Scheer: Gefechtskehrtwenden in der Skagerrak-Schlacht 1916

[FONT=&quot]Das Marinearchiv gliedert in seinem 5. Band von Krieg in der Nordsee die Skagerrakschlacht selbst in fünf Phasen, die hier interessierende bezeichnet der Bearbeiter Groos als 3. Phase, „von 7:30 Uhr bis zum Anbruch der Nacht“. Die mit der dritten Gefechtskehrtwende zusammenhängenden Ereignisse finden sich auf den Seiten 310 bis etwa 337. Alle Angaben im Folgenden sind aus dem 5. Band des Werkes des Marinearchivs. [/FONT]Ich versuche dies im Folgenden wiederzugeben. ...
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Iron Duke (und damit er Großteil der Flotte) stellt um 8:18 Uhr das Feuer ein. Jellicoe verliert die Gefechtsfühlung (S 337).

Nun wären Hinweise zu dieser Zusammenfassung des Marinearchivs nützlich, die die falschen Darstellungen in Band 5 betreffen. Wer beginnt mit den Korrekturen? :pfeif:
 
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Engländer später versuchten das für sie katastrophale Ereignis zu ihren Gunsten zurechtzurücken. Das ist aber Politik, nicht Geschichte. Mit den Straftatbeständen ist es nun mal so, wenn der Wortlaut erfüllt ist, ist er nun mal erfüllt. Nach silesias Vortrag ist er erfüllt, wobei wir beide uns ja einig sind, dass das Unsinn ist. An solche Dinge denken tendenziöse Autoren nicht.

Die im Marinearchiv als 3. Phase bezeichnete Schlacht lief hervorragend für die Engländer. Die Engländer standen extrem günstig, die Deutschen extrem ungünstig (zB Marine-Archiv S. 269 „So feuerte Derfflinger nach seiner Schießliste von 6:42 Uhr bis 7:16 Uhr keinen Schuss.“). Rahn in seinem Artikel in Epkenhans u.a., Skagerakschlacht, S. 178, zählt in dieser Phase (18 Uhr GMT – 21 Uhr GMT) folgende Trefferwirkungen: 49 schwere Treffer bei deutschen Schiffen (davon 31 bei Hipper‘s Kreuzern), 38 schwere Treffer bei englischen Schiffen (davon 33 bei Warspite, Invincible, Warrior, Defence). In Prozenten ausgedrückt sind das 29 % mehr Treffer zugunsten der Engländer, also eine Menge. Ziel einer Schlacht ist die Vernichtung der militärischen Kraft des Gegners. Der Verlust der Hochseeflotte waren ein Kleiner Kreuzer und zwei Torpedoboote, bei der Navy ein Schlachtkreuzer und zwei ältere Panzerkreuzer. Das ist aber das Entscheidende, und da gab es eben keine Überlegenheit. Wohlgemerkt, da ist die Phase, in der die Engländer (für wenige Augenblicke) die Möglichkeit hatten, die Deutschen zu vernichten. Wenn die in der damaligen Zeit führende, auf einer Flotte basierende, Weltmacht bei der gegebenen Überlegenheit und der gegebenen günstigen Situation ein derart schlechtes Ergebnis erreicht, ist ihre Zeit abgelaufen (was die folgende Geschichte auch bestätigte). Daran ändern Darstellungen nichts, die mit Begriffen wie death ride und Verzweiflung lediglich Emotionen wecken und Fakten ignorieren.

Die immer wieder genannten Probleme bei der Sachverhaltsdarstellung werden von Otto Groos bereits 1925 ausführlich in der Einleitung des Marine-Archivs behandelt. Diese Ausführungen werden von den nachfolgenden Autoren (zB auch Rahn) lediglich übernommen. Dabei wird schon damals von Groos – in England von Jellicoe – auf die Unsitte hingewiesen, eigene Einschätzungen an die Stelle derjenigen der handelnden Akteure zu setzen hingewiesen („Nach dem Krieg sind wir alle Generale.“).

Mit Verwunderung lese ich die Auffassung, dass die Tatsachenfeststellung (bei der geht es bei Geschichte) mit zunehmenden zeitlichen Abstand von den Ereignissen besser wird. Otto Groos – zur Zeit der Abfassung des 5. Bandes Fregattenkapitän, ging in den Ruhestand als Vizeadmiral, erhielt die Ehrendoktorwürde von der Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn 1925 für gerade dieses Werk (nach deutscher Tradition wird die Ehrendoktorwürde überwiegend für Verdienste auf wissenschaftlichem Gebiet verliehen, vgl. wiki Artikel mit Beispiel von Uni Augsburg) – war als Navigationsoffizier auf der Von der Tann Teilnehmer der Skagerrakschlacht. (Rahn hat das Werk von Groos nicht kritisiert, bekannt ist aber die Kritik von Epkenhans, dem nicht gefällt, dass ausschließlich Marineexperten das Werk bearbeiten, ein Umstand, auf den im Werk allerdings hingewiesen wird). Auch der Hinweis, dass zB Hipper dies oder jenes nicht gesehen haben kann, ist ein Lapsus. Natürlich war Hipper war nicht immer überall, das ist nicht möglich und braucht nicht eigens betont zu werden. Seite IX der Einleitung lautet: „…die vorliegende Darstellung, die sämtlichen in der Schlacht verantwortlichen Führern vorgelegen hat…“, das Indefinitivpronomen „sämtliche“ ist, denke ich, ist in diesem Zusammenhang eindeutig .

Das hier angeführte Buch von Campbell (etwa 80 Jahre nach den Ereignissen entstanden) wird zumindest von Rahn erwähnt (ich habe nicht wirklich herausgefunden wer John Campbell eigentlich ist; vermutlich ein Metallurge, der sich für Schiffsgeschütze interessiert und aus Spaß ein Buch über Jutland geschrieben hat). Ich kenne die statistischen Auswertungen von Campbell, alles nett zu lesen, nur was ändert es am Ergebnis?

Angesehene Militärhistoriker vermeiden intellektuelle Spiele, trennen wesentliches von unwesentlichen und halten sich an Fakten. Die hier so kritisierte 3. Gefechtskehrtwendung wird von Martin van Creveld (ich dürfte mit den meisten hier einig gehen, dass van Creveld zumindest einer der bedeutendsten lebenden Militärhistoriker, noch dazu mit einem deutlichen Praxisbezug, ist) in seinem neuesten Buch „Gesichter des Krieges“ als „brillant“ bezeichnet (mit der weiteren Bemerkung, dass die Kaiserliche Marine war sowohl taktisch wie auch vom Material her besser als die Navy war, eine Auffassung, die zB auch Nimitz in Seekrieg teilt). Die Engländer hatten keine taktische Möglichkeit ihre außerordentlich günstige Lage auszunutzen. Das stehen sie in der allerbesten taktischen Lage, unsichtbar gegen die Sonne, ihre deutliche Überlegenheit optimal zusammengefasst – und Scheer wendet und fährt weg. Was will man denn noch?
 
Zu Campbell, van Creveld und Co. an:
Das hier angeführte Buch von Campbell (etwa 80 Jahre nach den Ereignissen entstanden) wird zumindest von Rahn erwähnt (ich habe nicht wirklich herausgefunden wer John Campbell eigentlich ist; vermutlich ein Metallurge, der sich für Schiffsgeschütze interessiert und aus Spaß ein Buch über Jutland geschrieben hat). Ich kenne die statistischen Auswertungen von Campbell, alles nett zu lesen, nur was ändert es am Ergebnis?
Angesehene Militärhistoriker vermeiden intellektuelle Spiele, trennen wesentliches von unwesentlichen und halten sich an Fakten. Die hier so kritisierte 3. Gefechtskehrtwendung wird von Martin van Creveld (ich dürfte mit den meisten hier einig gehen, dass van Creveld zumindest einer der bedeutendsten lebenden Militärhistoriker, noch dazu mit einem deutlichen Praxisbezug, ist) in seinem neuesten Buch „Gesichter des Krieges“ als „brillant“ bezeichnet (mit der weiteren Bemerkung,…

Sehr unterhaltsam. Insbesondere die 80 Jahre bei Campbell und der anschließende Verweis auf Creveld und Rahn.

