Friedrich der Große - Held oder Verbrecher

Nun ja,ich stimme völlig mit denen überein,die sagen,man dürfe historische Personen nicht mit heutigen Maßstäben messen, sondern müsse sie aus ihrer Zeit heraus beurteilen.Auch daß die Führung von vorne ihre Tücken hat und nicht immer klug ist, ist unbestritten. (ich war übrigens gerade in Fredrikssten bei Halden und hab den Gedenkstein für Karl XII angeguckt:rip:) nur darum geht es auch garnicht.
der Punkt ist ganz einfach, man sollte solche Leute, die von hinten führen nicht zu Helden hochstilisieren,denn das sind sie nun mal nicht.Und man sollte sich auch hüten, auf zeitgenössische Propaganda und historische Fiktionen hereinzufallen und daran ändern auch lustige Anekdoten von Kugellöchern in den Rockschößen und ähnliche Schmonzetten nix., die man nachträglich erdichtet hat.
Kritische Distanz und Entmythologisierung ist auch in Bezug auf historische Personen und historische "Quellen" angebracht und das um so mehr,je mehr die betreffende Person propagandistisch hochstilisiert wurde.
Und genau diese kritische Distanz vermisse ich bei dem einen oder anderen Fredericus-Fan . :D
Zur Bewertung einer Person taugen m.E. bei nüchterner Betrachtung insbesondere drei Aspekte :
-Wie beurteilt sich das Verhalten der Person im Verhältnis zur auf nationaler und internationaler Ebene geltenden Rechtsordnung ?
-Was hat sein Wirken dem Land und der Bevölkerung gebracht ?
-In wie weit fallen Anspruch und Realität bei der jeweiligen Person auseinander ?.

Und bei allen diesen Punkten kommt Friedrich wie weiter oben bereits hinreichend ausgeführt alles andere als gut weg.Daran ändert auch die Tatsache, daß andere Herrscher ähnlich agierten und die Verklärung seiner militärischen Erfolge nichts.
 
Dem ersten Teil Deines Beitrags stimme ich voll zu und gerade bei einer anekdotenbehafteten Person wie dem alten Fritz muss man mit "kritische[r] Distanz und Entmytholosierung" rangehen.

Deine drei Fragen, an denen Du eine Bewertung ausmachst, finde ich auch soweit okay.

Doch bei manchen Punkten weiß ich nicht, inwiefern sie auf alle Antworten, die man geben kann, etwas taugen. Als Friedrich fliehen wollte verstieß er gegen geltendes Recht, da man ihm Verrat vorwerfen konnte... ich weiß aber nicht, ob ich ihn deshalb als Verbrecher einstufen würde.

Betrachtet man den Anspruch und die Realität, so ist das ein großer Knackpunkt bei Friedrich, von dem viele (Denker) sich so viel erhofft hatten. Einiges hat er ja durchgesetzt (Abschaffung der Folter, Eingrenzung bei der Verhängung der Todesstrafe) und anderes nicht (er führte Kriege, trotz seines aufklärerischen Denkens war er absoluter Herrscher etc.) .
Du sagst, man müsse ihn aus dem Blick der Zeitgenossen beurteilen, führst aber das Argument des Kriegführens wieder wider ihn, obwohl es damals als politisches Mittel galt.
Ich will einfach nur sagen, dass ich auch in Deiner Beurteilung Probleme sehe, weshalb ich für mich nicht sage, dass er ein Held oder aber ein Verbrecher war... ich versuche es neutral zu sehen.
(Aber andererseits kannst Du Dich auch auf viele andere seiner Zeitgenossen berufen, die auch schon damals den Krieg verteufelt haben).

Ganz persönlich emotional und nicht-historisch finde ich aber, dass er eine sympathische fiktional-historische Person ist und das liegt glaube ich gerade an den Anekdoten, an der Originalität und an der offensichtlichen Ambivalenz dieses Herrschers. Es ist eine interessante Geschichte, die emotional (Widerstand gegen den Vater) und spannend (die ganzen Anekdoten; die Kunst und die Philosophie; die "Barschheit" in seinen amtlichen Schriftstücken und Ordern etc.) ist.
Ich glaube, gerade weil er mit einem gewissen Mythos belegt ist, gibt es so viele Fredericus-Fans und Du hast Recht, wenn Du sagst, man müsse diesen Herrscher objektiv betrachten, möchte man ein objektives und historisches Urteil fällen...
und damit sind wir wieder generell bei dem Problem der Beurteilungen.

