Pfeilspitze aus dem Fund aus Nidderau

Negativ

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https://www.ratatoskr.de/Laden/images/dbimages/artikel_0023475_b.JPG

Wenn ich richtig informiert bin, dann zeigt das verlinkte Bild die Replik einer Pfeilspitze aus dem bronzezeitlichen Fund aus Nidderau (Urnenfelderkultur, ca. 1200 v. Chr.). Liege ich da richtig?

Auffällig ist natürlich der kleine Haken an der Tülle. Gibt es fundierte Theorien zum Zweck dieses Hakens? Ich befinde mich an anderer Stelle in einer Diskussion diesbezüglich. Ich war der Meinung, er sei ein einfacher Widerhaken, der das Entfernen des Pfeils erschweren, bzw. die Wunde verschlimmern soll. Allerdings wurde (durchaus glaubwürdig) dagegen argumentiert, da die Spitze ja bereits Widerhaken hat und der zusätzliche Haken daher nichts bewirke. Gleichzeitig gab es Vermutungen, die dahin gingen, dass es sich um einen Pfeil handelt, der geschleudert wurde, in der Art, wie bei einem antiken "Kestros" (Kestrophendone). Allerdings finde ich diese Theorie nicht überzeugend, da mir die räumliche und zeitliche Distanz zwischen dem Fund und einem "Kestros" zu groß erscheint.

Also: Gibt es Theorien zum Zweck des Hakens? Wie sieht es mit vergleichbaren Funden aus?
 
https://www.ratatoskr.de/Laden/images/dbimages/artikel_0023475_b.JPGAuffällig ist natürlich der kleine Haken an der Tülle. [...] Ich befinde mich an anderer Stelle in einer Diskussion diesbezüglich. Ich war der Meinung, er sei ein einfacher Widerhaken, der das Entfernen des Pfeils erschweren, bzw. die Wunde verschlimmern soll. Allerdings wurde (durchaus glaubwürdig) dagegen argumentiert, da die Spitze ja bereits Widerhaken hat und der zusätzliche Haken daher nichts bewirke.

Allerdings findet man häufig mehrere Widerhaken hintereinander, dies ist also kein ausreichendes Argument gegen einen Widerhaken.


Gleichzeitig gab es Vermutungen, die dahin gingen, dass es sich um einen Pfeil handelt, der geschleudert wurde, in der Art, wie bei einem antiken "Kestros" (Kestrophendone). Allerdings finde ich diese Theorie nicht überzeugend, da mir die räumliche und zeitliche Distanz zwischen dem Fund und einem "Kestros" zu groß erscheint.

Wie auch immer ein Kestros funktioniert haben mag, es erscheint wenig plausibel, dass der Pfeil von der Spitze aus abgeschossen wurde. Bei allen Arten des Pfeil und Speerwurfs (Bogen, Bolzenschussgerät, Armbrust, Atlatl) wird der Pfeil oder Speer vom Schaft aus beschleunigt und bezeichnenderweise fliegt ein Speer aus dem Atlatl, wo er vom Ende aus seinen Schub erhält, schneller und weiter als aus der Hand geworfen.
 
@ El Quijote

Danke für deine Antwort. Kannst du mir Beispiele für Funde mit mehreren Widerhaken nennen, bzw. für Funde, die dem aus Nidderau ähneln?
 
Leider keine aus Metall, aber aus Knochen, Geweih und Elfenbein, bzw. Holz und Feuerstein oder Knochen und Feuerstein. So etwa die Pfeile aus der slowakischen Medvedia-Höhle, die man in zwei Braunbärskelette gefunden hat. Schau auch mal unter Widerhaken bei Wikipedia, da findest du ein Bild aus einem französischen Buch mit Harpunenspitzen aus dem Magdalénien.
 
Wenn ich richtig informiert bin, dann zeigt das verlinkte Bild die Replik einer Pfeilspitze aus dem bronzezeitlichen Fund aus Nidderau (Urnenfelderkultur, ca. 1200 v. Chr.). Liege ich da richtig?
Es wäre schön wenn du den Fundort noch verifizieren könntest, dann kann man, so vorhanden, mal in die entsprechenden Literatur schauen.

das Häkchen ist wohl schlicht der Rest des Gießkanals
Gute Erklärung, die aber nur greift, wenn es sich bei dem Fund nicht um einen wirklich genutzten Gegenstand handelte, mglw. gehört die Spitze auch zu einem Hortfund ?.
Also schau doch mal bitte nach dem Fundort und sofern vorhanden nach Literatur.