Zu Campbell: dass Du das Buch kennst, nehme ich dir wie zuvor bei dem Fettnäpfchen Roskill nicht ab, sonst käme nicht so eine absurde Bemerkung: lies mal S. 405 ff bezüglich der von Campbell reichlich verwendeten, nicht publizierten Primärquellen (was ihn von diversen Abschriften in der Literatur unterscheidet). Campbell hat Beiträge und Monographien zu den CONWAYs und im WARSHIP International, dazu den Standardschinken NAVAL WEAPONS WW II verfasst, er ist Ex-Militär.

„Was ändert das am Ergebnis“? zu den Statistik-Problemchen siehe unten Folgebeitrag

Zu van Creveld: „einer der bedeutendsten“ ist sicher zu hoch gegriffen, immerhin ist er viel gelesen und damit populär (wenn das die Bedeutung ausmachen soll, insbesondere bei deutschen Lesern, wegen seiner „Kampfkraft“); mit Marinehistorie hat er so viel zu tun wie der Hersteller einer Sardinenbüchse mit dem Fischfang; bei Skaggerak/Jutland macht er das, was seine militärhistorischen Bücher üblicherweise auszeichnet: Abschreiben von anderen.

Ich kenne das neue Buch nicht: sollte er die 3. Gefechtswende tatsächlich als brillant bezeichnen, hätte er sich beim Abschreiben vertan (oder nur deutsche Verdrängungsliteratur aus den 20er Jahren benutzt) und man sollte das Buch besser nicht erwerben.

Zuletzt zum "Metallurgen": das ist ein gar nicht so uninteressanter Gedanke, wenn man über Seeschlachten schreibt, die artilleristisch geprägt sind. Mindestens wäre das aus Sicht der Geschichtswissenschaft in die Hilfswissenschaften einzusortieren. Ballistische und chemische Kenntnisse wären nicht schlecht


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nun aber zum Fachlichen:
 
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Engländer später versuchten das für sie katastrophale Ereignis zu ihren Gunsten zurechtzurücken. Das ist aber Politik, nicht Geschichte.

Worin lag die britische Katastrophe?
In der „nur“ strategischen deutschen Niederlage, die als Trittbrett für den forcierten Eintritt in den uneingeschränkten U-Boot-Krieg (und damit den der USA) diente und das kaiserliche Hochseespielzeug fortan fast nur im Hafen vermodern ließ, bis 5 Minuten vor der tugendhaften last stand-Opferung der Mannschaften dieselben nicht mehr mitspielten?
Oder im Verlust eines halben Dutzends – wie die Dreadnought - veralteter Panzer- und Schlachtkreuzer (Ausnahme Queen Mary)?

Die Katastrophe kann man dennoch phantasievoll umschreiben: Scheers völlige Vernichtung nach der Papierlage hätte mit einer kleinen Wahrscheinlichkeit ein Kriegsjahr der europäischen Katastrophe erspart. Den Briten hätte im Sommer 1916 die Ostsee offen gestanden, damit die Versorgung Russlands. Die Erzzufuhr ins Deutsche Reich wäre abgeschnitten gewesen, und die Revolution wäre vermutlich in blockierten und beschossenen Küstenstädten ausgebrochen.

Mit den Straftatbeständen ist es nun mal so, wenn der Wortlaut erfüllt ist, ist er nun mal erfüllt.
Etwas holprig, aber ich verstehe, was Du meinst.
Nun ja, Scheer hätte sich 1925 sicher auf Verjährung für den Unsinn berufen.
Ansonsten diente die Darstellung der Motive für die 2. Wende seiner Exkulpation, der Verwirrung der Zeitgenossen und ist Unsinn.


Die im Marinearchiv als 3. Phase bezeichnete Schlacht lief hervorragend für die Engländer. Die Engländer standen extrem günstig, die Deutschen extrem ungünstig (zB Marine-Archiv S. 269 „So feuerte Derfflinger nach seiner Schießliste von 6:42 Uhr bis 7:16 Uhr keinen Schuss.“). Rahn in seinem Artikel…zählt in dieser Phase (18 Uhr GMT – 21 Uhr GMT) folgende Trefferwirkungen: 49 schwere Treffer bei deutschen Schiffen (davon 31 bei Hipper‘s Kreuzern), 38 schwere Treffer bei englischen Schiffen (davon 33 bei Warspite, Invincible, Warrior, Defence).

Das ist zB eine der Enttäuschungen, weil Rahn als angesehener Marinehistoriker Äpfel mit Birnen (nämlich 3 Phasen!) vergleicht, er hätte besser den Ko-Referenten Brooks befragt, der hat das zutreffend dargestellt.

Was sind „schwere Treffer“ – ich vermute, es sind Treffer „schwerer Kaliber“ 11-inch-aufwärts gemeint. Sollten „schwere Schäden“ durch schwere Kaliber gemeint sein, wäre das Wertungssache. Dazu:

1. die Zeitdauer der drei Stunden und 18 -21 Uhr GMT (vermutlich ist GMT +1 gemeint, richtig ist 16.54 – 19.45 Uhr GMT für drei völlig unterschiedliche Phasen) ist wegen der wechselnden nachteiligen Situationen Unsinn.
2. die Zusammenfassung der insgesamt erzielten schwer-kalibrigen abgestellt auf Wirkungstreffer durch die deutsche Seite ist ein unsinniger Vergleich, weil davon 22 auf das Zusammenschiessen der sinkenden Panzerkreuzer Warrior und Defence entfallen und die deutsche Statistik schönen.

Zu den Treffern der "big guns" auf den "capital ships", aus denen wir noch gerne „schwere Wirkungstreffer“ filtern können, der Zeitabschnitt 16.54 Uhr bis 19.45 ist dreifach zu unterteilen:
A) 16.54 – 18.15: run-to-the-north
19 Treffer auf deutschen Schiffen (Lüt. 5, Der 3, Sey 6, Kön 1, GrK 1, Mar 3)
18 Treffer auf britischen Schiffen (Lio 4, Tig 1, Bar 4, War 2, Mal 7)

B) 18.15 – 19.00: die 1. und 2. Wende
23 Treffer auf deutschen Schiffen (Lüt 10, Derf 3, Sey 1, Kön 8, Mar 1)
20 Treffer auf britischen Schiffen (Inv 5, PrR 2, War 13)

C) 19.00 . 19.45: zur 3. Wende und danach
37 Treffer auf deutschen Schiffen (Lüt 5, Derf 14, Sey 5, vdT 1, Kön 1, GrK 7, Mark 1, Kais 2, Helg 1)
2 Treffer auf britischen Schiffen (Colo 2)

ABC macht 79 zu 40. Such Dir welche aus.

Wenn man das nun vergleichen will, sollte mehr Sorgfalt angebracht sein, als bei dieser Aussage, die einfach und sinnfrei aus dem Marinearchiv abgeschrieben worden ist:
Die Engländer standen extrem günstig, die Deutschen extrem ungünstig (zB Marine-Archiv S. 269 „So feuerte Derfflinger nach seiner Schießliste von 6:42 Uhr bis 7:16 Uhr [entspricht 17.42 Uhr – 18.16 Uhr GMT] keinen Schuss.“)
Angesprochen ist hier die Verfolgungsjagd nach Norden unter A). Dabei hielten Beatty und Evan-Thomas (aufgrund der überlegenen Geschwindigkeit) die deutschen Schiffe in den letzten 30 Minuten auf beliebigem Abstand, während der langsame Scheer – noch begrenzt durch die mitgeschleppten Prä-Dreadnoughts/10-Minuten-Schiffe – immer weiter zurückfiel. Die Sichtverhältnisse waren für die deutschen bei der Verfolgung gut – Schussrichtung nach W bis NW-, für die Briten nachteilig – Schussrichtung O und SO.

