Archäologie des Krieges im Europa des 18. und 19. Jhs.

Krtek

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In diesem Thread sollen archäologische Untersuchungen zu Schlachtfeldern, Feldbefestigungen, Soldaten-, Zivilisten- und Massengräbern und weiteren im Zusammenhang mit Kriegen und militärischen Auseinandersetzungen stehenden Orten und Ereignissen aus der zweiten Hälfte des 17., dem 18. und 19. Jahrhundert in Europa zusammengestellt werden.

Für Mitteleuropa betrifft dies in erster Linie den
- Pfälzischen Erbfolgekrieg / Neunjährigen Krieg (1688–1697)
- Großen Nordischen Krieg (1700–1722)
- Spanischer Erbfolgekrieg (1701–1714)
- Österreichischen Erbfolgekrieg (1740-1748)
- Siebenjährigen Krieg (1756-1763)
- Bayerischen Erbfolgekrieg (1778/1779),
- die französischen Revolutions- und Napoleonischen Kriege (1792-1815)
- Deutschen Krieg zwischen Preußen und Österreich (1866)
- Deutsch-Französischen Krieg (1870/71)

http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kriege_und_Schlachten_im_17._Jahrhundert
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kriege_und_Schlachten_im_18._Jahrhundert
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Kriege_und_Schlachten_im_19._Jahrhundert

Die Kriege in Amerika wie der Amerikanische Unabhängigkeitskrieg, der Britisch-Amerikanischer Krieg oder der Amerikanische Bürgerkrieg sowie in Asien und Afrika sollten an anderer Stelle betrachtet werden. Bereits einen eigenen Thread haben die archäologischen Untersuchungen zum Dreißigjährigen Krieg ( http://www.geschichtsforum.de/f54/arch-ologische-untersuchungen-zum-drei-igj-hrigen-krieg-28806/ ) und zum I. Weltkrieg ( http://www.geschichtsforum.de/f54/schlachtfeld-arch-ologie-1-weltkrieg-22804/ ).

Ein Tagungshinweis: Vom 15.-16. April 2000 hat in Glasgow die internationale Konferenz "Fields of Conflict: Progress and Prospect in Battlefield Archaeology" stattgefunden.Das Tagungsprogramm findet sich sicher noch irgendwo im Internet. Im Jahr darauf erschien der Tagungsband:

Philip W. M. Freeman u.a. (Hrsg.), Fields of conflict. Progress and prospect in battlefield archaeology. Proceedings of a conference held in the Department of Archaeology, University of Glasgow, April 2000. BAR international series 958 (Oxford 2001). ISBN 1-8417-1249-3
Inhaltsverzeichnis: http://www.gbv.de/dms/goettingen/335349277.pdf

Im Wesentlichen bereits außerhalb des oben abgesteckten Themas:
Douglas Scott / Lawrence Babits / Charles Haecker, Fields of conflict. Battlefield archaeology from the Roman Empire to the Korean War. (Westport, Conn. 2007). ISBN: 0-275-99315-9, 978-0-275-99315-3
Inhaltsverzeichnis: Table of contents for Fields of conflict

Übergreifend

Baden-Württemberg
Auf dem Schwarzwald, der Alb und in der Oberrheinebene werden von Martin Straßburger (Brilon und Freiburg im Breisgau) seit 2004 Defensionslinien des 17. und 18. Jahrhunderts kartiert.

Schweden, Finnland und Ukraine
Bo Knarrström, Archaeological research on European battlefields – case studies from Sweden, Finland and Ukraine. Archäologische Forschungen auf europäischen Schlachtfeldern - Fallstudien aus Schweden, Finnland und der Ukraine
http://www.lda-lsa.de/fileadmin/pdf/2008_10_08_Abstracts_Schlachtfeldarchaeologie.pdf

Tschechien

Auch hier ein Verweis in eigener Sache :red: In absehbarer Zeit wird ein Beitrag von Václav Matoušek, Petr Meduna, Zdeněk Smrž und Roman Grabolle (also mir :rotwerd: ) über „Die Schlacht bei Třebel/Triebl im Jahr 1647 und weitere Untersuchungen zur Archäologie des Krieges in der Tschechischen Republik“ in dem Tagungsband zum 1. Mitteldeutschen Archäologentag zum Thema Schlachtfeldarchäologie erscheinen: Tagungen : Archiv Tagungen : 1. Mitteldeutscher Archäologentag |[ LDA Sachsen-Anhalt ]| .

Entsprechende Befunde und Funde gibt es mittlerweile aus dem österreichischen Erbfolgekrieg (1740-1748) und den Siebenjährigen Krieg (1756-1763) aus Zliv/Sliw in Südböhmen, dem Wald bei Těšovice u Prachatic/Tieschowitz, vor der Stadt Písek/Pisek und bei Tvarožná/Bosenitz an der wichtigen Straße von Brno/Brünn nach Olomouc/Olmütz, weiterhin Soldatengräber aus Sulejovice/Sullowitz und der übrigen Umgebung von Lovosice/Lobositz, eine Feldbefestigung in der Gemeinde Nebesa/Himmelreich unweit von Aš/Asch in Nordwestböhmen sowie weitere Feldbefestigungen aus dem 18. Jahrhundert, etwa bei Broumov/Braunau oder Písek/Pisek. Hinzu kommen eine Linie von 39 Feldbefestigungen aus dem Jahr 1756, die sich von Bořislav/Boreslau über Habrovany/Habrowan bis nach Ústí nad Labem/Aussig in Nordwestböhmen hinzieht, und zahlreiche befestigte Feldlager im unteren Ohře/Eger-Gebiet, die wohl in den Jahren 1740–1763 angelegt wurden.

Aus der Zeit der Napoleonischen Kriege blieben in Mähren umfangreiche Befestigungsreste der sogenannten Dreikaiserschlacht bei Slavkov u Brna/Austerlitz 1805 im weiteren Umfeld des Grabhügels Žuráň südöstlich von Brno/Brünn erhalten ( Austerlitz | bitva u Slavkova, Austerlitz, slavkovské bojištì, Slavkov, Napoleon, Mohyla míru, re-enactment, rekonstrukce bitvy, vzpomínkové akce, výroèí bitvy ). Bei Jiříkovice/Jirschikowitz wurde im Jahr 1994 ein Massengrab mit mindestens elf Individuen dokumentiert. Weitere Soldatengräber aus der Dreikaiserschlacht wurden in den letzten Jahren archäologisch und anthropologisch untersucht. Wohl im Zuge des Fünften Koalitionskrieges gegen Frankreich hatte die österreichische Armee 1809 zwischen Strážný/Kuschwarda und Horní Vltavice/Obermoldau im Šumava/Böhmerwald eine bis heute erhaltene Feldbefestigung angelegt. Eingehender untersucht ist eine 35 km lange Befestigungslinie auf dem rechten Ufer der Ohře/Eger zwischen Postoloprty/Postelberg und Budyně nad Ohří/Budin an der Eger in Nordwestböhmen, die im Herbst des Jahres 1813 errichtet wurde.

Im Zusammenhang mit dem Deutschen Krieg zwischen Preußen und Österreich (1866) steht eine Linie von Artillerieforts, die in den Jahren 1860-1870 im Zusammenhang mit dem Umbau der Festung Terezín/Theresienstadt erbaut wurde. Eine Feldbefestigung der österreichischen Armee aus der entscheidenden Schlacht bei Hradec Králové/Königgrätz am 3. Juli 1866 konnte nordwestlich der ostböhmischen Stadt untersucht werden. Außerdem wurden an mehreren Orten Soldatengräber dokumentiert, so bei Kuřívody/Hühnerwasser, in České Skalice/Skalitz, ein Massengrab aus der Schlacht bei Jičin/Gitschin sowie ein einzelnes Soldatengrab bei Prostějov/Proßnitz in Mähren


Spanischer Erbfolgekrieg (1701–1714)

Bayern

Krottensee , Fränkische Alb,
1703 "Schlacht bei Krottensee" im Zuge des Spanischen Erbfolgekrieges

Bettina Stoll-Tucker, Nacheiszeitliche Höhlennutzung am Beispiel des oberen Pegnitztales (Nördliche Frankenalb). Arbeiten zur Archäologie Süddeutschlands 4 (Büchenbach 1997).
ISBN 3-9803996-6-4.

