Das projektierte russisch-britische Marineabkommen 1912/14

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Im Frühsommer 1914 wurde im AA bekannt, dass Verhandlungen über ein britisch/russisches Flottenabkommen liefen.
Jagow bat Ballin bei Grey nachzufragen ob a) ein solches Abkommen bestünde oder b) mit dem Abschluß eines solches Abkommen zu rechnen wäre.
Grey verneinte beides. Was zu a) zutreffend war, zu b) nicht der Wahrheit entsprach.

Quelle: Dorst/Wünsche "Der 1. WK"
 
b) nicht der Wahrheit entsprach.

Vielleicht ist das der Ausdruck der zögerlichen englischen Haltung?

Über die Gespräche war die deutsche Seite doch informiert. Wichtig ist, dass Mißtrauen geschürt wurde, nachdem das französisch-deutsche bzw. auch englische Krisenmanagement auf dem Balkan noch 1912/13 funktioniert hatte.
 
Jagow bat Ballin bei Grey nachzufragen ob a) ein solches Abkommen bestünde oder b) mit dem Abschluß eines solches Abkommen zu rechnen wäre.Grey verneinte beides. Was zu a) zutreffend war, zu b) nicht der Wahrheit entsprach.

Vor der Ballin-Mission (HAPAG-Generaldirektor) hatte es drei Gespräche zwischen Grey und dem deutschen Botschafter Lichnowsky gegeben. In diesen Gesprächen hatte Grey "conversations" mit Rußland angegeben. Grey gab zusätzlich zu bedenken, dass es derzeit keine beachtliche russische Flotte geben würde und das sich England stets freie Hand in "festländischen Verwicklungen" vorbehalten würden (Gespräche Juni bis 11.7.1914).

Schröder wertet die vertrauliche Angabe ggü. Lichnowsky als Beruhigungsversuch von Grey, da in den Gesprächen von Lichnowsky unverhüllte Drohungen gegenüber Großbritannien in dieser Frage abgegeben worden sich.

Die bereits gut informierte Reichsregierung versuchte über dieses Insistieren, Druck aufzubauen und die Konvention zu verhindern. Der Ballin-Besuch stand in dieser Linie, wobei Grey nun gegenüber Ballin noch hinter die getätigten Aussagen gegenüber Lichnowsky zurückwich (vermutlich aufgrund der unklaren Position Ballins). Ballins Bericht stammt vom 23.7.1914, und ging am 27.7.1914 in der Wilhelmstraße ein. Er hatte unmittelbar "keine nachweisbaren Wirkungen" auf die weiteren Abläufe. Die deutschen diplomatischen "Störversuche" (Schröder) der russ.-englischen Gespräche wurden von deutscher Seite als wirkungslos eingeschätzt.

Mit der Information, dass das englische Kabinett der Flottenkonvention doch zustimmen werde, war bereits im Mai 1914 der Eindruck deutscherseits entstanden, dass die Triple-Entente sich verfestigt habe. Der Eindruck verstärkte sich - nicht aufgrund der Ballin-Mission - mit den drei Lichnowsky-Gesprächen in dieser Frage. Bethmann Hollweg sah die Vorgänge jedenfalls am 6.7.1914 als "letztes Glied in der Kette" der deutschen "Einkreisungssorgen" und bezog sich auch auf die künftige Drohung einer Landung in Pommern - ein Hintergrundrauschen der Juli-Krise, aber vermutlich nicht mehr (der Kreis der Eingeweihten schwenkte jedenfalls nicht deswegen auf die Linie von Moltke oder Schiemann ein, dass die Triple-Entente einen Angriffskrieg 1917 vorbereite). Andererseits erhöhte dieses vermutlich die Risikobereitschaft, da die künftige Lage schlechter eingeschätzt wurde, es beeinträchtigte möglicherweise ein deutsch-englisches Krisenmanagement, und beeinflußte die deutsche Abschätzung der britischen Neutralität.
 
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Das projektierte russisch-britische Marineabkommen

Im Poincaré-Thread wurde dieses lebhaft diskutiert.
Ich habe vor deshalb die wichtigsten Passagen aus den mir dazu vorliegenden Dokumenten hier reinzutippen.




Dokumente zum projektierten Marineabkommen Teil 1


Der russ. Botschafter in Paris an den russ. Außenminister
Telegramm 19. März 1914

.... Ich benutzte meine letzten Zusammenkünfte mit H. Doumerque und dem Präsidenten der Republik, um die Frage der russisch-englischen Beziehungen anzuschneiden.
.... Er (Doumerque) fügte hinzu, dass die bevorstehende Ankunft Sir Edward Greys, der den König Georg hierher begleitet, werde ihm Gelegenheit geben, diese Frage persönlich anzuschneiden. H. Poincaré äußerte sich im selben Sinne und verlieh seiner Absicht Ausdruck die Aufmerksamkeit König Georgs auf die selbe Frage zu lenken......
Mir persönlich scheint es, dass die bevorstehenden Besprechungen zwischen den Leitern der franz. und der englischen auswärtigen Politik eine sehr günstige Gelegenheit zur Feststellung dessen abgeben könnten, inwieweit das Londoner Kabinett bereit wäre, den Weg einer näheren Vereinbarung mit Russland zu beschreiten, dass jedoch die Frage der Form und des Inhalts einer derartigen Vereinbarung unmittelbar zwischen uns und den Engländern besprochen werden muß.