Ohne den Fundkontext ist die Interpretation sehr schwierig.
 
Das ist ja gerade der Punkt: Ich bin mir nicht sicher, ob diese Replik tatsächlich einem realen Fund entspricht. Wenn es so wäre, dann handelt es sich um einen bronzezeitlichen Fund aus Nidderau Heldenberg (Main-Kinzig-Kreis). Vermutlich ist dies ein Grab- oder Hortfund. Ich bin mir fast sicher, dass in Ernst Probsts "Deutschland in der Bronzezeit" (ISBN-10: 3570022374) auf Funde aus diesem Ort eingegangen wird, aber ob sich darin auch diese Pfeilspitze wiederfindet. Leider habe ich das Buch gerade nicht zur Hand.
 
Das ist ja gerade der Punkt: Ich bin mir nicht sicher, ob diese Replik tatsächlich einem realen Fund entspricht.
Ich habe mal durch folgende Bücher geblättert:
Die Vorgeschichte Hessens, Kasseler Führer Band 3 und Göttinger Typentafeln und habe bisher keinen Vergleichsfund mit einem solchen Widerhaken gefunden.
Den Probst besitze ich nicht.

Ich vermute mal das es sich bei der Widerhaken der Replik tatsächlich um den Rest eines Gießkanals handelt.

Wenn du mehr Infos haben möchtest setze dich doch mal Dr. G. Gallay (Heldenbergen) in Verbindung, vielleicht kann Sie dir weiterhelfen.
 
Ich habe inzwischen bereits bei oberflächlicher Bildersuche per Google eine ganze Reihe von Originalfunden von Pfeilspitzen mit solchen Haken gefunden. Von der Bronzezeit (Fundort Crestaulta, Schweiz) über skythische aus dem 4. Jahrhundert vor Christus bis thrakische aus dem 3. bis 1. Jahrhundert vor Christus. Das Problem ist, dass fast keine der Spitzen zudem eine Schwalbenschwanzspitze besitzt. Ich habe nur ein Exemplar mit Schwalbenschwanzspitze und einem weiteren Hakenpaar an der Tülle (siehe Bildmitte).

http://www.via-historia.at/screen/funde/einzelfunde/gross/bronzezeit_pfeilspitzen.gif
 
Ich habe inzwischen bereits bei oberflächlicher Bildersuche per Google eine ganze Reihe von Originalfunden von Pfeilspitzen mit solchen Haken gefunden. Von der Bronzezeit (Fundort Crestaulta, Schweiz) über skythische aus dem 4. Jahrhundert vor Christus bis thrakische aus dem 3. bis 1. Jahrhundert vor Christus.
Wenn ich richtig informiert bin, dann zeigt das verlinkte Bild die Replik einer Pfeilspitze aus dem bronzezeitlichen Fund aus Nidderau (Urnenfelderkultur, ca. 1200 v. Chr.).
Funde sollten zuerst im möglichst engem regionalen und zeitlichen Kontext untersucht werden, dass ist insbesondere wichtig wenn du Vergleichsfunde suchst. Wenn du denn Blick dann auch zeitlich, kulturell und regional so stark erweiterst wie du es getan hast, wirst fast zwangsläufig auf ähnliche Funde stoßen.

Schaue doch mal bei Tomba nach, und nimm als Suchkriterium die Urnenfelderzeit, vielleicht wirst dort fündig.
Link zu Tomba: Frames
 
Gießkanäle

das Häkchen ist wohl schlicht der Rest des Gießkanals
Also ich kenne aus eigener Anschauung einen Bronzehort von der Lothringer Platte.Dabei auch nie geschäftete Pfeilspitzen.Alle hatten noch Luftpfeifen also Gießkanäle,das andere waren Bronzebruch,Bronzeschlacke aber auch fertige Pfeil und Lanzenspitzen,entgradet,geglättet und geschärft.
 
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