Die Völkerwanderung als große Migration

Innerhalb des Imperiums richtete man sich sicherlich am liebsten nach den gut ausgebauten Römerstraßen.
Mal ein ganz blöder Gedanke : Könnte es sein, dass die gut ausgebauten Straßen der Römer die Wanderer - ungewollt - genau in Richtung Rom geleitet haben, weil ja sprichwörtlich alle Wege nach Rom führten ? Vielleicht wollten sie ja eigentlich gar nicht dahin, aber es war ja so bequem...
 
wie funktionierten Versorgung und sonstige Logistik?
Die Versorgung ist ein wichtiger Punkt. Die mehreren zigtausend Leute eines solchen Zuges brauchten ja ganz schön viel zu essen, und das jeden Tag, im Sommer wie im Winter. Wegen der Wanderung können sie sicherlich nicht einen ganzen Erntezyklus abgewartet haben und sooo viele - entbehrliche - Vorräte werden bei der lokalen Bevölkerung nicht vorhanden gewesen sein. Ich denke also, dass die Nahrungsbeschaffung zu einem ständigen Konflikt mit den Locals führen musste.
 
Mir geht es da wie balticbirdy, was die Wanderung betrifft.
Das warkein einzelner Kriegertrupp,sondern das waren ganze Völkerschaften,die mitsack und Pack,mit Vieh und Wagen unterwegs waren und die seh ich nicht geballt auf einer Römerstrasse,selbst wenn die 30 Meter breit war. Auch einen vergleichsweise georneten Zug halte ich bei den oftmals sehr heterogenen Gruppen für unwahrscheinlich.

Was den Weg durch Flußtäler betrifft,so kommen Treidelpfade eher nicht in Frage.Die meisten Uferbereiche waren versumpft und hindernisreich..man wird da eher auf die Hochuferzonen,(in der auch die meisten Siedlungen liegen, ausgewichen sein
 
Wer nicht die Erlaubnis zur Ansiedlung bekam, hatte mit physischer Vernichtung zu rechnen..

Mit der "physischen Vernichtung " war es zur Zeit der Völkerwanderung nicht mehr weit her. So erzwangen die Westgoten nach dem Einbruch der Hunnen 375 n. Chr. den Übergang über die Donau. Die daran anschließende Schlacht von Adrianopel am 9. August 378 war mit ungefähr 20.000 Toten die folgenreichste Niederlage der Römer seit der Schlacht von Cannae (216 v. Chr.) In der Schlacht unterlagen die Römer den „Westgoten“, genauer gesagt den terwingischen Goten, die auf der Flucht vor den Hunnen auf dem Gebiet des Römischen Reichs einen neuen Siedlungsraum gesucht hatten, von den Römern aufgenommen worden waren, aber schließlich gegen diese rebellierten. Im Anschluss daran zogen die Westgoten raubend durch den Balkan und plünderten 410 schließlich Rom, das caput mundi!

Auch andere germanische Völker waren in den folgenden Jahrzehnten keineswegs von "physischer Vernichtung" bedroht, denn im Jahr 407 überquerten Vandalen und Alanen den Rhein und ergossen sich plündernd über Gallien und später Spanien. Es würde zu weit führen, noch andere germanische Invasoren zu benennen.

In den Weiten des "Wilden Westens" mit der geringen politischen Struktur der dortigen Stämme und der extremen, angstgeschuldeten ‚Überbewaffnung‘ der Siedlertrecks konnte dein Modell in gewisser Weise (mit Rückschlägen) funktionieren, aber nicht im Römischen Reich. Selbst nicht während der "Großen Völkerwanderung" außerhalb des Reiches, denn dort hatte längst der Trend zur Machtkonzentration, hin zu „Großstämmen“ begonnen.

Was willst du mit dieser etwas merkwürdigen Satzkonstruktion sagen?

Die germanischen Stämme wie Westgoten, Ostgoten, Burgunder oder Vandalen gründeten ihre Germanenreiche der Völkerwanderung inmitten des Imperium Romanum und in ihrer Not wussten die Römer keinen anderen Rat, als die germanischen Könige als Klientelfürsten und "Verbündete" des römischen Kaisers anzuerkennen. Ob sie das nun taten oder nicht: Die militärische Macht lag bei den Germanen.

Skurril ist, dass diese germanischen Könige der Völkerwanderung sich überhaupt keine andere Staats- und Gesellschaftsform vorstellen konnten, als die des Imperium Romanum. Sie wollten es nicht zum Einsturz bringen - der Gedanke lag ihnen völlig fern - sondern lediglich ihren Platz im Römischen Reich finden.

Eine Migration dieser Art hätte Rom vielleicht sogar teilweise geduldet ...

Wie ich oben ausgeführt gabe, hatte Rom gar nicht mehr die Kraft und Mittel dazu, etwas zu dulden oder nicht zu dulden. Der Staatsapparat und das Heer waren in völliger Auflösung begriffen, an der Spitze Roms standen Kinderkaiser und die durchaus fähigen germanischen magister militum erlagen römischen Palastintrigen.

Ich zweifele nicht daran, dass solche Bewegungen gegeben haben könnte ...