S. 135: "In der riesigen Schutthalde unterhalb des Windlochs der Maximiliansgrotte ... fand man bei der Erschließung der Höhle 1852 zahlreiche menschliche Skelettreste z.T. noch mit Uniformresten, Metallknöpfen etc. Sie stammen von Gefallenen der Schlacht bei Krottensee am 5. Mai 1703 im Rahmen des Spanischen Erbfolgekrieges (Anm. 518: Illmann (1979, 7) erwähnt die Abrechnung eines Priesters für die Aussegnung im Amberger Archiv.). Einige der Fundstücke sind ins Germanische Nationalmuseum nach Nürnberg gelangt, andere werden am Ausgang der Höhle präsentiert." Ähnlich noch mal auf S. 136., nur da wird der 24. Mai 1703 angegeben.

Zu der Höhle gibt es im Internet viele Informationen, davon nicht wenige auch recht brauchbar und vor allem mit Literaturhinweisen versehen, z.B. Die Maximiliansgrotte bei Krottensee, Hersbrucker Alb

Zweiter Jakobitenaufstand (1745/46)

Vereinigtes Königreich
Culloden, nordöstlich von Inverness in Schottland
Schlacht bei Culloden, 16. April 1746 ( Schlacht bei Culloden ? Wikipedia )

Tony Pollard, Capturing the Moment - The Archaeology of the Battle of Culloden, Scotland 1746. Das Einfangen des Augenblicks – Archäologie der Schlacht von Culloden,
Schottland 1746
http://www.lda-lsa.de/fileadmin/pdf/2008_10_08_Abstracts_Schlachtfeldarchaeologie.pdf

Französische Revolutions- und Napoleonische Kriege (1792-1815)

Sachsen

Leipzig
News vom: 16.04.2008
Massengrab entdeckt
Baggerfahrer haben bei Schachtarbeiten für die Tropenhalle Gondwanaland ein Massengrab aus Zeiten der Völkerschlacht entdeckt. Wissenschaftler untersuchen jetzt den Fund. (LVZ)


zur Baustelle "Hotel Stadt Leipzig" (Drei nah bei einanderliegende Massengräber aus der Völkerschlacht 1813, v.a. von Soldaten. 96 Individuen sicher anthropologisch bestimmt.)
* Hans Geisler / Gerhard Graf, Die Ausgrabungen Leipzig-"Hotel Stadt Leipzig. arch. aktuell im Freistaat Sachsen 2, 1994, 125-134, hierzu 129-133.
* Gerhard Graf, Notbestattungen auf dem Gelände des Georgenhauses in Leipzig 1813. Arbeits- u. Forschber. Sächs. Bodendenkmalpfl. 39, 1997, 204-206.
* Albert Zink / Franz Parsche / Andreas Nerlich / Peter Betz / Irmgard Wiest, Abschlussbericht der anthropologischen/palaeopathologischen Untersuchungen zu den Ausgrabungen beim "Hotel Stadt Leipzig". ebd. 207-226.

Erfurt
7. April 2004
Bei Bauarbeiten im Brühl wird ein Massengrab entdeckt. Es birgt die sterblichen Überreste von 120 Soldaten der Armee Napoleons, die im Jahre 1813 in Erfurter Lazaretten starben. Sie werden am 16. Juni 2004 mit militärischen Ehren und in Anwesenheit des französischen Botschafters auf dem Hauptfriedhof beigestzt
Erfurt.entdecken - Das neue Jahrtausend

Schweiz

Domat/Ems

Nomen est omen. NZZ vom 15.11.2007
Die NZZ meldet: Auf dem Gelände der Ems-Chemie im bündnerischen Domat/Ems hat ein Arbeiter ein Massengrab aus der Zeit der Franzosenkriege im Jahr 1799 entdeckt. Die Gebeine befinden sich in einem ehemaligen Kalkbrennofen, dessen Mauer eingefallen ist. Aus dem Massengrab soll ein Denkmal werden. ...
Christoph Mörgeli

Das Rätsel um das historische Massengrab bei Domat/Ems ist gelöst. Der Aufmerksamkeit eines Montagearbeiters ist es zu verdanken, dass das Rätsel um den Standort eines Massengrabes aus der Zeit der Franzosenkriege bei Domat/Ems gelöst werden konnte. Mit einer Tafel wird nun auf den Fund und den historischen Zusammenhang hingewiesen.
http://www.churermagazin.ch/pages/archive/200801/regionales.pdf

Österreich

Obersiebenbrunn
Auf dem Marchfeld im südlichen Teil des Weinviertels besiegten in der Schlacht bei Wagram am 5. und 6. Juli 1809 Napoleons französische Truppen Erzherzog Karl von Österreichs österreichische Armee in der Nähe von Wien. Der „Hobbyarchäologe“ In. Georg Frohner war im Frühjahr 2004 auf der Suche nach Überresten einer keltischen Siedlung oder einer Kreisgrabenanlage. Anstelle von Kultgegenständen fand er bei Obersiebenbrunn allerdings Skelettknochen und -schädel. Er schaltete die Behörden ein, um die gefundenen Toten allenfalls einer zeitlichen Epoche zuordnen zu können.

Das Geheimnis der Toten von Obersiebenbrunn konnte dank der präzisen Arbeit der Herren LITTMANN von der deutschen Kriegsgräberfürsorge, Verteidigungsattaché Lt.-Col. COLEMAN und OUVRAD von der „Souvenir Napoléonien“ aufgeklärt werden. Man fand bei einem der Toten nämlich eine Uniformjacke mit fünf Messingknöpfen, welche die Zahl 64 trugen. Somit war der Beweis erbracht, dass es sich bei dem Toten um einen französischen Soldaten des Linieninfanterie-Regiments 64 handeln musste: Ing. FROHNER hatte zwar keine keltische Kreisgrabenanlage, dafür aber ein Massengrab entdeckt, in dem die bei der Schlacht zu Wagram gefallenen sowie die im Militärlazarett im Schloss Prinz Eugens in Obersiebenbrunn verstorbenen Soldaten ihre letzte Ruhe gefunden hatten.


Geheimnis um Tote auf dem Marchfeld. http://www.aafo-wien.at/Marchfeld_Umbettung_1.htm


Litauen

Vilnius

Christian Schmidt-Häuer, Requiem für eine europäische Armee. DIE ZEIT Nr. 38 vom 09.09.2004. Litauen: Requiem für eine europäische Armee | ZEIT ONLINE

Massengrab napoleonischer Soldaten in Litauen gefunden
22.03.2002
wissenschaft.de - Massengrab napoleonischer Soldaten in Litauen gefunden



Über zahlreiche Ergänzungen zu weiteren archäologischen Grabungen, Notbergungen, älteren Untersuchungen bei Bauarbeiten oder potentiellen Fundorten würde ich mich sehr freuen.
 
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Baden-Württemberg
Auf dem Schwarzwald, der Alb und in der Oberrheinebene werden von Martin Straßburger (Brilon und Freiburg im Breisgau) seit 2004 Defensionslinien des 17. und 18. Jahrhunderts kartiert.

Das hier könnte ganz interessant sein. Aus dem Südschwarzwald, ca. 30 km nördlich von Lörrach.

