Bismarck schuld am 1. Wk?

History4fun

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Heya,

bald werde ich mündl geprüft zu Bismarck und Weimar. Da hab ich mir die Frage gestellt, was auch oft behauptet wird, dass Bismarck Teilschuld am 1. Wk habe und Teilschuld am "Untergang" der Weimarer Republik.

Einige Punkte sind mir schon eingefallen:
Pro:
1.) Bismarck hat den Obrigkeitsstaat geformt (Abhängigkeit vom Kaiser)
2.) Dadurch hat er dem liberalen Bürgertum / der Arbeiterschaft das pol.
Denken abgewöhnt, was sie 1918 dringend benötigt hätten.

Contra:
1.) Immerhin hat Bismarck den Krieg nur als Mittel zum Zweck "benutzt", um
Deutschland zu einen, ab 1871 hat er eine konsequente Friedenspolitik
betrieben

Wie seht ihr das?
 
Die Politik Bismarcks, von einem "saturierten Reich" zu sprechen, sich als "ehrlicher Makler" zu stilisieren und zumindest die Unsinnigkeit von Kolonien lange zu artikulieren, zeugt davon, dass Bismarck sich der BEgrenztheit der deutschen Möglichkeiten in Europa bewusst war. Er wusste, dass eine weitere Ausdehnung auf harte Gegenwehr stoßen würde und bemüht sich deshalb um eine Fernhaltung etwaiger Konflikte.

Diese realistische Anschaung, steht in Widerspruch zur Wilhelmini´schen unausgegorenen Politik der "freien Hand". Bismarck hat sich zudem immer um Russland bemüht, trotz des Konflikts mit Österreich-Ungarn.

Das einzige was man ihm meiner Meinung nach vorwerfen kann ist, keine Aussöhnung mit Frankfreich versucht zu haben, von seinen innenpolitischen Fehlgängen mal abgesehen.

Aber mit seiner Außenpolitik hätte Deutschland den 1. Weltkrieg so nicht bekommen.
 
Um Haffner zu zitieren (eigentlich mag ich ihn nicht, aber hier sehr passend): Bismarck hat Deutschland in die Sche**** geritten..."

Wilhelm I war bekannterweise nur der Kaiser weil Bismarck ihn "geformt" hat. Vor allem in Süddeutschland galt WI als Puppe in Bismarcks Händen.

Jetzt darf man streiten, ob WII zu überheblich geworden ist, oder Bismarck als Lotse von Bord gegangen ist und beim gehen das Ruder kaputt gemacht hat. Bismarck Bündnisse, haben einen stets zwei Faktoren beinhaltet, die WII nicht mehr zur Verfügung hatte: 1. - Die Person Wilhelm I. und 2. - Bismarck selbst.

Gerade im Bezug auf Russland erwähnt der "Weltmarschall" Graf Waldersee stets, dass Russland keinen krieg wagen würde, solange WI. noch am Ruder ist.

Um es kurz zusammenzufassen: Bismarck hat das Reich gebaut, hat es als alleiniger Geschäftführer geführt und dann vergessen einen Nachfolger aufzubauen. In der Wirtschaft wäre der Aktienkurs zusammen gesackt, in der realen Welt des langen 19. Jahrhunderts gab es eben Krieg.

Hoffe geholfen zu haben!
 
Um Haffner zu zitieren (eigentlich mag ich ihn nicht, aber hier sehr passend): Bismarck hat Deutschland in die Sche**** geritten..."

Wilhelm I war bekannterweise nur der Kaiser weil Bismarck ihn "geformt" hat. Vor allem in Süddeutschland galt WI als Puppe in Bismarcks Händen.

Jetzt darf man streiten, ob WII zu überheblich geworden ist, oder Bismarck als Lotse von Bord gegangen ist und beim gehen das Ruder kaputt gemacht hat. Bismarck Bündnisse, haben einen stets zwei Faktoren beinhaltet, die WII nicht mehr zur Verfügung hatte: 1. - Die Person Wilhelm I. und 2. - Bismarck selbst.

Gerade im Bezug auf Russland erwähnt der "Weltmarschall" Graf Waldersee stets, dass Russland keinen krieg wagen würde, solange WI. noch am Ruder ist.

Um es kurz zusammenzufassen: Bismarck hat das Reich gebaut, hat es als alleiniger Geschäftführer geführt und dann vergessen einen Nachfolger aufzubauen. In der Wirtschaft wäre der Aktienkurs zusammen gesackt, in der realen Welt des langen 19. Jahrhunderts gab es eben Krieg.

