Kerzen im Barock und Rokoko

La Paiva

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Irgendwo habe ich mal gelesen, dass bei den großen Festen im Barock und Rokoko viele Schlösser abgebrannt sind, weil die Tausenden Kerzen, die man aus Prunksucht liebte, unkontrollierbar waren.

Wer weiß Genaueres darüber: Also wie nannte man die Diener, die die Kerzen entzündeten? (Kerzenanzünder?) War es so, dass durch die entstandene Hitze die Kerzen weich wurden, sich verbogen und Tapeten und Gobelins in Brand setzten? Wurden die Kerzenanzünder dafür verantwortlich gemacht?

Meistens fanden ja auch noch Feuerwerke statt. Waren die auch gefährlich?

Ich brauche die Info für ein Kinderbuch. Danke für alle Antworten.
 
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass bei den großen Festen im Barock und Rokoko viele Schlösser abgebrannt sind, weil die Tausenden Kerzen, die man aus Prunksucht liebte, unkontrollierbar waren.

Wer weiß Genaueres darüber: Also wie nannte man die Diener, die die Kerzen entzündeten? (Kerzenanzünder?) War es so, dass durch die entstandene Hitze die Kerzen weich wurden, sich verbogen und Tapeten und Gobelins in Brand setzten? Wurden die Kerzenanzünder dafür verantwortlich gemacht?

Meistens fanden ja auch noch Feuerwerke statt. Waren die auch gefährlich?

Ich brauche die Info für ein Kinderbuch. Danke für alle Antworten.


Ich wüßte aus dem Stehgreif nur ein einziges Barockschloss, das in Friedenszeiten durch einen Unfall abgebrannt ist. Das Stadtschloss der Landgrafen brannte zur Zeit Jeromes ab, worauf der König Lustik in Wilhelmshöhe einzog, das bis 1813 Napoleonshöhe hieß. Später wohnte Jeromes Neffe, Napoleon III., kurzzeitig dort, nachdem er 1870 bei Sedan gefangengenommen wurde.

Dass allerdings die Kerzen für Brandkatastrophen verantwortlich waren, habe ich noch nie gehört und würde die Brandgefahr in Küchentrakten jedenfall für gefährlicher halten. Vor allem waren Schlösser auch kaum der Ausgangspunkt für Feuersbrünste, sondern brannten eher bei Brandkatastrophen ab, die unkontrollierbar geworden waren wie der Brand Roms 64 oder die Brandkatastrophe, die London 1666 heimsuchte.

Übrigens gab es im Rokokko auch schon Kronleuchter, die sich recht gefahrlos illuminieren lassen konnten.

Der Historienmaler Adolph Erdmann von Menzel gab einmal zu, dass er sein Gemälde "Flötenkonzert in Sanssoucci" nur wegen des Kronleuchters gemalt habe.
 

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Ich habe die Info aus einem Kinderführer durch Münchens Schlösser. Da heißt es " die größte Brandgefahr ging wahrscheinlich weder von den Kaminen noch von den Küchenherden, sondern von der Beleuchtung aus. (...) Wir wissen von drei großen Bränden, bei der ganze Teile der Residenz (Münchner) zerstört wurden, 1674,1729 und 1759. Der letzte Brand brach während eines Theaterstücks aus, zu dem 'feuriger Bühnenzauber' gehört......"
 
Ich kenne große Brände vor allem von Theatern, eben wegen der Beleuchtung, aber auch wegen den damaligen "Specialeffects", Feuerwerken usw., welche die Stücke aufwerten sollten. Daher und wegen der leicht brennbaren Theaterräume, Maschinerie, Kulisse usw. sind wohl nur sowenige Theater des Rokoko so vollständig erhalten geblieben wie das von Bayreuth (siehe: http://www.geschichtsforum.de/f31/d...ernh-user-und-theater-des-17-und-18-jh-26445/ zu dem Thema)

Schlossbrände gab es auch viele. So brannte die Heidecksburg, das Residenzschloss der Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt, und das Alte Schloss in Bayreuth im 18.Jh. aus. Jeweils wurden Neubauten als Übergangslösung oder als endgültige Lösung an Stelle der ausgebrannten Anlagen errichtet.

Es ist erstaunlich wie unvorsichtig man mit offenem Feuer umging. Bei vielen Zeremonien spielte Feuer oder Licht eine Rolle. Man denke an den Fackeltanz in Preußen, welcher anlässlich der Vermählungen abgehalten wurde oder an die großen Feuerwerke, welche man wegen Krönungsfeierlichkeiten, Regierungsjubiläen, Friedensschlüssen, Siegesmeldungen, Vermählungen, Geburts- und Namenstagen usw. abbrannte und auch keineswegs ungefährlich waren.

Also spezielle Bedienstete sind mir wegen der Kerzen noch nicht untergekommen. Man muss sie wohl unter den gewöhnlichen Lakaien, Livreedienern oder gar den "Kammermenschen" suchen. Schau mal bei Krünitz in der Encyclopédie nach. Da sind die verschiedensten Dienstbotenchargen aufgeführt. Ich glaube, der "Kammermensch" war das allerniedrigste, quasi ein Dienstbote, der von den Herrschaften nicht gesehen wurde.
 
