Friedrich der Große - Held oder Verbrecher

Die Quelle hätte ich dann doch mal ganz gerne. Wann , in welcher Schlacht und unter welchen Umständen wurde er denn da verwundet ?
http://www.geschichtsforum.de/f288/der-alte-fritz-und-die-kugel-27980/
In der Regel haben mehrere Personen über so eine Verwundung geschrieben. Diese ist meines wissens nach ziemlich gut belegt durch verschiedene Personen; kann bezeiten auch andere raussuchen die gut belegt sind.

Macht sie das etwa richtiger oder glaubwürdiger ? Natürlich war der preußischen Propaganda daran gelegen, den in weiten Teilen Europas nicht unbedingt populären König in einem positiven Licht erscheinen zu lassen.Und die Herrscheranekdote war da ein probates Mittel..Daß die dann noch im Laufe der Zeit ausgeschmückt wurden tat sein übriges. Sie sind deshalb als Quellen untauglich und man sollte sie gerade nicht für bare Münze nehmen.
Natürlich ist der eigentliche Inhalt der Anekdoten eher eine Art Märchen. Nur lässt sich daraus ein verbreitetes Bild Friedrichs in der Öffentlichen Meinung in etwa ableiten. In diesen Anekdoten erscheint er als ein volksnaher Herrscher. Das ganze Bild seiner Person geht in diese Richtung, man denke nur an das Herrscherportrait auf dem er vor dem Betrachter den Hut zieht. Undenkbar für Monarchen wie Ludwig XV. Auch Märchen sind eine wertvolle Quelle, wenn auch in anderen Aspekten als ihr eigentlicher Inhalt.
Mit Verlaub,aber genau das ist das Thema dieses threads....und einige verklären auch hier ganz kräftig ,obwohl angesichts der Fakten wohl eher etwas kritische Distanz angebracht wäre
Wie der ein oder andere auch schon angemerkt hat, halte ich die Fragestellung für schlecht gewählt.
 
Natürlich war der preußischen Propaganda daran gelegen, den in weiten Teilen Europas nicht unbedingt populären König in einem positiven Licht erscheinen zu lassen.
Von einer echten organisierten Propaganda kann man damals eigentlich noch nicht sprechen. Und auf die öffentliche Meinung in Deutschland und Europa hatte die preußische Regierung direkt keinen Einfluß - sie konnte maximal Kritik im eigenen Lande unterdrücken (wobei ich nicht weiß, ob davon Gebrauch gemacht wurde).

Der Knackpunkt ist, daß die Anekdoten und die ganze Fritz-Verehrung sich ausbreiteten, weil sie das Publikum faszinierten und diverse Bedürfnisse befriedigten - insbesondere ein süd- und westdeutsches Bedürfnis nach Erfolgen gegen die Franzosen.

Das Preußen des Jahres 1806 fußte eben genau auf den friderizianischen Prinzipien und dem friderizianischen Staatsaufbau, weil seine Nachfolger (und die gesamte damalige Gesellschaft )es verabsäumten., sich rechtzeitig von dieser Linie zu lösen und den Staat zu reformieren.
Man sollte hier nicht zu sehr den Reformer-Mythen aufsitzen.
Preußen hatte durchaus schon vor 1806 eine Reihe von Reformen erfolgreich durchgeführt, und umgekehrt griffen die Stein'schen Reformen teilweise gar nicht oder erst viel später.
Die Niederlage von 1806 hatte sehr wenig mit dem inneren Aufbau oder Reformdefiziten Preußens zu tun (obwohl die Reformer natürlich politisch geschickt genug waren, dies zu behaupten und zur Absicherung ihrer Position zu nutzen), sie war im wesentlichen durch eklatante Führungsfehler verursacht. Wobei der wesentliche Fehler politisch war - es war grottendumm, zuerst der Koalition gegen Napoleon fernzubleiben, um dann nach deren Niederlage auf eigene Faust gegen das deutlich überlegene Frankreich einen Krieg anzufangen.

Als "Erbe" Friedrichs des Großen könnte man höchstens die Vorstellung bezeichnen, man könne sich solche Dummheiten bzw. einen Kampf gegen die Übermacht wegen der Qualität der eigenen Armee leisten. Wobei vergessen wurde, daß eine gute Armee wenig nützt, wenn sie nicht so geführt wurde, wie Friedrich das konnte und sein Nachfolger eben nicht.