Hoffe geholfen zu haben!


Du sagst, Wilhelm I. wäre eigentlich zu vernachlässigen gewesen, wieso soll er andere Mächte am Krieg gehindert haben sollen?

Klar, Bismarck hat keinen Nachfolger aufgebaut, aber das Problem liegt eher an dem System Monarchie an sich, was eben sehr von dynastischen Ränkespielen abhängig ist, mal hat man Glück und bekommt Friedrich II., ein andernmal Napoleon III., das ist mal so mal so. Was hätte Bismarck, außer einen adäquaten Nachfolger zu finden und durchzusetzen, anders machen sollen?
 
Vielen Dank für Eure Beiträge.

Es hört sich für mich aber immer noch so an, dass es nicht Bismarcks Schuld war, dass es zum 1. WK kam. Welcher Kanzler sollte denn an einem Nachfolger arbeiten? Bzw. einen suchen, insbesonders einer wie Bismarck, der so lange wie möglich an der Macht bleiben wollte?
Darüber hinaus verstehe ich nicht, warum Russland Dtl. nciht angreifen wollte, solange WI. an der Macht ist - gab es da vll sogar familäre Banden, die man berücksichtigen sollte?
Trotzdem fällt deutlich auf, dass nach Bismarck Abdankunge, Wilhelms Politik stark auf den 1. Wk zusteuert:
1.) Säbelrasselnde Reden, WII. war es gewohnt in einem starken Deutschland zu leben, dass durch Kriege alles erreicht hatte, und auch immer gewonnen hatte.
2.) Daraus resultierende Überheblichkeit in Bezug auf die Kolonialpolitik, Aufrüstung der Flotte
3.) Ablehnung ggü. Russland und die versäumte Verlängerung des Rückversicherungsvertrages von 1887, wodurch sich Russland FR annäherte und Deutschland in der Zange war zw. R und FR (Bismarck hat davor stets gewarnt)
4.) WII. war ein impulsiver Jungspund (29j.) der endlich regieren wollte und seine Macht ausleben wollte, was ihm letztendlich zum Verhängnis wurde.

Dies sind auf jeden Fall wichtige Kriterien für den 1. Wk. Bismarck war Kriegen ggü. immer recht besonnen und hat überlegt gehandelt, er hat gewusst was realistisch ist ist (Realpolitiker), deshalb fällt es mir schwer Bismarck Schuld am 1. Wk zu geben.

Wie seht ihr das?

Grüße
History
 
Vielen Dank für Eure Beiträge.

Es hört sich für mich aber immer noch so an, dass es nicht Bismarcks Schuld war, dass es zum 1. WK kam. Welcher Kanzler sollte denn an einem Nachfolger arbeiten? Bzw. einen suchen, insbesonders einer wie Bismarck, der so lange wie möglich an der Macht bleiben wollte?
Darüber hinaus verstehe ich nicht, warum Russland Dtl. nciht angreifen wollte, solange WI. an der Macht ist - gab es da vll sogar familäre Banden, die man berücksichtigen sollte?
Trotzdem fällt deutlich auf, dass nach Bismarck Abdankunge, Wilhelms Politik stark auf den 1. Wk zusteuert:
1.) Säbelrasselnde Reden, WII. war es gewohnt in einem starken Deutschland zu leben, dass durch Kriege alles erreicht hatte, und auch immer gewonnen hatte.
2.) Daraus resultierende Überheblichkeit in Bezug auf die Kolonialpolitik, Aufrüstung der Flotte
3.) Ablehnung ggü. Russland und die versäumte Verlängerung des Rückversicherungsvertrages von 1887, wodurch sich Russland FR annäherte und Deutschland in der Zange war zw. R und FR (Bismarck hat davor stets gewarnt)
4.) WII. war ein impulsiver Jungspund (29j.) der endlich regieren wollte und seine Macht ausleben wollte, was ihm letztendlich zum Verhängnis wurde.

Dies sind auf jeden Fall wichtige Kriterien für den 1. Wk. Bismarck war Kriegen ggü. immer recht besonnen und hat überlegt gehandelt, er hat gewusst was realistisch ist ist (Realpolitiker), deshalb fällt es mir schwer Bismarck Schuld am 1. Wk zu geben.

Wie seht ihr das?

Grüße
History


Familiäre Bande waren da nicht mehr so relevant, da haben viel mehr Faktoren eine Rolle gespielt, dass waren Krieg von Nationalstaaten, nicht mehr von Dynastien. Gerade Wilhelm II. war sowohl mit dem englischen als auch dem russischen Adel verwandt. Das hat nichts am Krieg geändert.