Daran kannsr du auch garnicht zweifeln, denn die diesbezüglichen Quellen sind eindeutig. Sie berichten z.B., dass etwa 150 000 Langobarden und andere Volksscharen nach Italien einwandereten, sie berichten von der Einwanderung der Westgoten, der Ostgoten, der Vandalen und von der anderer germanischer Völker,
 
Die "physische Vernichtung" kleinerer Wandergruppen abseits der Hauptrouten wird es oft genug gegeben haben, ohne dass eine Quelle uns darüber berichtet oder die Römer einen propagandistischen Sieg gegen ein paar Dutzend Bauern samt Frauen und Kindern erfochten. Ein Aspekt, einen eigenen Thread wert, wäre der Radagais-Zug.
 
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Die "physische Vernichtung" kleinerer Wandergruppen abseits der Hauptrouten wird es oft genug gegeben haben, ohne dass eine Quelle uns darüber berichtet oder die Römer einen propagandistischen Sieg gegen ein paar Dutzend Bauern samt Frauen und Kindern erfochten. Ein Aspekt, einen eigenen Thread wert, wäre der Radagais-Zug.

Ja, daran kann es wohl keinen Zweifel geben. In den Quellen wird allerdings immer wieder berichtet, dass die einbrechenden germanischen Völker in einem großen Tross unterwegs waren, der Zehntausende zählte. Ich glaube daher, dass die meisten es vermieden haben, sich abseits eines Trecks durchzuschlagen, da sie dann der feindlichen Bevölkerung und kleineren Einheiten von Soldaten relativ schutzlos ausgeliefert waren.

Schutz in einer feindlichen Umwelt bot nur der von zahlreichen Kriegern begleitete Tross - und auch der nicht immer!
 
Ist zwar nicht aus der Völkerwanderungszeit, aber Cäsar gibt uns in seinem De bello Gallico eine Vorstellung, wie die Wanderung keltischer Völker ausgesehen haben könnte.

Danach hätten die Helvetier ihr Siedlungsgebiet komplett verlassen, ihre Siedlungen und Felder zerstört, und seien mit allen wehrfähigen Männern, Proviant und allen anderen Stammesangehörigen in westliche Richtung gewandert, um ein neues Siedlungsgebiet in Gallien zu suchen und andere gallische Stämme zu unterwerfen.

Helvetier ? Wikipedia

Dabei wird u.a. eine mehrjährige Vorbereitungszeit erwähnt, und auch, dass die wandernden Stämme recht dicht beiander blieben (dafür sogar die eine Hälfte des Trecks mehrere Wochen/Monate auf die anderen warteten).
 
Ist zwar nicht aus der Völkerwanderungszeit, aber Cäsar gibt uns in seinem De bello Gallico eine Vorstellung, wie die Wanderung keltischer Völker ausgesehen haben könnte.

Es gibt verschiedene Quellen, die von den Trecks germanischer Völker oder Stämme berichten. So z.B. vom Einbruch der Vandalen und Alanen im Jahr 407 über den Rhein nach Gallien, das sie plündernd durchzogen und schließlich auch von den 60 000 Vandalen (nach anderen Quellen 80 000), die im Jahr 429 von Spanien nach Nordafrika übersetzten.

Paulus Diaconus berichtet, wie im Jahr 568 ein riesiger Tross von Langobarden in Italien einfiel und dort ihr rund 200 Jahre währendes Reich errichteten. Zum Tross der Langobarden zählten - was typisch ist für diese Züge - auch zahlreiche Sachsen und Reste der Gepiden, die sich den Langobarden angeschlossen hatten. Man darf vermuten, dass darüber hinaus auch noch andere Stammessplitter und versprengte Populationen zum Tross gehörten, die in Italien im Lauf der 200 Jahre miteinander verschmolzen, und zwar unter dem Firmenschild der "Langobarden".

Man sieht daran, dass die Haufen der Völkerwanderung ethnisch keineswegs homogen waren, auch wenn ein kleiner Traditionskern verblieb, der dem ganzen Völkergemisch den Namen gab.
 
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Ich zweifele nicht daran, dass solche Bewegungen gegeben haben könnte, ob als „Nachzügler“ der politisch/militärisch bedeutsamen „Völkerwanderungen“, oder als „kleine Migration“, doch sind ihre Auswirkungen zu vernachlässigen! Wichtig ist, dass derartige Völker gewiss über Armeen verfügten, die Anführern gehorchten und an die sich auch der Kern ihres „zivilen Gruppenteils“ anlehnte. Mit Einsickern hatte das wenig zu tun....
Daran kannsr du auch garnicht zweifeln, denn die diesbezüglichen Quellen sind eindeutig. Sie berichten z.B., dass etwa 150 000 Langobarden und andere Volksscharen nach Italien einwandereten, sie berichten von der Einwanderung der Westgoten, der Ostgoten, der Vandalen und von der anderer germanischer Völker,
tejason bezog sich mit seinem Absatz auf die Vorstellung, dass es auch kleinere Gruppen gegeben haben könnte, ist aber im Großen und Ganzen der Meinung, dass größere Verbände unterwegs waren. Deine Antwort darauf resultiert also m. E. auf einer Falschinterpretation. In Deinem Post 20 bestätigst Du letzten Endes genau das, was tejason bereits geschrieben hatte.