Auf dem Original befindet sich der eigenhändige Sichtvermerk des Zaren.


Der russische Außenminister an den russ. Botschafter in Paris
Brief 2. April 1914

In Ihrem Briefe vom 18. März schnitten Sie die Frage einer näheren Verbindung zwischen Russland und England an und äußerten den Wunsch, meinen Standpunkt in dieser Angelegenheit zu erfahren, insbesondere im Hinblick darauf, dass die Leiter der franz. und englischen auswärtigen Politik diese Frage, was leicht möglich ist, während des bevorstehenden Pariser Besuchs des Königs Georg V. berühren könnten. ........
Leider ist, wie Ihnen bekannt, die innere Lage Großbritanniens augenblicklich derart, dass sie die Aufmerksamkeit der königlichen Regierung und der englischen Gesellschaft vollständig in Anspruch nimmt. Unter solchen Umständen ist der Boden für internationale Vereinbarungen, insbesondere für solche, die vom englischen Standpunkt aus so heikler Art sind, recht ungünstig, und man muss in der Verfolgung des gesteckten Zieles unwillkürlich sehr vorsichtig sein.
Trotzdem teile ich Ihre Ansicht, dass es nicht unnütz wäre, wenn die Herrn Poincaré und Doumerque die persönliche Zusammenkunft mit König Georg und seinen Ministern ausnutzen und ihnen gegenüber vertraulich darauf hinweisen, dass ein engeres Abkommen zwischen Russland und England auch in Frankreich als ein glückliches Ereignis begrüßt werden würde, das für alle Beteiligten des jetzigen Dreiverbandes in gleicher Weise wünschenswert sei. Die Bestimmungen der Bedingungen unter denen ein solches politisches Abkommen geschlossen werden könnte, müßte selbstverständlich Gegenstand unmittelbarer Verhandlungen zwischen St. Petersburg und London sein. vielleicht würde es jedoch die franz. Regierung für angängig halten, Sir Edward Grey den Vorschlag zu machen, uns gemeinsam den Inhalt des zwischen Frankreich und England geschlossenen und von Ihnen erwähnten Abkommens mitzuteilen. Dieses abkommen könnte als Grundlage für die Ausarbeitung eines ähnlichen Abkommens zwischen Russland und England dienen.

Auf dem Original befindet sich der eigenhändige Sichtvermerk des Zaren.


Der russische Botschafter in Paris an den russischen Außenminister
Brief 9. April 1914

.....
H. Doumerque bestätigte mir aufs bestimmteste seine Absicht, sich bei der bevorstehenden Zusammenkunft mit Sir Edward Grey dahin auszusprechen, dass eine derartige Vereinbarung wünschenswert wäre. ......

Herr Domouergue ist der Meinung, das russisch-britische abkommen müsse die Form einer Marinekonvention annehmen, ......



Der russische Botschafter in Paris an den russischen Außenminister
Telegramm 11. April 1914


Das gestrige Telegramm der Havas-Agentur aus Petersburg, das den Artikel der „Wetschernaja Wremja“ und den Plan eines näheren Abkommens, ja Bündnisses zwischen Russland und England wiedergibt, macht großen Eindruck. Dem „Echo de Paris“ werden heute aus London die verschiedensten Kommentare gedrahtet, die dort durch den erwähnten Artikel veranlasst worden sind. Die Erörterung dieser Frage in der Presse am Vorabende der Ankunft König Georgs und Greys in Paris ist durchaus unerwünscht. Meinerseits versuche ich Maßnahmen zu treffen, damit die größeren Blätter wie der „Temps“ und „Matin“ diesen Gegenstand nicht berühren; ich bürge jedoch nicht für den Erfolg.




Ein Quellen-Nachweis folgt am Schluss
 
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Was war der Hintergrund?

Ich würde sagen, das nach 1906 der Naval Defence Act weit überholt war.

Die Russische und die Französische Marine stellten keine Ernsthafte Gefahr mehr für die Briten dar. Frankreich benutzte man, um das Mittelmeer frei zu bekommen und die britische Flotte für den Kanal und die britische Ostküste frei zu bekommen.

Um den Hauptgegner der britischen Flotte ganz einzukreisen, fehlen nur noch Stützpunkte in der Ostsee und die deutsche Küste ist Überwacht, denn die russische Flotte bestand seit 1905 nicht mehr. Da mussten die Briten nachhelfen...

Einen anderen Grund kann ich nicht erkennen.
 
Teil 2

Der franz Botschafter in St. Petersburg an den franz. Außenminister
Geheimtelegramm Chiffriert 18. April 1914
Das Telegramm trägt den eigenhändigen Vermerk des Zaren mit Blaustift:
"Sir Buchanan wird wohl mein Gespräch mit ihm Paléologue mitgeteilt haben."
Es folgt ein handschriftlicher Vermerk Sasonows mit Tinte: Lividia 11. April 1914

Aus privater und zuverlässiger Quelle (die Worte "aus privater Quelle" sind mit Blaustift zweimal unterstrichen) ist mir bekannt, dass die Beratung des Kaisers mit seinem außenminister vor der Abfahrt in die Krim voll und ganz der Frage des englisch-russischen Bündnisses gewidmet war. (An der Seite ein Fragezeichen mit gewöhnblichem Bleistift) Bei der Erörterung des mehr oder weniger nahe drohenden Zusammenstoßes zwischen Russland und Deutschland sah seine Majestät auch die Möglichkeit der Wiederaufnahem der Feindseligkeiten zwischen Griechenland und der Türkei voraus. In diesem Falle wird die ottomanische Regierung die Meerengen schließen. Rußland würde sich zu dieser für seinen Handel und sein Ansehen so abträglicehn Maßnahme nicht glleichgültig verhalten können.
"Um die Meerengen zu öffnen", soll soch seine Majestät geäußert haben, "würde ich zur Gewalt greifen".
......
Ich erlaube mir, Eure Exzellenz datan zu erinnern, dass Kaiser nikolaus mir erklärt hat, er würde dem H. Präsident erkenntlich sein, fallsdieser in der Unterredung mit König Georg Gründe anführen mwürde, die seiner Meinung nach einw englisch-russische Annäherung erfordern.

