Unter den Alliierten befolgte man die Theorien über den Luftkrieg des Generals Duhuets, der die Auffassung vertrat, man könne ein Land in die Knie zwingen durch Angst und Schrecken, verbreitet durch massive Luftschläge.
Der Mann hieß Douhet ...
Giulio Douhet ? Wikipedia
und ist Italiener. "Gefolgschaften" sind für diese militärhistorische Analyse hier ein nicht trennscharfer und unbrauchbarer Begriff, zumal Douhet auch ausweislich der realen Luftrüstung bis 1938 keineswegs "gefolgt" wurde. Die Situation (zB RAF, Jägerpriorisierung) änderte sich vielmehr kurz vor Kriegsbeginn, und die Wurzeln hierfür waren vielschichtig, als dass man sie in irgendwelche Theoriedebatten von zwei Jahrzehnten hineinpressen könnte.
@Thomas Trauner hat darauf hingewiesen, dass die Wurzeln dieses "unterschiedslosen Bombenkrieges" im Ersten Weltkrieg lagen, verbunden mit dem Umstand, dass diese neuen technischen Möglichkeiten auf keine bindende Konvention trafen (auch nicht auf die alte Ballon-Regelung) und übrige bindende Kriegs-Konventionen (siehe Seekrieg) wesentlich mißachtet wurden. Der Krieg "Volk gegen Volk" (angelsächsisches Verständnis) im industriellen Zeitalter ist seinem Wesen nach bereits totalitär. Insoweit würde ich auch keinen Unterschied zwischen einer Wirtschaftsblockade mit einigen Hunderttausende Toten im WK 1 und einem Bombenkrieg mit ähnlichen Opferzahlen im WK 2 ziehen. Aus dem WK 1 und den zum Schluss nicht mehr realisierten Planungen hatte man insofern gelernt, als dass man Konventionen zum Schutz gegen "unterschiedslose Bombardierungen" errichten wollte - was 1922-39 gescheitert ist.
Mißverständlich dargestellt sind bislang die Wirkungen dieser Doktrin Wirkungen. Darüber - über Flächenbombardierung bzw. "unterschiedslose Bombardierung von Städten bzw. Aerial Bombardement - nachgedacht wurde nämlich in allen Ländern und keinesfalls nur bei den späteren Allierten:
Dr. Knauss Denkschrift aus dem Jahre 1933 beschätigt sich science-fiction-mäßig mit der Zerstörung von Paris aus der Luft, Herr Trenchard ließ in den 20ern Studien über London nach französischen Angriffen (!) anfertigen, nach denen wegen der Opferzahlen Großbritannien in wenigen Wochen zusammenbrechen würde. Schließlich gab es internationale Empörung nach Fällen wie Guernica (den Deutschen höchst unerwünscht, weshalb man eine Weile in Deckung ging und den Spaniern und Italienern die Schuld zuschob), und den Druck auf die CSR mit der offen angedrohten Zerstörung von Prag: ach ja, die Drohung stand natürlich gegen die damalige deutsche Luftwaffendoktrin in LDv 64 II Kriegsvölkerrecht, siehe ansonsten zu dieser Doktrin im Forum zum Thema "Zerstörung von Warschau".
Das Ganze wurde dann angeheizt durch die Diskussion über die sog. "Luftverteidigungslücke" in den 30ern. Hierzu liegen inzwischen interessante Studien vor, die die diplomatischen und rüstungswirtschaftlichen Folgen dieser Diskussionen untersucht haben. Im Prinzip wurde hier die spätere Eskalation zum unterschiedslosen Bombenkrieg antizipiert. Man sollte Recht behalten. Die Thesen der "unterschiedslosen Bombardierung von Städten" auf ein Land zu begrenzen, wird nicht der Entwicklung gerecht - von Deutschland über GB, FRA und ITA waren die Überlegungen jedenfalls verbreitet. Für Deutschland entsprach dieser Kriegsführungsansatz im Übrigen auch der völkischen nationalsozialistischen Betrachtung zum Krieg.
Die Luftwaffe nun doktrinär sauber zu waschen, geht fehl. Es war Göring, der 1938/39 öffentlich mit der Vernichtung der gegnerischen Großstadt Prag drohte (wobei die Mittel der Luftwaffe zu flächigen Zerstörung zweifellos ausgereicht hätten - siehe Warschau Monate später). Ebenso richtig ist auf der anderen Seite, dass die gültige Luftkriegsdoktrin der Luftwaffe 1937-1939 anders ausgerichtet war: zum 1. Gewinnung der Lufthoheit, zum 2. operativ-taktische Bodenunterstützung (was stets Zerstörung zentraler Knotenpunkte im Rückraum einschloss). Wichtig: Zwischen NS-Propaganda zur deutschen Luftwaffe - die auch im Ausland eine bestimmte Wahrnehmung erzeugte - und den rüstungsseitigen Realitäten der Luftwaffe bestand ein Widerspruch (den allerdings im Ausland bis zum September 1940 niemand wahrnahm).
Es bleibt Folgendes
1. ansonsten wäre ich interessiert, Quellen zu Strategieänderung der Legion Condor zu sehen, #25.
2. sind die britischen Überlegungen zum Aerial Bombardment bereits 1938 und nicht 1942 erfolgt (Denkschrift Ait Staff - Restriction of Air Warfare, 1.3.1938)
3. stellt die deutsche Luftkriegs-Führungsdoktrin ausdrücklich klar, dass Städtebombardierungen nur bis auf Weiteres - nämlich bis sie opportun erschienen - ausgeschlossen waren: OBdL, Anweisung zur Führung des Luftkrieges vom 20.7.1939, Begleitschreiben mit Thesen 17 - 26 und Kommentierung).
4. ist der rüstungsseitige Aufbau der Luftwaffe - limitiert durch die ökonmischen Bedingungen - von der Diskussion über Doktrinen zu trennen. Es gab 1933-1939 gewisse Prioritäten und Irrationalitäten, die der Luftwaffenrüstung Vorgaben machten: Jagdflotte, operative Unterstützung der Bodentruppen. Danach wurden Typen priorisiert. Die gesamte deutsche Vorkriegs-Bomberdiskussion ist vom taktischen Punktzielangriff und vom durch Jäger nicht erreichbaren Schnellbomber beherrscht. Gerade Letzterer wurde immer unter dem Aspekt der Kriegführung gegen die Westmächte gesehen (siehe dazu die eingehende Darstellung bei Budrass - Flugzeugindustrie und Luftrüstung- zur "I.G. Luft", dem Junkers-Konzern, und der Genesis des Ju-88-Programms) - mit Moralfragenzur Kriegsführung, die man dann auch noch umgekehrt den Westalliierten zum guten Schluss unter die Nase reibt, hat das alles nichts zu tun.