Barockschanze Barockschanzen Barock barocke Schanzen Schanze Schanzgraben Befestigungskunst Fortifikation fortification fortress fortresse Schanzen Burgen Festungen Gersbach 6-Eck-Schanze archtitectura militaris civilis Schanzbauer Schanzbauern Lunet
 
Danke, tela, für den ersten Hinweis, dem hoffentlich noch viele weitere folgen werden. Hier noch was von mir aus dem hohen Norden der Republik:
Arne Homann, Historische Schlachtfelder als archäologische Quelle. Studien zu Möglichkeiten und Grenzen ihrer Erforschung. Magisterarbeit Uni Hamburg 2008.
Institut für Vor- und Frühgeschichtliche Archäologie - Universität Hamburg

Arne Homann, Napoleons letzter Feldzug in Deutschland – Archäologie des Kriegsjahres 1813. Archäologie in Deutschland 2009, Hf. 1.
Napoleons letzter Feldzug in Deutschland ? Archäologie des Kriegsjahres 1813: Archäologie in Deutschland


Napoleonische Kriege / Befreiungskriege

Brandenburg
Schlacht bei Großbeeren, 23. August 1813 (Schlacht bei Großbeeren ? Wikipedia )
Kampfmoral der napoleonischen Truppen in Großbeeren war besser als Schriftquellen sagen
Im Vorfeld des Baus dreier Tennisplätze konnte in Großbeeren im Spätsommer 2006 erstmals ein Teil des historischen Schlachtfelds von 1813 archäologisch untersucht werden. Nun liegen die Auswertungen des Hamburger Archäologen Arne Homann vor – und damit Aufschlüsse über neue Details der blutigen Ereignisse auf der sogenannten „Windmühlenhöhe“. Nahe der heutigen Wasserskianlage hatten sich dort vor fast 200 Jahren preußische Soldaten mit den napoleonischen Truppen ein eineinhalbstündiges Feuergefecht geliefert.

Märkische Allgemeine Zeitung vom 09.02.2009
http://www.maerkischeallgemeine.de/...ischen-Truppen-in-Grossbeeren-war-besser.html
Archaeonews: Kampfmoral der napoleonischen Truppen in Großbeeren war besser als Schriftquellen sagen

Landkreis Teltow-Fläming | teltow-flaeming.de

* A. Homann, Schlachtfelduntersuchung. Befreiungskriege von 1813 im archäologischen Befund bei Großbeeren, Lkr. Teltow-Fläming. Archäologie in Berlin und Brandenburg 2006, ###-###.

Schleswig-Holsteinischer Krieg (1848–1851)

Schleswig-Holstein
Schlacht bei Idstedt am 24./25. Juli 1850 ( Schleswig-Holsteinischer Krieg (1848?1851) ? Wikipedia )

Der Tag von Idstedt
Heimatverein der Landschaft Angeln: Ur- und Frühgeschichte
 
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Noch mal auf der Karte ganz oben:

Napoleonische Kriege / Befreiungskriege

Schleswig-Holstein

Ratzeburg
Forscher: "Barki" 1813 vor Ratzeburgs Toren hingerichtet
Die Tiroler haben ihren "Ötzi", die Ratzeburger ihren "Barki". Über den unbekannten Toten wurde inzwischen einiges herausgefunden.
Ganz ist das Geheimnis um das im Neubaugebiet Barkenkamp II im August freigelegte Skelett noch nicht gelüftet. Aber das Archäologische Landesamt hat mit Unterstützung einiger anderer Fachleute eine Menge herausgefunden. Wichtigste Erkenntnis: Eine der Vermutungen entpuppte sich als Volltreffer, denn bei "Barki" handelt es ich tatsächlich um einen Toten aus der Zeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als französische Truppen auch im Lauenburgischen als Besatzer auftraten.

ln-online/lokales vom 28.10.2007
Forscher: "Barki" 1813 Vor Ratzeburgs Toren Hingerichtet • Artikel • Lübecker Nachrichten
 
Felix Biermann
Felix Biermann ? Wikipedia
Ur- und Frühgeschichte HU

Ralf Gebuhr
Ralf Gebuhr M.A.

(Anderer Thread, nur der Vollständigkeit halber:)
Felix Biermann / Ralf Gebuhr, Über Befestigungen zur Zeit der Konfessionskriege. Das königlich-schwedische Feldlager zu Werben an der Elbe. In: Museum des Dreißigjährigen Krieges (Ausstellungskatalog, Wittstock 1998) 67-83.

dies., Bodendenkmale der Befreiungskriege. Archäologie in Berlin und Brandenburg 1997, Stuttgart 1998, 26-28.

dies., Untersuchungen zu Befestigungen des 16.-19. Jh. in Brandenburg. Vorbericht zu einem Projekt am Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin. Archäologisches Nachrichtenblatt 5, 2000, 267-273.

dies.: Neuzeitliche Schanzen im südlichen und östlichen Brandenburg. Denkmalpflege im Land Brandenburg 1990-2000 (Worms 2001) 622-624.

dies., Szańce polowe okresu Baroku w Brandenburskim Dorzeczu Odry / Feldschanzen der Barockzeit im brandenburgischen Oderraum. In: B. Mykietów / K. Sanocka / M. Tureczek (Hrsg.), Coszterine-Küstrin-Kostrzyn. Twierdza Ludzie Kultura (Kostrzyn/Zielona Góra 2005) 25-42.

dies., Fiktion und Befund. Archäologische und historische Untersuchung von Schanzen auf dem Bricciusberg in Belzig. Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift 47, 2006, 193-244.

dies., Erdanlagen im Festungsbau. Neuzeitliche Schanzen des 16. bis 19. Jahrhunderts, besonders im südlichen Brandenburg. In: Christian Popp / Joachim Stephan (Hrsg.), An Elbe und Oder — Beiträge zur brandenburgischen Landesgeschichte. Winfried Schich zum 70. Geburtstag (Einhausen 2008) 149-269.
 
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Darf man da spielen?:pfeif:

Spannender wäre freilich eine experimentalarchäologische Errichtung. Gruppen gibt es ja genug, an Schaufeln sollte es auch nicht mangeln.
 
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Spannender wäre freilich eine experimentalarchäologische Errichtung. Gruppen gibt es ja genug, an Schaufeln sollte es auch nicht mangeln.

Solche Experimente gibt es auch schon für den 30-jährigen Krieg in Tschechien und damit auch zwei weitere Rekonstruktionen, nur eben eine Nummer kleiner als die 6-Eck-Schanze mit 60 m Durchmesser von Gersbach, Ortsteil von Schopfheim im Landkreis Lörrach, Baden-Württemberg.

Die Redoute der kaiserlichen Armee bei Svahy / Hangendorf aus der Schlacht bei Třebel / Triebl, die zusammen mit den gesamten Schlachtfeld ab 1988 archäologisch untersucht worden war, wurde in den Jahren 2002 und 2004 im Gebiet von Olbramov / Wolfersdorf wiedererrichtet. Ziel des Experimentes war es vor allem, Anhaltspunkte für Betrachtungen zu den Ansprüchen hinsichtlich der Konstruktion, der verwendeten Materialien und des Zeitaufwandes beim Bau einer solchen Befestigung zu gewinnen. Bei der Errichtung der Redoute wurden – mit Ausnahme der Konstruktion der Brustwehr aus geflochtenen Körben, sogenannten Schanzkörben oder Gabionen – sehr einfaches, aber dennoch anspruchsvolles Baumaterial, insbesondere Holz, verwendet. Etwa 100 Personen konnten eine solche Redoute in harter, ganztägiger Arbeit innerhalb von zwei Tagen errichten. Somit hätte sie von einer Militäreinheit in der Stärke eines Bataillons, das in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges etwa 150 bis 300 Männer umfaßte, erbaut worden sein können. Die Ergebnisse wurden 2006 durch einen weiteren Nachbau einer Befestigung auf dem Gelände für experimentelle Archäologie „Villa Nova Uhřínov“ in den Orlické hory/im Adlergebirge bestätigt.