Würde es der H. Präsident nicht für nützlich halten, dem Kaiser persönlich das Ergebnis seiner Unterredung mitzuteilen?
Ich weiß, dass Herr Sasonow gleichfalls über jede Mitteilung in bezug auf Ihre Unterredung mit Sir Edward Grey freuen würde.
 
Der Hinweis auf die Dardanellen betrifft die Liman von Sanders-Affäre, die in Petersburg viel Wirbel und Verärgerung auslöste.
Das vergangene Reich - Google Bücher

Die wird als Auslöser der russischen Hinwendung zu einer engen Bindung an England gesehen (-> Schröder). Hintergrund ist die zögerliche englische Haltung in der Krise (aus russischer Sicht), weswegen russischerseits überhaupt eine vertragliche Bindung angegangen wurde.
 
Teil 3

Der russische Botschafter in Paris an den russischen Außenminister

Sehr vertraulicher Brief 29. April 1914

Auf dem Original befindet sich der eigenhändige Sichtvermerk des Zaren

........ Nach beendeter Erörterung der verschiedenen auf der Tagesordnung stehenden Fragen der alufenden Politik ging H. Doumergue zur Frage der ussisch-britischen beziehungen über und setzte Sir Edward Grey die zwischen mir und ihm vereinbarten Wünsche auseinander.
Zugunsten einer näheren russischen-englischen abkommens fürhte er hierbei hauptsächlich zwei Gründe ins Feld: 1. die Bemühungen Deutschland uns vom Dreiverbande abzulenken, der ein unzuverlässige und schwache politische Konstellation sein soll und 2. die Möglichkeit, durch den Abschluss eines Marineabkommens zwischen uns und England einen Teil der der englischen Seestreitkräfte für ein tatkräftigres Vrogehennicht nur in der Nord- und Ostsee, sondern auch im Miottelmeere freizubekommen. ( H. Doumerguewie unter anderem Sir Edward Grey daraufhin, dass wir nach zwei Jahren über ein starkes Dreadnogthgeschwader in der Ostsee verfügen werden) - Sir Edward Grey erwiderte H. Doumergue, er spersönlich sympathasiere
 
Der Hinweis auf die Dardanellen betrifft die Liman von Sanders-Affäre, die in Petersburg viel Wirbel und Verärgerung auslöste.
Das vergangene Reich - Google Bücher

Die wird als Auslöser der russischen Hinwendung zu einer engen Bindung an England gesehen (-> Schröder). Hintergrund ist die zögerliche englische Haltung in der Krise (aus russischer Sicht), weswegen russischerseits überhaupt eine vertragliche Bindung angegangen wurde.


Dass dies alles im Kontext gesehen werden muss, ist unbestritten.
Ich möchte mich erst am Ende meiner "abtipperei" dazu äußern, was allerdings noch geraume Zeit dauern kann.:fs:

Diese Dokumente, sie entstammen meist der 1922er sowjetischen Veröffentlichung, werden in allen Werken zum `14er Kriegsausbruch auf die eine oder andere Art und Weise verwendet, deswegen nehme ich an, dass es allgemein von Interesse sein könnte.



OT und nebenbei bemerkt:
Der interessanteste Punkt bei dieser chiffrierten Geheimdepesche ist mMn, dass die Russen zu dem Zeitpunkt die "Geheimpost" des franz. Botschafters in Petersburg mitlesen konnten. Was ich aber zZ auch noch unkommentiert lassen will.
 
Der russische Botschafter in Paris an den russischen Außenminister

Sehr vertraulicher Brief 29. April 1914

Auf dem Original befindet sich der eigenhändige Sichtvermerk des Zaren

........ Nach beendeter Erörterung der verschiedenen auf der Tagesordnung stehenden Fragen der laufenden Politik ging H. Doumergue zur Frage der russisch-britischen Beziehungen über und setzte Sir Edward Grey die zwischen mir und ihm vereinbarten Wünsche auseinander.
Zugunsten einer näheren russischen-englischen Abkommens führte er hierbei hauptsächlich zwei Gründe ins Feld: 1. die Bemühungen Deutschland uns vom Dreiverbande abzulenken, der ein unzuverlässige und schwache politische Konstellation sein soll und 2. die Möglichkeit, durch den Abschluss eines Marineabkommens zwischen uns und England einen Teil der der englischen Seestreitkräfte für ein tatkräftigeres Vorgehen nicht nur in der Nord- und Ostsee, sondern auch im Mittelmeere freizubekommen. ( H. Doumergue wies unter anderem Sir Edward Grey daraufhin, dass wir nach zwei Jahren über ein starkes Dreadnougthgeschwader in der Ostsee verfügen werden) - Sir Edward Grey erwiderte H. Doumergue, er persönlich sympathasiere


