Ludwig XIV. und seine Symbolauswahl

Jerome

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Ludwig XIV wählte während seiner Absoluten Heerschaft das Sonnensymbol als seine Machtspiegelung und wurde damit zum Sonnenkönig. Aber welche Symbole standen ihm darmals noch zur verfügung? aber wiso entschied er sich für das Sonnensymbol?
 
In der Tat verstand sich Ludwig XIV. etwa ab 1662 als Roi Soleil. In diesem Jahre veranstaltete der Sonnenkönig ein prächtiges zweitägiges Fest zwischen den Tuilerien und dem Louvre, welches Foque's in Vaux le Vicomte überstrahlen sollte. Dort stellte er auch sein neues Symbol, die Sonne, vor.

Dieser Himmelskörper zierte Münze, Karossen, Möbel, Medaillen und Gebäude. Es war ein ideales Sinnbild für den selbsternannten "König von Gottes Gnaden".

Die Sonne (Ludwig) steht im Zentrum des Sonnensystems (Staates), die Planeten (Adelige) kreisen um sie (ihn). Sie überstrahlt alles Licht (andere Herrscher und Personen wie Foquet), ist stetig (ist von Gott berufen), gibt den Menschen Lebenskraft (Wohlstand und Ehre) und in ihrem Lauf unbeeinflussbar (absolute Korrektheit der königlichen Entscheidungen).
 
Aber welche Symbole standen ihm darmals noch zur verfügung?
Grundsätzlich spielte vordem und danach und natürlich auch noch gewissermaßen zur Zeit von Louis XIV die Lilie eine große Rolle, welche dem Wappen des Hauses Bourbon entnommen war.
Datei:Louis XIV of France.jpg ? Wikipedia
File:Grand Royal Coat of Arms of France & Navarre.svg - Wikimedia Commons
Die Darstellung des Königs als römischer Feldherr (oder vielmehr wie man sich damals einen solchen vorstellte) passte zum damaligen Zeitgeschmack wie auch zur Selbstauffassung der Herrscher. File:Louis xiv Maastricht.jpg - Wikimedia Commons

Zu diesem recht allegorischen Bild File:Louis14-Family.jpg - Wikimedia Commons
hatten wir schon eine Diskussion:
http://www.geschichtsforum.de/f288/ludwig-xiv-bildbeschreibung-17276/
(Louis XIV erscheint als Apoll.)
 
Grundsätzlich spielte vordem und danach und natürlich auch noch gewissermaßen zur Zeit von Louis XIV die Lilie eine große Rolle, welche dem Wappen des Hauses Bourbon entnommen war.
Datei:Louis XIV of France.jpg ? Wikipedia
File:Grand Royal Coat of Arms of France & Navarre.svg - Wikimedia Commons

Schon seit langer Zeit (etwa 1180) benutzen die französischen Herrscher die Fleur-de-Lys (Lilie in der franz. Heraldik) als Symbol in ihrem königlichen Wappen, angeblich von Chlodwig nach dessen Bekehrung ausgewählt. Auch die englischen Könige (ab Mitte des 14. Jahrhunderts) führten bis 1801 diese Lilie in ihrem Wappen, als Zeichen für den Anspruch auf die französische Königswürde.

Wappen der Bourbonen: Datei:Blason comte fr Clermont (Bourbon).svg ? Wikipedia .

Wappen Frankreichs von 1376 bis 1789: Datei:Blason France moderne.svg ? Wikipedia .
 
Auch Louis XIII wurde schon Roi-Soleil genannt, aber ohne dass das solche propagandistische Verwendung wie bei Louis XIV gefunden hätte.

Der offizielle Beinahme von Louis XIII war ja auch "le Juste" = der Gerechte.

Louis XIV trug den Beinamen "Sonnenkönig" auch nur bis 1685 - nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes, wurde ihm offiziell der Zusatz "Le Grand" = der Große angetragen.


Aber die Herkunft des Sonnensymbols bzw. der Spitzname ist viel "profaner"

Louis XIII wie auch Louis XIV waren beide Musik- und Ballettbegeistert, traten auch selbst als Tänzer in Erscheinung und ab und zu auch als Verkörperung der Sonne.

Bei Louis XIV kann man sogar noch ganz genau die Aufführungen ausmachen:


1653 im Ballet Royal de la Nuit (Lulli / Cambefort / Molliere)
1654 im Ballet zu der ital. Prunkoper "Le nozze di Peleo e di Teti" (Caproli)

Hier tanzten auch die beiden späteren Stuart Könige mit, Charles und James

1662 im Ballet "Hercule amoureux" von Lulli zu der Hochzeitsoper von Cavalli "Ercole amante"

- hier skandierte der Hof "vive le Roi-Soleil" als der König auftrat.
Von da ab ist auch die Verwendung der Sonne als königliches Symbol überall belegt.
Er wurde also schon als Sonnenkönig bezeichnet, bevor er die Sonne als "Logo" für sich einführte!
Die Darstellung im Ballett, eben als zentraler alles beherrschender Himmelskörper war im Grunde der Anstoß, die Sonne als festes Symbol zu übernehmen.