Selbst Goethe als neutraler Frankfurter beschreibt ja,daß die Meinungen über ihn mehr als geteilt waren.
Meiner Erinnerung nach beschreibt Goethe vor allem, wie die Stimmung im neutralen Frankfurt sich allmählich änderte. Anfangs die Skepsis gegenüber dem Friedensstörer Preußen und Unterstützung für die Reichstruppen (bei denen Frankfurt ja mitkämpfte). Aber später dann immer mehr Begeisterung für den erfolgreichen "großen Friederich". Wohlgemerkt Begeisterung für jemand, der offiziell Gegner der Stadt war. Das läßt sich nicht mit "preußischer Propaganda" erklären.
 
http://www.geschichtsforum.de/f288/der-alte-fritz-und-die-kugel-27980/
In der Regel haben mehrere Personen über so eine Verwundung geschrieben. Diese ist meines wissens nach ziemlich gut belegt durch verschiedene Personen; kann bezeiten auch andere raussuchen die gut belegt sind.

Natürlich ist der eigentliche Inhalt der Anekdoten eher eine Art Märchen. Nur lässt sich daraus ein verbreitetes Bild Friedrichs in der Öffentlichen Meinung in etwa ableiten. In diesen Anekdoten erscheint er als ein volksnaher Herrscher. Das ganze Bild seiner Person geht in diese Richtung, man denke nur an das Herrscherportrait auf dem er vor dem Betrachter den Hut zieht. Undenkbar für Monarchen wie Ludwig XV. Auch Märchen sind eine wertvolle Quelle, wenn auch in anderen Aspekten als ihr eigentlicher Inhalt.
Wie der ein oder andere auch schon angemerkt hat, halte ich die Fragestellung für schlecht gewählt.


Der Preußenkönig soll übrigens recht nachtragend gegen schlechte Kritiken gewesen sein. Leider erinnere ich mich nicht an den Namen des schreibers, doch soll Friedrich eigens ein paar Schläger angeheuert haben, die einen ihm missliebigen Journalisten zusammenschlugen.
 
Man kann ja, dem Utilitarismus einwenig abgekupfert, eine Liste machen mit + für postives und - für negatives an Friedrich II.:ironie:
 
Narses, einer der erfolgreichsten byzantinischen Generale war definitiv ein Mann ohne Eier, als Stratege im Gotenkrieg Justinians aber erfolgreicher, als Belisar.
Bevor ich mich weiter in Spekulationen verstricke, schweige ich lieber.
Ich wollte nur noch zusammenfassend sagen, dass Friedrichs unterdrückte Sexualität mit ein Grund für seine Ausgleichbefriedigung, der Krieg, gewesen sein muss.
Wie das nun bei Eunuchen ist, weiß ich nicht genau. Allerdings sollen sich Römerinnen Eunuchen als Lustsklaven gehalten haben, da sie durch diese nicht schwanger werden konnten und diese auch länger erigierten. Die Eier stecken also im Kopf. Das würde sogar für meine These sprechen. Die byzantinischen Eunuchen, wie Narses, brauchten auch einen Ersatz, wenn sie nicht z.B. gerade Lustsklaven waren. Sexualität steckt im Kopf und nicht dort wo sie juckt.
So... mögen meine spekulativen Worte mit dem Winde verfliegen.
 
Hallo,

soviel ich weiß und gelesen habe (Experten mögen mich korrigieren) sah sich Friedrich als Diener des Staates! Wenn er Kriege führte, dann um Preußen groß zu machen (was damals wohl Ziel jeden Staates war) und nicht um sich die Taschen zu füllen. Gerade seine ersten Feldzüge soll er doch mit großem Widerwillen geführt haben!?

Natürlich hat er auch seine Position als Herrscher ausgenutzt und könnte heute sicher nicht als lupenreiner Demokrat gelten, dennoch würde ich mir wünschen, dass heutige Politker sich auch mehr als Staatsdiener sehen würden!

Oder ist diese Einstellung Friedrichs zum Staat auch nur eine fromme Legende?

Gruß

Xander
 
Ja genau, da hast du sehr Recht, Friedrich der Große hatte eine einzigartige Einstellung zu seinem Staate, er sah sich selbst als "erster Diener", was sich auch auf seine Fekdzüge wiederspiegelt: einzig für Preußen, und dessen Vergrößung zu einer Großmachtstellung innerhalb Europas!