Literaturhinweise (meist in tschechisch) in dem genannten Artikel zur Archäologie des Krieges in der Tschechischen Republik. In englisch:
* Václav Matoušek, Building a model of a field fortification of thirty year´s war near Olbramov (Czech republic). Journal of Conflict Archaeology 1, 2005, 115–132. Journal of Conflict Archaeology - BRILL

bbkult.net

Centrum experimentální archeologie Villa Nova Uhøínov pod Deštnou. --> Skanzen --> Reduta
 
The Terrifying Story of How Typhus Killed Napoleon's Greatest Army

Zu den Erkenntnismöglichkeiten von "Battlefield-Archaeology" ( Battlefield archaeology - Wikipedia, the free encyclopedia ) am konkreten Beispiel der bereits genannten Untersuchung des Massengrabs in Vilnius / Wilna (Litauen) ganz aktuell:

Frank Thadeusz, Marsch der Maladen. Der Spiegel Nr. 31 vom 27.7.2009.
Warum ging Napoleons Armee während des Russlandfeldzugs wirklich unter? Analysen von Knochenfunden zeigen: Schuld war die Kleiderlaus.
http://www.spiegel.de/media/0,4906,21284,00.pdf

Der Artikel beruht auf Ergebnissen der Arbeit von:

* Stephan Talty, The Illustrious Dead. The Terrifying Story of How Typhus Killed Napoleon's Greatest Army (New York 2009).
ISBN-10: 0307394042 , ISBN-13: 978-0307394040
The Illustrious Dead: The Terrifying Story of How Typhus Killed Napoleon's Greatest Army: Amazon.de: Stephan Talty: Englische Bücher
 
Feldbefestigungen

Ich rege an, daß die Herrn Archäologen sich mit den einschlägigen zeitgenössischen Anleitungen zum Bau von Feldbefestigungen beschäftigen, denn die Verschriftlichung der Kriegswissenschaften ab dem 17. JH läßt eigentlich keine Wünsche offen, und so manche abenteuerliche Spekulation bei den Ausgrabungen oder Rekonstruktionen würde leichter als kuriose Idee entlarvt werden können. Dort sind u.a. Mengenberechnungen für die Erdbewegung, Material- und Zeitaufwand bei gegebener Mannstärke zu finden.

Erst kürzlich haben ich mich in Wien einige Interpretration über Ausgrabungen auf dem Marchfeld, betreffend 1809, ziemlich verblüfft, die offenbar nur möglich sind, weil die Autoren die zeitgenössische Literatur nicht kennen.

Siehe z.B. für 18. JH

Karl-August Struensees Anfangsgründe der Kriegsbaukunst, Erster Theil so von der Befestigungskunst im Felde handelt, Liegnitz und Leipzig, 1786
Tielke, Johann Gottlieb: Unterricht für die Officiers, die sich zu Feld-Ingenieurs bilden, oder doch den Feldzügen mit Nutzen beywohnen wollen durch Beispiele aus dem letzten Kriege erläutert und mit nöthigen Plans versehen, Dresden, 2. Auflage 1774

Blesson
 
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Hallo Blesson

und danke für den Beitrag und die extra-Anmeldung dafür. Es ist durchaus möglich, dass die Herren und Damen Archäolog_innen - denn auch die beschäftigen sich mit solchen Themen – nicht immer alle „einschlägigen zeitgenössischen Anleitungen zum Bau von Feldbefestigungen“ kennen. Zumindest von mir kann ich es mit Sicherheit sagen. Wie auch die Archäologie der Neuzeit als Ganzes ist die Archäologie des neuzeitlichen Militärwesens erst noch im Stadium der Entstehung, des Formulierens der grundlegenden Forschungsthemen und der Ausformung spezifischer Methoden. Aber deshalb können und sollten ja Vertreter_innen verschiedener Disziplinen miteinander ins Gespräch kommen und sich austauschen. Es sind relativ wenige Kollegen und Kolleg_innen, die sich archäologisch mit dem Thema befassen und das meist erst seit relativ kurzer Zeit. Da dürfte ein Dialog klappen.

Oder sollte ich den Beitrag in die Richtung verstehen, dass Archäologen und Archäologinnen sich nicht mit ihren Methoden und Möglichkeiten in die Forschung einbringen brauchen, weil ja alles schon längst geschrieben steht? Dann wäre ein Dialog wohl wenig sinnvoll.

Konkret zu den zwei Beispielen. Ich habe oben den experimentellen Nachbau der Redoute bei Svahy/Hangendorf zum einen in den Jahren 2002 und 2004 auf dem Gebiet der Gemeinde Olbramov/Wolfersdorf und zum anderen 2006 auf dem Gelände für experimentelle Archäologie „Villa Nova Uhřínov“ in den Orlické hory/im Adlergebirge erwähnt. Die Untersuchungen sind Teil der Habilitationsschrift des Prager Kollegen Doc. PhDr. Václav Matoušek, CSc. (Katedra obecné antropologie, Fakulta humanitních studií UK Praha). Sollte es Widersprüche zwischen dem in Beitrag Nr. 7 genannten Ergebnis und den Angaben in den einschlägigen zeitgenössischen Anleitungen zum Bau von Feldbefestigungen geben, wäre das sehr interessant. Dann müsste man zunächst fragen, wie sich diese Widersprüche erklären und gegebenenfalls auflösen lassen. Das wäre auch aus grundlegenden methodischen Überlegungen für ähnliche experimentelle Nachbauten nicht nur neuzeitlicher Feldbefestigungen wichtig.

Erst kürzlich haben ich mich in Wien einige Interpretration über Ausgrabungen auf dem Marchfeld, betreffend 1809, ziemlich verblüfft, die offenbar nur möglich sind, weil die Autoren die zeitgenössische Literatur nicht kennen.

Dazu kann ich wenig sagen, zumal ich die Interpretationen der österreichischen Kolleg_innen nicht kenne. Die Untersuchungen an sich werden oben kurz erwähnt. Mittlerweile verriet mir Freund google, dass es ein aktuelles Projekt des Österreichischen Archäologie Bundes und eine eigene Fachgruppe Wehrtechnik, Wehrgeologie und Burgenforschung ebenda gibt: Österreichischer Archäologie Bund, wiss. ARGE Archäologie Denkmalpflege Kulturerhaltung und Projektmanagement .

Projekt Napoleon – 1809 – im Marchfeld (Niederösterreich)
Wissenschaftliche Analyse, Feldforschung, internationale Kontaktpflege, Entwicklung eines Europaprojektes für touristischen Nutzen, Koordination von militärhistorischen, wehrgeologischen, geschichtlichen, sozialhistorischen und archäologischen Forschungsschwerpunkten zum Thema Napoleon 1809 im Marchfeld. Projektstart 1999 - geplantes Projektende 2009
http://www.oeab.at/projekte.htm

Viel mehr ist leider im WWW nicht zu erfahren. Kürzlich wurde ein Internationales Napoleon-Symposium 2009 (Wien, Heeresgeschichtliches Museum 4. bis 5. Juni) veranstaltet, zum Programm und den Referent_innen mehr unter Internationales Napoleon-Symposium 2009

In dem Band mit den Zusammenfassungen aller eingesendeten Artikel zur der Tagung steht als der einzige (?) archäologische Beitrag:
* Manfred Macek, Die Napoleonschanze bei Raasdorf und Deutsch Wagram im Spiegel von Archäologie und Wehrgeologie. S. 206-212. 1809 Napoleon in Österreich und Ungarn

Über den Verfasser finden sich folgende Angaben:
Manfred Macek, geboren 1959 in Wien, diverse internationale Fachausbildungen und Studienabschlüssen, Dzt. ausübende Professionen als Archäologe, Historiker, insbesondere als Geldlogistiker sowie Ingenieurskonsulent für GEO-Risiko, Autor von verschiedenen wissenschaftlichen Fachbüchern und Artikeln zur Archäologie, Forschung & Entwicklung, Wirtschaft und Tourismus sowie Geldlogistik, Präsident des Österreichischen Archäologie Bundes – Dachverband Österreich und CEO des Institutes, Studien über verfahrenstechnische Archäologie und Fernerkundung, Bauarchäologie und GEO-Risiko, Leiter internationaler Forschungsprojekte, seit 1980 immer wieder Konfrontation mit den jungen militärhistorischen Hinterlassenschaften des Napoleonischen Zeitraumes und der Errichtung einer zeitbezogenen Studiensammlung, Projektleitung „200 Jahre Napoleon in Österreich – Wirtschaftsbelebung durch Kulturtourismus im Marchfeld“ und „Tour de Napoleon“.

Ich werde nun erst mal sehen, ob ich mir den Band bestelle oder anderweitig besorgen kann. Aber vielleicht wären Sie / wärst Du ja schon vorher so freundlich, uns etwas detaillierter darzulegen, welche „abenteuerliche Spekulation bei den Ausgrabungen oder Rekonstruktionen … leichter als kuriose Idee entlarvt“ werden kann. Wie jeder Mensch können sich auch Archäolog_innen bei ihren Interpretationen irren. Es wäre im Sinne des wissenschaftlichen Dialoges, wenn man auf diesen Irrtum sachlich und mit der Nennung von Fakten und den jeweiligen Veröffentlichungen hinweisen könnte. Ansonsten bleibt es als Vorwurf, die Herren Archäologen bringen es nicht, weil sie nicht mal lesen können oder wollen, irgendwie im Raum stehen. Das hilft dann keinem weiter. Und es wäre eine vergebene Chance für den wissenschaftlichen Dialog.

