Bedeutung von Klöstern im MA

N

novus

Gast
Hallo,

ich bin neu hier und bin sehr an Geschi interessiert.
Mich plagt schon lange die Frage welche Bedeutung und Beziehung Klöster zu den Städten im MA hatten.
War es vlt ein zentraler politischer oder wirtschaftlicher Ort?
Wer weiß mehr davon und möchte mit mir darüber diskutieren...

Freu mich schon auf eure antworten :winke:
 
Das kommt auf die Zeit an. In karolingischer Zeit waren Klöster oft die Keimzellen der Städte, z.B. Münster, aus Monasterium. Im Spätmittelalter an der Wende zur Neuzeit waren die meist abgabenbefreiten innerstädtischen Klöster (häufig erhielten sie sogar als Lehnsherren Abgaben) eine Konkurrenz für die gewerbetreibende Bürgerschaft (Preisdumping), was schließlich auch in der Vorreformationszeit und in der Reformationszeit zu Konflikten zwischen innerstädtischen Klöstern und gewerbetriebender Bürgerschaft führte.
 
Manche Klöster wurden auch reich und mächtig. So zum Beispiel das Kloster von Cluny. Oder es entwickelten sich regelrechte Klosterorden: Zisterzienser etc. Einzelne Mönche haben in der abendländischen Politik eine große Rolle gespielt so zum Beispiel Bernhard von Clairvaux mit seiner Schrift "de laude novae militiae". Er war es der den zweiten Kreuzzug predigte. Das hat jetzt mit Städten nichts zu tun aber solche Männer beinflussten den Alltag (in einer Stadt) enorm.

Gruß Sir Toby
 
Im Frühmittelalter waren die Klöster die Horte des Wissens. Analphabetismus war beim Großteil der Bevölkerung weit verbreitet, nichteinmal die hohen Adligen konnten gut schreiben. Es gibt zu Karl dem Großen ein Anekdote, dass er unter seinem Kopfkissen (oder was man damals hatte) sich ein Büchlein aufbewahrte und spät abends in seinem Bett Schreibübungen absolvierte. Ich vermute, das ist ebenfalls in der Vita Karoli von Einhart nachzulesen.

Im Hoch- und Spätmittelalter änderte sich das dann, da begann das Universitätswesen sich in den Städten zu entwickeln und es entstanden auch Schreibstuben, sodass man nicht mehr auf die Klöster als alleinige Fabrikanten von Büchern angewiesen war...wobei die von Mönchen angefertigten Prachtbibeln immer noch einiges hermachten. ;)

Mit der Erfindung des Buchdrucks hatten die Klöster ihr Monopol auf die Buchherstellung (und damit auf das Wissen) endgültig verloren, die Reformation beseitigte dann auch noch die Reste.
 
Hallo Novus!

Eines will ich zu MKleitens Beitrag hinzufügen:
Eine Besonderheit der Klöster ist ihr außerordentliches Wissen um die Botanik. Sie haben regelrecht wissenschaftliche Methoden bei der Katalogisierung von Pflanzen und der detaillierten Beschreibung ihrer Wirkungen und Nutzung angewandt.
Zu nennen wäre da nur einmal Hildegard von Bingen, die jedem was sagen dürfte. Ich weiß von einer Bekannten, die bei einer sehr großen Firma arbeitet, welche Inhaltsstoffe für Kosmetika und Tee vertreibt, dass sie dort sogar sehr oft auf diese alten Beschreibungen zurückgreifen und manches vergessene Pflänzchen wiederentdecken und als Tee herausbringen.

Des Weiteren sehe ich die Klöster als eine Art "Retter des antiken Wissens" für das Abendland. Man hatte Kopien von antiken Autoren in seinen Bibliotheken, welche dann wiederum für die Renaissance ein Segen gewesen sind. Wir verdanken es den Klöstern, dass viele antike Schriftquellen heute noch verwendbar sind. Wobei man diese natürlich kritisch betrachten muss, da sie ja nicht das Original sind, sondern Kopien von Kopien. So gibt es von so mancher Quelle verschiedene Editionen der Klöster, wobei die eine aus Versehen oder bewusst Dinge weg gelassen hat und die andere was beigefügt hat.

edit:
Es gibt zu Karl dem Großen ein Anekdote, dass er unter seinem Kopfkissen (oder was man damals hatte) sich ein Büchlein aufbewahrte und spät abends in seinem Bett Schreibübungen absolvierte. Ich vermute, das ist ebenfalls in der Vita Karoli von Einhart nachzulesen.
dazu möchte ich noch anfügen, dass Karl ein sehr schlechter Schriftschüler war, der es nie wirklich geschafft hat richtig lesen und schreiben zu können.
 