Ein schönes Anschauungsbeispiel: warum schoss Derf. in diesen 30 Minuten nicht? - Teil 1, die Kursangaben:
Erstmal sind die Kursangaben (etwa S. 269: um dieser Lage ein Ende zu machen führte Hipper … 6.42 Uhr … schärfer heran - "um zu" ist sinnentstellend und mindestens verwirrend) im Marinearchiv falsch (siehe Brooks, S. 251). Richtig ist 17.39 von NW auf N, dann 17.50 bereits NO (!), um 18.01 auf SO zu fliehen (wie der geneigte Leser dem Kartenband Marinearchiv 5 entnehmen kann, Karte 9 und 10. Hippers Wende nach NW war bereits um 6.27 deutsche Zeitrechnung, und hatte mit den 30-Minuten-Derfflinger nichts zu tun (Zitate nach Textband Marinearchiv 5, S. 269 und 270).

Warum schoss Derfflinger nun tatsächlich nicht, Teil 2: die Gründe? Schau Dir mal die Treffer im Vorschiff um 17.19 und 17.55 (GMT = 6.19 und 6.55 deutsch) sowie den Kurs an. Die deutsche Trefferbezeichnung in Karte 9 (6.30 zwei auf Derfflinger) im Marinearchiv ist falsch, richtig sind drei Treffer auf Lützow, zwei um 17.25 (GMT = 6.25 deutsch) und einer um 17.30 (GMT=6.30 deutsch)
 
Zuletzt bearbeitet:
[FONT=&quot]Die Diskussion scheint mir sprachlich zu entgleisen und ich bitte um Verständnis, dass ich hier (d.h. in meiner Freizeit) bei einzelnen Beiträgen nicht veruche den sachlichen Gehalt und die persönlichen Angriffe zu trennen und herausfilteren. Wie schon im thread „Anleihen……und der Weltkrieg“ möchte ich den unfruchtbaren Dialog mit silesia beenden[/FONT].

[FONT=&quot]Allerdings erhalte ich Nachrichten, die auf ein gewisses Interesse an diesem Thema schließen lassen. Daher möchte ich die etwas spezielle Diskussion um die Gefechtskehrtwende auf eine andere Ebene heben. Dazu möchte ich die These formulieren, die 3. Gefechtskehrtwende haben das Ende des Empires eingeleitet.[/FONT]

[FONT=&quot]Dabei gehe ich von einer Arbeit von Andrew Lambert, Laughton Professor (Lehrstuhl nach John Knox Laughton, dem Begründer der modernen Marinegeschichte) am Kings College, abgedruckt in Epkenhans, Skagerrakschlacht, aus. Dieser wiederum geht in seinen Betrachtungen von Lord Fisher entwickelten Gedanken aus. Die englische Gesamtstrategie, Aufrechterhaltung der maritimen Überlegenheit und Eingreifen Englands in den kontinentalen Konflikt mit einer Massenarmee um 1917 (um den dann geschwächten Landkräften beizustehen und den Frieden zu diktieren) erwies sich angesichts der Stärke der deutschen Armee nicht machbar. Schon das BEF war früh und ungewohnt heftig in die Kämpfe verwickelt, ein frühes Niederwerfen Frankreichs oder Russland durch Deutschland war absolut möglich. Die daraufhin entwickelte Seestrategie ging von der Prämisse aus, dass Deutschland von England nur geschlagen werden könnte, wenn die Navy die Ostsee beherrschte und damit die Erzzufuhren aus Schweden unterbinden könne. Das Problem: Ein Durchbruch in die Ostsee war gegen die Hochseeflotte nicht möglich. Das hatte Tirpitz bereits durch sein Flottenbauprogramm verhindert. Der von Fisher entwickelte (und von Churchill unterstützte) Plan sah daher vor, die Deutschen zu einer Schlacht in der Nordsee, vornehmlich vor dem Skagerrak, zu verleiten. Dazu legte die Navy mehrere Fallen, aufgrund der defensiven Ausrichtung (Lob für Wilhelm II. von Lambert) hatte die Navy keinen Erfolg. Die Ausführungen Lamberts entsprechen nicht dem herkömmlichen Bild, die Engländer hätten die Deutschen durch die weite Blockade quasi ausgebremst (die Wirkungen der Blockade werden bis zum Kriegseintritt der USA nicht sehr hoch eingeschätzt - und ab 1917 erhielt das Reich Rohstofflieferungen aus dem Osten). Fishers Plan sah ein Flottenbauprogramm für flachgehende Schiffe vor, die den Öresund passieren könnten. Fisher wollte vermutlich nie in die Ostsee, er brauchte einen Köder um die Deutschen zu Schlacht in der Nordsee an den Eingängen zur Ostsee zu verleiten. Ein solcher Plan brauchte Zeit, und militärisch gesehen, hatte Fisher Zeit, da eine längere Kriegsdauer gegen die Deutschen wirkte. Probleme politischer Natur entstanden als Churchill die Sache zu lange dauerte und er eine Aktion an den Dardanellen plante. Dabei war das Problem nicht die Dardanellen-Aktion an sich, sondern die Ausgestaltung als (oder das hinein gleiten in) eine Hauptoperation (was zur Zersplitterung der Kräfte führen musste) und nicht als eine bloße Demonstration (ein Ablenkungsmanöver wurde ausdrücklich von Lord Fisher gebilligt). Nach dem Fiasko vor den Dardanellen (Fisher und Churchill wurden durch Balfour und Jackson ersetzt) wuchs der politische Druck auf die Admiralität etwas zu unternehmen. Jellicoe wehrte sich nachdrücklich gegen eine Schlacht gegen die von ihm als sehr stark eingeschätzte Hochseeflotte (mit Argumenten, die sich als richtig erwiesen), aber er musste sich fügen. Am 02.06.1916 sollte eine neue Minen und U-Boot-Falle aufgebaut werden, inder die Hochseeflotte vernichtet werden sollte. Der politische Druck die Ostsee zu öffnen muss enorm gewesen sein, sonst ist nicht zu verstehen warum Jellicoe entgegen seinem Willen auch am 31.05.1916 eine vermeintliche Gelegenheit nutzen musste, die Deutschen anzugreifen.[/FONT]

Die Engländer hatten viele Vorteile auf ihrer Seite aber ihr Gegner war schlicht eine bessere Flotte. Gegen 8:12 Uhr sah es noch so aus, als gehe Lord Fishers Strategie auf. Fünf Minuten später war es vorbei und zwar durch die 3. Gefechtskehrtwende. Die Engländer konnten die Deutschen nicht festhalten (und zwar aus Gründen, die Jellicoe immer wieder zu bedenken gab), eine Nachtschlacht für die Navy ausgeschlossen. Überlegenes Material (englische Schlachtkreuzer hätten einen Angriff wie die deutschen nicht durch führen können) und überlegene Taktik. Nach der 3. Gefechtskehrtwende war ein entscheidender Schlag der Navy gegen Deutschland nicht mehr möglich, die Ostsee blieb von Deutschland beherrscht. Dies sah man zumindest in der Admiralität sehr klar, was man natürlich nicht öffentlich sagen konnte. Daher begann man früh, die weite Blockade in den Mittelpunkt zu stellen und die Ostsee als Ziel der Unternehmung schlicht nicht zu erwähnen. Man hob hervor, dass die englischen Schiffe schnell wieder einsatzfähig waren, die deutschen nicht (hätte nur Bedeutung gehabt, wenn man in die Deutsche Bucht vorstoßen wollte um die Hochseeflotte zu vernichten, aber das war illusorisch und hat auch niemand geplant). Man negierte die Ostsee und stellte die Blockade in den Mittelpunkt. In der Folge gab es unzählige intellektuelle Klimmzüge um den Erfolg der Navy zu beweisen, von denen hier auch zu lesen war. Sie alle können nur bestehen, wenn man die Grundsatzfrage ausklammert, nämlich dass eine Beherrschung der Ostsee nicht mehr möglich und damit Deutschland von England zur See nicht mehr geschlagen werden konnte.