Mit der "physischen Vernichtung " war es zur Zeit der Völkerwanderung nicht mehr weit her.
Dass es dennoch versucht wurde, kann man am Beispiel Theoderich d. Gr. auf dem Balkan sehen.
Zunächst der Hinweis, dass dieser seine Völkerschar in drei Marschkolonnen führen ließ und zwar eine von ihm selbst, eine von Soas und eine von seinem Bruder Thiudimund. Womit ich andeuten möchte, dass sehr wohl getrennt marschiert wurde, aber in größeren Scharen, nicht in der Größe von Dorfverbänden o. ä.

Der oströmische Heerführer Sabinianus griff erfolgreich Teile der Kolonne des Thiudimund an und plante eine weitere Offensive mit Unterstützung der illyrischen Armee. Dass daraus nichts wurde, weil er einer Intrige zum Opfer fiel, ist eine andere Sache. Die Absicht war zumindest vorhanden.

Zur Versorgung beim Aufbruch nach Italien habe ich bei Herwig Wolfram folgendes gefunden:
Wie üblich, warteten die Goten die Einbringung der Ernte ab, bis sie die donauländischen Provinzen in westlicher Richtung verließen. Ihr Marsch führte sie auf der Römerstraße südlich des Stromes zunächst bis Sirmium. Offenkundig hatte sich Theoderich verpflichtet, solange er auf oströmischen Boden stand, nicht aus dem Lande zu leben, sondern die entsprechenden Vorräte mitzuführen.

Weiter heißt es, dass sie auch 489 n. Chr. in Slawonien wahrscheinlich noch die Ernte abwarteten, bis sie wieder weiterzogen.

Diese Aussage könnte man verallgemeinern dahingehend, dass u. a. zur Versorgung die Ernte abgewartet wurde. Es musste ja nicht immer die eigene Ernte sein, sondern ggf. auch die von nicht so entgegenkommenden Völkern, deren Gebiet man durchzog.
 
Erst mal vielen Dank für die Antworten.

Auf den Hochufern kann es doch auch Straßen gegeben haben, z.B. auch am nicht-römischen linken (meist Nord-) Ufer der Donau, oder?

Es ist noch niemand auf mögliche Bodenfunde aus der Völkerwanderungszeit in Deutschland (El Quijotes Hinweis auf Spanien habe ich zur Kenntnis genommen) zur Identifikation der genauen Wanderstraßen eingegangen. Speziell interessiert mich, wie gesagt, das Gebiet zwischen Donau und Rhein.

Lieber Holger, die germanische Urwald- und Sumpflandschaft hat es nie so gegeben, wie es die Römer beschrieben haben.
Kann dieser Widerspruch belegt werden? Die Vorstellung vom lockeren, weil extensiv weidewirtschaftlich genutzten Wald, ist doch eher hochmittelalterlich bis frühneuzeitlich, würde ich sagen...

Danke für Euer fortgesetztes Interesse.

Grüße, Holger
 
Kann dieser Widerspruch belegt werden? Die Vorstellung vom lockeren, weil extensiv weidewirtschaftlich genutzten Wald, ist doch eher hochmittelalterlich bis frühneuzeitlich, würde ich sagen...
Grüße, Holger

Sümpfe kann man bei Wasserläufen oder Seen anordnen, ist also durchaus abgrenzbar. Moore, speziell Hochmoore verlangen eine wasserundurchlässige Bodenschicht, Stein oder Ton. Das sind auch vor 2000 Jahren überschaubare Regionen.

Ein Hydrogeologe (aus dem Tagebergbau) hat mir dazu mal erklärt, dass man auch für die Römerzeit von 70-80% Waldbestand im heutigen Deutschland ausgehen könne, es bleiben also reichlich waldfreie Flächen. Die Schätzungen schwanken wohl.
 
Erst mal vielen Dank für die Antworten.

Auf den Hochufern kann es doch auch Straßen gegeben haben, z.B. auch am nicht-römischen linken (meist Nord-) Ufer der Donau, oder?

Kann dieser Widerspruch belegt werden? Die Vorstellung vom lockeren, weil extensiv weidewirtschaftlich genutzten Wald, ist doch eher hochmittelalterlich bis frühneuzeitlich, würde ich sagen...

Danke für Euer fortgesetztes Interesse.

Grüße, Holger

Deutschland war nie wirklich waldreicher als jetzt. Das sagen alle Pollenanalysen.
 
Deutschland war nie wirklich waldreicher als jetzt. Das sagen alle Pollenanalysen.

Nun ja die Analayse der Pollen aus Mooren, greift zumeist nur für einen beschränktem Raum.
Die Ergebnisse können schon einige Kilometer vom Untersuchungsort schon nicht mehr übertragen werden.
Von daher ist doch Vorsicht geboten wenn man sich auf diese Ergebnisse stützt.
Vielleicht kann BB ja etwas zur Flugverbreitung der verschiedenen Pollen sagen.

Kann dieser Widerspruch belegt werden? Die Vorstellung vom lockeren, weil extensiv weidewirtschaftlich genutzten Wald, ist doch eher hochmittelalterlich bis frühneuzeitlich, würde ich sagen...
Schau doch mal hier rein, auch wenn es zeitlich nicht passt.
www.fuerstensitze.de :: Archäobotanik Fürstensitze :: Publikationen
 
Also dieses Themengebiet ist sehr interessant, aber eine Frage bei alle den Beiträgen zu der Völkerwanderung habe ich.