Da ist bei der Übertragung etwas schief gegangen


Fortsetzung:
Sir Edward Grey erwiderte H. Doumergue, er persönlich sympathisiere durchaus mit den von ihm geäußerten Gedanken und sei vollkommen bereit, mit Russland ein Abkommen zu treffen in der Art der zwischen England und Frankreich bestehenden Abkommen. Er verhehlte jedoch H. Doumergue gegenüber nicht, dass nicht nur in der Regierungspartei, sondern sogar im Kabinett Personen vorhanden seien, die gegen Russland voreingenommen und einer weiteren Annäherung an Russland wenig geneigt seien. Trotzdem gab er der Hoffnung Ausdruck, dass es ihm gelingen würde H. Asquinth und die übrigen Regierungsmitglieder zur Annahme seines Standpunktes zu bewegen, und schlug folgendes Verfahren vor: zuerst könnten beide Kabinette - das Londoner und das Pariser - nach gegenseitiger Vereinbarung dem Petersburger Kabinett alle zwischen England und Frankreich bestehenden Abkommen mitteilen, und zwar: 1. die durch die General- und Marinestäbe ausgearbeiteten Konventionen zu Lande und zu Wasser, die, wie Ihnen bereits bekannt ist, einen sozusagen bedingten Charakter haben und 2. das politische Abkommen, das die Form eines Briefaustausches zwischen Sir Edward Grey und dem französischen Botschafter in London hat. ..... Gleichzeitig mit dieser Mitteilung könnten das Londoner und das Pariser Kabinett bei uns anfragen, wie wir uns zu dem in ihr berührten Gegenstände verhielten, was seinerseits uns Anlaß geben könnte, in einen Meinungsaustausch mit England über den Abschluß eines entsprechenden russisch-englischen Abkommens zu treten. Nach dem Gedanken Sir Edward Greys könnte zwischen uns und England nur eine Marinekonvention abgeschlossen werden, da alle Landstreitkräfte Englands bereits im voraus verteilt seien und offenbar nicht mit den russischen zusammenwirken könnten.......

Während des hiesigen Aufenthalts des englischen Königspaares hatte ich Gelegenheit, mich mehrmals und recht lange sowohl mit König Georg als auch mit Sir Edward Grey zu unterhalten. König Georg äußerte mir gegenüber in den wärmsten Ausdrücken seine persönliche Anhänglichkeit für seine Majestät den Kaiser, ohne auf die Einzelheiten der in Aussicht genommenen Entwicklung der russisch-englischen Abkommen einzugehen. Erdrückte mir gegenüber aufs bestimmteste seine Zustimmung zu diesem Plane aus
 
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Teil 4

Der französische Außenminister an den französischen Botschafter in Petersburg
Geheimtelegramm Chiffriert 15.Mai 1914

Telegramm aus London:
Sir Edward Grey war vom Kabinett bevollmächtigt worden, meinem russischen Kollegen den Brief mitzuteilen, den er an mich am 22. Nov. 1912, in Anbetracht der Eventualitäten die zur Verwirklichung der zwischen unseren Generalstäben geschlossenen Abkommen führen können, gerichtet hat. Ich werde also dem Grafen Benckendorff meinen Brief vom 23. November 1912 mitteilen müssen. Wenn die russische Regierung ein Marineabkommen zwischen ihrer Admiralität und der englischen Admiralität für nützlich hält, so wird sich die französische Regierung diesem anschließen. Das könnte ein Abkommen zwischen den Generalstäben der Landarmeen nach sich ziehen. Die Verhandlungen zwischen den Admiralstäben könnten durch Vermittlung des russischen Marineattachés in London und des Marineattachés der französischen Botschaft eröffnet werden.

Kann ich meinen russischen Kollegen meinen Brief vom 23. Nov. 1912 zu lesen geben, sobald ihm Sir Eduard Grey seinen Brief mitgeteilt haben wird?

Ich habe Herrn Paul Cambon zur Mitteilung des Briefes vom 23. November 1912 an den Grafen Benckendorff bevollmächtigt.




Der französische Botschafter in Petersburg an den französischen Außenminister

Geheimtelegramm Chiffriert 16. Mai 1914

Ich habe Herrn Sasonow, der soeben aus Livadia eingetroffen ist, den Inhalt Ihres Telegramms mitgeteilt.

Er wusste noch nichts von dem Beschlusse der britischen Regierung. Er wusste nur von H. Iswolski und dem Grafen Benckendorff, dass König Georg und Sir Edward Grey nach ihrer Rückkehr aus Paris „dem Gedanken, Russland mit der Entente näher zu verbinden, durchaus geneigt seien“.

Er drückte mir seine lebhafteste Befriedigung über die Mitteilungen aus, die ich ihm anvertraute, und bat mich, Eurer Exzellenz seine tiefe Erkenntlichkeit für die Dienst zu übermitteln, die französische Regierung seinem Lande erwiesen habe.

Er fügte hinzu: „Das Abkommen, das wir mit England abschließen werden, wird das Gleichgewicht und den Frieden gewährleisten. Die Ruhe Europas wird nicht mehr von der Laune Deutschlands abhängen“.