Man sollte zwischen der historischen und der fiktionalen Person trennen, weshalb in diesem Thread die von Dir angesprochene "Entmythologisierung" nicht verkehrt ist.
 
Dann will ich mich auch mal an einer Bewertung versuchen.

Dies zweigeteilt:
Wir wurde Friedrich wohl in Preußen / Europa wahrgenommen?
Nun, ähnlich wie Karl XII. war er ein "roî connetable" und während seiner Kriege immer beim Heer und damit in Gefahr. Bedenkt man, wieviele Generale vom Feldherrnhügel weggeschossen worden sind oder bei Erkundungsritten von eigenen oder fremden Posten getötet wurden, kann man ihm hier wohl kaum Feigheit vorwerfen - er teilte das Los seines Heeres.
Darüberhinaus war er für seine Zeitgenossen in jedem Fall ein interessanter Typ. Als Kronprinz ein unangepasster Intellektueller, der prominente Vertreter der Aufklärung an seinen Hof zog. Ein ganz anderer Typ als sein despotischer Vater, der, kaum dass er den Thron bestiegen hatte, voller jugendlichem Tatendrang gegen den verstaubten Klüngel des maroden Heiligen Römischen Reiches und dessen merkwürdiger und "heruntergewirtschafteter" Habsburgerclique vorging und den hochnäsigen Österreichern, die auch noch eine Frau als Chefin des Hauses präsentieren wollten, erst mal zeigte, wo Bartl den Most herholt. Ein jugendlicher König aus der zweiten Reihe des Reiches, der mit einer unerschütterlichen Infanterie den großen Mächten Europas erfolgreich trotzte. Und der Männern wie Seydlitz freie Hand ließ, eine (schwere) Kavallerie heranzubilden, deren Ausbildungsgrundsätze zum Teil heute noch aktuell sind. Besonders im protestantischen Teil des HRR und im Europa des heraufziehenden Sturm und Drangs musste ein solcher König zum Popstar werden.
Dass viele unter ihm litten, dass er zynisch, nachtragend und äußerst ungerecht sein konnte, dass man ihn getrost als gewissenlosen Hazardeur bezeichnen konnte und kann, dass er sein Preußen in ganz tiefe Täler und kurz vor die Zerschlagung geführt hatte, die er definitiv nicht aus eigener Kraft verhindert hat, dürfte für viele in den Hintergrund getreten sein. Sicherlich gab es damals wie in der gesamten Rezeption bis heute genügend Kritiker, die ihn alles andere als "den Großen" genannt haben.

Der zweite Blickwinkel, den ich beleuchten will, ist "sein" historischer Ort. Was wäre aus Preußen-Brandenburg geworden, wenn es ihn nicht gegeben hätte - oder wenn sein Herr Papa ihn irgendwann einfach mal erschlagen hätte - weit davon war er ja nicht. Wie die übrigen Hohenzollern um und nach Friedrich gestrickt waren, wäre Brandenburg-Preußen eine zweitrangige Macht in Mitteleuropa geblieben, dessen Infanterie den unter dem Soldatenkönig erreichten Gipfel irgendwann wieder verlassen hätte. Ohne Friedrich kein - durchaus nicht souveräner - Status Preußens als fünfte Großmacht in Europa, bei weitem nicht die positive wie negative Rolle Preußens während der Dominanz Napoleons. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte Habsburg den Deutschen Bund im 19. Jahrhundert noch stärker dominiert, kein 1870/71, kein großpreußisch/klein- Deutsches Reich mit seinem Friedrich verherrlichenden extremen Militarismus, kein WK I. in der Konstellation wie er stattfand und auch nicht die allzu bekannten aus diesem resultierenden Folgen.
Wahrscheinlich wäre ein Europa ohne Friedrich nicht unbedingt ein friedlicheres gewesen, ein Deutschland ohne Friedrich mit großer Wahrscheinlichkeit schon und ein Preußen ohne Friedrich mit Sicherheit. Friedrich konnte zu seinen Lebzeiten natürlich bei weitem nicht ahnen, was er auslöste, aber aus heutiger Sicht wäre "Friedrich, der UnHeilbringende" möglicherweise mindestens genauso angemessen.
Für einen "Verbrecher" gerade im Sinne des üblen Vergleiches mit Saddam oder Milo halte ich ihn auch nicht. Er war kein durchgeknallter Killer sondern ambitioniertes Kind seiner Zeit, das spätestens nach Kunersdorf voll erkannt hat, was es da angerichtet hat - auch wenn er zu verbissen und stolz war, das vor seinen oppositionellen Brüdern und vor Europa zuzugeben. Aber bereits der Bayerische Erbfolgekrieg und die zunehmende Vernachlässigung des Heeres als (schlagkräftiges) Mittel der Politik zeigen, dass er nach seinen bitteren Erfahrungen von Kriegen die Nase gründlich voll hatte und in der Folge nur noch das "Pflichtprogramm" eines europäischen Monarchen absolvierte. Er war also auf seine Weise zugleich "groß", "niedrig" und er hat die Geschichte und Geschicke Europas beeinflusst, was ihn "wichtig" macht und ihm in etwa die Bedeutung zukommen lässt, wie Napoleon "dem Großen" :still: [Und jetzt meine Frage, warum heißt der eigentlich nicht so?]
 