Ob nun wie im "Wilden Westen" oder über Römerwege, oder oder oder...

Wird hier nicht ein wichtiger Aspekt ausgeblendet? Die Zeit!

Von wann bis wann gab es die Völkerwanderung? Können wir uns heute diesen Zeitraum nur so vorstellen, daß sich Gruppen von Volksstämmen auf den Weg machen, über Wege die durch eine Gruppe als ideal vorgegeben werden, sozusagen als Trampelpfad?

" So, heute Wandern wir mal los..."

Ist es nicht Möglich, daß die Völkergruppen immer ein stückweit sesshaft waren, bis sie weiterzogen. Sie lebten damals noch mit der Natur, nicht von der Natur. Das könnte doch man mit den Nomadenleben heute noch von Völkern in Afrika oder Asien vergleichen...

:confused:
 
Köbis17, die Leute hatten früher viel mehr Zeit als wir. Wenn wir z.B. Probleme bei der Vorstellung der Errichtung von Stonehenge haben, denken wir eben in unseren zeitlichen Vorstellungen, etwa, heute muss der Hinkel auf'm Laster und morgen am Bestimmungsort sein. Dass so ein Transport Wochen oder länger dauern konnte, will uns nicht so einfach in den Kopf.

Der Hinweis auf die Helvetier zeigt, dass die Leute genau wussten, wohin sie wollten, und das auch planten. Es wurden Vorbereitungen getroffen, landwirtschaftliche Überschüsse erwirtschaftet, die dann als Vorräte mitgenommen wurden. Die Wanderung zog sich generell über Jahre hin. Denkbar, dass zwischendrin "Pause" gemacht, Felder bestellt, gesät und geerntet wurde.

DerGeist, nett, dass in Deinem Link mein Heimatberg Ipf erwähnt wird. Eine Auswertung würde aber genaues Studium, und wieder viel Zeit, erfordern. Interessant, wie sich Balticbirdy ("Pollenanalysen") und Silesia ("70-80% Wald") widersprechen. Ein passender Link dazu war nicht leicht zu finden, aber hier ist er:
Geschichte des Waldes in Mitteleuropa ? Wikipedia
Was da drin steht, würde ich auf folgenden Nenner bringen: Zur Völkerwanderungszeit gab es zwar schon relativ viel Kulturland, trotzdem dominierten immer noch riesige Wälder. Und wie dem auch sei, selbst wenn die Völker eine ganze Weile über waldfreies Gebiet zogen, irgendwann muss doch einmal ein Wald ihnen im Weg gestanden haben.

Außerdem, was es damals bestimmt nicht gab, war die heutige Kultursteppe. Große Wiesen und ebensolche freie Feldflächen halte ich für ausgeschlossen, mangels Dreifelderwirtschaft, die kam erst zur Frankenzeit auf, und wegen der insgesamt dünnen Besiedlung. Auch bei waldfreiem Gelände wird es sich häufig um krautiges bis holziges Gestrüpp gehandelt haben, mit Brennesseln und Dornen, wo man entweder gar nicht vorwärtskommt oder schon nach kurzer Zeit extrem ermüdet, auch ein abgehärteter Germane.

Ein Zug auf breiter Front durch offenes Gelände ist also kaum vorstellbar. Es bleibt also eine Bewegung auf vorhanden, uralten oder von den Römern angelegten Straßen.

Die Frage nach Bodenfunden aus der Völkerwanderungszeit ist weiter nicht beantwortet.

Deshalb weiter vielen Dank für alle Antworten!

Grüße, Holger
 
Tröpfchenmigration oder Völkerwanderung?

Ich zweifele nicht daran, dass solche Bewegungen gegeben haben könnte..

Daran kannsr du auch garnicht zweifeln, denn die diesbezüglichen Quellen sind eindeutig. Sie berichten z.B., dass etwa 150 000 Langobarden und andere Volksscharen nach Italien einwandereten, sie berichten von der Einwanderung der Westgoten, der Ostgoten, der Vandalen und von der anderer germanischer Völker,
Woran ich zweifle und woran nicht, werde ich niemandem als mir selbst überlassen. Vorschreiben lasse ich mir nichts, oder wie sonst soll ich diese Bemerkung verstehen? Auslöser zu Zweifeln sind nur Argumente und da vermisse ich Überzeugenderes! Diskussionspunkt ist die Art und Weise WIE eine „Völkerwanderung“ ausgesehen hat/ haben könnte und nicht ob es sie gab. Falls ein Missverständnis vorliegt, versuche ich das Gesagte etwas deutlicher werden zu lassen:

Mein Punkt ist, dass eine „Tröpfchenmigration“ in keinen Familien- oder Sippenverbänden (in meinem Vorpost vereinfachend verglichen mit den Siedlertrecks des „Wilden Westens“ nach Oregon), das Imperium Romanum nicht verändert hätte. Die Migranten wären wie manche Vorgänger wohl romanisiert und integriert worden. Die Völkerwanderung sah Anderes: Nicht viele kleine Sippen und Familien suchen sich ihren Weg durch und in das Reich, sondern besser organisierte Verbände mit Autoritäten, die Richtungen und Ziele vorgeben. Solche Ziele waren aber nur zu erreichen, wenn die Wanderung einen Kernverband hatte, der handlungsfähiges Militär in sich einschloss. Letzteres ist nur möglich, wenn sich der Kernverband ähnlich einer Armee bewegt und bewegen kann. Die „Siedler“, die neben dem Militär zu dem „Wandervolk“ gehörten, suchten entsprechend die relative Nähe dieser Kernverbände um eben nicht feindlichen Militärs oder Überfällen hilflos ausgeliefert zu sein. Mögliche Folgen habe ich oben beschrieben. Da das Militär des Kernverbandes beweglich und schlagkräftig bleiben musste, reservierte es sich logischerweise die leistungsfähigsten Routen und sah es nicht gerne, wenn sich langsamere Teilgruppen des eigenen Verbandes dort als Bremsklotz betätigen konnten. Weiterhin waren auch nur militärisch potente Gruppen als Vertragspartner Roms interessant.