Dennoch hat die Navy ihren Teil geleistet, Deutschland zu schlagen. Sie hat nämlich für den Transport der Amerikaner nach Frankreich gesorgt. Allerdings waren dies nur noch Hilfsdienste.
 
In der Folge gab es unzählige intellektuelle Klimmzüge um den Erfolg der Navy zu beweisen, von denen hier auch zu lesen war. Sie alle können nur bestehen, wenn man die Grundsatzfrage ausklammert, nämlich dass eine Beherrschung der Ostsee nicht mehr möglich und damit Deutschland von England zur See nicht mehr geschlagen werden konnte.

Dennoch hat die Navy ihren Teil geleistet, Deutschland zu schlagen. Sie hat nämlich für den Transport der Amerikaner nach Frankreich gesorgt. Allerdings waren dies nur noch Hilfsdienste.


Diese Klimmzüge scheinen mir für die Hochseeflotte aber bis heute fortzudauern:D


Zurück zum Thema Gefechtskehrtwendung:
Die wortreichen Erklärungen, die gar nichts erklären, sind mir schon als 15jähriger aufgefallen.
Faktisch jeder der "biografisch" von der Schlacht schreibt, erwähnt sie, erklärt sie, aber der "dunkle Vorhang" hebt sich keinen Millimeter.
Ohne dass ich den geringsten Anspruch erhebe von Seeschlachten, Navigation, Sicht, "wer wusste was wann" in dem Fall etwas zu verstehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Zitat von Scheer in # 22 („in diesem Krieg wird die Grand Fleet…nicht zu bezwingen sein“) sollte im Kontext gelesen werden.

Scheer wurde im Januar 1916 Chef der Hochseeflotte. Scheer war der Überzeugung, dass nur der uneingeschränkte U-Boot-Krieg die Entscheidung gegenüber England bringen kann. Dieser sollte am 01.03.1916 nach Auskunft des Chefs des Admiralstabs Henning von Holtzendorff eröffnet werden. „Unter dieser Annahme wurden denn auch die weiteren operativen Vorarbeiten des Flottenkommandos aufgestellt“ (Scheer, Hochseeflotte…, S. 251). Der Zeitpunkt wurde dann auf den 01.04.1916 verschoben (Scheer beklagt ausdrücklich die Nachgiebigkeit von Holtzendorff, der in einer Denkschrift zuvor ausführte, dass der U-Boot-Handelskrieg das damals beste Kriegsmittel sei, Scheer, a.a.O., S. 253). In einer Besprechung im Großen Hauptquartier am 04.03.1916 (der Bericht über die Sitzung beginnt mit dem Satz: „Die militärische Gesamtlage ist gut“, allerdings enthält er auch die Feststellung: „Unsere Gegner halten länger aus als wir“) werden Gespräche mit den USA angeregt. Am 24.03.1916 erfolgte der Sussex-Zwischenfall, die amerikanische Regierung drohte mit Abbruch der diplomatischen Beziehungen. Auch am 01.04.1916 erfolgte nicht die Eröffnung des uneingeschränkten U-Boot-Krieges, am 30.04.1916 befahl der Kaiser eine Unterbrechung des U-Boot-Krieges, d.h. sie durften nur noch auf identifizierte militärische Ziele angesetzt werden. Scheer stellte den U-Boot-Krieg völlig ein und gliederte die U-Boote in die Hochseeflotte ein.

Scheer schreibt in Hochseeflotte …auf S. 256: „Die Verfügung über die U-Boote zu militärischen Zwecken gab mir die erwünschte Gelegenheit, die Operationen der Flotte weiter auszudehnen, und diesem Umstand ist es zu verdanken, dass die Flotte Gelegenheit erhielt, am 31. Mai vor dem Skagerrak die Schlacht gegen die englische Flotte zu schlagen. Der moralische Eindruck, den die Schlacht bei den Neutralen hinterlassen hatte, schuf meines Erachtens die günstige Atmosphäre, um unsere Kriegsführung gegen England mit allen Mitteln zu betreiben und den Wirtschaftskrieg in vollster Schärfe wiederaufzunehmen.“ Eine Seeschlacht konnte jetzt nur noch Wirkung entfalten, wenn sie zur Vernichtung der Navy führte. Das war in der Tat nicht realistisch. Eine frühere Seeschlacht mit einem Erfolg wie vor dem Skagerrak hätte eine andere Wirkung auf die Neutralen gehabt. Jetzt sah Scheer die entscheidende Möglichkeit im U-Boot-Krieg. Nach der Skagerrakschlacht war eine Bedrohung der Ostsee ausgeschlossen, die deutsche Küste sicher und die Anmarschwege der U-Boote frei. Diese konnten nur direkt im Einsatzgebiet bekämpft werden. Das ist der Hintergrund der Aussage von Scheer.
 
Die Variationen zum U-Boot-Krieg können einerseits unter dem Aspekt der Meinungen, Vermerke und Operationsbefehle, andererseits in Ansehung der tatsächlichen Verhältnisse bewertet werden. Tatsächlich lief der U-Boot-Krieg gegen die Handelsschiffahrt ausweislich der bekannten Versenkungen April bis Juni 1916 weiter.

Richtig ist, dass Scheer bezüglich des Schwerpunktes des U-Boot-Krieges eine Anpassung an seine Vorhaben vornahm, die alte Strategie zu forcieren, Teile der britischen Schlacht- bzw. Schlachtkreuzerflotte durch Küstenbeschießungen unter günstigen Bedingungen hervorzulocken, zu stellen und zu vernichten. Es gab zu keinem Zeitpunkt die erklärte Absicht, einen Großkampf beider Gesamtflotten in der Nordsee von deutscher Seite herbeizuführen. Dieser wäre bei den bestehenden Kräfteverhältnisse vor vornherein aussichtslos gewesen. So lag denn auch der Auftakt der Skagerrakschlacht, Scheers Auslaufen verfolgte die alte operative Linie. Im wesentlichen erfolglos wurden die U-Boote auf Abfang- und Meldepositionen vor die britischen Häfen gelegt. Meldungen über gesichtete, auslaufende britische Schiffe erreichten Scheer nicht rechtzeitig.

Insofern sind dann Scheers folgende Fluchtmanöver im Kontakt mit der Grand Fleet, zu denen alle drei (Gefechts-)Kehrtwendungen - darunter die 2. als navigatorischer "Blindflug" - zählten, völlig plausibel und vom militärischen Standpunkt aus bezogen auf die 1. und 3. Wende alternativlos. Vor den vermuteten über 2 Dutzend und kompakt auftretenden britischen Schlachtschiffen blieb jeweils zur der Rückzug als Option.

Soweit die Voraussetzungen. Im praktischen Ablauf werden allerdings mindestens drei Vorgänge kritisch betrachtet, die auf Scheers Befehlen zur Operation Bezug nehmen. Zugespitzt auf die riskierten Konsequenzen werden diese in der Literatur auch als "death wishes" bezeichnet.