Gruß Bellmondeau
 
In jedem Falle ist Friedrich, eigentlich gleichgültig, wie man ihn sieht, eine der vielschichtigsten Persönlichkeiten der Geschichte.
Zu seiner Ehrenrettung möchte ich noch sagen, dass er wohl einer der wenigen Herrscher war, die wirklich an ihrem Volk interessiert waren. Nicht nur in der Beziehung, welcher Religion die Untertanen sind oder wieviel Steuern man aus ihnen herauspressen konnte. In seinem Staat durfte jeder nach seiner Fassong selig werden. Das war kein Gesabbel und auch nicht nur Kalkül, sondern ehrlich gemeint.
Über das Elend seines Staates nach dem Siebenjährigen machte er sich selbst ein Bild und fuhr über das Land. Er selbst schrieb über den Zustand: "Um sichen Begriff von der allgemeinen Zerrüttung zu machen, in die das Land gestürzt war, um sich die Trostlosigkeit und Entmutigung der Untertanen vorzustellen, muss man sich völlig verheerte Landstriche vergegenwärtigen, wo sich kaum die Spuren der früheren Wohnstätten entdecken ließen, Städte, die von Grund auf zerstört, andere, die zur Hälfte in Flammen aufgegangen waren, nirgens bestellte Äcker, kein Korn zur Ernährung der Einwohner; 60000 Pferde fehlten den Landleuten zur Feldarbeit, und im ganzen Lande hatte sich die Bevölkerung um 500000 Seelen gegenüber 1756 vermindert, was bei 4 1/2 Millionen Seelen viel bedeutet. Adel und Bauern waren von so vielen verschiedenen Heeren ausgeplündert, gebrandschatzt und ausfouragiert, dass ihnen nur das nackte Leben blieb..." So objektiv interessiert an seinem Staat war wohl zu jener Zeit kaum ein Herrscher.
Allerdings schrieb er auch: "Wir müssen Preußen als Militärstaat betrachten; alles muss darauf eingestellt sein." Das war wohl am folgenschwersten.

Allerdings glaube ich, dass Preußen 1762-63 nicht untergegangen wäre, wenn die Russen weiter an der Seite seiner Feinde geblieben wären. Frankreich, Östereich und Russland waren genauso am Ende. Alle Parteien waren erschöpft und wollten ein Ende.
 
Oder ist diese Einstellung Friedrichs zum Staat auch nur eine fromme Legende?

Friedrich der Große hatte eine einzigartige Einstellung zu seinem Staate, er sah sich selbst als "erster Diener".

Nein, seine Einstellung is keine Legende und er war auch nicht der Einzige unter seines gleichen, der diese Ansicht hatte. Er scheint aber der bekannteste Vertreter des aufgeklärten Absolutismus zu sein.

Aufgeklärter Absolutismus ? Wikipedia

(was damals wohl Ziel jeden Staates war) und nicht um sich die Taschen zu füllen.

Eine expansive Außenpolitik war nicht nur Mitte des 18. Jh. in Mode und war eher ganz gut dafür zu gebrauchen die "Taschen" zu leeren.

Natürlich hat er auch seine Position als Herrscher ausgenutzt

:fs:
 
Wenn er Kriege führte, dann um Preußen groß zu machen (was damals wohl Ziel jeden Staates war) und nicht um sich die Taschen zu füllen. Gerade seine ersten Feldzüge soll er doch mit großem Widerwillen geführt haben!?

Er hat eher seine späten Feldzüge mit Widerwillen geführt. Auch der alte Fritz war mal jung und stand dazu.
Schon während des Ersten Schlesischen Krieges schrieb er:
Meine Jugend, die Glut der Leidenschaft, der Ruhmesdurst, ja selbst die Neugier, um Dir nichts zu verhehlen, kurz ein geheimer Instinkt hat mich den Freuden der Ruhe entrissen. Die Genugtuung, meinen Namen in den Zeitungen und später in der Geschichte zu sehen, hat mich verführt.
http://datenzelt.de/Friedrich_der_Große/Briefe/An_Jordan_-_3._März_1741/
Es wäre ja auch zu viel verlangt, von einem Menschen ausschließlich so viel Altruismus zu verlangen;).