Wer nicht zu einer solchen Gruppe gehörte, musste damit rechnen ein sehr unglückliches Schicksal zu erleiden. Zum möglichen Katalog des Schicksals gehören unter Anderem: Tötung, Versklavung, Verschleppung, Deportation, Tod in der Arena, Verhungern und Anderes mehr. Mit anderen Worten: Solche Gruppen begaben sich in ein Schicksal, dass entscheidend mitzubestimmen, gar nicht in ihrer Macht lag! Menschen tendieren nicht dazu, sich stumpfsinnig in ein ausschließlich fremdbestimmtes Schicksal zu ergeben. Ich denke diese Anregungen sind der Überlegung wert, wenn sie auch nicht unbedingt originär von mir stammen…
Die "physische Vernichtung" kleinerer Wandergruppen abseits der Hauptrouten wird es oft genug gegeben haben, ohne dass eine Quelle uns darüber berichtet oder die Römer einen propagandistischen Sieg gegen ein paar Dutzend Bauern samt Frauen und Kindern erfochten. Ein Aspekt, einen eigenen Thread wert, wäre der Radagais-Zug.
Gerade Radagais und seine als „gotisch“ bezeichnete Gruppe ist wirklich ein Paradebeispiel, der sich vom Scheitern seines Zuges nach Italien über den Sturz des römischen Generalissimus Stilicho bis hin zu den Westgoten des Alarich zieht! Dabei geht es aber deutlich ans „Eingemachte“ und ist nicht mehr allgemein. Im Übrigen widerspreche ich Dieters Schlussfolgerungen, die er aus seiner allgemeinen Beschreibung in Post #18 zieht in den meisten Punkten, denn die grundlegende Erlaubnis Roms einem Volksverband den Übertritt ins Imperium zu erlauben, war von sehr großer Bedeutung für das weitere Schicksal des Volkes! Quasi alle im Post aufgeführten Beispiele sind dadurch in einen falschen Zusammenhang gesetzt, indem dieser Aspekt negiert wurde. Sicherlich handelte Rom nicht nur statisch, sondern flexibel auf neue Lagen, ohne jedoch rechtliche Positionen aus den Augen zu verlieren. Warum gierten wohl die Anführer aller Wandervölker so sehr nach Roms Zustimmung, wenn nicht aus handfesten Gründen? Waren die germanischen Könige in seinem Zitat einfach nur Perspektivlos oder suchten sie einen Platz für sich und ihre Völker im Reich?
Skurril ist, dass diese germanischen Könige der Völkerwanderung sich überhaupt keine andere Staats- und Gesellschaftsform vorstellen konnten, als die des Imperium Romanum. Sie wollten es nicht zum Einsturz bringen - der Gedanke lag ihnen völlig fern - sondern lediglich ihren Platz im Römischen Reich finden.
Warum sollen sie sich angeblich gar nichts anders vorstellen können als einen Platz innerhalb der römischen Welt einzunehmen, wenn diese Welt so völlig kraftlos und leer gewesen wäre? Ich werde meinen entschiedenen Widerspruch zu Dieters Thesen noch begründen, sei das Thema noch so trocken.
 
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Die Frage nach Bodenfunden aus der Völkerwanderungszeit ist weiter nicht beantwortet.

Deshalb weiter vielen Dank für alle Antworten!

Grüße, Holger
Anhand von archäologischen Funden aus Gräbern lässt sich der Weg der Langobarden recht gut nachvollziehen. Im 1. Jh. n. Chr. an der unteren Elbe ansässig, verringerten sich die Bestattungen im 2. Jh. dort, um in gleicher Art im 3. Jh. südlicher in der Altmark „aufzutauchen“. Das gleiche wiederholte sich im 4. Jh.; der Zug ging Richtung Südosten. Im 5. Jh. erreichten sie die mittlere Donau, dann ging es weiter nach Pannonien und von dort aus nach Norditalien.

Man kann also daraus bereits erkennen, dass nicht Schnelligkeit ein Kriterium der Völkerwanderung war; nicht die Absicht, in kürzester Zeit von A nach B zu kommen. Es wurde immer wieder gesiedelt, geerntet, Vorräte angesammelt, um dann erneut aufzubrechen. Und zwangsläufig wurden auch in dieser Zeit Bestattungsplätze angelegt.

Auch die keltische „Völkerwanderung“ im 4. Jh. v. Chr. kann man anhand von Flachgräbern verfolgen. Das Fehlen von Importwaren in den Gräbern weist u. a. darauf hin, dass man auf der Wanderschaft war. Es war keine Zeit für Handel.