Wieso versuchst du denn dann, Bismarck zum Schuldigen zu machen, ist das Lehrerauftrag oder wieso?
 
Du sagst, Wilhelm I. wäre eigentlich zu vernachlässigen gewesen, wieso soll er andere Mächte am Krieg gehindert haben sollen?

Seine Person, oder besser wie sie wahrgenommen wurde unterschieden sich deutlich. Wilhelm I. wurde als "starker" Kaiser wahrgenommen. Schließlich hatte er ja, auf dem Papier, drei Kriege gewonnen und dadurch eine Hegemonialmacht geschaffen. Ich verweise nochmal auf Waldersee. Seine Denkwürdigkeiten sind einmalig unter der Prämisse, dass er einer der ersten "politischen" Offiziere war, vor Allem der erste Band erklärt die "Russland-Wilhelm I.-Krieg"-Thematik in aunschaulicher Weise.
 
Ich verweise nochmal auf Waldersee. Seine Denkwürdigkeiten sind einmalig unter der Prämisse, dass er einer der ersten "politischen" Offiziere war, vor Allem der erste Band erklärt die "Russland-Wilhelm I.-Krieg"-Thematik in aunschaulicher Weise.

Inwieweit erklären sie das denn? Den Bezug der Prämisse dazu verstehe ich nicht.
 
Ist doch eigentlich relativ irrelevant wie viele Kriege Wilhelm I. gewonnen hatte, die fremden Mächte waren doch sicherlich nicht so naiv, dass sie davon ausgingen, ein alter Mann würde im Zeitalter der Volksheere einen Unbesiegbarkeits-Faktor darstellen.
 
Inwieweit erklären sie das denn? Den Bezug der Prämisse dazu verstehe ich nicht.

Er war eben ein Offizier, der die politische Lage innerhalb und außerhalb des Reiches kannte - ungewöhnlich!

Und wenn du einen Blick in Band 1 seiner Denkwürdigkeiten wirfst, verstehst Du was ich meine. Er schildert die Lage(n) nicht nur als Militär. Gerade um 1886-1888 ist es spannend und informativ.

Gruß
Graf Rakete

Nachtrag: Da jemand bemängelt hat, dass ich keine Quellen anführe - Wie wissenschaftlich iast ein Fprum in dem jeder schreiben kann der sich berufen fühlt?

Und zum Thema: [FONT=&quot]Meisner, Otto (Hg.), Denkwürdigkeiten des Generalfeldmarschalls Alfred Graf von Waldersee. Bd. 2. Stuttgart, Berlin 1925. S. 185- 210.
[/FONT]
 
Zuletzt bearbeitet:
Er war eben ein Offizier, der die politische Lage innerhalb und außerhalb des Reiches kannte - ungewöhnlich!
Und wenn du einen Blick in Band 1 seiner Denkwürdigkeiten wirfst, verstehst Du was ich meine. Er schildert die Lage(n) nicht nur als Militär. Gerade um 1886-1888 ist es spannend und informativ.

Kannte oder zu kennen glaubte?:winke:

Eine ganze Reihe von Militärs übte sich in diplomatischen Hobbybetrachtungen. Dieses Phänomen reichte bis hin zu Militärattachees bei den Botschaften, die parallel zur AA-Vertretung diplomatische Einschätzungen abgaben.

Was davon zutreffend war, steht auf einem völlig anderem Blatt.

Wichtig ist hierbei, die diplomatischen Betrachtungen zu hinterfragen und ihre Folgen abzuschätzen. Dafür steht für viele Aspekte, leider nicht erschöpfend, neuere Literatur zur Verfügung.


P.S. Ich habe zwar nicht danach gefragt, aber Literaturhinweise sind immer erwünscht.
 
Nachtrag: Da jemand bemängelt hat, dass ich keine Quellen anführe - Wie wissenschaftlich iast ein Fprum in dem jeder schreiben kann der sich berufen fühlt?

Wir sind zwar kein wissenschaftliches Forum. Hier darf jeder schreiben. Es wird aber auch den nicht Historikern im Forum immer wieder mitgeteilt, sie sollen ihre Quellen angeben. Vor allem dann wenn Thesen in den Raum gestellt werden, die nicht so oder überhaupt nicht bekannt sind. Daran halten sich eigentlich alle im Forum. Wenn Quellen oder auch die Sekundärliteratur nicht angegeben wird, dann wird eben nachgefragt. Wenn man dann keine liefert, werden die Beiträge des Schreibers eben mit andern Augen gelesen.