1. Die Mitnahme der alten und für die Schlacht obsoleten und nur gefährdeten Schiffe des II. Geschwaders (6 Linienschiffe). Als Intention für die Mitnahme wird allgemein angegeben, dass mit einem Kampfeinsatz der Schiffe nach dem Operationsplan nicht gerechnet wurde und diese für Priseneinsätze detachiert werden sollten.
Diese 6 alten Linienschiffe waren aber nicht nur selbst gefährdet, sondern setzen die Marsch- und Gefechtsgeschwindigkeit von Scheers Schlachtflotte um 3 Knoten ggü. der britischen Schlachtflotte herab. Das II. Geschwader würde sich in dem Moment als Klotz am Bein erweisen, wo eine Flucht vor überlegenen britischen Streitkräften erforderlich werden würde (wie tatsächlich geschehen). Sie provozierten bei günstigen Witterungs- und Zeitverhältnissen eine Situation, wo das Geschwader ggf. zur Flucht hätte geopfert werden müssen. Diese Situation ist ein Faktor, um die Zielsetzung der 2. Gefechtswende - Durchbruch nach Osten - zu verstehen.

2. Ein weiterer "death wish" ergab sich in der Dynamik des Gefechts. Hipper war auf die Teilstreitkräfte von Beatty gestoßen (Battlecruiser-Force, zusätzlich 4 schnelle Schlachtschiffe der brit. V. BS), und konnte diese erfolgreich auf die Schlachtflotte Scheers in einer Fluchtfahrt nach Süden locken und ihnen empfindliche Verluste beibringen. Als Beatty auf die Schlachtgeschwader von Scheer traf, floh er seinem BCF nach Norden. Die nun einsetzende Verfolgung durch Scheer setzte - bei mangelnder Aufklärung bis zu diesem Zeitpunkt - die riskante Prämisse, dass er nur dem verstärkten BCF von Beatty gegenüberstehen würde und sich die übrige Grand Fleet im Hafen befinden würde.

Das Vorgehen (der Blindflug Scheers nach Norden) wird umso schwerer verständlich, wenn man die bekannten Geschwindigkeits-Differenzen berücksichtigt. Für die identifizierten britischen Schiffe war es - unbeschädigt - kein Problem, dem Hochseeflottenkern davon zu fahren. Die einzige Chance bestand darin, dass einzelne britische Schlachtschiffe durch Treffer in ihrer Geschwindigkeit herabgesetzt würden dann von der Hochseeflotte eingeholt würden. Es machte Scheer auch nicht stutzig, dass der Kontakt auf der rasanten Fahrt nach Norden nie ganz abriss. Beatty und Evan-Thomas gingen hier höchstes Risiko, bei dem sie durchaus weitere Schiffe aufs Spiel setzten. Ob dieses nun wirklich kalkuliert war, ist aber mit Zweifen zu versehen, da sie mehrfach maximale Fahrt ("utmost speed") befahlen, und genaue Knotenvorgaben befahlen, die die technische Leistung der Schiffe überstieg. Die Mittelartillerie schoß zeitweise bewußt ins Wasser, um durch die Wassersäulen die bessere deutsche Sicht zu irritieren. Möglicherweise hat dieses Verhalten dazu beigetragen, Scheer nach Norden zu locken und jede Vorsicht zu unterdrücken. Während der Fahrt gibt es kein Indiz, dass Scheer den Abbruch der Verfolgung beabsichtigte.

3. Zum dritten "death wish", der ohne ausreichende Information über den Standort der britischen Flotte spekulativ durchgeführten 2. Gefechtswende ist oben schon einiges gesagt worden. Die Wende wurde navigatorisch katastrophal durchgeführt und führte zu erheblicher Unordnung in der Schlachtreihe, bis zum Beinahe-Stillstand der Spitze. Theoretisch gab diese Wende Jellicoe die Gelegenheit zur Vernichtung der Hochseeflotte Scheers. Praktisch hatte er bereits vor Sichtkontakt mit der nun auf ihn im X-T zulaufenden Hochseeflotte seinerseits Kursbefehle gegeben, die dieses Zeitfenster der Gelegenheit wieder schlossen. Von Teilen des Gefechts im Rahmen der einsetzenden 3. Gefechtswende Scheers bekam man auf der IRON DUKE nichts mit, außer einem heftigen Artilleriegefecht auf dem rechten Flügel der britischen Schlachtflotte (die mit einem Torpedoangriff in Verbindung gebracht wurde).

Scheers Gefechtsoptionen waren damit erschöpft. Zudem hatte er befehlen müssen, dass ein großer Teil der Torpedos unter ungüstigen Bedingungen verschossen werden mußte, um sich von Jellicoe zu lösen. Ein Teil der kampfkräftigsten Boote war bereits von seiner Flotte getrennt. Dabei waren für den Eventualfall große Erwartungen auf nächtliche Torpedoangriffe gesetzt worden. Die zufälligen nächtlichen Kontakte während des Durchbruchs nach Horns Riff brachten dann für die deutsche Seite unbefriedigende Ergebnisse, jedoch auch Zufälligkeiten, die Schlimmeres verhinderten (zB entkam die allein fahrende, angeschlagene Seydlitz dem nächtlichen Sichtkontakt mit einem britischen Schlachtgeschwader).

4. Diese abendlich angedeutete, dann nächtliche Flucht Scheers über Horns Riff war von zahlreichen Unwägbarkeiten begleitet. Scheer mußte aufgrund der letzten bekannten Positionen die Möglichkeit bewußt sein, dass er Jellicoe kreuzen würde (bei über hälftig verschossener Torpedowaffe, und den bereits detachierten kampfkräftigsten Torpedobooten). Riskanter war noch die die Möglichkeit, dass Jellicoe bei seiner 50:50 Entscheidung für den Weg hinter die rettenden Minenfelder ihm morgens den dann letzten Fluchtweg versperren würde.


Scheers Folgerungen aus diesem Ablauf leiteten direkt in den uneingeschränkten U-Boot-Krieg über. Nur als Intermezzo gab es noch einen weiteren Konfrontationskurs beider Hauptflotten wenige Wochen später, bei dem aber kein Kontakt zustande kam, weil Scheer bei ersten Anzeichen der Anwesenheit der Grand Fleet und der Chancenlosigkeit im möglichen Gefecht wieder abdrehte.
 
Das Marinearchiv gliedert in seinem 5. Band von Krieg in der Nordsee die Skagerrakschlacht selbst in fünf Phasen, ...

Zunächst einmal gestaltete sich der Beginn der Hauptschlacht durch Zufall für die Deutschen ungünstig (S. 280 f., Jellicoe erhielt keine verwertbaren Antworten von Beatty, er wusste nicht, b er sich nach Westen oder Osten entwickeln sollt). Jellicoe befahl Einschwenken nach Osten. Diese Zufallsentscheidung bedingte die später so günstig Grundsituation, di ein crossing the T erst ermöglichte. Das war das Grundproblem von Scheer, an dem er nichts ändern konnte (hätte Jellicoe sich für Westen entschieden, wären seine schwächsten Schiffe in das konzentrierte Feuer der besten Schiffe der Deutschen und der Gefahr eines Massentorpedoangriffs gekommen, auch die anderen Linienschiffe wären im Schwenkungspunkt in schwerstes deutsches Feuer geraten, S. 283, die Situation wäre vergleichbar gewesen mit der, die die Deutschen um etwa 8:15 Uhr kommen würden mit der Maßgabe, dass die Navy kein Manöver beherrschte sich einer solchen Lage schnell zu entziehen).

Diese Ausführungen basieren auf Marinearchiv Band 5, und sind fehlerbehaftet.

Zunächst einmal ist der letzten Aussage zu widersprechen, dass die RN angeblich über kein Manöver verfügte, sich dem crossing-the-T zu entziehen. Die Linienformation war - genau wie ihr Zustandekommen - durch ein Wendemanöver nach Geschwadern in die Kolonnenformation auflösbar. Das Manöver wurde durch die 16-point-Wende vollzogen, also die Wende um 180°. Das Bestreiten dieses Manövers ist Legende in der Literatur zur "Gefechtskehrtwende". Die Kolonnen-Wendung von Beattys BCS sowie Evan-Thomas 5th BS sind realisierte 180°-Wenden am Skagerrak, also Gefechtskehrtwenden. Für die Linienformation von 24 bzw. 28 Schlachtschiffen gilt gleiches wie bei Beatty und Evan-Thomas, nur mit der Linienauflösung in Kolonnen vorweg, also eine kolonnenweise 8-point-Wende in der Linie, gefolgt von einer weiteren 8-point-Wende der Kolonnen. Wichtig ist dabei, dass beim X-T maximal das vordere Viertel bei der schnellen Wende überhaupt mit dem Gegner in Kontakt kommen kann, da die 28er-Linie der Grand Fleet rund 7 Seemeilen Länge aufwies (die Masse kommt bei einem solchen Manöver mit dem Gegner nicht einmal in Sichtkontakt).