Im Ballett trat er noch zweimal als Sonne / Apollo in Erscheinug:

1669 Ballet Royal de Flore (Lully)
1670 Les amants magnifiques (Lully / Molière)

Danach gab er das Ballett auf. Die Sonne als Symbol blieb aber.

In diesem Zusammenhang ist die Poesie von Isaac de Benserade sehr wichtig, die ja ein ganz wichtiger Bestandteil dieser Hofballette war.

Mal zum Vergleich zwei Texte:

Aus dem Ballet Royal d’Apollon von 1621, Poesie ist Anonym, Musik von Anthoine Boesset (frei übersetzt)


Welche Schönheit, Oh Ihr Sterblichen

Oh Ihr Sterblichen welche Schönheit.
Sollte man eher Altäre errichten als jene die wir sehen können?
Sogar die Sonne muss vor seinem Reiz verbergen ihre Strahlen.

Sein schöner Name, der von „lieben“ kommt,
muss Euch nicht entflammen.
Mit einem Feuer, das aufseufzen lässt,
könnt Ihr das Herz entzücken eines Schönen, der zu bewundern ist?




und dann aus dem Ballet Hercule amoureux von 1662 mit der Poesie von Benserade (frei übersetzt) :

Für seine Majestät, den Repräsentanten der Sonne


Sonne, deren Ruhm den Hof begleitet,
den stets man mich hat tragen sehen mit meinem erborgtem Glanz,
wenn Euer Glanz, geringer war.
Kaum kann die Kunst dies Thema so beschreiben, wie man sollte,
so hoch seid ihr aufgestiegen,
dass Lob und Weihrauch Euch nicht mehr erreichen können.

Über das Haupt der Könige mit hoher Miene schreitet ihr,
und vormals war für Eure Strahlen Erwartung nicht so fest,
und nicht so tief;
Jedoch seh’ Heut ich mit solchem Feuer sie entzünden sich,
dass man nicht beschreiben kann und kaum auch aushalten
Ihre Kraft ganz ohne Atempause




[als Quelle sind unbedingt die Originalpartituren der Zeit zu nennen, wo die Vermerke "Le Roi representant le Soleil" bzw. "Apollo" zu finden sind, oder die sehr fundierte Arbeit von Philippe Beausaant - Lully, ou le Musicien du Soleil, 1992,
desweiteren auch "die Inszenierung des Sonnenkönigs von Peter Burke, 1996)


Es gab sogar (Staats-) Fahnen auf denen die Sonne zu sehen war.
Auf den Trommeln, Kanonen und selbst den Taschen der Soldaten prangte das Sonnensymbol - und eben nicht die Lilie.

Wenn man durch Versailles wandelt, oder original Dokumente der Zeit betrachtet, entdeckt man aber noch mehr.

Sein Monogram, zwei ineinander verschlungene "Ls" die man auch auf Wappen, Büchern und eben auf Türen und Fassaden findet.

In den letzten Lebensjahren gab es auch noch das ganz statische gekrönet "L" - z.B. an der Fassade der Chapelle Royale.


Das Sonnensymbol wurde aber nicht nur von Louis XIV in seiner Zeit verwendet, außerhalb Frankreichs sah und karikierte man ihn häufig als Phaeton.
Man beachte in diesem Zusammenhang z.B. mal das Deckengemälde im Treppenhaus, der Residenz Rastatt.
 
Aber die Herkunft des Sonnensymbols bzw. der Spitzname ist viel "profaner"

Louis XIII wie auch Louis XIV waren beide Musik- und Ballettbegeistert, traten auch selbst als Tänzer in Erscheinung und ab und zu auch als Verkörperung der Sonne..

Umgekehrt wird ein Schuh daraus!

Ganz zentral sah sich Ludwig XIV. als Sonne, um die der Adel und die anderen Untertanen wie Planeten kreisten. Erst aufgrund dieser programmatischen Aussage gab es dann Ballette und Opern, die Ludwig als Sonne darstellten, und in denen er selbst als Sonne auftrat.
 
Zuletzt bearbeitet:
Umgekehrt wird ein Schuh daraus!