 
Große Völkerwanderung, nicht allgemeine Migration

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Also dieses Themengebiet ist sehr interessant, aber eine Frage bei alle den Beiträgen zu der Völkerwanderung habe ich...

[/FONT] Die Frage ist besonders allgemein gehalten. Es wird wohl niemand wiedersprechen wenn ich feststellen möchte, dass die Menschheit immer in Bewegung geblieben ist und Migration immer vorkommen wird. Auch wenn sich ganze Völkerschaften bewegen, ist das nicht unbedingt etwas Einzigartiges gewesen. Generell möchte ich die Wanderungen von Nomaden im Allgemeinen ausnehmen, da sie sich (ohne dringenden Anlass) nur in den seltensten Fällen besonders Raumgreifend auf den Weg machen. Ihre normale Lebensform sieht Bewegung vor, sie ist aber in der Regel zyklisch etwa zwischen Sommer- und Winterweiden ihres Viehs, zu Wasser- & Futterplätzen oder Handelsorten. Auch ein Austausch zu sesshaften Menschengruppen kann eine Begründung sein, dass eine Nomadengruppe/Volk sich innerhalb ihres erweiterten „Reviers“ bewegt. Nomaden treiben nicht ziellos in einem Landozean, sondern nutzen ihre Ressourcen nach gewissen Prinzipien. Trotzdem mag es vergleichsweise Einfach sein, eine Nomadengruppe zum Abzug zu bewegen und daraus kann sich viel entwickeln, wie das Beispiel der Hunnen zeigt!

Damit komme ich zu dem zurück, was meist als die „Große Völkerwanderung“ in der Spätantike angesehen wird und die man zeitlich meist zwischen dem Auftreten der Hunnen in den Landen der Goten (ca. 375 n. Chr.) und der Landnahme der Langobarden in Italien einordnet. Auf diese besonders bin ich eingegangen und werde noch spezieller eingehen müssen, um meinen Wiederspruch zu Post #18 zu erklären. Die besonderen Bedingungen im spätantiken Römischen Reich haben damit zu tun.
 
