Servus zusammen
Ich denke nicht das man Charisma rein positiv besetzen kann, oder mit positive Taten verknüpfen kann. (leider)
Nunja, die Definitionen sind zwar nicht zu eng, aber in der Soziologie wird Charisma i.d.R. mit einer auf Ausstrahlung begründeten Form von Autorität "übersetzt", zu dem zwar
"Wer Erfolg hat hat viele Freunde, wer Misserfolg hat hat viele Spötter"
paßt, in der Praxis sich in meinen Augen aber gerade die "charismatischen Persönlichkeiten" dadurch kennzeichnen, dass sie auch ohne Erfolge bzw. nach Niederlagen wieder auf die Beine kommen oder ihre Gefolgschaften halten.
Mich hätte es sehr gewundert wenn sein Stamm geschlossen hinter Arminius gestanden hätte. In jeder Gesellschaft gibt es Traditionalisten oder Menschen die ehr bereit sind an die Möglichkeiten neuer Entwicklungen glauben und so ging diese Spaltung ja sogar durch die Familie von Arminius.
Das Marbod sich offen gegen Arminius stellte unterstreicht meiner Meinung nach ehr das Charisma von Arminius, da Marbod zu dieser Zeit bereits eine gewisse Vormachtsstellung hatte, von einem "Niemand" wäre für ihn auch keine Bedrohung ausgegangen.
Marbod führte eine große Reihe von Kriegen gegen andere germanische Fürsten. Das kann man weniger mit Charisma oder im Kehrschluß das Charisma mit diesen Kriegen begründen, als mit dem Verhältnis der Germanen untereinander. Auch scheint es eben keine persönliche Bedrohung aus dem erfolgreichen (der oben beschriebenen Logik zufolge also "charisamtischen" Arminius) für Marbod zu geben, denn er hält sich zum Zeitpunkt, als Arminius gegen die Römer erfolgreich ist, zurück und greift nicht zugunsten des Germanicus oder des Tiberius in die Kämpfe ein. Erst danach beginnt ja die Auseinandersetzung handfest zu werden. Hätte sich Marbod bedroht gefühlt, wäre er wohl früher mit den Römern vorgerückt.
Zudem sollte man die Bündnispolitik Marbods dabei nicht außer acht lassen.
Auf der anderen Seite kannte er die Vorzüge einer absoluten Macht aus Rom und wollte er dann vielleicht zuviel. Er hätte dann gerne eine König gleiche Macht in Germanien ausgeübt, was für die damalige Gesellschaft vielleicht zwei Schritte zuviel waren und ihm dadurch die Feindschaft der alteingesessenen mächtigen Familien einbrachte, was ihm letztlich den Kopf kostete.
Zwei Gedankenfehler:
1. Augustus war kein absoluter Herrscher und lebte dies nach außen auch nicht vor. Das Principat stellt sich für uns zwar de facto als Beginn der Kaiserzeit dar, Augustus profilierte sich aber als "primus inter pares", nicht als "le c'est moi"
2. Das Prinzip des Herrschers ist zumindest einzelnen Stämmen der Germanen nicht fremd noch ein Schritt zu viel. Der
dux, also der Anführer, dass ist bei Marbod z.B. der Fall, aber scheinbar auch der
rex, der König, wie Caesar seinen Gegner Ariovist nennt.
Ich denke nicht das ein Arminius ohne Charisma, eine Koalition in ein dermaßen existenziell gefährliches Unternehmen hätte führen können.
Das ist der Punkt. Wie gesagt stieß ein Großteil der "Koalition" erst dazu, als die Sache erfolgreich verlief, nicht als er dafür warb.
Letztlich setzten die Germanen alles auf eine Karte, wenns schief gegangen wäre upps!!
und die Legionen waren meines Wissens nicht für ihre Milde bekannt
Die anfängliche Zurückhaltung ist weit weniger risikofreudig. Man sah erstmal, ob es lief. Danach, im Verlauf der mehrtägigien Vernichtungsschlacht, stieß man nach und nach dazu. Das Krieg immer Risiko bedeutet, ist natürlich unbestreitbar, und die folgenden Rachefeldzüge haben es ja auch verdeutlicht.
Für die letzte Überlegung, die der Gnade, spielt es aber keine Rolle ob man als Germane gegen Germanen oder gegen Römer zu Felde zog. Eine Niederlage, zumal nach einem Abfall oder Verrat, zog und zieht bis heute i.d.R. harte Sanktionen nach sich.
Jürgen schrieb:
was haben wir denn für Helden aus Sagen oder Geschichte, die reine Lichtgestalten sind? ..., na?...
Gar keine!!!
All unsere Helden haben einen Makel!
Von Lichtgestalt willja keiner sprechen, und kein Mensch ist völlig ohne Makel, aber bei Arminius sprechen wir durchaus auch von moralisch diskutablem Verhalten. Es geht u.a. auch darum, dass er sich als Freund des Varus ausgab, dessen persönliches Vertrauen, eine scheinbar fast intime nähe ausnutzte.
Aber wenn wir uns umsehen in der dt. Geschichte, so gibt es einige Personen, über die wir zum einen deutlich besser informiert sind, die zum anderen deutlich näher zur deutschen Geschichte stehen und bei denen charakterliche Fehler nicht gleichzusetzen sind mit etwa einem Verrat zgunsten eigener Machtergreifung.
Ohne ein Fachmann mittelalterlicher Geschichte zu sein fällt mir bspw. der gute Karl der Große sein. Über dessen Sachsenkriege wird viel diskutiert und je nach Lesart fällt das Urteil über die Person insgesamt eher positiv oder negativ aus. Will man ihn positiv beurteilen bleibt als Kritikpunkt seine libido, und das ist nach heutiger Sicht (oder vielleicht auch nur nach meiner persönlichen Sicht), insofern alle Beteiligten freiwillig partizipieren, bei weitem nicht so verwerflich.
Was nicht heißen soll, dass ich für einen Karl den Großen als Helden oder gar deutschen Helden einstehe.
In meinen Augen ist der Gedanke einer personellen Verknüpfung des Einheitsgedankens längst überholt, gerade für uns Deutschen.
Kramt man sich dann weiter durch die Geschichte kommt sicher noch der ein oder andere "Vorfahre", der sich als Held und Gründer weit mehr eignet, als jemand, der 20 000 Menschen, die ihm vertrauen, in den Tod führt.