@Balticbirdy
Stimmt - ein ausgezeichneter Soldat, der allerdings politisch bei weitem nicht so aggressiv war wie Friedrich und frühzeitig auf einen Verständigungsfrieden gedrängt hat, was sein Herr Bruder ihm ziemlich übel nahm. Heinrich hat sich übrigens als Meister der Defensive (!) hervorgetan und war - im Gegensatz zum seinem Bruder, der - unorthodox! - die Entscheidung auf dem Schlachtfeld zu suchen gewillt war, eher ein Verfechter der Manöverkriegführung, die versuchte, einen Gegner ohne blutige Schlacht von seinem Vorhaben abzudrängen - ein Langweiler als (*hüstel*).
Und Heinrich wäre selbst ohne Friedrich ein jüngerer Bruder geblieben. Nächster in der Thronfolge war August Wilhelm, der wohl eher mittelmäßig war. Dessen Sohnemann wiederum wurde ein mittelmäßiger König - Friedrich Wilhelm II.
 
[Und jetzt meine Frage, warum heißt der eigentlich nicht so?]
weil es den eben im Gegensatz zu diversen bekannten Fritzen wirklich nur einmal gab...da brauchte es kein zusätzliches Attribut und über seinen Nachfolger Nap.III[Und jetzt meine Frage:Wo ist eigentlich Napo II geblieben ??) breiten selbst die Franzosen gerne das Mäntelein des Schweigens.;) :sorry:4:eek:fftopic:

Im übrigen stimme ich euch beiden in so fern zu ,als der Mann natürlich auch ein paar große Momente und geniale Züge hatte, die Frage ist allerdings, ob die alleine eine Verklärung rechtfertigen.
Vielleicht sieht man das als "Nicht-Preuße" auch kritischer, aber ich glaube ein Großteil der Anekdoten und der Glorifizierung ist im Nachinein teilweise von offizieller preußischer Seite kreiert worden, um eine Art zweite Gründungslegende und historische Recntfertigung für die Großmacht Preußen zu schaffen.
Daß es allerdings sowohl mit dem aufgeklärten Absolutismus als auch mit der preußischen Staats- und Heeresverfassung nicht weit her war,zeigte sich spätestens in den desaströsen Niederlagen Preußens gegen Napoleon wenige Jahre nach dem alten Fritz und den darauf folgenden Stein´schen und Gneisenau´schen Reformen
 
Und man sollte sich auch hüten, auf zeitgenössische Propaganda und historische Fiktionen hereinzufallen und daran ändern auch lustige Anekdoten von Kugellöchern in den Rockschößen und ähnliche Schmonzetten nix., die man nachträglich erdichtet hat.
Das Friedrich die ein oder andere Kugel abbekommen hat ist gesichert.

Vielleicht sieht man das als "Nicht-Preuße" auch kritischer, aber ich glaube ein Großteil der Anekdoten und der Glorifizierung ist im Nachinein teilweise von offizieller preußischer Seite kreiert worden, um eine Art zweite Gründungslegende und historische Recntfertigung für die Großmacht Preußen zu schaffen.
Natürlich wurde Friedrich von offizieller Seite glorifiziert. Die ganzen Anekdoten gab es allerdings auch schon zu Lebzeiten. Es gibt da durchaus auch Kommentare von Zeitgenossen zu der Vielzahl dieser Anekdoten. Die wurden nicht offiziell in Auftrag gegeben. So viel musste für eine Glorifizierung nicht gemacht werden. Die Basis dafür war eh schon exzellent, da wurde vorhandenes im Grunde eher ausgebaut.