Ganz zentral sah sich Ludwig XIV. als Sonne, um die der Adel und die anderen Untertanen wie Planeten kreisten. Erst aufgrund dieser prommatischen Aussage gab es dann Ballette und Opern, die Ludwig als Sonne darstellten, und in denen er selbst als Sonne auftrat.

Das halte ich zwar insgesamt für plausibel (ja eigentlich plausibler), was mich aber daran irritiert ist folgendes:

Bei Louis XIV. kann man sogar noch ganz genau die Aufführungen ausmachen:

1653 im Ballet Royal de la Nuit (Lulli / Cambefort / Molliere)
1654 im Ballet zu der ital. Prunkoper "Le nozze di Peleo e di Teti" (Caproli)

Hier tanzten auch die beiden späteren Stuartkönige mit, Charles und James.

Man muss ja fast annehmen, dass Charles und James gar nicht begriffen haben, dass sie hier symbolisch zu Vasallen degradiert wurden.
 
Nun ja heraldische Bilddevisen als persönliches Zeichen des Königs unabhängig von der Staatsheraldik waren in Frankreich ab Johann II eigentlich Tradition. Und Ludwig XIV war nicht der erste,der die Sonne wählte
Ich habe mir die Mühe gemacht,die bekannten mal aufzulisten:

  • Johann II (1350-64): Hirsch
  • Karl V (1364-80) - geflügelter Hirsch
  • Karl VI (1380-1422) - Löwe, Ginsterschote
  • Der Dauphin, Sohn von Karl VI - Schwan
  • Karl VII (1422-61) - geflügelter Hirsch
  • Ludwig XII (1498-1515) - Stachelschwein
  • seine Frau Anne de Bretagne -´ Hermelin (hermine)
  • ihre Tochter Claude de France - von einem Pfeil durchbohrter Schwan
  • Franz I (1515-47) - Salamander
  • Heinrich II (1547-59) - drei verschränkte Mondsicheln/ ´´ bzw, liegende Mondsichel mit Krone,
  • Franzs II (1559-60) - Sonne
  • Karl IX (1560–1574) - Säulen mit Pietas et Justitia
  • Heinrich III (1574-89) - drei Kronen , bzw. zwei goldene Lorbeerblätter und eine von Sternen umgebene Palme,
  • Heinrich IV (1589-1610) - Zwei Szepter und ein Schwert
  • Ludwig XIII (1610-43) - eine Waage,
  • Ludwifg XIV (1643–1715): ´ Sonne
 
Umgekehrt wird ein Schuh daraus!

Ganz zentral sah sich Ludwig XIV. als Sonne, um die der Adel und die anderen Untertanen wie Planeten kreisten. Erst aufgrund dieser programmatischen Aussage gab es dann Ballette und Opern, die Ludwig als Sonne darstellten, und in denen er selbst als Sonne auftrat.
eben nicht, dehalb habe ich ja auch die Jahreszahlen der Ballette hinzugeschrieben, und das zeigt ja, dass dies eben vor der Symbolwahl stattfand.

Im übrigen ist der Auftritt als Sonne nicht die einzige Ballettrolle:

weiter habe ich folgende Rollenzuschreibungen finden können:

Ballet d'Alcidiane et Polexandre 1659 - als Verkörperung des Hasses (!!)
Ballet des Arts 1663 - als Verkörperung des Krieges

und viele andere Rollen, z.B. als Jupiter, sogar als Bettler.


vor 1662 war es wohl auch so, dass der König nicht im Zentrum auf der Bühne stand, sondern nur eine Rolle von vielen übernahm.
Erst durch diese extravagante und völlig neue Inszenierung im Ballet 'Hercule amoureux" bekam er ja diesen Spitznahmen "Sonnenkönig"
obwohl er ja auch schon vorher in dieser Rolle zu sehen war.

Mag sein, dass man im Zusammenhang mit Louis XIV immer gerne alles in der Art eines Masterplans sehen mag, aber so wie Versailles langsam erst, über 50 Jahre hinweg entstanden ist, ohne dass am Anfang der Gedanke stand, die größte und prächtigste Residenz der Welt zu erschaffen, so wenig ist eben auch der Sonnenmythos im Büro des Königs entwickelt worden, sondern entstand aus der spontanen Begeisterung des Hofes.

Was das Ballett mit den Stuarts anbelangt, Louis XIV, sein Bruder Philippe und Charles und James tanzten gleichberechtigt auf der Bühne.
Bei Erlanger Biographie war es glaube ich, dass er davon sprach, dass besonders Charles ziemlich reserviert gegenüber Louis XIV war, und weder etwas sagte noch tat um nicht in irgendeiner Weise die politischen Beziehungen zu gefärden.
Wahrscheinlich war das mit ein Grund dafür, dass alle 4 Königskinder zusammen, ohne Rangunterschied auf der Bühne zu sehen waren.
 