Roman Grabolle
 
Es geht mir darum, daß Grabungsbefunde auch im Kontext mit dem verschriftlichten zeitgen. Wissen interpretiert werden sollten.

Ich nenne ein Beispiel: Ein mir bekannter Archäologe empfahl mich an einen Mainzer Archäologen weiter, der bei einem Grabungsbefund wissen wollte, ob es sich um Wolfsgruben aus einer der Mainzer Blockaden von 1792/93 oder 1814 handeln könnte. Auf Grund der Beschreibung konnte ich ziemlich schnell ausschließen, daß es sich um Wolfsgruben handelte, jedenfalls wenn sie nach den Regeln der Kunst angelegt worden sind. Das ist einfach Standardwissen aus den zeitgenössischen Lehrbüchern zu Feldbefestigungen und erleichtert die Interpretation der Befunde ungemein. In diesem Fall ging es auch gar nicht um die gezielte Suche nach den Feldbefestigungen, sondern um die Deutung eines zufälligen (?) Fundes.

Etwas anderes ist es, wenn es um die gezielte Ausgrabung von Schanzen geht, wie in dem Artikel von Manfred Macek. Ich finde es nicht ausreichend, sich nur an den archäologischen Befund zu halten, den ich hier auch gar nicht weiter beurteilen kann und möchte. Es wurde zwar historisches Kartenmaterial (mit leider unzureichendem Maßstab) ausgewertet, welches die Existenz der Schanzen im Jahr 1809 belegt; aber es fehlt die Interpretation über die taktische Funktion der Napoleonschanze und den vermuteten Bautyp (Lünette, Flêche, Halbredoute, Polygonal etc.), sowie das Zusammenwirken der Schanzen für Infanterie und Batterien einschließlich der Schußlinien. Auf Grund meiner Kenntnisse muß ich bezweifeln, daß sich Anlagen von den Franzosen einfach in andere Richtung umdrehen ließen, denn sie waren gerade so konstruiert, daß sie beim Verlust dem Gegner nur wenig Nutzen brachten - ein Umbau (der aber Zeit kostete) ist natürlich nicht auszuschließen. Dieser ist aber wenig wahrscheinlich, da sich franz. Feldbefestigungen fast immer auf Flußübergänge (z.B. Floridsdorf und die Lobau) oder prov. Befestigung von Ortschaften (z.B. Melk) zur Sicherung von Depots und Kommunikationslinien beschränkten. Mit Sicherheit gibt es auch Quellen des k.k. oder des franz. Ingenieurcorps zu der Anlage, die sich aber anscheinend nicht auffinden ließen. Ich finde es schon störend, wenn weder zeitgenössische Quellen zur Feldbefestigung zitiert noch eine Schemazeichnung von Grundriß oder Profil gegeben werden, zumal das damalige k.k. Ingenieurcorps einen hohen Standard in der Ausbildung hatte. Wenn man sich in die militärtaktische Denkweise der damaligen Ingenieure bzw. Feldingenieure des Generalquartiermeisterstabs hineinversetzen kann, sind Grabungsbefunde nämlich viel leichter einzuordnen. Auch hätte ich mir eine Auswertung zeitgen. Quellen über die Schlacht von Wagram gewünscht, die bei Kampfhandlungen mit Sicherheit diese Schanzen benannt hätten. Dies belegt nach meiner Hinsicht hinlänglich, daß zeitgen. schriftliche Quellen zur Interpretation herangezogen werden müssen.
 
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Es geht mir darum, daß Grabungsbefunde auch im Kontext mit dem verschriftlichten zeitgen. Wissen interpretiert werden sollten.
Grundsätzlich sollte ein archäologischer Befund meines Erachtens erst einmal immer aus sich selbst heraus interpretiert werden. Das gilt für alle Zeiten vom Paläolithikum bis in die Neuzeit und Gegenwart. In einem zweiten Schritt sollte diese Interpretation dann durch andere, unabhängige Quellen oder Forschungen überprüft und gegebenenfalls verbessert oder verworfen werden. Das können z.B. ethnographische Vergleiche sein oder eben schriftliche und bildliche Quellen.

Insofern hast Du selbstverständlich Recht, dass die zeitgenössischen Schriftquellen unbedingt mit herangezogen werden müssen. Die Frage ist nur, ob es in jedem Fall auch der Archäologe oder die Archäologin machen muss. Ist dem wissenschaftlichen Erkenntnisprozess nicht schon dadurch gedient, dass Archäolog_innen ihre Befunde vor- und ihre Interpretationen zur Diskussion stellen? Sie erschließen damit der Forschung neue Quellen, die dann wiederum auch von anderen, nicht archäologisch arbeitenden Wissenschaftler_innen in ihre Überlegungen einbezogen werden können. Da geht es mir nicht nur um professionelle Historiker_innen an Unis oder Museen, ich schließe da die sogenannten „Hobby-Historiker_innen“ und auch viele Reenactor mit ein, wenn diese wissenschaftlich arbeiten. (Der Artikel ist nicht die Welle, aber zeigt, worum es im Wesentlichen geht: Wissenschaftliche Arbeit ? Wikipedia ).

Zum Beispiel arbeite ich sehr gerne im Team mit (anderen) Historikern, Archäologinnen, Sprachwissenschaftlern, Kunsthistorikerinnen und anderen. Die Diskussionen machen mir Spaß, sie sind meist sehr anregend für die eigene Arbeit und sie verhindern die typische Betriebsblindheit. Es kann nicht jeder alle Quellen und alle Literatur kennen, es wird immer Spezialisierungen geben müssen und entsprechend Spezialist_innen, die sich mit bestimmten Themen, Quellengattungen, Zeiten oder Räumen sehr viel besser auskennen als man es selbst mit vertretbarem Aufwand „nachholen“ kann.

Insofern hat es der erwähnte Mainzer Archäologen meines Erachtens genau richtig gemacht. Er hat einen Spezialisten für genau dieses Thema gefragt, denn die vermuteten Wolfsgruben sind nur ein Befund von vielen auf seiner Ausgrabung, mit denen er sich auseinanderzusetzen hat. Möglicherweise liegen sein Hauptinteresse und seine Spezialisierung ja auch woanders, sehr wahrscheinlich bei älteren Befunden. Hier und in euren Diskussionen an anderer Stelle (http://www.reenactorforum.waszmann.de/cgi-bin/yabb2/YaBB.pl?num=1234092900 ) wird immer wieder zu Recht darauf verwiesen, dass „Schlachtfeldarchäologie“ in Mitteleuropa noch ganz am Anfang steht und es nicht wenige Kolleg_innen gibt, die mit Archäologie der Neuzeit allgemein nichts anfangen können. Das ist eben so! Im Gegenzug ist mein Interesse am Paläolithikum auch eher begrenzt ;-).

Ähnlich bei Wagram. Nach der Vorstellung des Grabungsbefundes wäre es doch ohne weiteres möglich, dass Du oder jemand anderes die bzw. eine neue Interpretation vornimmt und bislang fehlende Angaben „über die taktische Funktion der Napoleonschanze und den vermuteten Bautyp (Lünette, Flêche, Halbredoute, Polygonal etc.), sowie das Zusammenwirken der Schanzen für Infanterie und Batterien einschließlich der Schusslinien“ einbringt. Das ist Dein Spezialgebiet, mit dem Du Dich schon länger beschäftigst. Wer sollte es besser können?

Deshalb habe ich in dem Beitrag darüber so oft von Dialog und Austausch geschrieben. Wichtig ist, dass man sich kennenlernt und austauscht, online und noch besser IRL - auf Tagungen, Workshops, im Gelände bei Begehungen und Grabungen. Dass soll dann auch keine Einbahnstraße sein, bei der die Archäolog_innen nur nehmen. Mit Funden und Befunden, mit ihrer sachgerechten Bergung und Dokumentation, mit Geländedenkmalen und „Archäologisierungsprozessen“ und anderem mehr, zumal in ihrem „Revier“, kennen sie sich nämlich aus, fast immer besser als die – mal salopp formuliert – „Schriftgelehrten“.