(Auf dem Original befindet sich der eigenhändige Vermerk Sasonows: „Meine Worte sind falsch wiedergegeben worden. Sasonow.“)




Der russische Botschafter in London an den russischen Außenminister

Brief 16. Mai 1914


Abschrift Paris

Der französische Botschafter teilt mir mit, .....
Nach Ansicht Sir Edwards könnten die Dinge folgendermaßen vor sich gehen:
Nach Ermächtigung durch seine Regierung würde mir Cambon von den ausgetauschten Noten Kenntnis geben, während gleichzeitig Sir Edward mir diese zur Mitteilung an die russische Regierung bekanntgeben würde. Ebenso wie die einen Kriegsfall betreffenden Abmachungen mit Frankreich in erster Linie das Zusammenwirken der Armeen zum Gegenstand hatten, erfordere nach Sir Edwards Ansicht die Natur der Dinge, dass sich die eventuellen Abmachungen mit Russland auf die Marine bezögen. Die Verhandlungen wären infolgedessen zwischen dem russischen und englischen Admiralstabe zu führen. Die Verhandlungen mit Frankreich hätten seinerzeit in London stattgefunden, und die französischen Militär- und Marineattachés in London seien nach Paris gefahren, um sich die jeweils notwendigen Instruktionen zu holen. Schließlich habe sich Prinz Ludwig von Battenberg ganz inoffiziell nach Paris begeben, um die Abmachungen zu paraphieren.

Cambon meinte, dass es sich nach erfolgter Mitteilung des Schriftwechsels darum handeln würde, das weitere Verfahren zu bestimmen. Er sagte mir, dass nach Ansicht Sir Edward Greys die Dinge sich genau so abspielen könnten wie mit Frankreich, d.h. dass unser Marineattaché in London ermächtigt würde, in Verhandlungen mit dem englischen Admiralstab zu treten, nachdem er sich in Petersburg Instruktionen geholt hätte; denn selbst wiederholte Reisen des Marineattachés könnten in der Öffentlichkeit keineswegs auffallen, während die Ankunft höherer russischer Marineoffiziere in London sicherlich bekannt werden würde und zu unerwünschten Kommentaren Anlass geben könnte.
 
Teil 5

Der russische Botschafter in London an den russischen Außenminister

Vertraulicher und persönlicher Brief 18. Mai 1914


Abschrift Paris
..................
Ohne Zweifel ist der Empfang, der dem König und der Königin bereitet wurde, außerordentlich herzlich gewesen; viel herzlicher, sagte man mir dort, als bei früheren englischen Besuchen. Wenn man trotzdem die Unmöglichkeit erkannt hat, ein formelles Bündnis zwischen England und Frankreich abzuschließen, so wird das in noch viel höherem Grade zwischen Endland und Frankreich der Fall sein..
..........
Wenn man auf die verschiedenen Phasen der Entente zurückblickt, wird sich nicht leugnen lassen, dass England in bedrohlichen Augenblicken niemals gezögert hat, sich auf Frankreichs Seite zu stellen; dasselbe gilt für Russland jedesmal, wenn die englischen und russischen Interessen zugleich betroffen wurden, und dies trotz der Schwierigkeit, die Politik beider Länder in allen täglich auftauchenden Fragen auszugleichen und trotz der Gründe, auf die einzugehen hier zu weit führen würde und wegen deren die Entente zwischen Russland und England nicht so tiefe Wurzeln geschlagen hat wie zwischen Frankreich und England.
...........
Um mich kurz zu fassen, möchte ich sagen, dass selbst derjenige Engländer, der fest davon überzeugt ist, dass ein Konflikt mit Deutschland früher oder später unvermeidlich ist, vor dem Gedanken zurückschrecken wird, England durch bestimmte Bündnsverträge zu binden, die ihm Verpflichtungen auferlegen würden, deren Bedingungen und Folgen sich jetzt noch nicht voraussehen lassen.



Alleruntertänigster Bericht des russischen Außenministers an den Zaren
19. Mai 1914

(Auf dem Original befindet sich mit Blaustift der Vermerk des Zaren:
„Eine sehr wichtige Nachricht.“ Livadia 23. Mai 1914)

Der französische Botschafter teilte mir mit, dass nach einem von ihm aus Paris erhaltenen Geheimtelegramm die englische Regierung beschlossen habe, den englischen Admiralstab zu bevollmächtigen, in Verhandlungen mit dem französischen und russischen Marineattaché in London zu treten zwecks Ausarbeitung der technischen Bedingungen eines möglichen Zusammenwirkens der Seestreitkräfte Englands, Russlands und Frankreichs.

H. Paléologue fügte hinzu, dass nach der zwischen der englischen und der französischen Regierung getroffenen Vereinbarung uns der Inhalt der Abkommen mitgeteilt werden soll, die bis jetzt zwischen England und Frankreich für den Fall gemeinsamer militärischer Operationen zu Lande und zu Wasser abgeschlossen worden sind.

In Anbetracht der besonderen Wichtigkeit der erwähnten Mitteilung erkühne ich mich, das dargelegte Eurer Kaiserlichen Majestät untertänigst zu berichten.