Daß es allerdings sowohl mit dem aufgeklärten Absolutismus als auch mit der preußischen Staats- und Heeresverfassung nicht weit her war,zeigte sich spätestens in den desaströsen Niederlagen Preußens gegen Napoleon wenige Jahre nach dem alten Fritz und den darauf folgenden Stein´schen und Gneisenau´schen Reformen
Dazwischen liegen zwei Könige und eine Phase der Vernachlässigung des prß. Militärs. Die preußischen Niederlagen 1806 sollte man nicht als eine Niederlage Preußens unter Friedrich, sondern als eine Niederlage Preußens im Jahre 1806 sehen.

Im übrigen stimme ich euch beiden in so fern zu ,als der Mann natürlich auch ein paar große Momente und geniale Züge hatte, die Frage ist allerdings, ob die alleine eine Verklärung rechtfertigen.
Inwiefern sollte die Fragestellung ob er zu verklären sei relevant sein? Es ist unmöglich eine halbwegs objektive Antwort auf diese Frage zu geben. Er wurde verklärt, dafür hat es Gründe gegeben. Ob uns diese Gründe begründet genug erscheinen ist eine andere Frage. Zumindest haben seine Taten ausgereicht das damalige Europa zu seinem Bewunderer zu machen.
 
Ich sehe ihn hauptsächlich als einen getriebenen Herrscher. Seine Homosexualität spielt da eine nicht unbedeutende Rolle. Durch diese war er einsam und konnte/durfte einen Teil von sich nicht wirklich ausleben.
Ich denke mal, er gefiel sich in der Männerwelt des Militärs. Ich sehe bei ihm den Krieg als eine Art Ersatz für die Sexualität. Hört sich fast nach Freud an.
Er war meiner Meinung nach ein hochintelligenter Hasardeur.
Wenn ich ihn mal in diese Richtung zitieren darf: "Verwegen, verwegen und nochmals verwegen."
 
Ich war der Meinung, das sei ein Gerücht.
Ich wollte es jetzt auch nicht als unumstößliches Fakt hinstellen, denn er hatte keine sexuellen Kontakte zu Männern. Das wollte ich nicht gesagt haben. Dafür war er zu sehr Vernunftmensch. Er stellte seine Sexualität ganz hinten an und suchte Ersatzbefriedigungen. Das Militär mit seiner Männerwelt bot sich da geradezu an.
 
Mir wäre das zu hypothetisch. Charlotte Pangels erwähnt in "Friedrich der Große. Bruder, Freund und König" gegenteiliges, z.B. Affären in seinen jungen Jahren. Kann die Stellen leider nicht mehr nachschlagen, war nur geliehen.
Wie interpretierst du in dem Zusammenhang seine kritische Stellung zum Krieg in späteren Lebensjahren?
 
Selbst auf die Gefahr hin,daß der eine oder andere jetzt wieder "Rote " verteilt, weil ich an seinem Heldenbild kratze gestatte ich mir dennoch folgendes zu hinterfragen:
Dass Friedrich die ein oder andere Kugel abbekommen hat ist gesichert
Die Quelle hätte ich dann doch mal ganz gerne. Wann , in welcher Schlacht und unter welchen Umständen wurde er denn da verwundet ?
Die ganzen Anekdoten gab es allerdings auch schon zu Lebzeiten.
Macht sie das etwa richtiger oder glaubwürdiger ? Natürlich war der preußischen Propaganda daran gelegen, den in weiten Teilen Europas nicht unbedingt populären König in einem positiven Licht erscheinen zu lassen.Und die Herrscheranekdote war da ein probates Mittel..Daß die dann noch im Laufe der Zeit ausgeschmückt wurden tat sein übriges. Sie sind deshalb als Quellen untauglich und man sollte sie gerade nicht für bare Münze nehmen.
1806 sollte man nicht als eine Niederlage Preußens unter Friedrich, sondern als eine Niederlage Preußens im Jahre 1806 sehen.