[sofern die verbale Beschreibung nicht verständlich sein sollte, kann ich eine grafik nachreichen]

Sodann zur "Zufallsentscheidung" von Jellicoe, die Wende nach Backbord bei Annäherung der Hochseeflotte, die 2. Legende des Marinearchivs:

Gegen 19.00 besprach sich Jellicoe mit dem Kapitän der IRON DUKE, Dreyer.
Frederic Charles Dreyer - Wikipedia, the free encyclopedia

Dabei ging es um die Entfaltung der Marschformationen ...

(hier ein bis heute kritisierter Fehler Jellicoes, der diese Entfaltung letztlich Minuten zu spät, weil zu nah an der Hochseeflotte, befahl. Den Kritikern ist entgegen zu halten, dass gerade diese Annäherung/Beibehaltung der Kolonnenformation das X-T mit der Masse der Schlachtschiffe ermöglichte. Im Ergebnis kritisiert man hier an 2-5 Minuten herum, was wohl kaum bei den beschränkten Information und der hochkomplizierten Navigation des Schlachtkerns 1916 überschaubar war ... vielleicht wollte Jellicoe ja die geringstmögliche Distanz zur Entfaltung, um mit maximaler Einheitszahl das X-T zu realisieren. Der relevante, massive Fehler lag hier nur bei Scheer, der ohne jede Vorsicht Beatty und Evan-Thomas folgte, während seine Spitze (Hipper plus Sicherungsschirm) bereits auf weitere Geschwader, darunter den Kreuzer-Sicherungsschirm von Jellicoe und Hoods 3rd BCS traf).

Dreyer schätzte gegen 19.00 mit Jellicoe die Lage ab, nach der sich die Hochseeflotte von Süden näherte. Die reale Entfernung wurde bei diesem Gespräch zu groß eingeschätzt, was auf einer fehlerhaften Positionsmeldung von Goodenoughs Aufklärungskreuzern (2nd LCS, Southhampton) beruhte. Die Backbord-Entfaltung war die einzig logische Reaktion auf die Scheer-Annäherung von Süden (S bis SO), da Dreyer die Sichtverhältnisse nach SO, S und SW nach der Backbord-Entfaltung mit nachfolgender Abdrängung Scheers nach Westen als günstiger für die Grand Fleet einschätzte. Bei Jellicoe mag hinzugekommen sein (das Argument findet sich bei der einsetzenden Verfolgung), Scheer durch das Manöver den sicheren Rückzug nach Osten abzuschneiden. Die Wendung nach Backbord war also das einzige Manöver, was diesen Kriterien (Sichtverhältnisse, Feuerleitung+Artillerieeinsatz, Abdrängung) genügte.

Jellicoe und Dreyer entschieden sich also zwischen 19.00 und 19.02 für die Backbord-Entfaltung, wobei zunächst aber der Abstand zu Scheer aufgrund der Bedrängung von Beatty schnell verringert werden sollte. Daraus resultierte der Befehl um 19.06, Richtung Süd für die Marschformation in Kolonnen (schnelle Verkürzung der Entfernung durch Kollisionskurs der Schlachtflotten). Dieses wurde wenige Minuten danach, zeitgleich zur Information über die geringe Entfernung zu Scheer, sofort korrigiert (19.06). Der Kurswechsel von S auf SO war determinierende Voraussetzung zur Backbord-Entfaltung, die im Übrigen auch mit Funkspruch an die Zerstörer Jellicoes bereits um 19.08 angekündigt wurde (Brooks, Gordon, s.o.), also vor der Bildung der Linienformation der Schlachtflotte Jellicoes ab 19.14 Uhr.

Es folgte dann der Befehl zum Einschwenken der Gefechtslinie nach Backbord, was die Kolonnen auch so realisierten. Dabei lief die am weitesten Backbord stehende Schlachtkolonne einstudiert weiter, die übrigen Kolonnen führten zunöchst die exerzierten 8-point Wendungen aus, drehten also von SO auf NO und reihten sich wenige Minuten später mit einer weitern 8-point-Wende hinter der Führungskolonne ein. Diese Besonderheit des Manövers war beim Kursbefehl SO um 19.06 bereits programmiert, und wurde 19.08 durch Hinweis an die Zerstörer Jellicoes bestätigt, die sich entsprechend hinter der nach Backbord gebildeten Schlachtlinie formierten. Vielleicht wird durch diese Darstellung die Komplexität der Manöveranforderungen für 24 Schlachtschiffe plus Kreuzer- und Zerstörerschirm deutlich. [Leidtragende der nahen Entfaltung wurde dann die 1st CS mit 4 Panzerkreuzern, die als Schirm vorausfuhr, zwischen den Schlachtflotten befand und sich nur mit Kurs W oder O hätte entziehen können, ist aber ein anderes Thema].

Rein fiktiv: die Steuerbord-Entfaltung hätte bei der ungefähren Positionsangabe zu Scheer zuvor einen Kurswechsel von S auf SW (statt des beschriebenen SO) erfordert. Weiterhin wäre die Anweisung an die Zerstörer (Signal laut Admirality: Battle of Jutland - Official Despatches, 1920, s.o.) um 19.08 ohne die Backbord-Entfaltung völlig sinnfrei. Neben dem Marinearchiv ist übrigens dieses Märchen von der Würfelentscheidung Jellicoes in der Beatty-treuen Literatur der 20er Jahre zu finden, ebenso wie die Legende, die - tatsächlich zu späten und zuvor unklaren - Meldungen der LION hätten Jellicoes Backbord-Entfaltung begründet.
 
Ich habe ein Frage, spielte die im April eingeführte Sommerzeit eigendlich eine Rolle, bei dem Aufeinandertreffen der beiden Schlachtflotten?

War man nun durch die Sommerzeit gleich mit der Zeit der Briten und wäre man sich ohne die deutsche Sommerzeit garnicht begegnet, da hier ein unterschied von einer Stunde den Zeitablauf verändert hätte?
 
Ich habe ein Frage, spielte die im April eingeführte Sommerzeit eigendlich eine Rolle, bei dem Aufeinandertreffen der beiden Schlachtflotten?
War man nun durch die Sommerzeit gleich mit der Zeit der Briten und wäre man sich ohne die deutsche Sommerzeit garnicht begegnet, da hier ein unterschied von einer Stunde den Zeitablauf verändert hätte?

Bei Gordon ist die rückgerechnete Auslaufzeit der britischen Flotte mit 4 Stunden vor der deutschen Flotte angegeben.

Tatsächlich sind die Zeitangaben in der Literatur ein Problem, die Angaben zu den Ereignissen findet man so in unterschiedlichen Varianten. Also MEZ bzw. CET, MEZ+1 und MEZ+2. Die deutsche Angabe zur dritten Wende 20.13 Uhr findet man so auch mit 19.13 und 18.13 (=MEZ).

Zu diesem (Zeitangabe-)Problem und dem weiteren, nämlich der unterschiedlichen Kompaßverwendungen (um die Gradangaben etwa bei Kurswechseln zu verstehen) befindet sich ebenfalls bei Gordon ein Kapitel im Anhang.
 
In # 46 wird die Auffassung vertreten, dass eine deutsche Niederlage vor dem Skagerrak mit einer (kleinen) Wahrscheinlichkeit zu einem früheren Kriegsende (und alliiertem Sieg) geführt hätte, da die Navy in die Ostsee einbrechen konnte.