Im Frühmittelalter sind Klöster auch bedeutende Produktionsstätten.
http://de.wikipedia.org/wiki/St._Galler_Klosterplan
Dort sind auch Manufakturen untergebracht vor dem aufkommen der Städte Orte, an dem man eine Art (Klein-)Serienproduktion starten konnte.

Auch als Hof spielen sie eine Rolle, wenn der König oder Kaiser dort für eine Zeit wohnte.
 
Im Frühmittelalter sind Klöster auch bedeutende Produktionsstätten.
http://de.wikipedia.org/wiki/St._Galler_Klosterplan
Dort sind auch Manufakturen untergebracht vor dem aufkommen der Städte Orte, an dem man eine Art (Klein-)Serienproduktion starten konnte.

Auch als Hof spielen sie eine Rolle, wenn der König oder Kaiser dort für eine Zeit wohnte.

Ein schönes Beispiel ist auch Kloster Walkenried im Südharz, das neben seinem "Agrargeschäft" mit seinem "Montangeschäft" wesentlich zur Entwicklung der Bergbauregion Harz beigetragen hat -> der "Weiße Konzern".
ZisterzienserMuseum Walkenried
Kloster Walkenried ? Wikipedia
 
So viel wie Mönche gearbeitet haben... Da frag ich mich ob die in ner Gewerkschaft waren :yes:
 
Da hast Du mich falsch verstanden. Neudeutsch würde man von know-how-Transfer sprechen.

Walkenried hat eine sehr schön aufgemachte Ausstellung im Museum, die sich mit der Übertragung der Wasserwirtschaft im und um das Kloster auf den Bergbau bezieht.

Die Wasserzufuhr in die Bergwerke (Kraft) und die Entwässerung waren entscheidende Voraussetzungen für die Teufe und die Stollenführung. Was auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun hat (Agrar- und Montankonzern), ist auf den zweiten Blick die Übertragung von Wissen.
 
Ein schönes Beispiel ist auch Kloster Walkenried im Südharz, das neben seinem "Agrargeschäft" mit seinem "Montangeschäft" wesentlich zur Entwicklung der Bergbauregion Harz beigetragen hat -> der "Weiße Konzern".

Das Kloster Walkenried ist ein sehr schönes Beispiel für die wirtschaftliche Bedeutung der Klöster im Mittelalter und der frühen Neuzeit. Wer sich dort nur betende Mönchlein und Nönnchen vorstellt, die höchstens ihren Kloster- und Kräutergarten pflegten, liegt völlig falsch. Sicherlich gab es auch zahlreiche kleine und ganz unbedeutende Klöster, doch gibt es eben auch eine ganze Reihe von "Giganten" darunter, die durch Stiftungen und Kauf über riesigen Grundbesitz und zahlreiche Dörfer und sogar Städte verfügten.

Dass es zum Zusammenstoß mit Städten kommen musste, die seit dem Hohen Mittelalter aufblühten und sich nicht mehr der Klosterherrschaft beugen wollten, der sie unterstanden, ist vielfach belegt. So gab es z.B. ständig Auseinandersetzungen zwischen der Fürstpropstei Ellwangen und der Stadt Ellwangen, zwischen der Äbtissin des Reichsstifts Quedlinburg und den Bürgern der Stadt Quedlinburg oder dem Fürststift Kempten und der Stadt Kempten. Während aber Quedlinburg und Ellwangen der Klosterherrschaft nicht entrinnen konnten, gelang es der Stadt Kempten, sich aus der Herrschaft des Abtes zu lösen und sogar zur freien Reichsstadt aufzusteigen.

Zahlreichen Abteien und Klöstern gelang es sogar, reichsunmittelbar zu werden und Sitz und Stimme in den Prälatenkollegien des Reichstags zu erlangen. So z.B. die Äbte von Weingarten, Ochsenhausen, Zwiefalten, Schussenried, Salmannsweiler oder Rottenmünster. Andere galten gar als Reichsfürsten und hatten in dieser Eigenschaft nicht nur eine Kuriat- sondern sogar eine fürstliche Virilstimme. So z.B. die Fürstäbte von Fulda und Kempten oder die Fürstpröpste von Ellwangen und Berchtesgaden.
 
Ein sehr frühes Beispiel für ein Kloster mit Fürstenrang ist wohl das Kloster Lorsch bei Worms. Hier geht man,wegen der Häufung des Besitzes im Großraum von einem möglichen,wenn auch ungesicherten Fürstentum Lorsch im 09. und 10.Jahrhundert aus. Interessant ist hierbei auch,daß es als Aufenthaltsort und Grablege der Karolinger diente, obwohl die Stadt Worms mit seiner Kaiserpfalz nicht weit entfernt lag.
Ein anderer Aspekt im Bezug auf die Klöster des Frühmittelalters war auch die teilweise Losgelöstheit von der kirchlichen Hierarchie römischer Prägung.
Im Gegensatz zur römischen hierarchisch gegliederten "Bischofskirche" war ja beispielsweise die irische Kirche eine "Mönchskirche", d.h. das Hauptgewicht lag bei relativ autonomen Klöstern und nicht bei den Bischöfen .
Dies prägte auch die frühe iro-schottische Mission im deutschsprachigen Raum mit ihren Klostergründungen und die auch später bestehende Autonomie der Klöster.
Sie bildeten somit quasi eine Art geistliches Pendant zu den freien Städten.
 