Ohne Dich unter dieses Label packen zu wollen mal noch ein konkretes Beispiel. Im „Inventar deutscher Festungen von der frühen Neuzeit bis 1918. 6. erweiterte und korrigierte Auflage (Mai 2008)“ finde ich für das Bundesland Thüringen ( http://www.ingenieurgeograph.de/TH.pdf ) den Verweis:

SCHANZE VON GROßOBRINGEN
Bastioniertes Pentagon
18. Jhdt. Bau
2000 ZUSTAND eingeebnet ?


Als in der Region tätiger Archäologe kann ich sagen, dass die Schanze von Großobringen keineswegs eingeebnet ist, sondern zu den am besten erhaltenen Feldbefestigungen im heutigen Bundesland Thüringen gehört. Im Vergleich mit den (insgesamt sehr wenigen) anderen Anlagen im Land ist sie als solche in mehreren Veröffentlichungen erwähnt und vermessen, zumindest sind Grundriss und ein Schnitt vorgelegt. Es handelt sich um ein eingetragenes Bodendenkmal. Sie wurde laut Timpel/Grimm, fußend auf den Angaben bei G. Hänse und G. Trautermann, 1795 für Übungszwecke angelegt:

Wolfgang Timpel / Paul Grimm, Die ur- und frühgeschichtlichen Bodendenkmäler des Kreises Weimar (Weimar 1975), S. 42 Abb. 24, S. 54, S. 99 Nr. 86.
G. Hänse, Die Flurnamen des Stadt- und Landkreises Weimar (Berlin 1970) 140 f.
G. Trautermann, Die Wüstungen um Weimar (Weimar 1934) 84.

2007 ist die Großobringer Schanze oder Schwedenschanze sechs Monate lang „saniert“ worden. Mit insgesamt zehn Ein-Euro-Jobber wurde sie entrümpelt, vom Wildwuchs befreit, neues Grün gesät, eine Brücke gebaut, Sitz- und Rastplätze angelegt und eine Info-Tafel aufgestellt.

In einem Artikel in der Thüringischen Landeszeitung vom 11.06.2007 darüber finden sich neue Angaben zur Datierung. Demnach ließ Herzog Wilhelm IV den von einem Graben umgebenen Wall nach dem Vorbild niederländischer Befestigungsanlagen 1617/18 als Kontroll- und Beobachtungsposten während des dreißigjährigen Krieges erbauen. Die Schwedenschanze hatte während der Zeit, da die napoleonischen Truppen durchs Land zogen, strategische Bedeutung als Aussichtspunkt. Da der Gebietsreferent im TLDA, Dr. Thomas Grasselt, ebenfalls erwähnt wird, nehme ich an, dass diese Informationen von ihm stammen.
http://www.grossobringen.de/grossobringen/archiv/news_2007_06_11_01.html

Zu 1813 nur kurz: http://www.heichelheim.de/pdf/Festschrift.pdf

Die Schanze im Luftbild:
groobringen - Google Maps
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Auch zur Schanze von Köttendorf, Ot. von Mellingen, könnte etwas mehr gesagt werden:
Kttendorf Mellingen - Google Maps
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Das sollte nur zeigen, dass jede_r bestimmt Sachen etwas besser weiß oder sich intensiver damit beschäftigt (hat). Wichtig wäre es deshalb, miteinander ins Gespräch zu kommen, sich auszutauschen, gegenseitig auf bestimmte Sachen hinzuweisen etc. … schlichtweg zusammenzuarbeiten.
 
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Weitere Massengräber aus der Zeit der Napoleonischen Kriege

Weitere Massengräber aus der Zeit der Napoleonischen Kriege:

Biederitz, Sachsen-Anhalt
In Biederitz bei Magdeburg hat man Mitte der neunziger Jahre zwar Knochen in einem Massengrab entdeckt - doch sie gehörten nicht zu den Männern des 73. Schützenregiments. Womöglich ruhten diese Knochen seit Napoleons Zeiten in der deutschen Erde.
Volksaufstand vom 17. Juni 1953: Die Legende von den toten Russen - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Politik

Eggmühl, Ot. von Schierling (Oberpfalz), Bayern
Regensburger Stadtzeitung Juni 2008
http://www.regensburger-stadtzeitung.de/ausgaben/kapitel_pdfs/110-11Aeufgespuert.pdf

Eggmühl
Von Dr. Silvia Codreanu-Windauer und Dr. Harald Gieß
Der Ortsname Eggmühl ist untrennbar mit der blutigen Schlacht der französischen Truppen Napoleons gegen die österreichischen Armee des Erzherzog Karl am 22. April 1809 verbunden. Dabei vergisst man, dass der Ort auch eine 800jährige Geschichte aufzuweisen hat, die baulich in der Schlossanlage ihren Niederschlag gefunden hat.

Die Schlacht von Eggmühl 1809 und das Löwendenkmal von 1909
Im Rahmen des fünften Koalitionskrieges lieferten sich die österreichischen Truppen mit dem Koalitionsheer der Franzosen und der Bayern innerhalb weniger Tage mehrere Schlachten im niederbayerisch-Oberpfälzischen Raum. Nach den Treffen bei Abensberg und Landshut kam es am 22. April 1809 zur Schlacht in der Schierlinger Ebene südwestlich von Eggmühl, bei der es den Franzosen gelang, die Österreicher nach Norden abzudrängen. Zwei Tage später kämpften die Truppen um Regensburg. Napoleon gelang es, die Stadt von Süden her aufzubrechen, während das österreichische Heer durch den vernichtenden Angriff auf Stadtamhof und die Steinerne Brücke versuchte, die Franzosen am Nachsetzen zu hindern.
Archäologisches Zeugnis jener grausamen Schlacht vor Eggmühl ist ein 1987 bei Drainagearbeiten entdecktes Massengrab. In bloß 50cm Tiefe fand man ungeordnet liegende Menschen- und Tierknochen, sowie sieben Münzen, einige Knöpfe und sonstige Militaria. Da den Bauern der Umgebung 1809 die Pflicht auferlegt wurde, die Kriegstoten zu bestatten, liegt nahe, dass hier der einfachste Weg zur Bestattung der Tier- und Menschenleichen im moorigen Gelände gewählt wurde.


Kassel, Hessen
Auch hier gibt es möglicherweise einen Zusammenhang mit Truppenbewegungen und außerdem bietet es sich als Vergleichsbefund an. Mittlerweile ist die wohl weithin akzeptierte Ansicht, dass es sich bei den Toten vom Uni-Campus um die Opfer einer Typhus-Epidemie im Jahr 1814 handelt:
FAZ: Skelettfunde in Kassel: Ein Typhus von bösartigem Typus - Hintergründe - Gesellschaft - FAZ.NET ; Kassel: Schwarze Skelette wohl von Typhusopfern - Hintergründe - Gesellschaft - FAZ.NET
F.A.Z. vom 26.01.2008: Kasseler Massengrab: Langsame Zersetzung im Liegemilieu - Hintergründe - Gesellschaft - FAZ.NET
Ermittlungen werden eingestellt: Rätsel um Massengrab in Kassel gelöst | RP ONLINE
Skelettfunde in Kassel: Experten gehen von Typhus-Opfern aus ...
Zusammenfassend: Skelettfunde auf dem Universitätsgelände in Kassel. Christian Presche Landesmuseum Kassel