Da muß ich Dir widersprechen.Das Preußen des Jahres 1806 fußte eben genau auf den friderizianischen Prinzipien und dem friderizianischen Staatsaufbau, weil seine Nachfolger (und die gesamte damalige Gesellschaft )es verabsäumten., sich rechtzeitig von dieser Linie zu lösen und den Staat zu reformieren.Preußen ist damals nicht an seinem (gar nicht so) schwachen Militär sondern an seiner (von Friedrich )überkommenenen Staats- und Gesellschaftstruktur gescheitert.Nicht umsonst setzten die steinschen Reformen genau bei diesem Punkt an.
Inwiefern sollte die Fragestellung ob er zu verklären sei relevant sein?
Mit Verlaub,aber genau das ist das Thema dieses threads....und einige verklären auch hier ganz kräftig ,obwohl angesichts der Fakten wohl eher etwas kritische Distanz angebracht wäre ;) :D.

[
Zumindest haben seine Taten ausgereicht das damalige Europa zu seinem Bewunderer zu machen.
Na ja..ganz Europa ??? Jetzt übertreibst Du aber heftig.Ich gehe mal davon aus, im Habsburger Reich, Sachsen, Bayern, Schlesien, Polen , Frankreich und auch Rußland hatte er nicht nur Bewunderer.Selbst Goethe als neutraler Frankfurter beschreibt ja,daß die Meinungen über ihn mehr als geteilt waren.
 
Zuletzt bearbeitet:
"[D]er behutsame, schmiegsame Wieland, konnte sich nicht enthalten, der blinden Vergötterung des heldischen Königs gegenüber zu äußern: 'König Friedrich ist zwar ein großer Mann, aber vor dem Glück, unter seinem Stocke (sive Zepter) zu leben, bewahre uns der liebe Herrgot!' "

Scherr, Johannes: Schiller und seine Zeit, Naunhof/ Leipzig 1939, S. 37.
(das komplette Werk muss man kritisch lesen, da es stark nationalistisch ist. Der Text stammt eigentlich aus dem späten 19. Jahrhundert.)
 
Ich wollte es jetzt auch nicht als unumstößliches Fakt hinstellen, denn er hatte keine sexuellen Kontakte zu Männern. Das wollte ich nicht gesagt haben. Dafür war er zu sehr Vernunftmensch. Er stellte seine Sexualität ganz hinten an und suchte Ersatzbefriedigungen. Das Militär mit seiner Männerwelt bot sich da geradezu an.

Eben, er könnte ja auch asexuell gewesen sein. ;)
 
Habe jetzt gerade bei dem der Preußenfeindschaft wahrlich unverdächtigen Hans-Joachim Schoeps ("Preußen. Geschichte eines Staates", S. 97) eine ganz aufschlussreiche Stelle über Fritzens Heldenstatus im eigenen Lande wiedergefunden:
Es [Preußen] stand beim Tode des großen Königs schon in einer wirklichen Krisensituation, denn der aufgeklärte Absolutismus hatte seinen Höhepunkt bereits überschritten. Ja, die Aufklärung begann ihre Ehe mit dem Staat schon wieder zu lösen und in den revolutionären Untergrund zu gehen, während das Regime des Nachfolgers starr wurde, zu kirchlicher Reaktion und zu Verboten überging sowie die Schraube der Zensur anzog. 1786 war die allgemeine Stimmung auch die, daß man einer Zeitwende entgegengehe und eine große Ära unwiderruflich zu Ende sei. Mirabeaus Berichte "De la Monarchie Prussienne", [...] geben bezeichnende Aufschlüsse hierüber, daß mit Friedrichs Tod am 17. August 1786 seine Zeit praktisch zu Ende war. "Alles war totenstill, aber niemand war traurig. Alles war beschäftigt, aber niemand war betrübt. Kein Bedauern, kein Seufzen, kein Lobspruch", so faßt Mirabeau die Stimmung der Berliner im Moment des Abschieds vom großen König zusammen. "Man war seiner müde bis zum Haß - fatigué jusqu'à la haine."
Gerade am "alten" Fritz, der nicht mehr der aufklärerische Intellektuelle oder der jugendliche Schlachtengott war, sondern der seinem Staate ein Diener zu sein suchte (also "spießig" geworden war), dürfte sich selbst in Preußen nur noch wenig Heldenverehrung entzündet haben. Dass sich um den knorrigen Kerl Anekdoten ranken, ist normal, aber nicht notwendig ein Zeichen von Sympathie - man denke nur an die "Anekdoten" über Tiberius auf Capri.
 
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