J'aime la guerre pour la gloire.
Friedrich der Grosse: der Knig und ... - Google Bcher

Und so einzigartig war Fritzens Einstellung zum Staat ja auch nicht. Er hatte in der eigenen Ahnenreihe mit seinem Herrn Papa und seinem Uropa (dem großen Kurfürsten) Vorbilder und in etlichen Staaten und Stätlein des Heiligen Römischen Reiches gab es weiter Herrscher mit ähnlichen Bestrebungen in mehr oder weniger starker Ausprägung.
Politisch hat Friedrich ein ganz großes Vabanquespiel zunächst aus freien Stücken riskiert, später gemeint, dies riskieren zu müssen und es auch kurzfristig gewonnen. Allerdings konnte er dieses große Spiel nur drehen, weil im Jahr 1740 die Schwäche Habsburgs und die von seinem Vater übernommene Stärke Brandenburg-Preußens günstig mit seinem noch vorhandenen Ruhmesdurst günstig zusammentrafen. Dass er danach alles auf eine Karte setzte, um sein vergrößertes Preußen so zu erhalten, kann man sowohl als Größe, als auch als Starrsinn bezeichnen (beide Alternativen wurden genutzt - die zweite von seinen eigenen Brüdern!). Dass er im Siebenjährigen Krieg von seinen Gegnern nicht gründlich geschlagen und sein Land nicht erheblich zusammengestutzt wurde, ist trotz seiner unbestreitbar außerordentlichen administrativen und militärischen Fähigkeiten und der Leistungsfähigkeit "seines" Heeres tatsächlich ein "miracle de la maison de Brandenbourg" - schlichtweg ein Wunder.
 
Nun ja,jetzt hebt den guten Mann mal nicht all zu sehr in den Himmel.;)
Natürlich mußte er sich um den Aufbau seines Landes kümmern, schließlich hatte er es vorher ja fast zugrunde gerichtet und mit einem ruinierten Land hätte sich die neu gewonnene Großmachtstellung langfristig nicht halten lassen.
Ähnliches Kalkül liegt wohl auch der scheinbaren Toleranz zu Grunde.Nur dadurch ließen sich Immigranten und insbesondere gesuchte Spezialisten sowie Kapital anlocken. Preußen hatte eigentlich materiell nicht viel zu bieten, da blieben nur ideelle Verlockungen wie religiöse Toleranz .
Auch das mit dem "ersten Diener seines Staates" sehe ich eher als fromme Phrase. zur Rechtfertigung der verheerenden Kriege, in die er das Land gestürzt hat und gewiss auch um gewisse negative Charaktereigenschaften zu verbrähmen..De Facto wurden genau solche Prunkbauten aus Steuergeldern errichtet wie bei anderen absolutistischen Herrschern und der König ordnete sich keineswegs dem Staat unter, das zeigt z.B. sein sehr gespanntes Verhältnis zum Rechtssystem und dessen Vertretern. Die angeblich dem Wohl des Staates dienenden Maßnahmen dienten letzlich seinem Wohl und der Festigung seiner Machtposition-
 
Ich bin gerade darauf gestoßen und da hier schon Goethes Meinung zu Friedrich II. thematisiert wurde, wollte ich - mit Blick auf den anekdotenlastigen Monarchen - aus den Xenien (1796), die Goethe gemeinsam mit Schiller verfasst hat, zitieren:

"143
Anekdoten von Friedrich II.


Von dem unsterblichen Friedrich, dem einzigen, handelt in diesen Blättern der zehnmalzehntausendste sterbliche Fritz."​


Curt Noch, Paul Wiegler (Hrsg.): Sämtliche Werke (Bd. 2), Berlin o. Jahresangabe (1923-25?), S. 34.
 
Die angeblich dem Wohl des Staates dienenden Maßnahmen dienten letzlich seinem Wohl und der Festigung seiner Machtposition-
Eben aber zwischen dem beiden unterschied Friedrich sicherlich nicht. Seine Machtposition war nötig, um auf die in seinen Augen am besten dem Staate nützenden Regierungsweise zu arbeiten.

Ansonsten bin ich mir im Klaren, dass wohl so gut wie alle von Friedrichs Vorfahren ebenso wie er einen Eroberungskrieg geführt hätten. Am besten geeignet waren dafür natürlich Territorien mit zumindest halbwegs belegbaren Ansprüchen: Schlesien, Vorpommern, das jülicher Erbe. In die Richtung waren auch die Ambitionen der Kurfürsten seit inkl. dem Großen Kurfürsten gerichtet.
Die Handlungsweise von 1740/41 würde ich also garnicht so sehr dramatisieren, wenn man vergleicht.:fs:
 
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