Irgendwo habe ich mal gelesen, dass bei den großen Festen im Barock und Rokoko viele Schlösser abgebrannt sind, weil die Tausenden Kerzen, die man aus Prunksucht liebte, unkontrollierbar waren.

Wer weiß Genaueres darüber: Also wie nannte man die Diener, die die Kerzen entzündeten? (Kerzenanzünder?) War es so, dass durch die entstandene Hitze die Kerzen weich wurden, sich verbogen und Tapeten und Gobelins in Brand setzten? Wurden die Kerzenanzünder dafür verantwortlich gemacht?

Meistens fanden ja auch noch Feuerwerke statt. Waren die auch gefährlich?

Ich brauche die Info für ein Kinderbuch. Danke für alle Antworten.

Ja, da sind vieleicht mal drei Häuser abgebrannt, passiert heute auch.
Kannst du dir nicht vorstellen, das die Leute behutsam mit Feuer umgingen?
Schon der Nachtwächter damals musste rufen,"Liebe Leute löscht das Licht".
 
@ La Paiva

Vielleicht suchst Du mal nach einem konkreten Schlossbrand. Wie gesagt, da gab es ja einige.
Über exakte Ursachen oder ein bestimmtes persönliches Verschulden habe ich bis jetzt noch nichts gelesen, auch wenn damals natürlich schon viel spekuliert wurde und es auch durchaus Verschwörungstheorien gab.
 
Ja, da sind vieleicht mal drei Häuser abgebrannt, passiert heute auch.
Kannst du dir nicht vorstellen, das die Leute behutsam mit Feuer umgingen?
Schon der Nachtwächter damals musste rufen,"Liebe Leute löscht das Licht".
Grundsätzlich ist das was völlig anderes. Zum einen kann man die normalen Einwohner nicht mit dem Verhalten in den Schlössern vergleichen, weil eben Kerzen extrem teuer waren. Zum anderen hast Du auch in den Städten beides.
Zum einen gab es recht präzise Feuerverordnungen, Brandschutzübungen usw.. Auf der anderen Seite wurde aber auch wieder für alle mögliche Anlässe eine Illuminierung der Stadt angeordnet - in Freiburg z.B. bei der Geburt eines Erzherzogs. Was Illuminierung in dem Falle heißt, kannst Du Dir ja vorstellen. Jeder Bürger wurde dazu gezwungen verschwenderisch Kerzen abzubrennen. Bei uns in Freiburg, glaube ich, zumindest eine Kerze an jedem Fenster auf einem Stockwerk. Die Wirkung auf die Leute von damals, welche eben viele dunkle Häuser und selten Straßenbeleuchtung in größerem Umfang kannten, vermagst Du Dir als Landmann vielleicht vorzustellen.
 
Theater sind etwas anderes als Schlösser. Große Theaterbrände gehören bis in unsere Zeit zu den schlimmsten Brandkatastrophen, die passiert sind, es gibt da einige heftige Beispiele z.B.

Deshalb sitzt heute immer ein Feuerwehrman hinter der Bühne. Was der da ausrichten soll, weiss ich auch nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Theater sind etwas anderes als Schlösser. Große Theaterbrände gehören bis in unsere Zeit zu den schlimmsten Brandkatastrophen, die passiert sind, es gibt da einige heftige Beispiele z.B.
Der Brand im Wiener Ringtheater 1881: Geschichte des schlimmsten Theaterbrandes aller Zeiten
Es geht aber leicht Hand in Hand, da Schlosstheater doch sehr in Mode waren. Oder nicht?
Das Problem einer Illuminierung großer Räume mit massen offener Lichter ist doch das Gleiche, wenngleich das Material etc. noch entzündbarer ist.
 
Deshalb sitzt heute immer ein Ferwehrmann hinter der Bühne.
Was der da ausrichten soll, weiss ich auch nicht.
Was soll denn heute da passieren, mal ausgenommen HIP-Aufführungen mit vielen Kerzen wie bei "Le Bourgois Gentilhomme"? Sind die Kurzschlüsse der Bühnentechnik so wahrscheinlich?

Aber nee, lassen wir das! Das ist doch sehr OT.:still:
 
@ Paiva
Und schau mal bei Swift in seinem "Anweisungen für Dienstboten"! Das ist zwar, wirst Du gleich begreifen, sehr satirisch gemeint, im Kapitel über Lakaien geht es aber dezidiert darum, dass und wie sie mit Kerzen umgehen sollen.

->
Jonathan Swift:
"Des Herrn Dr. Jonathan Swifts wo nicht unverbesserliche so doch wohlgemeynte Anweisungen für alle Arten unerfahrner Dienstboten aus vieljähriger sorgfältiger Aufmerksamkeit und Erfahrung zusammengetragen" (1748)

Insel-Verlag, 1990
 
@Pavia
Ganz klar, Wer mit dem Feuer "spielt", kommt darin um. Will sagen, wenn man mit Feuer und/oder Kerzen nicht sorgfältig und sachgemäß umgeht, kann es zum Brand kommen, gilt heute noch ebenso, wie in den letzten Jahrhunderten. Wenn Herrschaften und Dienerschaften sorgfältig waren, passierte nichts.
Ich weiß von einigen Hausdamen und Butlern, die aus Sorgfaltspflicht eine nächtliche Runde drehten, um sicherzustellen, dass alle Feuer gelöscht waren. Und wehe, es war eines vergessen worden!