Die Wahrscheinlichkeit ist in der Tat nur klein. Es macht Sinn, ich den Ostseegedanken der Engländer genauer anzuschauen. R ist die Endstufe des englischen Kriegsplans, wie ihn Churchill nach Lord Fisher formulierte: Clearing the Outer Sea, clearing the North Sea, clearing the Baltic. Diese drei Stufen waren sukzessiv zu erreichen. Wir befinden uns in der - theoretischen - dritten Stufe (clearing the Baltic), die nie stattfand. Dabei ist wichtig sich in Erinnerung zu rufen, dass England gegen eine europäische Landmacht nie allein operieren konnte, sie brauchte immer eine andere Landmacht als Verbündeten. Die Seeoperationen der Navy stützten die Landoperationen und im entscheidenden Moment griff England mit eigenen Bodentruppen ein. Das war die englische Strategie über Jahrhunderte.

Im Westen hat England in langer Vorbereitung (Aufstellung der British Expeditionary Force 1907, Austausch mit der französischen und belgischen Armee, Zusammenziehen der Navy in der Nordsee) die Voraussetzungen dafür geschaffen, die Deutschen (an der Marne) aufzuhalten. Gelang es in die Ostsee einzubrechen, konnte Verbindung mit Russland hergestellt und die schwedischen Erzimporte blockiert werden. Am 19.08.1914 hat man mit der russischen Regierung das grundsätzliche Einvernehmen erzielt, dass die Navy in die Ostsee einbricht und die Landungen russischer Truppen in Pommern durchführt. Das machte strategisch viel Sinn. Das militärisch schwierige Terrain Ostpreußens (an dem die Russen letztlich scheiterten) wäre umgangen und man könnte direkt Berlin bedrohen, und zwar bei einer schwer bedrängten Westfront. Das musste zu einer schnellen Entscheidung zugunsten der Alliierten unter maßgeblicher Mitwirkung Englands führen. Ein Plan, der den Vergleich mit Schlieffen nicht scheuen muss.

Er sollte nie auch nur in die Nähe einer Realisierung führen. Es blieb immer vollkommen unklar, wie die Navy in die Ostsee durchbrechen sollte. Fisher wollte zunächst sofort (ohne Entscheidungsschlacht) durchbrechen und die Hochseeflotte durch riesige Minenfelder in der Deutschen Bucht blockieren. Er konnte die Admiralität nie davon überzeugen, dass eine solche Blockade möglich ist du wie mit dem Kanal zu verfahren ist. Churchill wollte die Entscheidungsschlacht, eingeleitet durch die Besetzung einer Insel (Borkum, Sylt, Helgoland), was von der Admiralität als nicht machbar abgelehnt wurde. Es zeigte sich hier, dass ein Problem von der Navy noch nicht gelöst war, nämlich wie man die Hochseeflotte zur Schlacht stellt. David blockierte Goliath und nicht umgekehrt. Es konnte nie ein überzeugendes Konzept erarbeitet werden, was auch zu einer zunehmenden Entfremdung zwischen Churchill und Fisher führe.

So schlitterte man Ende 1914, Anfang 1915 in das Dardanellen-Unternehmen, was aber kein Substitut für den Ostseeplan war. Der Patt in Flandern und das nutzlose Herum dümpeln der riesigen Navy ließen – englischer Tradition entsprechend – ein peripheres Unternehmen angebracht erscheinen. Ähnliche Gedanken – wenn auch strategischer Natur – hatten Ober Ost in Deutschland mit dem Hindenburgplan 1915. Das konnte – wegen der Hochseeflotte – nur eine Demonstration (also eine Nebenoperation) sein, die aber in Folge außer Kontrolle geriet, der aber nie – wegen der Hochseeflotte – genügend Mittel zugeführt werden konnten, um erfolgreich zu sein. Ein Erfolg hätte auch wenig genützt, den ein Erfolg an den Dardanellen hätte zwingend den Hindenburgplan 1915 in Kraft setzen müssen, und - bei Erfolg – hätten sich die Unterschiede von Haupt- und Nebenkriegsschauplatz gezeigt (in Polen eingekesselten Armeen half die Dardanellen-Durchfahrt nichts mehr). Der Fehlschlag führte am 15.05.1915 zum Rücktritt (im Streit mit Churchill) von Fisher und am 15.11.1915 von Churchill.

Ein nebensächliches Ereignis (das Aufgrund laufen der SMS Magdeburg am 25.08.1914 vor der estnischen Nordküste) erreichte durch das Auffinden des Signalbuches durch die Russen und der Entschlüsselung des Codes durch den englischen Marinenachrichtendienst strategische Bedeutung. Nachdem sich die Entschlüsselung als belastbar herausstellte, sahen die Engländer die Chance, die Hochseeflotte unter ihnen günstigen Bedingungen zum Kampf zu stellen.

Allerdings gab es ein weiteres Problem und dies wurde nie gelöst. In einem Schreiben vom 30.10.1914 von Jellicoe an die Admiralität über die englische Strategie in der Nordsee, wies Jellicoe darauf hin, dass er davon ausgehe, dass eine abdrehende (deutsche) Schlachtflotte ihn über Minen und U-Boot-Linien ziehen wolle und er daher der Schlachtflotte nicht folgen werde (Tz.10). Diese Taktik wurde mit Schreiben der Admiralität vom 07.11.1914 ausdrücklich gebilligt. Damit war ein strategischer (also entscheidender, d.h. vernichtender) Sieg der Navy über die Hochseeflotte nur noch möglich, wenn sich die Hochseeflotte dem Kampf nicht mehr entziehen konnte.

Als sich 1916 abzeichnete, dass aufgrund der erhöhten Aktivitäten der Hochseeflotte die Möglichkeit einer Entscheidungsschlacht abzeichnete, wollte Jellicoe sie nicht schlagen. Das Grundproblem blieb ungelöst. Wenn man einem Feind nicht folgen kann, wie soll man ihm eine vernichtende Niederlage (ein taktischer Sieg brachte nichts) beibringen? Der Ausgang der Schlacht war dann auch keine Überraschung (Jellicoe „erwartungsgemäß verlaufen“).

Es ist auch bezeichnend, dass nicht wirklich klar ist, was die Engländer 1916 nach einer gewonnenen Skagerrak-Schlacht machen wollten. Der grundsätzlichen Idee (Vereinigung mit der russischen Armee) war doch schon nach Tannenberg der Boden entzogen.
 
Und wenn die Briten die Dänen zum Krieg gegen Deutschland verleiten? Gab ja die offene Rechnung von 1864? (Ist der Nord-Ostseekanal dicht, und dann?)
Oder die Norweger, Schweden, Holländer?

In der MGFA Militärgeschichte wird dies als Strategischer Erfolg der Hochseeflotte gewertet. Womit nach MGFA Auffassung der strategische Zweck der Hochseeflotte erfüllt war.

Die Alliierten haben ja mit den tollsten Versprechungen die Halbe Welt zum Kriegseintritt auf ihrer Seite verleitet. (die sie dann zum erheblichen Teil auch nicht hielten, was zB die Feindschaft Italiens und Japans im WK2 erklärt)
 
Und wenn die Briten die Dänen zum Krieg gegen Deutschland verleiten? Gab ja die offene Rechnung von 1864? (Ist der Nord-Ostseekanal dicht, und dann?)
Oder die Norweger, Schweden, Holländer?

In der MGFA Militärgeschichte wird dies als Strategischer Erfolg der Hochseeflotte gewertet. Womit nach MGFA Auffassung der strategische Zweck der Hochseeflotte erfüllt war.
Man findet die von Repo vorgestellte These, dass die Deutsche Hochseeflotte die Ostsee absperrte, (neben der "türkischen Flotte") die Versorgung Russlands durch die Entente unmöglich machte und die Neutralität der skandinavischen Länder und Holland sicherte, bei Rolf Güth in: MGFA (Hrsg.), Deutsche Militärgeschichte in sechs Bänden (1648-1939), Band 5, 1983, S. 310.