Der russische Botschafter in London an den russischen Außenminister

Brief 23. Mai 1914
Abschrift Paris

Sir Edward berief gestern Cambon und mich zu sich.......
Es handle sich zunächst darum, der russischen Regierung von Seiten Englands und Frankreichs die beiden vertraulichen und geheimen Schriftstücke mitzuteilen, die im Jahre 1912 zwischen der französischen und englischen Regierung ausgetauscht worden seien.
......
Sir Edward betonte, dass ohne solche vorherige Abmachungen, selbst beim besten Willen und trotz der engen politischen Entente zwischen beiden Regierungen, ernsten technischen Schwierigkeiten begegnen würden.
.........
Auf meine Frage erklärte Sir Edward, das zweckmässigste wäre, unseren Marineattaché in London zu ermächtigen, sich mit dem englischen Admiralstabe in Verbindung zu setzen. Der erste Lord der Admiralität sei ebenso wie die englischen Minister von unserem Plane unterrichtet. Der englische Admiralstab besitze die Marine betreffenden Abkommen, die gemeinsam von Frankreich und England ausgearbeitet worden seien. Was die übrigen Abmachungen betreffe, so könne das uns verbündete Frankreich den ihm nötig erscheinenden Gebrauch von ihnen machen
 
Der russische Außenminister an den russischen Botschafter in London

Sehr geheimer Brief 28. Mai 1914
Abschrift Paris

Die Bereitwilligkeit der englischen Regierung ohne Aufschub die Verhandlungen über den Abschluss eines Abkommens zwischen Russland und England zu beginnen, das die gemeinsamen Operationen unserer Seestreitkräfte im Falle einer gemeinsamen militärischen Aktion betrifft, ist von unserer Seite mit dem Gefühle größter Befriedigung entgegengenommen worden. ...............
Der von der englischen Regierung gemachte Vorschlag bezüglich der Form, in der die Vereinbarung abzuschließen ist, wird von uns als durchaus zweckmäßig anerkannt, und Kapitän Wolkow ist beauftragt, mit der englischen Regierung in Verhandlung zu treten. Die Prinzipien, die bei den bevorstehenden Verhandlungen in Betracht gezogen werden sollen, sind Gegenstand einer Beratung gewesen, die am 26. Mai beim Chef des Admiralstabes stattgefunden hat.

Zu Ihrer persönlichen Orientierung füge ich ein Exemplar der in dieser Konferenz gefaßten Beschlüsse bei.



Anlage zu obigem Briefe


Am 26. Mai fand beim Chef des Marinestabes eine Beratung statt zum Zwecke des Gedankenaustausches über die bevorstehenden Verhandlungen wegen eines Abkommens zwischen Russland und England, das das operative Zusammenwirken ihrer maritimen Streitkräfte betrifft, wenn vereinbarte kriegerische Operationen Russlands und Englands unter Teilnahme Frankreichs stattfinden. Nachdem vor allem bemerkt wurde, wie erwünschte ein derartiges Abkommen sowohl vom speziell maritimen Standpunkte aus als ganz besonders in allgemeinpolitischer Hinsicht sei, gelangte die Beratung unter allseitiger Prüfung der Frage zu den unten folgenden Beschlüssen:

Vor allem wurde anerkannt, dass unser Marineabkommen mit England wie die franko-russische Marinekonvention zwar vereinbarte, aber gesonderte Aktionen unserer und der englischen Kriegsmarine ins Auge zu fassen hat.

Im Hinblick auf die strategischen Ziele, die von unserem Standpunkte aus für den Fall deines Krieges der Mächte der Tripel-Entente mit den Mächten des Dreibundes geltend zu machen sind, muss man unterscheiden: einerseits die Operationen in der Ostsee und in der Nordsee, andererseits im Mittelmeer. In beiden müssen wir versuchen, England Kompensation dafür zu erlangen, dass wir einen Teil der deutschen Flotte auf uns abziehen. Auf dem nördlichen Kriegsschauplatz verlangen unsere Interessen, dass England einen möglichst großen Teil der deutschen Flotte in der Nordsee festhält. Dadurch würde die erdrückende Übermacht der deutschen Flotte über die unsere ausgeglichen werden und es vielleicht gestattet sein, im günstigsten Falle eine Landung in Pommern zu unternehmen. sollte es möglich sein, diese Operation zu unternehmen, so würde die Ausführung wegen mangelnder Transportschiffe in der Ostsee außerordentlich erschwert werden. Die englische Regierung könnte uns daher wesentlich helfen, wenn sie es ermöglichen würde, vor Beginn der kriegerischen Operationen eine bestimmte Anzahl von Handelsschiffen in unsere baltischen Häfen zu schicken, damit der Mangel an Transportschiffen auf diese Weise ausgeglichen wird.

Die Lage im Mittelmeer berührt auch unsere Interessen sehr wesentlich, da, falls die österreichisch-italienischen Streitkräfte in diesem Meer die Oberhand haben, ein Angriff der österreichischen Flotte im Schwarzen Meer möglich wird, was für uns einen gefährlichen Schlag bedeuten würde. Von unserem Standpunkt aus ist es daher höchst wichtig, dass ein sicheres Übergewicht der Streitkräfte der Entente über die österreichisch-italienische Flotte im Mittelmeer hergestellt wird. Da die österreichisch-italienischen Seestreitkräfte den französischen überlegen sind, so ist es wünschenswert, dass England durch Belassung der notwendigen Zahl von Schiffen im Mittelmeer das Übergewicht der Ententemächte wenigstens so lange sicherstellt, als die Entwicklung unserer Flotte uns nicht gestattet, diese Aufgabe zu übernehmen. Erwünscht wäre auch die Zustimmung Englands dazu, dass unsere Schiffe die englischen Häfen im östlichen Mittelmeer als Basis benutzen könnten, ähnlich wie die französische Marinekonvention uns gestattet, uns im westlichen Mittelmeer auf die französischen Häfen zu stützen.

