skythenzeitlicher Bogen" etc., da man einen Bogen schlecht einem bestimmten Volk zuordnen kann. Wäre ca. so, als wenn man eine Ak-47 oder eine Ak-74 einem Bulgaren, Rumänen oder Russen zuordnen will.
 
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