Deshalb ist es wichtig, dass man die Literaturangaben macht, denn es gibt auch welche die prüfen deine Thesen nach.
 
Kannte oder zu kennen glaubte?:winke:

Seine Betrachtungen traten mit hoher Trefferquote ein und deckt sich mit zahlreichen Betrachtungsweisen seiner Zeitgenossen (Holstein (Briefe), Eulenburg (Haller), Oldenburg-Januschau, Hassel sen. (Erinnerungen), auch wenn diese weniger konservativ waren.

Wenn man ihn gelesen hat, dies dann vergleicht - mit aktueller und zeitgenössischer Literatur - dann erübrigt sich Deine Frage. :winke:
 
Seine Betrachtungen traten mit hoher Trefferquote ein und deckt sich mit zahlreichen Betrachtungsweisen seiner Zeitgenossen (Holstein (Briefe), Eulenburg (Haller), Oldenburg-Januschau, Hassel sen. (Erinnerungen), auch wenn diese weniger konservativ waren.
Wenn man ihn gelesen hat, dies dann vergleicht - mit aktueller und zeitgenössischer Literatur - dann erübrigt sich Deine Frage. :winke:

Das finde ich interessant.

Kannst Du einmal ein paar Beispiele im Querschnitt nennen und mit der aktuellen Literatur vergleichen?

[Gibts da speziell etwas zur Verbindung von Risorgimento/Russischem Nationalismus/Deutscher Frage?]
 
Schließlich hatte er ja, auf dem Papier, drei Kriege gewonnen und dadurch eine Hegemonialmacht geschaffen.

Wenn man Hegemonialmacht durch Großmacht ersetzt, dann wäre die Aussage weniger problematisch, aber so widerspricht sie zumindest der Argumentationslinie von Hillgruber, der den Begriff der "halben Hegemonie" benutzt.

Die gescheiterte Grossmacht. Eine Skizze des Deutschen Reiches 1871-1945: Amazon.de: Andreas Hillgruber: Bücher

Deutschlands Rolle in der Vorgeschichte der beiden Weltkriege.: Amazon.de: Andreas Hillgruber: Bücher

Es mag kleinlich klingen, dieser Aussage zu widersprechen, aber gerade um die Erlangung der Hegemonie drehte es sich im wesentlichen im WW1 und im WW2, das sind zumindest die Thesen die Hillgruber vertritt.

Deutschland wollte - und hat - im WW1 und WW2 um die Position der Hegemonialmacht in Europa kämpfen, aus der Position einer europäischen Großmacht bzw. halb-hegemonialen Macht und ist beide Male auf dem Weg zur Hegemonialmacht gescheitert.

Durch die gewonnenen Kriege bis 70/71 hatte sich Deutschland als zentral europäische Großmacht etabliert, allerdings war es politisch (Bündnispolitik etc.), wirtschaftlich, militärisch und auch aufgrund seiner verkrusteten inneren Strukturen (Sozialstruktur und politisches System) keine Hegemonialmacht.

Zudem zeichnete sich aufgrund der Rivalität zu anderen europäischen Mächten die Gefahr ab, einen relativen Bedeutungsverlust zu erleiden. Dieses vor allem im Bereich des Militärs.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Silesia: Auf die Schnelle kann ich Dir diese Frage nicht beantworten. Um was genau geht es Dir? Panslawismus in Russland als Gefahr für Deutschland ist oft bis stetig präsent:

[FONT=&quot]Waldersee, bd.1 S. 195-197, S. 268, S. 301;[/FONT]
[FONT=&quot]Bernhardi, Friedrich von, Denkwürdigk[FONT=&quot]eiten aus meinem Leben. S. 150.[/FONT][/FONT]
[FONT=&quot]Rogge, Helmuth (Hg.), Friedrich von Holstein Lebensbekenntnis in Briefen an seine Frau. Berlin 1932. S. 131f[FONT=&quot].

[/FONT]
[/FONT] [FONT=&quot]Salewski, Michael, Der Erste Weltkrieg. 2. Aufl. Paderborn, Mü[FONT=&quot]nchen, Wien u. A. 2004. S. 50f.[/FONT][/FONT]
[FONT=&quot][/FONT] @thanepower
der Begriff kann mE verschieden interpretiert werden ohne falsch oder richtig zu sein - wahrscheinlich könnte man jede Hegemonialmacht durch wenige Faktoren zur Großmacht stutzen. Ich korrigiere mich: militärische (bis Anfang des 20. Jhd.) Hegemonialmacht.


[FONT=&quot][/FONT][FONT=&quot][/FONT]
 
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