Sollte im Zusammenhang mit der Lage im Mittelmeer die Rede auf die Meerengen kommen, (Bosporus und Dardanellen), so wären die politischen Fragen nicht zu berühren, sondern nur zeitweilige Operationen in den Meerengen als eine unserer strategischen Maßnahmen im Kriegsfalle ins Auge zu fassen.

Außerdem erkannte die Konferenz als wünschenswert an, dass im geplanten Marineabkommen zwischen uns und England die Beziehungen zwischen den russischen und englischen Flotten in allen Einzelheiten festgesetzt werden. zu diesem Zwecke wird es notwendig sein, sich über Signale und spezialchiffern, über Radiotelegramme und die Beziehungen zwischen dem englischen und russischen Marinestabe zu verständigen.

Es ist außerdem notwendig, dass Informationen über die Flotten anderer Mächte, wie auch über die eigene Flotte, und besonders über technische Einzelheiten, Instrumente und Erfindungen zwischen den Marineressorts ausgetauscht werden.

Nach Ansicht der Konferenz müsste nach dem Beispiele der frankorussischen Marinekonvention auch ein periodischer Meinungsaustausch zwischen den Chefs des russischen und des englischen Admiralstabes vereinbart werden.
 
Fortsetzung

Der russische Botschafter in London an den russischen Außenminister

Brief 11. Juni 1914
Abschrift Paris

Ich habe gestern Grey benachrichtigt, dass Kapitän Wolkow aus Petersburg zurückgekehrt sei und die Ermächtigung erhalten habe, die Verhandlungen mit der Admiralität aufzunehmen. Grey antwortete, dass er den ersten Lord der Admiralität hiervon sofort in Kenntnis setzen werde. Bei dieser Gelegenheit bemerkte Grey, dass bedauerlicherweise gewisse Indiskretionen in dieser Angelegenheit gemacht worden wären und dass sich zuerst deutsche und dann auch andere Zeitungen mit der Frage befasst hätten. Er bedauerte dies um so mehr, als er ein an ihn im Unterhause gestellte diesbezügliche Frage zu beantworten haben werde.

Ich antwortete ihm, dass ich meinerseits diese Indiskretionen außerordentlich bedauerte, die sich leider nur allzu häufig wiederholten; ich sei überzeugt, dass Eure Exzellenz diesen Standpunkt teilten, und ich teilte ihm mit, dass die „Nowoje Wremja“ eine Widerlegung veröffentlicht habe. Grey wusste dies nicht und war hiermit sehr zufrieden. Er bat mich ihm den Text zukommen zu lassen. Er teile mir hierauf in allgemeinen umrissen die Antwort mit, die er im Parlament zu geben gedenke und die unsere Verhandlungen ebenso wie die mit Frankreich stattgefundenen decken würde. Ich antwortete ihm, dass es mir zweckmässig erscheine, die Sache von diesem Standpunkte aus anzufassen.



Der russische Außenminister an den russischen Botschafter in London

Sehr vertraulicher Brief 15. Juni 1914
Abschrift Paris

Unmittelbar vor der Abreise unserer Kuriers beeile ich mich, Ihnen mitzuteilen, dass ich gestern wieder eine lange Unterredung mit dem englischen Botschafter gehabt habe, den ich auf die ernste Gefahr einer Erkaltung unserer Beziehungen zu England wegen der persischen Frage Hinweis. Ich setzte hierbei voraus, dass die in letzter Zeit in England bemerkbare Beunruhigung und Erregung wahrscheinlich darauf zurückzuführen sei, dass in diesem Lande wieder Befürchtungen hinsichtlich der Stellung Englands in Indien laut würden. Sie George Buchanan gab zu, dass meine Annahme zum großen Teile zutreffe. Infolgedessen habe ich ihm nochmals alle Argumente wiederholt, die beweisen wie unbegründet derartige Befürchtungen seien, und ich habe sogar angedeutet, dass wir, wenn dies erwünscht sein sollte, der englischen Regierung und der öffentlichen Meinung diesbezügliche beruhigende Erklärungen in der allerbestimmtesten Form abgeben könnten.

Ich habe mich einstweilen mit diesen Andeutungen begnügt, doch erscheint es mir durchaus möglich, später im Zusammenhang mit unseren weiteren Verhandlungen England vorzuschlagen, ihm eine ebenso wirksame Garantie seiner indischen Besitzungen zu geben, wie dies im Jahre 1902 von seiten Japans erfolgt ist.

Im jetzigen Zeitpunkt scheint es mir notwendig, die in Aussicht genommene Marinekonvention so schnell wie möglich abzuschließen. Es ist wichtig, den Abschluss dieser Vereinbarung nicht hinauszuschieben, und Seine Majestät hat geruht, sich gestern dem englischen Botschafter gegenüber in meinem Beisein in diesem sinne auszusprechen. Zum Schlusse will ich erwähnen, dass Sir George Buchanan gestern vom Kaiser in spezieller Audienz empfangen worden ist, um einen eigenhändigen Brief König Georgs zu übergeben. Dieser Brief ist in sehr freundschaftlichen Ausdrücken abgefasst und drückt die Hoffnung seiner Majestät aus, dass die Beziehungen Russlands und Englands wegen der persischen Fragen keine Trübung erleiden werden.