Zuletzt bearbeitet:
eben nicht, dehalb habe ich ja auch die Jahreszahlen der Ballette hinzugeschrieben, und das zeigt ja, dass dies eben vor der Symbolwahl stattfand.

Naja, die Sonne ist eines der stärksten Symbole überhaupt: Das Licht der Welt. (Wer darin ein Bibelzitat erkennt, liegt ganz richtig.) Es ist also in einer Gesellschaft, die sich symbolischer Kommunikation bedient, wie der absolutistischen, kaum vorstellbar, dass Ludwig beim Ballett als Sonne nur ein Zufall war. Hinzu gekommen war ja auch das kopernikanische Weltbild: der Heliozentrismus: Die Sonne ist nicht nur das Licht der Welt, sondern die Planeten kreisen auch noch um sie. Auch wenn der Titel Roi-Soleil erst später angenommen wurde, heißt das nicht, dass die Symbolik nicht schon vorher bewusst benutzt worden sei.
Aber das sind nur hypothetische Überlegungen da ich mich mit der entsprechenden Zeit quasi überhaupt nicht beschäftigt habe.
 
Na ja,ich habe da meine Zweifel,daß ein simples Balett der Anlass für ein Staatssymbol war.-Wie gesagt vor Ludwig XIV hatte ja auch Franz II bereits die Sonne als Bilddevise
gewählt und ELQs Deutung kommt mir da doch wahrscheinlicher vor.
das Königtum regierte damals auch zum Teil durch entsprechende repräsentative Symbolik-sowohl im Großen als auch im Detail. Und eine solche staatsrelevante Symbolik bildete sich sicherlich nicht zufällig ,sondern wurde sorgfältig ausgewählt.
 
Na ja,ich habe da meine Zweifel,daß ein simples Balett der Anlass für ein Staatssymbol war.-Wie gesagt vor Ludwig XIV hatte ja auch Franz II bereits die Sonne als Bilddevise
gewählt und ELQs Deutung kommt mir da doch wahrscheinlicher vor.
das Königtum regierte damals auch zum Teil durch entsprechende repräsentative Symbolik-sowohl im Großen als auch im Detail. Und eine solche staatsrelevante Symbolik bildete sich sicherlich nicht zufällig ,sondern wurde sorgfältig ausgewählt.
Dann solltest Du dazu mal eine Quelle bringen.:winke:

@ Soleil Royale
Ist bekannt, welche Rollen die Stuarts bei dem von Dir erwähnten Ballett einnahmen?
 
Eine Quelle wird man dazu vermutlich nicht finden,aber die massenhafte Verwendung der Bilddevisen als persönliches Zeichen des Königs über einen Zeitraum von fast 300 Jahren und die Einbeziehung dieser Symbolik in die Verziehrung öffentlicher Bauten,Hoheitszeichen und selbst alltäglichen Gebrauchsgegenständen des Hofes legt den Schluss nahe.
 
Eine Quelle wird man dazu vermutlich nicht finden,aber die massenhafte Verwendung der Bilddevisen als persönliches Zeichen des Königs über einen Zeitraum von fast 300 Jahren und die Einbeziehung dieser Symbolik in die Verziehrung öffentlicher Bauten,Hoheitszeichen und selbst alltäglichen Gebrauchsgegenständen des Hofes legt den Schluss nahe.
Bei einigen Herrschern lässt sich aber eine Planung der Selbstdarstellung und der eigenen Wahl der Symbolik schon "greifen".
Ich denke da v.a. an August den Starken und der Verwendung der Figur des Herkules in der Bildsprache seiner Zeit. Wenn ich mich recht entsinne, waren einige Entwürfe zu Kostümen etc. von seiner Hand oder von ihm direkt vorgeschrieben worden. Die Inspirationen stammten häufig ganz klar aus seinen Erlebnissen am französischen Hof, welche ihn stark prägten. Den französischen Hof erlebte er (wie auch später sein Sohn) sehr anschaulich anlässlich seiner Kavalierstour, die er als Prinz absolvierte. (Vgl.:
- Dr. Katrin Keller (Uni. Leipzig): "August der Starke auf Reisen - Umstände und Folgen seiner Kavalierstour der Jahre 1687 bis 1689"
"Saxonia - Schriftenreihe des Vereins für sächsische Landesgeschichte e.V. Band 1 - August der Starke und seine Zeit" Sächs. Druck- und Verlagshaus, Dresden, 1995
- Arrizolli-Clémentel (und andere):"Fastes de Cour et Céremonies - Le Costume de Cour en Europe 1650-1800" Réunion des musées nationaux, Paris, 2009
... )
 
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