Dies suggeriert jedoch eine beträchtliche Anzahl von Soldaten.
Was ist denn deiner Meinung nach die Mindestanzahl und vor allem warum ist sie das? Es konnten schon Jahrhunderte früher große Heere aufgestellt werden, warum ist das im 8. Jh. nicht mehr möglich.
Ich habe dies in dem Sinn gemeint, dass der Krieger zum Schlachtfeld fuhr und dort abstieg und sich dort "formierte".
Dies suggeriert jedoch eine beträchtliche Anzahl von Adligen.
Wie ich weiter oben bereits geschrieben habe, halte ich das griechische Heer der spätgeometrischen bzw. protoarchaischen Zeit für ein Adelsheer. Der Grund dafür liegt in dem allgemein verbreiteten niedrigen Lebensstandard, weshalb ich glaube dass sich nur Adelige eine entsprechende Ausrüstung leisten konnten.
Der Lebensstandard war bei weitem nicht so niedrig wie du denkst. Hesiod z. B. war ein sehr wohlhabender Bauer der sogar über Grundbesitz verfügte. Weiterhin sollten wir davon ausgehen, dass Homer bei der „Standardausrüstung“ (Helm, Schild, Beinschienen) episch übertreibt. Zum Krieg führen reichen Schild und Speer. Der Schild wird beim gewöhnlichen Krieger auch nicht sieben Lederschichten wie der des Aias oder fünf Metallschichten wie der des Achill gehabt haben. Drei Lederschichten und evtl. eine Metallschicht auf einem Holzrahmen reichen. Es gab auch Schilde die einen einfachen mit Leder überzogenen Korpus aus Weidengeflecht hatten. Die Spitze für einen Speer sollte für Bauern die in der Landwirtschaft mit Metallgeräten arbeiten kein Problem darstellen.
Solch eine Ausrüstung konnten sich auch nicht wohlhabende Bevölkerungsschichten bequem leisten.
Die ersten Phylen basierten auf verwandtschaftlichen Beziehungen, daher ist es schlüßig hier von Gruppen zu reden die nicht in einer Formation aufgestellt wurden sondern sich nach verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen zu gruppieren.
Nestor muss Agamemnon erst darauf hinweisen seine Truppen so zu ordnen. Ansonsten ist das Heer nur in einfache Polisaufgebote gegliedert.
„Sinne den selbst, o König, auf Rat und höre ihn von andern.
Nicht wird die verwerflich das Wort sein, welches ich rede.
Sondere rings die Männer nach Stamm und Geschlecht, Agamemnon,
Dass ein Geschlecht dem Geschlecht beisteh', und Stämme den Stämmen.
Tust du das, und gehorchen die Danaer dir; dann erkennst du,
Wer von den Führern des Heers der Feigere, wer von den Völkern,
Und wer tapferer sei: denn es kämpft nun jeder das Seine.
Auch erkennst du, ob Göttergewalt die Eroberung hindert,
Oder des Heers Feigheit, und mangelnde Kriegeserfahrung.“
Voss, 2004
Das nun halte ich für ein wenig gewagt. Von einer stilisierten Ausage in einen Epos und der Tatsache dass die Krieger nach verwandtschaftlichen Beziehungen gruppiert waren, auf eine Protophalanx zu schließen, halte ich für nicht richtig.
Zum Kampf in Formation:
Ich kenne den Orginaltext Homers nicht genau. Jedoch nehme ich an dass Homer hier bloß stilistisch versucht die Anzahl, Stärke und EInigkeit der Griechen zu beschreiben.
Die Erklärung, dass Homer ein solches Vorgehen kennt, ist meiner Meinung nach einleuchtender. Im Übrigen sind die Griechen nicht einig, da es in der beschriebenen Phase des Krieges eine „leichte Verstimmung“ wegen Achills Rückzug aus dem Kampf gibt. Der Wankelmut der Griechen wird nur durch das Eingreifen von Odysseus und Nestor in Zaum gehalten.
Da hast du mich missverstanden. Ich schließe nicht aufgrund von persönlichen Verhältnissen und, wie du sie nennst, stilisierten Aussagen in einem Epos auf eine Proto-Phalanx.
Um mal zu zeigen dass ich hier nicht der einzige bin, der solch gewagte Thesen formuliert:
„Die Forschungen von J. Latacz machen freilich eine wichtige Modifikation unerlässlich. Dieser erbringt den Nachweis, dass die Kampfbeschreibungen bei Homer, so sehr sie sich aus nahe liegenden dichterischen Gründen auf die führenden Personen konzentrieren, durchgehend konsistent sind und dahinter eine Kampfwirklichkeit steht, in der nicht ritterliche Einzelkämpfer mit lose gruppierten Haufen von Gefolgsleuten, sondern in phalanx-ähnlicher Ordnung kämpfenden Massen die Entscheidung herbeiführen. Homer kennt also zwar nicht die ausgebildete Phalanx, wohl aber eine Proto-Palanx („Phalangentaktik“) die in Ausrüstung, Kampfweise und Mentaltät der späteren Phalanx bereits erstaunlich nahe kommt.“
Raaflaub Kurt A.: Homer in der Geschichte des 8. Jh.s v. Chr. In: Zweihundert Jahre Homerforschung, Stuttgard 1991, S 226 f.