"Lizensierte & illegale Barbaren" - Ein Unterschied

Mit der "physischen Vernichtung " war es zur Zeit der Völkerwanderung nicht mehr weit her. So erzwangen die Westgoten nach dem Einbruch der Hunnen 375 n. Chr. den Übergang über die Donau. Die daran anschließende Schlacht von Adrianopel am 9. August 378 war mit ungefähr 20.000 Toten die folgenreichste Niederlage der Römer seit der Schlacht von Cannae (216 v. Chr.) In der Schlacht unterlagen die Römer den „Westgoten“, genauer gesagt den terwingischen Goten, die auf der Flucht vor den Hunnen auf dem Gebiet des Römischen Reichs einen neuen Siedlungsraum gesucht hatten, von den Römern aufgenommen worden waren, aber schließlich gegen diese rebellierten. Im Anschluss daran zogen die Westgoten raubend durch den Balkan und plünderten 410 schließlich Rom, das caput mundi!
Tatsächlich? In Wirklichkeit spielte Rom eine andere Rolle! Du nennst ein Paradebeispiel schlechthin GEGEN die von Dir vertretenen Schlussfolgerungen und für die Bedeutung römischer Anerkennung:
1. Die Terwingen/Westgoten überschritten MIT Erlaubnis der Römer die Donau und damit die Reichsgrenzen. Die Lobredner des Kaisers Valens überschlugen sich mit Gratulationen für diesen Geniestreich. Reisten doch die gotischen Emissäre dem Kaiser bis nach Antiochia nach um den Übertritt zu verhandeln. (Zitat liefere ich auf Anfrage nach)
Es waren ganz andere Gründe, die zur Schlacht von Adrianopel führten. Dabei verbündeten sich die „terwingische Gruppe“ unter Fritigern mit anderen, nicht „lizensierten Einwanderern“, die man gewöhnlich als die „3-Völker-Koalition“ kennt. Die letztere Gruppe trennte sich etwas nach der Schlacht von den Fritigern-Goten und fächerte auf. Einige Gruppen wurden zerschlagen, andere als dediticii zersiedelt und ein Kern schloss sich wohl endgültig den „Fritigern-Goten“ an um an der Ethnogese zu den Westgoten mitzuwirken.
2. Zur gleichen Zeit versuchten etwa die Taifalen (einst ebenfalls ein Teil der „terwingisch dominierten Konföderation“ verschiedener Stämme nördlich der Donau, die kurze Zeit zuvor noch von Athanarich geführt worden waren), ebenfalls ihr Heil im Reich, wieder ohne als „Asylsuchende“ akzeptiert zu werden. Die Römer zerschlugen den Stamm, töteten viele und siedelten ihre Reste als dediticii verstreut und vereinzelt zwischen den Provinzen verteilt an. Ihr Stamm war vernichtet, ihre „menschliche Substanz“ stark verringert. Wenn die als laeten angesiedelten Taifalen sich nicht später durchziehenden Foederaten anschlossen, romanisierten sie vollständig und ihre Anwesenheit ist nur anhand vereinzelter Ortsnamen, etwa in Italien zu erahnen. So klappte Völkerwanderung also nicht! Dediticii waren Menschen mit eingeschränktem Bürgerrecht und auf Vollbürger angewiesen um als rechtlich handelnde Person auftreten zu können. Man kann sie recht passend als „Mündel des Kaisers“ bezeichnen.
3. Ähnlich erging es einigen sarmatischen Gruppen kurz vorher im Jahre 359 unter Kaiser Constantius II. Die Limiganten sollten bereits die Erlaubnis erhalten, sich nach völliger Unterwerfung ebenfalls als dediticii im Reiche ansiedeln zu lassen, als sich alles änderte: Während der Unterwerfungszeremonie dieser Gruppe ergriffen sie die Waffen und unterlagen. Hier sind ebenfalls schöne Zitate auf nette Anfrage zu nennen. Auch dieser Stamm verschwand aus der Geschichte, eine einzige Niederlage reichte! Wie viele Niederlagen dagegen steckten die „lizensierten Westgoten“ in ihrer Geschichte weg, ohne von den Römern als Volk zerschlagen zu werden?
4. Zwei Generationen vorher hatte Kaiser Konstantin der Große, einige fränkische Eindringlinge, die sich in Gallien niedergelassen hatten angegriffen und besiegt. Er ließ wenige ungeschoren und warf ihre beiden Könige den wilden Tieren vor, was das römische Volk in der Arena von Trier besonders dankbar aufnahm!
…es würde wirklich zu weit führen weitere Beispiele aufzuzählen! Die Grundzüge römischer Politik sind m.E. offensichtlich geworden.
… Auch andere germanische Völker waren in den folgenden Jahrzehnten keineswegs von "physischer Vernichtung" bedroht, denn im Jahr 407 überquerten Vandalen und Alanen den Rhein und ergossen sich plündernd über Gallien und später Spanien. Es würde zu weit führen, noch andere germanische Invasoren zu benennen.
…und wieder ist der Blick getrübt die Fakten so zu deuten: Die von Dir angesprochene, kriegerische Invasion aus den Völkern der beiden vandalischen Völker (Hasdingen und Silingen!), sowie Alanen und Sueben im Jahre 407 war tatsächlich zunächst von Erfolg gekrönt und niemand konnte sie stoppen. Grund waren interne Wirren des Westreiches, einige Spannungen zwischen den beiden römischen Reichen (Stilicho), sowie vor allem der Radagais-Zug nach Italien (gotische Einfälle) und unzufriedene Foederaten (Westgoten unter Alarich). Roland Prien wählte in einem Aufsatz dazu als Unter-Überschrift den Satz: „Das Imperium schlug nicht zurück“. So blieben die frechen Eindringlinge vorerst ungeschoren, bandelten mit römischen Usurpatoren an, die sie wohl unter Vertrag nahmen und in Spanien als ihre Foederaten ansiedelten. Ansonsten ist der Unterschied im Betragen der Invasoren in Gallien (Brand, Raub, Plünderungen….) und Spanien (keine nennenswerten Nachrichten über Gräuel und „ruhige Landnahme“ der Völker in klar abgegrenzten Bereichen) nicht zu erklären.
Das änderte sich, als ein neuer römischer Generalissimus mit dem schönen Namen Flavius Constantius begann die Politik im Westreich zu bestimmen. Zuerst schaltete er nacheinander diverse Gegenkaiser (Usurpatoren) aus, darunter auch jene Gruppe, welche die Rheinüberquerer des Jahres 407 nach Spanien geholt hatte. Als nächstes brachte er allzu hochfliegende Pläne der westgotischen Foederaten durch Hunger und Kampf zu Fall und brachte sie wieder vollkommen unter die zeitweilig entglittene Botmäßigkeit zu seinem Kaiser in Ravenna. Dabei wurden die westgotischen Foederaten in Aquitanien (Südfrankreich) angesiedelt und ihnen wurde fortan vor allem der Kampf gegen die „illegalen“ Barbaren Spaniens auferlegt. Die Goten waren zeitweilig so erfolgreich, dass Constantius sie zurückpfeifen musste. Nach gut 3 Jahren ständiger Feldzüge in Spanien bot sich folgendes Bild: Die vandalischen Silingen in (W)Andalusien waren bis zur Vernichtung zerschlagen. Sie gaben ihr Königtum auf und ihre Reste schlossen sich den hasdingischen Verwandten an. Die Alanen, vorher vielleicht der wichtigste Teil der nach Spanien vorgedrungenen Gruppen, erlitten ein gleiches Schicksal. Im späteren Vandalenreich des Geiserich kündet von ihnen nur noch die Herrschertitulatur „König der Vandalen und Alanen“ von ihrem Anteil. Vor den westgotischen Feldzügen hatten die Alanen den reichsten und größten Teil der Halbinsel zuerteilt bekommen, was auf ihre Bedeutung schließen lässt. Ihr Bereich war fast so groß wie die Landlose beider vandalischen Teilstämme zusammen! Die (nun verstärkten) Hasdingen waren nun genötigt sich neu zu orientieren. Es kam ihnen zu Gute, dass sich im westgotisch-römischen Bündnis wieder einmal ein paar Risse zeigten und sie eine römische Armee zerschlagen konnten. Die nun folgende Ruhepause ermöglichte Geiserich die Führung über die Restgruppe zu erringen. Der äußerst gerissene Vandale aber entzog sich jedem möglichen neuen Druck, indem er sein Volk nach Nordafrika übersetzen ließ.
Wichtig in dieser Betrachtung ist, dass sich seinem Zug nach Afrika (also den Hasdingen, Silingen und Alanen) sogar noch ein rebellierendes Westgotenkontingent anschloss, sowie einige, der im unbedeutenden spanischen Nordwesten „ungeschoren“ gebliebenen Sueben. Man hat versucht über Dokumente und Schiffsleistungen rückzurechnen, wie viele Menschen mit Geiserich nach Afrika ausgewandert sind. Die Schätzungen liegen zwischen 50000 bis 100000 Köpfe, wobei meist 80000 genannt werden, neuere Interpretationen die Zahl gar häufig auf 60000 reduzieren! Das also war übrig von der scheinbaren Völkerlawine, die 406 den Rhein überflutet und laut Chronisten „ganz Gallien in einen riesigen Scheiterhaufen“ verwandelt hatten! Wer kann hier bei allen Einschränkungen nicht auch Folgen physischer Vernichtung erkennen? Wem fällt nicht die unterschiedliche Behandlung der teils aus römischer Sicht aufsässigen Westgoten (die „Lizensierten“) gegenüber „illegalen Barbaren“ erkennen? Gegenüber Ersteren erscheint Schonung doch offensichtlich ein Mittel der Politik zu sein! Rom differenzierte ganz offensichtlich zwischen feindlichen Eindringlingen einerseits, und durch einen Foedus-Vertrag legal tief ins Reich aufgenommenen Völkern! Hier änderte sich die Grundeinstellung erst unter Kaiser Justinian gegenüber „unbotmäßigen Foederaten“. Ich hoffe meine Punkte sind trotz tüchtiger Kürzung noch klar genug geworden um gelesen und verstanden werden zu können. Danke.
 