1.
Dass die deutsche Hochseeflotte die Ostsee für alliierte Schiffe sperrte und so im Norden die Versorgung Russlands durch die Entente verhinderte, ist nachvollziehbar. Doch kann darin der von Güth proklamierte Beitrag der Hochseeflotte zum Zusammenbruch und Kriegsaustritt Russlands nur dann gesehen werden, wenn die Entente überhaupt in der Lage gewesen wäre, Russland im großen Stil zu unterstützen und mit Kriegsmaterial zu versorgen. Dem könnte aber entgegenstehen, dass die Versorgungslage Englands und Frankreichs während des Ersten WK ebenfalls nicht sehr rosig war. Aber möglicherweise gab es ja verschiedende Phasen des Krieges, in dem eine solche Unterstützung durchaus möglich gewesen wäre. In solchen Phasen hätte dann die deutsche Hochseeflotte ihren Beitrag zum Zusammenbruch Russlands geleistet; aber eben nur in diesen Phasen.

2.
Der Aspekt "Sicherung der Neutralität" dürfte nur wenig stichhaltig sein:

Die Lage in Norwegen und Schweden war dadurch geprägt, dass Schweden wegen dem 1809 erlittenen Verlust von Finnland an Rußland und den im 19. Jahrhundert in Finnland unternommenen Russifizierungsversuchen antirussisch und prodeutsch eingestellt war. Allgemein wurde sogar mit Schwedens Kriegseintritt auf Seiten der Mittelmächte gegen Russland gerechnet. Norwegen hingegen wurde erst 1905 von Schweden unabhängig und sah in GB seine Garantiemacht. Zudem führte der deutsche Angriff auf das neutrale Belgien zu einer antideutschen Stimmung in Norwegen. Dass beide Länder neutral blieben, dürfte weniger an der deutschen Hochseeflotte gelegen haben, als viel mehr an der Aussicht, gegeneinander in einen Krieg hineingezogen zu werden, den man nicht gegeneinander führen wollte.

Dänemark war zwar bei Kriegsausbruch antideutsch eingestellt. Hier wirkten noch die Annexion Schleswig-Holsteins durch Preußen (1864) und die Eindeutschungsmassnahmen in Nordschleswig nach. ABER die Mobilmachung der dänischen Streitkräfte bei Kriegsausbruch war der strategischen Lage des Landes geschuldet. Über Dänemark konnte der Ostseezugang kontrolliert werden. Die Mobilmachung diente sowohl der Abwehr befürchteter britischer als auch der Abwehr befürchteter deutscher Militäroperationen. Freilich hatte Deutschland gegenüber Dänemark noch ein ganz anderes Druckmittel im Ärmel als die Hochseeflotte: das Landheer. Dementsprechend kamen die Dänen auch rasch allen deutschen Forderungen nach: Verminung des großen Belt, Zusage der "wohlwollenden Neutralität"; ja die Dänen untersagten sogar alle antideutsche Demonstrationen, um den übermächtigen Nachbarn nicht zu verstimmen.

Auch auf die Niederlande machte eher das deutsche Landheer als die Hochseeflotte Eindruck. Aber mehr noch als dieser militärische Einflussfaktor wirkte sich auf die Niederlande die Abhängigkeit von der deutschen Wirtschaft neutralitätsfördernd aus. Aus der Sicht der Alliierten verkamen die Niederlande während des Ersten WK zu einem deutschen "Vasallen". Und als der Krieg vorbei war, gewährte die Niederlande Kaiser Wilhelm auch noch Asyl. Dieses Beispiel zeigt, dass die Niederlande nicht durch die deutsche Hochseeflotte bedroht werden mussten, um sich neutral zu verhalten.
 
@repo: Und wenn die Briten die Dänen zum Krieg gegen Deutschland verleiten? Gab ja die offene Rechnung von 1864? (Ist der Nord-Ostseekanal dicht, und dann?)
@Repo, du glaubst doch nicht ernsthaft, dass Dänemark ohne massive Hilfe durch verbündete Truppen und Material in der Lage gewesen wäre, offensiv gegen Schleswig-Holstein vorzugehen? Im Gegenteil, das Land konnte froh sein, dass es ihm 1914 nicht wie Belgien erging. Offenbar rechnete man in London sogar mit einer Besetzung, deshalb vielleicht auch die weite Blockade der Nordsee und nicht eine enge Abschnürung der Deutschen Bucht.
Nicht zuletzt, Dänemark hatte noch 1864 gut in Erinnerung. Aber genausowenig war der britische Neutralitätsbruch 1801 und 1807 vergessen.
Seeschlacht von Kopenhagen – Wikipedia
 
@, dass Dänemark ohne massive Hilfe durch verbündete Truppen und Material in der Lage gewesen wäre, offensiv gegen Schleswig-Holstein vorzugehen? Im Gegenteil, das Land konnte froh sein, dass es ihm 1914 nicht wie Belgien erging. Offenbar rechnete man in London sogar mit einer Besetzung, deshalb vielleicht auch die weite Blockade der Nordsee und nicht eine enge Abschnürung der Deutschen Bucht.
Nicht zuletzt, Dänemark hatte noch 1864 gut in Erinnerung. Aber genausowenig war der britische Neutralitätsbruch 1801 und 1807 vergessen.
Seeschlacht von Kopenhagen – Wikipedia


Repo, du glaubst doch nicht ernsthaft
Glauben heißt nix wissen:devil:


Doch ernsthaft.
Szenario:
Hochseeflotte wird im Juni schwer geschlagen.
Die fürchterlichen Verluste von Verdun sind kein Szenario, die sind sogar Fakt.
Ende August erklären Rumänien und Dänemark etwa zeitgleich den Krieg.
Was dann?
 
@Repo: Ende August erklären Rumänien und Dänemark etwa zeitgleich den Krieg.
Was dann?
Ist doch nur das beliebte "Was wäre, wenn...". Da hätte erst mal sogar der Landsturm genügt, die Dänen hätten ihre Truppen doch erst einmal mobilisieren und von den Inseln runterbringen müssen, um sie im auch heute noch etwas hinterwäldlerischen und dünnbesiedelten Jütland zu stationieren. Und Rumänien ist der spätere Kriegseintritt ja nun beileibe nicht gut bekommen.
 
Ist doch nur das beliebte "Was wäre, wenn...". Da hätte erst mal sogar der Landsturm genügt, die Dänen hätten ihre Truppen doch erst einmal mobilisieren und von den Inseln runterbringen müssen, um sie im auch heute noch etwas hinterwäldlerischen und dünnbesiedelten Jütland zu stationieren. Und Rumänien ist der spätere Kriegseintritt ja nun beileibe nicht gut bekommen.


Alles richtig.

Die Rumänen waren wie die Italiener bescheuert in den Krieg einzutreten, geliefert haben beide lediglich an die Mittelmächte, die Rumänen haben sich die Lieferungen an die Türken durch ihr Land noch versilbern lassen, aber die Entente hat es in beiden Fällen geschafft.

Ich will ganz bestimmt keine "was wäre wenn" Diskussion lostreten, aber Fakt ist eben, dass kaum keiner der Neutralen die irgendwo die Chance hatten, bei einer Niederlage der Mittelmächte etwas zu erben, nicht letztlich auf Seiten der Entente in den Krieg eintraten. außer denjenigen die von der Flotte etwas zu befürchten hatten.

Ich teile die Einschätzung des MGFA-Bandes.

OT: die vielen gebrochenen Versprechungen der Entente im 1. WK sind ein überaus interessantes Kapitel, und zumindest teilweise in Folge eine Bedrohung des Weltfriedens bis heute.
 
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