Und bei großen Festen hatte man erst recht genug Personal, das sich um die Rahmenbedingungen kümmerte. Nur wie gesagt, wenn Dienerschaft und Herrschaft zu sorglos waren, wurde eben nicht genügend darauf geachtet ...
 
So brannte die Heidecksburg, das Residenzschloss der Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt (...) im 18.Jh. aus.

Es ist erstaunlich wie unvorsichtig man mit offenem Feuer umging.

Vor einigen Jahren, bei einer Führung durch die Räume der Heicksburg, meinte man, dass schon seit Jahrhunderten gemunkelt wird, dass 1735 das Schloss niederbrannte, weil Friedrich Anton einen Feuerwerker unterhielt und der seine Wohnung im Dachgestühl hatte.
Ich denke schon, dass er nicht die Erlaubnis hatte zu experimentieren, aber man kann sich vorstellen, dass trotzdem die Gefahr dadurch kaum vermieden werden konnte.
Denn angeblich soll ein Experiment für ein bevorstehendes Feuerwerk "daneben gegangen" sein, weshalb das Schloss kurz darauf in Flammen stand.
Darauf folgte unweigerlich die These, dass dieser Brand die Retour-Kutsche für die Rudolstädter für die Erhebung in den Reichsfürstenstand 1710 gewesen sein soll, weil sie seit ihrer Erhebung streng darauf achteten, dass ihr Stand gebührend presentiert wurde.

Aber darum handelt es sich wohl um ein Gerücht, denn auf die Kürze habe ich in allen Quellen keinen Beweis gefunden.
Grau kann ich mich erinnern, dass ein Name auf die Person des angeblichen Pyrotechnikers fiel, aber der will mir partout nicht mehr einfallen.

Ich glaube, der "Kammermensch" war das allerniedrigste, quasi ein Dienstbote, der von den Herrschaften nicht gesehen wurde.

In eben dem selben "Vortrag" zeigte man uns, dass in Rudolstadt die Öfen vom Flur aus befeuert wurden. Die gußeisernen massiven Ofentüren sahen recht verlässlich aus und dazu hatte man Bedienstete angestellt, die sich allein um die Wärme zu kümmerten.
Ich dächte, dass sie anders betitelt wurden, aber die Bedeutung ist sicherlich mit einem "Kammermenschen" gleichzusetzen.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass die "Heizer" in Rudolstadt auch für die Beleuchtung zuständig waren. Da es nach der Erhebung und dem Brand/Neuaufbau wohl ziemlich mau in der fürstlichen Kasse aussah.
 
Ich dächte, dass sie anders betitelt wurden, aber die Bedeutung ist sicherlich mit einem "Kammermenschen" gleichzusetzen.
In einer mir dankbarerweise von Mercy zur Verfügung gestellten Quelle wird ein "Stubenmensch Magdalena" beim Hofstaat des Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Rochefort von 1750 erwähnt.
das dürfte sowas wie der Kammermensch, den Krünitz erwähnt, sein.

Krünitz:
Kammer=Mensch, (das) an einigen Höfen, z. B. zu Wien, eine Kammerbediente von der geringsten Art, welche die niedrigsten Verrichtungen in den herrschaftl. Wohn= und Schlaf=Zimmern zu verrichten hat, und von einem Kammer=Weibe noch verschieden ist.
*

"Das (sic.) Kammermensch" scheint also ähnlich dem (wahrscheinlich dann auch "das") "Stubenmensch zu sein.

Teilweise tauchen auch bei solchen Listen der Höfe auch garkeine weiteren Bezeichnungen auf. Bezeichnend für die untersten Chargen ist, dass sie nicht mehr wie die höher anzusiedelnden Kammerdiener und Kammerlakaien mit vollem Namen und teilweise mit dem Zusatz "Herr ..." sondern nur noch mit dem Vor- oder Rufnamen aufgeführt sind. Dabei ist es unterschiedlich, je nachdem scheint sich der Nach- oder der Vorname oder nur die Funktion als üblicher Rufname eingebürgert hat.

OT: Leider hat der Hof von Löwenstein-Wertheim-Rochefort offenbar keine Kammerherren besessen.:motz::cry:;)


Quelle:
*
Krünitz Online
 
@Brissotin
Das liegt vermutlich daran, dass der Ausdruck "Kammerherr" per se recht ungewöhnlich ist. Entweder du bist der Herr oder der Diener, nicht wahr? Der Adel verwendete für den Kammerdiener z.B. auch die Bezeichnung "Leibdiener", Fürsten- und Königshöfe kannten auch die Bezeichnung "Kammerhusar".
 
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