Ein sehr frühes Beispiel für ein Kloster mit Fürstenrang ist wohl das Kloster Lorsch bei Worms.

Die Reichsabtei Lorsch fiel bereits 1232 an das Erzbistum Mainz und büßte ihre Reichsunmittelbarkeit damit ein.

Lorsch ist ein gutes Beispiel dafür, wie begehrlich die Klöstervögte auf den reichen Grundbesitz der Klöster schielten und sich häufig auf fragwürdige oder gewaltsame Weise in seinen Besitz brachten. So begründeten die Pfalzgrafen aus dem Haus Wittelsbach als Vögte von Lorsch ihr Territorium zu einem großen Teil auf Klosterbesitz.

Der Mainzer Erzbischof zwang bereits 1226 als geistlicher Oberherr die Benediktiner zum Verlassen des heruntergewirtschafteten Klosters Lorsch und besetzte es 1248 mit Prämonstratensern, 1463 wurde es der Pfalz verpfändet und 1555 aufgehoben. Damit endete eine einst glanzvolle Epoche unter bedeutenden Äbten, unter denen Lorsch gewaltigen Grundbesitz erworben hatte, der von Basel bis Utrecht reichte.

Das Beispiel Lorsch zeigt, dass es neben aufblühenden Klöstern auch solche gab die abstiegen und ihre Macht und Reichsunmittelbarkeit einbüßten.
 
Klöster waren auch ein Instrument zur Heiratspolitik und zur Geburtenkontrolle des Adels.

Mit der standesgemäßen (für die Familie wirtschaftlich vorteilhaften) Verheiratung adliger Töchter wurde hoch gepokert. Wenn's schiefging, wurden sie lieber vom (Heirats-)Markt genommen und ins Kloster gesteckt, als sie unter Wert herzugeben.

Die Praxis, dass eines der (zu) zahlreichen Söhne ins Kloster ging, wurde zwar mit dem Seelenheil der Familie begründet, verhinderte aber auch eine weitere Fortpflanzung bzw. Verästelung der Familie.

Als adelige Sippe muss man eben immer auf seine "Exklusivität" bedacht sein, d. h. nicht jeden hereinzulassen.
 
Mir ist beim dutchlesen gerade aufgefallen das fast nur der Süden erwähnt wurde. Gab es im Norden keine wichtigen klöster? Für den Westen fällt mir Kamp ein, von wo die Ostsiedlung mit begleitet wurde. Essen war glaube ich auch wichtig im HRRdN.

Bis Demnächst

Apvar
 
Mir ist beim dutchlesen gerade aufgefallen das fast nur der Süden erwähnt wurde. Gab es im Norden keine wichtigen klöster? Für den Westen fällt mir Kamp ein, von wo die Ostsiedlung mit begleitet wurde. Essen war glaube ich auch wichtig im HRRdN.

Bis Demnächst

Apvar

Die Klöster im Norden und Osten wurden erst später gegründet, im Zuge der Sachsenmission, z.B. Paderborn und Corvay.
 
Mir ist beim dutchlesen gerade aufgefallen das fast nur der Süden erwähnt wurde. Gab es im Norden keine wichtigen klöster? Für den Westen fällt mir Kamp ein, von wo die Ostsiedlung mit begleitet wurde. Essen war glaube ich auch wichtig im HRRdN.

Selbstverständlich gab es auch im Norden blühende Klöster mit großem Grundbesitz. So z.B. die Reichsabteien Quedlinburg, Gernrode, Walkenried, Loccum, Wienhausen, Hersfeld, Fulda, Gandersheim, Werden, Essen und Corvey oder die für die Ostsiedlung wichtigen Klöster Chorin, Lehnin, Doberan und Leubus; darüber hinaus noch eine große Zahl kleiner Klöster und Stifte mit begrenzter Wirkung auf ihr Umland.

Allerdings wurde die Macht der Klöster im Norden und Osten seit dem 16. Jh. dadurch gebrochen, dass sie in protestantischen Gegenden im Zuge der Reformation aufgelöst wurden und ihr Grundbesitz dem jeweiligen Landesherrn zufiel. Die süddeutschen Klöster hingegen bestanden in katholischen Gebieten fort - meist bis zur Säkularisation in der napoleonischen Epoche - und erlebten zur Zeit des Barock vielfach noch eine kulturelle Spätblüte.
 
Zurück
Oben