Riedern am Wald, Ot. von Ühlingen-Birkendorf, Österreich
Friedenslichtkapelle
Beim Aushub am 24. Juni 2006 wurden innerhalb des Fundaments 10 Gräber entdeckt, beim Ausgraben der Gebeine, ca. 30 cm. tiefer, stießen die Archäologen auf ein Massengrab. Beim Zählen der Schädel und Gebeine, mit einem Gebeinesuchgerät, kamen sie auf eine Anzahl von 42 Soldaten, die vermutlich im Feldlazarett in Riedern am Wald am Nervenfieber starben, und 1813 beigesetzt wurden. Es wird vermutet, dass die oberen 10 Gräber den Militärärzten und dem Pflegepersonal angehörten, und sich bei den Soldaten ansteckten, ebenfalls am Nervenfieber starben und 1814 beigesetzt wurden. Das Nervenfieber, Lungenentzündung, Typhus und Durchfall wurden damals mit Wacholderbeerensaft behandelt. Bei den Ausgrabungen wurden auch Dachziegel aus dem Jahre 1865, vermutlich von der ersten Kapelle, die damals gebaut wurde, sowie Haken, Bleikugeln der Vorderlader mit einem Ø von 19 mm, verrostete Bajonette und auch eine Tafel mit dem österreichischen Doppeladler gefunden. Der Sarg mit den Gebeinen der Soldaten wird in einer Gruft in der Kapelle beigesetzt.
http://www.oesterreichischer-kriegerdenkmalschutz.de/Geschichte_1813.pdf

Villach, Österreich
Die Meldung ging in zahlreiche Foren ein:
JOURNAL DE L'EMPIRE - Französisches Massengrab in Villach entdeckt
Französisches Massengrab in Villach entdeckt - Napoleon-Forum
http://www.epoche-napoleon.net/aktu...-napoleonischen-zeit-in-villach-entdeckt.html

Le Mans, Frankreich
Massengräber aus dem 18. Jahrhundert in Le Mans entdeckt
Das französische Forschungsinstitut Inrap hat bei Ausgrabungen in Le Mans zwei Gruben mit Opfern des Blutbades vom 12. und 13. Dezember 1793 gefunden. Insgesamt handelt es sich vermutlich um über 20 Überresten von Personen, die beim Aufstand der Vendée ums Leben kamen.

Massengräber aus dem 18. Jahrhundert in Le Mans entdeckt | News Neuzeit
 
Weitere Massengräber aus der Zeit der Napoleonischen Kriege

Zürich und Schaffhausen, Schweiz

Dipl. anthropol. Christine Cooper
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
Historischen Anthropologie, Institut für Medizingeschichte der Uni Bern
Universität Bern - Historische Anthropologie - Christine Cooper

* Christine Cooper, Soldaten von 1799. Eine anthropologische und forensische Untersuchung der Skelette aus acht Massengräbern aus Zürich und Umgebung. Diplomarbeit, Universität Zürich 2003.

* Christine Cooper / Elisabeth Langenegger / Christian Lanz, Archäologen, Anthropologen, Rechtsmediziner. In: Stadt Zürich, Hochbaudepartement, Amt für Städtebau, Archäologie und Denkmalpflege (Hrsg.): Zürich 1799. Eine Stadt erlebt den Krieg. Stadtgeschichte und Städtebau in Zürich: Schriften zu Archäologie, Denkmalpflege und Stadtplanung 7, 2005, 13-21.

* Christine Cooper / Christian Lanz, War injuries on soldier skeletons from 1799. In: Gesellschaft für Anthropologie e. V. (Hrsg.), 6. Kongress „Facetten der modernen Anthropologie“ 13. – 16. September 2005 in München. Abstracts. 2005, 16.

* Christine Cooper, Soldaten von 1799/1800. Massengräber aus Zürich und Schaffhausen. Bulletin der Schweizerischen Gesellschaft für Anthropologie 12 Hf. 1, 2006 (2007), 23-34.

NZZ am Sonntag vom 16. September 2007
Gezielt mit dem Bajonett in den Bauch
Skelette aus den Napoleonischen Kriegen zeigen: Schusswaffen trafen selten
http://www.nzz.ch/nachrichten/wissenschaft/gezielt_mit_dem_bajonett_in_den_bauch_1.555855.html

«Tapfer das Bajonett – und sinnlos die Kugel», soll der russische General Suworow gesagt haben, weil zu seiner Zeit am Ende des 18. Jahrhunderts Schusswaffen noch nicht sehr effizient waren. Genau dies bestätigt eine forensische Untersuchung von 33 Skeletten aus Soldatengräbern dieser Zeit, die die Berner Anthropologin Christine Cooper durchgeführt hat. ...

Leipzig, Sachsen
Nachtrag zu dem Massengrab vom Zoo

Priv.-Doz. Dr. Wolf-Rüdiger Teegen
Ein Massengrab napoleonischer Zeit vom Leipziger Zoo
Institut für Vor- und Frühgeschichte - Personal: PD Dr. Teegen

Leipziger Studierende beim Auslegen der Skelette aus dem Massengrab (Foto W.-R. Teegen).
Im Frühjahr 2008 wurde ein Massengrab bei am Leipziger Zoo entdeckt und seine Reste vom Landesamt für Archäologie Sachsen in einer Notgrabung freigelegt. Untersuchungen von Uniformbestandteilen durch das Militärgeschichtliche Museum Dresden ergaben eine Datierung in napoleonische Zeit. Die menschlichen Skelettreste und ein größtenteils erhaltenes Pferdeskelett werden im akademischen Unterricht osteologisch untersucht. Bemerkenswert sind die hohe körperliche Belastung schon in jungen Jahren und das niedrige Sterbealter. Beides findet Vergleiche in anderen frühneuzeitlichen Soldatenpopulationen. Die Ergebnisse der Skelettbearbeitung sollen in den „Arbeits- und Forschungsberichten zur Sächsischen Bodendenkmalpflege“ publiziert werden. Die Lehrveranstaltungen erhalten somit den Charakter eines Forschungsseminars.

Siehe auch Priv.-Doz. Dr. Wolf-Rüdiger Teegen und die für Sommersemester 2009 zunächst in Leipzig geplante Lehrveranstaltung „ Anthropologische Feldmethoden für Archäologen“
Vorlesungsverzeichnis Magister SoSe 2009

In der praktischen Übung werden weitere menschliche Skelette aus einem Leipziger Massengrab aus der Zeit des 30jährigen Krieges bearbeitet. Ein Teil der vom Landesamt für Archäologie Sachsen ausgegrabenen Skelette wurde in den beiden vorangegangenen Übungen bearbeitet. Die Ergebnisse der Skelettbearbeitung sollen in den „Arbeits- u. Forschber. Sächs. Bodendenkmalpfl.“ publiziert werden.
 
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Ohne Dich unter dieses Label packen zu wollen mal noch ein konkretes Beispiel. Im „Inventar deutscher Festungen von der frühen Neuzeit bis 1918. 6. erweiterte und korrigierte Auflage (Mai 2008)“ finde ich für das Bundesland Thüringen ( http://www.ingenieurgeograph.de/TH.pdf ) den Verweis:

SCHANZE VON GROßOBRINGEN
Bastioniertes Pentagon
18. Jhdt. Bau
2000 ZUSTAND eingeebnet ?

Als in der Region tätiger Archäologe kann ich sagen, dass die Schanze von Großobringen keineswegs eingeebnet ist, sondern zu den am besten erhaltenen Feldbefestigungen im heutigen Bundesland Thüringen gehört. Im Vergleich mit den (insgesamt sehr wenigen) anderen Anlagen im Land ist sie als solche in mehreren Veröffentlichungen erwähnt und vermessen, zumindest sind Grundriss und ein Schnitt vorgelegt. Es handelt sich um ein eingetragenes Bodendenkmal. Sie wurde laut Timpel/Grimm, fußend auf den Angaben bei G. Hänse und G. Trautermann, 1795 für Übungszwecke angelegt:

Wolfgang Timpel / Paul Grimm, Die ur- und frühgeschichtlichen Bodendenkmäler des Kreises Weimar (Weimar 1975), S. 42 Abb. 24, S. 54, S. 99 Nr. 86.
G. Hänse, Die Flurnamen des Stadt- und Landkreises Weimar (Berlin 1970) 140 f.
G. Trautermann, Die Wüstungen um Weimar (Weimar 1934) 84.

2007 ist die Großobringer Schanze oder Schwedenschanze sechs Monate lang „saniert“ worden. Mit insgesamt zehn Ein-Euro-Jobber wurde sie entrümpelt, vom Wildwuchs befreit, neues Grün gesät, eine Brücke gebaut, Sitz- und Rastplätze angelegt und eine Info-Tafel aufgestellt.