. Im Übrigen widerspreche ich Dieters Schlussfolgerungen, die er aus seiner allgemeinen Beschreibung in Post #18 zieht in den meisten Punkten, denn die grundlegende Erlaubnis Roms einem Volksverband den Übertritt ins Imperium zu erlauben, war von sehr großer Bedeutung für das weitere Schicksal des Volkes! Quasi alle im Post aufgeführten Beispiele sind dadurch in einen falschen Zusammenhang gesetzt, indem dieser Aspekt negiert wurde.

Rom hatte im 5. Jh., als es zur Bildung der Reiche der Westgoten, Vandalen, Gepiden und zur Südexpansion des Frankenreichs kam, weder die Macht noch die Mittel, den Einbruch der germanischen Völker und ihre Reichsbildungen nachhaltig zu verhindern. Es konnte lediglich versuchen, das ganze in einigermaßen geordneten Bahnen zu lenken, um ein Chaos zu verhindern. Somit kam es zu Gegengeschäften, von denen beide Seiten profitieren wollten.

Die germanischen Heerführer an den Nordgrenzen des östlichen und westlichen Imperiums suchten finanzielle und politische Unterstützung in Form von Bündnissen mit Rom. Sie benötigten römische Titel und Ämter, um ihre Stellung nicht nur gegenüber ihren eigenen Völkern, sondern auch in ihrem Verhältnis zu anderen Stämmen zu legitimieren. Sie brauchten römisches Getreide und Eisen, um ihre Krieger zu ernähren und auszurüsten, und römisches Gold und Silber, um ihren hohen Rang durch auffällige Zurschaustellung edler Materialien zu repräsentieren. All das konnte Rom verschaffen, doch forderte es auch einen Preis dafür, den die Barbaren zahlen konnten, nämlich militärische Verstärkung durch Hilfstruppen.

Ziel der seit Ende des 4. Jh. ins Reichsgebiet einströmenden Völker blieb Aufnahme und Integration in das Imperium Romanum. Mit zunehmender Destabilisierung des Weströmischen Reiches ging diese Rechnung allerdings für Rom nicht mehr auf. Nach der Schlacht gegen die Hunnen auf den Katalaunischen Feldern, wo auf beiden Seiten Germanen kämpften, zerfiel das Römische Reich rasch.

Als Folge siedelten Gepiden in Siebenbürgen, Langobarden und Heruler westlich davon, die Ostgoten drangen 453 in Pannonien ein, stießen 469 nach Thrakien vor und eroberten 493 Italien. Die Vandalen waren bereits 429 nach Afrika übergesetzt, wo sie das römische Karthago eroberten, nachdem sie bereits seit 406 mit Alanen und Sueben über den Rhein gegangen waren und anschlueßend Gallien verheerten.

Die germanischen Reiche etablierten sich nur partiell durch Verhandlungen mit der römischen Reichszentrale, als vielmehr durch Verbindung mit der bestehenden romanischen Oberschicht und Übernahme der Rechts- und Verwaltungsstruktur, in der sich germanenspezifischse mit dem römischen Vorbild verband. Aufrechterhalten wurde die Administration in erster Linie von der einheimischen Beamtenschaft. Dabei blieb die Schichtung der germanischen Invasoren in Königtum, Adel und Gemeinfreie meist erhalten, wobei die Annahme des katholischen Glaubens wie im Frankenreich den Prozess der Transformation und Verschmelzung förderte, während Germanenreiche wie Westgoten oder Langobarden nur zögerlich vom Arianismus zum Katholizismus wechselten.
 
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