Der russische Botschafter in London an den russischen Außenminister

Telegramm 25. Juni 1914
Abschrift Paris

Grey sagte mir heute, er sei durch die in der deutschen Presse zirkulierenden falschen Gerüchte über den Inhalt der angeblichen Marinekonvention zwischen England und Russland in Verbindung mit der Meerengenfrage sehr beunruhigt; er habe es für nötig gehalten hierüber vertraulich mit Lichnowsky zu sprechen, der sich nach Kiel begebe, wo er den Kaiser sehen werde. Grey hat dem Botschafter versichert, dass seit fünf Jahren die Frage der Meerengen zwischen England und Russland nicht erörtert worden sei; er hat versichert, dass zwischen England und Russland andererseits weder ein Bündnis noch eine Konvention bestehe. Er hat ihm jedoch gesagt, er wolle ihm keineswegs verheimlichen, dass die Intimität zwischen den drei Regierungen in diesen letzten Jahren so groß geworden sei, dass sie sich bei allen Gelegenheiten über alle Fragen verständigt hätten, ganz als ob sie Verbündete wären. Andererseits bestätigte er, dass im Laufe dieser Jahre solche Verhandlungen niemals einen gegen Deutschland gerichteten Charakter angenommen, noch sich auf die sogenannte Einkreisungspolitik bezogen hätten.




Anlage zum o.g. Schreiben

An dieser Stelle ist die Beantwortung der Anfragen King und Byles durch Sir Edward Grey im englischen Unterhause im Juni 1914 zu erwähnen:

Mr. King fragt, ob in letzter Zeit irgendein Marineabkommen zwischen Russland und England abgeschlossen worden ist, oder ob irgendwelche Verhandlungen, die sich auf ein Marineabkommen beziehen, in letzter Zeit stattgefunden haben oder augenblicklich zwischen England und Russland stattfinden.

Sir William Byles fragt den Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten, ob er irgendeine Mitteilung bezüglich eines angeblichen Marineabkommens zwischen England und Russland machen kann; wie weit ein derartiges Abkommen unsere Beziehungen zu Deutschland beeinflussen würde; und ob er dem Hause Dokumente vorlegen will.

Sir Edward Grey: Der Vertreter von North Sommerset hat im letzten Jahre eine ähnliche Anfrage, die sich auf militärische Kräfte bezog, gestellt, und der Vertreter von North Salford hat an dem selben Tage eine ähnliche Frage wie heute gestellt. Der Premierminister hat damals geantwortet, dass, wenn ein Krieg zwischen europäischen Staaten ausbrechen sollte, es keine unveröffentlichten Verträge gibt, welche die Freiheit der Regierung oder des Parlaments beeinträchtigen oder einschränken könnten, zu beschließen, ob England an einem Kriege teilnehmen solle oder nicht. Diese Antwort deckt beide auf der Tagesordnung stehenden Fragen. Sie bleibt heute ebenso richtig, wie sie es vor einem Jahr war. Keine Verhandlungen mit irgend einer Macht sind seither zu einem Abschlusse gebracht worden, welcher die Erklärung weniger richtig machen würden. Keine derartigen Verhandlungen finden augenblicklich statt, und soweit ich urteilen kann, ist es nicht wahrscheinlich, dass man in solche Verhandlungen eintreten wird. Sollte jedoch ein abkommen getroffen werden, welches es nötig machen sollte, die letztjährige Erklärung des Premierministers zurückzuziehen, so müsste meiner Ansicht nach ein derartiges Abkommen dem Parlamente mitgeteilt werden, und ich nehme an, dass die in der Tat der Fall sein würde.
 
Soooooo,

nachdem ich mein Leben derzeit noch nicht als Privatgelehrter fristen kann:cry:, hat die Abtipperei jetzt ein Ende.
Früher als vorgesehen ..... aber der Broterwerb....


Aber es wird auch so deutlich, dass etliches was in der "Poincaré-Diskussion" vorgebracht wurde, nicht aufrecht erhalten werden kann.

Und letztlich ging es mir nur darum.
 
Um was ging es Dir genau? :D

PS: Vielen Dank für die Abtipperei, aber aus welcher Quelle hast Du eigentlich abgetippt?
 
Zuletzt bearbeitet:
Um was ging es Dir genau? :D


Missionarischer Eifer, Gandolf.
Ich will einfach nicht, dass Du in Unwissenheit in die ewigen Jagdgründe eingehst.:D


PS: Vielen Dank für die Abtipperei, aber aus welcher Quelle hast Du eigentlich abgetippt?

Sorry.
"Aus den Geheimakten der Russischen Staatsarchive" Im Auftrage des Deutschen Auswärtigen Amtes, Berlin 1926 Band 4

Als Quellen dieser Dokumente werden darin genannt:
"Un Livre Noir" Préface par René Marchand, Paris, Librairie du Travail

"Materialien zur Geschichte der französisch-russischen Beziehungen 1910-1914" Sammlung der geheimen diplomatischen Dokumente des Kaiserlich Russischen Ministeriums des Äußeren. Herausgegeben von der Sowjetregierung. Moskau 1922

Diplomatische Aktenstücke zur Geschichte der Entente-Politik der Vorkriegsjahre B. v. Siebert, Berlin-Leipzig 1921
 
Missionarischer Eifer, Gandolf.
Ich will einfach nicht, dass Du in Unwissenheit in die ewigen Jagdgründe eingehst.:D
Wie meine Frage nach den Quellen zeigt, musst Du Dir bei mir keine Sorgen machen.:p

Mal eine andere Frage: wie stark war die russische Ostseeflotte 1914?
 
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