In einem Artikel in der Thüringischen Landeszeitung vom 11.06.2007 darüber finden sich neue Angaben zur Datierung. Demnach ließ Herzog Wilhelm IV den von einem Graben umgebenen Wall nach dem Vorbild niederländischer Befestigungsanlagen 1617/18 als Kontroll- und Beobachtungsposten während des dreißigjährigen Krieges erbauen. Die Schwedenschanze hatte während der Zeit, da die napoleonischen Truppen durchs Land zogen, strategische Bedeutung als Aussichtspunkt. Da der Gebietsreferent im TLDA, Dr. Thomas Grasselt, ebenfalls erwähnt wird, nehme ich an, dass diese Informationen von ihm stammen.
http://www.grossobringen.de/grossobringen/archiv/news_2007_06_11_01.html

Zu 1813 nur kurz: http://www.heichelheim.de/pdf/Festschrift.pdf

Die Schanze im Luftbild:
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Für solche Hinweise bin ich dankbar und werde diese in der nächsten Ausgabe des Inventars berücksichtigen. Wenn erwünscht, biete ich auch Interpretationshilfen bei Feldbefestigungen des 18.-19. JH an.
 
Beurteilung von Schanzarbeiten

Am 12.05 1762 wurden bei Döbeln in Sachsen die Stellungen der K.K. Armee (Generalfeldwachtmeister von Zedtwitz) durch preußische Truppen (Prinz Heinrich von Preußen) überrannt. Ich beschäftige mich nun schon einige Jahre ausführlich mit diesem Gefecht bei Döbeln, habe darüber bereits vor Jahren publiziert und mich in diesem Zusammenhang u.a. auch mit zeitgenössischer Literatur zu Feldbefestigungen usw. beschäftigt. Trotzdem bleiben bez. Position und Erscheinungsbild der angelegten und auch mehrfach kartierten Schanzen der Österreicher und Preußen immer die gleichen Fragen offen.
Wo genau lagen sie und wie haben diese ausgesehen.
Ich gehe nicht davon aus, dass bei der Anlage im Felde immer schön nach Lehrbuch vorgegangen wurde, ja von ausländischer Seite wurden im 18. Jh. die „Teutonen“ in ihrem Schanzbau sogar als ausgesprochen faul bezeichnet. So sollen diese („Teutonen“) sich meist gescheuten haben geschlossene Redouten anzulegen, da eine problematische Rückeroberung befürchtet wurde. Auch in der zeitgenössischen Literatur (direkt über das Gefecht bei Döbeln), ist von „Redouten“ die Rede, welche nach hinten offen waren. Weiter haben gerade die Österreicher wohl Schanzen nicht so gern auf dem Kamm einer Hügelkette gebaut, sondern an der dem Gegner zugew. Hangseite eines Hügels, um dem Artilleriefeuer etwas Wirkung zu nehmen. Es gibt auch eine zeitgen. Karte, die das für Döbeln so darstellt (Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Kartensammlung, SLUB/KS A14097 & SLUB/KS A14098) – allerdings fehlen dort einige (als gesichert geltende) Schanzen und die Lage vom Rest ist durch die große geographische Ungenauigkeit der Karte nicht wirklich zu ermitteln. Dem stehen andere Karten allerdings entgegen, in denen zumindest viereckige Redouten dargestellt sind – aber auch diese sind sehr ungenau (Raspe usw.). In den Ausarbeitungen des Großen Generalstabs von 1841 (Geschichte des Siebenjährigen Krieges, letzter Band 1762-63), sind nun die als gesichert geltenden Schanzen beider Seiten in einer relativ genauen Karte eingezeichnet. Dort jedoch werden meist verschobene, fünfeckige, geschlossene Anlagen gezeigt und bei der Gegenprobe im Gelände mutet die tatsächliche Lage manchmal etwas seltsam an. Offensichtlich wurde bei der Ausarbeitung zu sehr „vom Schreibtisch aus“ gearbeitet. (?)
Ich denke nun, dass man auf Grundlage der vorhandenen Informationen (Karten, Beschreibungen), unter Beachtung der damaligen Waffenwirkung, der Aufgabe der Schanze (Sicherung wichtiger Straßen oder von leicht bezwingbarem Gelände) und der tatsächlich vorhandenen Geländesituation im Ausschlussprinzip erkennen sollte, wo sich dereinst die befestigten Stellungen befunden haben könnten. Leider fehlt mir bei den mittleren Punkten (damaligen Waffenwirkung, Aufgabe der Schanze) das fachliche Wissen, um zu einer wirklich fundierten Erkenntnis zu kommen.
Vielleicht kann ja hier jemand Hilfestellung leisten. Kann man genau umreißen, um was es hauptsächlich beim Bau von Redouten in einem von Hügeln und Straßen durchzogenen Gelände ging, kann man einen theoretischen „Idealstandort“ einkreisen?
 
Vielleicht kann ja hier jemand Hilfestellung leisten. Kann man genau umreißen, um was es hauptsächlich beim Bau von Redouten in einem von Hügeln und Straßen durchzogenen Gelände ging, kann man einen theoretischen „Idealstandort“ einkreisen?

Idealstandorte kannst du, vorausgesetzt du hast genügend Informationen und Kartenmaterialien mit Hilfe eines GIS modellieren.

Die grundlegenden Daten hast du ja schon erkannt:
Ich denke nun, dass man auf Grundlage der vorhandenen Informationen (Karten, Beschreibungen), unter Beachtung der damaligen Waffenwirkung, der Aufgabe der Schanze (Sicherung wichtiger Straßen oder von leicht bezwingbarem Gelände) und der tatsächlich vorhandenen Geländesituation im Ausschlussprinzip erkennen sollte, wo sich dereinst die befestigten Stellungen befunden haben könnten. Leider fehlt mir bei den mittleren Punkten (damaligen Waffenwirkung, Aufgabe der Schanze) das fachliche Wissen, um zu einer wirklich fundierten Erkenntnis zu kommen.
Nun musst du das ganze noch für eine Auswertung aufbereiten, d.h. Kategorien bilden die Daten in dem GIS erfassen, und vorausgesetzt du hast die entsprechenden digitalen Kartengrundlagen (DGM, Gewässernetz, Straßennetz etc.) das GIS rechnen lassen an welchen Stellen solche Anlagen sinnvoll wären.

Stichwort: predictive modelling
Vgl.
North Carolina GIS Archaeological Predictive Model Project
 
Grundsätzlich sollte ein archäologischer Befund meines Erachtens erst einmal immer aus sich selbst heraus interpretiert werden. Das gilt für alle Zeiten vom Paläolithikum bis in die Neuzeit und Gegenwart. In einem zweiten Schritt sollte diese Interpretation dann durch andere, unabhängige Quellen oder Forschungen überprüft und gegebenenfalls verbessert oder verworfen werden. Das können z.B. ethnographische Vergleiche sein oder eben schriftliche und bildliche Quellen.

Den ethnographischen Vergleich würde ich sehr vorsichtig anwenden, da die zeitliche und kulturelle Nähe der jeweiligen Untersuchungseinheiten viel zu weit auseinander liegen und man durch so einfach Analogien kaum brauchbare Ergebnisse erwarten kann.
Viel zu oft wird dann durch den Vergleich ein Befund erklärt ohne auf die Unterschiede der Untersuchungseinheiten einzugehen, was meiner Meinung nach sinnvoll ist, ist den Vergleich als Erweiterung möglicher Deutungen zu nutzen, aber nicht als grundsätzliche Erklärung.
 
Die spätbarocken Schwarzwaldlinien mit ihren vielen "Franzosenschanzen" sind mittlerweile recht gut dokumentiert. Ebenso interessant sind in Hessen die "Schwedenschanzen" samt ihrer Defensionslinien in der Rhön.

Teilweise archäologisch aufgearbeitet sind Abschnitte, Kasematten, Minengänge der Bundesfestung Mainz (19.Jh), die Literatur zur Festung Mainz ist sehr umfangreich.

Archäologisch untersucht, ausgegraben und freigelegt, teilweise sogar rekonstruiert ist ein Fort in Funchal, Madeira.
 
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