Hattische Sprache

heinz schrieb:
ich sehe es ähnlich wie Du. Keine der anderen Theorien sind bisher bewiesen worden, auch nicht die Anatolientheorien.
Bis zum Beweis des Gegenteils sollte man sich an das halten, was man bisher schon weiß. Die Ausgrabungen in Osteuropa und Mittelasien stehen aufgrund des früher herrschenden Ost/Westkonfliktes erst am Anfang.

Wie sehen dann deiner Meinung nach die Beweise für eine Einwanderung der Kurgan-Leute in Anatolien aus? Die ersten Schriften beweisen, dass es sowohl Indoeuropäer als auch Hattier gab. Das war dann aber auch alles was bekannt ist.
Nur weil es die Lehrmeinung ist, muß sie doch nicht stimmen.
 
"Beweise" für oder gegen diese oder jene Theorie gibt es überhaupt nicht. Bis heute werden Herkunft und Wanderungen indoeuropäisch sprechender Völker in der Forschung durchaus kontrovers diskutiert und es gibt lediglich Theorien oder gar nur Spekulationen. Das muss man ehrlicherweise voranstellen, wenn man diese Thematik diskutiert.

So wird die Anatolientheorie mehrheitlich von der Forschung abgelehnt und das deckt sich auch mit meiner Meinung. Im Raum Kleinasien/Vorderasien waren entweder semitische Sprachen verbreitet oder aber altkleinasiatische, d.h. nichtindogermanische Idiome, die keiner bekannten Sprache zuzuordnen sind. Die Entstehung indoeuropäischer Sprachen wird hingegen erst dem 3. Jahrtausend zugeordnet und im vorderasiatischen Raum haben Hethiter aus den zitierten Gründen wohl nicht ursprünglich gesessen.

Ich favorisiere daher eine Einwanderung der Hethtiter in den zentralanatolischen Raum, wo sie auf eine protoanatolische Vorbevölkerung stießen, zu denen ich die Hattier zähle. Ob diese Einwanderung nun von Südrussland her entlang der östlichen Schwarzmeerküste erfolgte, oder vielleicht sogar von Westen her über den Bosporus, lässt nicht entscheiden. Für den östlichen Weg spricht, dass man bis Maikop hinunter Grabhügel bzw. "Kurgane" findet (Maikopkultur), für den Zugang von Westen der problemlosere Weg.

Wenn ich die ursprünglichen Sitze der Hethiter zwischen Schwarzem und Kaspischem Meer postuliere, lässt sich leicht vorstellen, wie die entsprechen Wanderungen geografisch verlaufen sind.

Für den Weg von Westen her könnte man z.B. vermuten, dass sich im Raum des Balkan die einwandernden Indoeuropäer etwa um 2200 v. Chr. in Protogriechen und Protohethiter aufspalteten. Während die einen in Griechenland blieben und dort nach Vermischung mit der eingesessenen Bevölkerung zum griechischen Volk wurden, zog der andere indoeuropäische Zweig – nämlich die Protohethiter – über den Bosporus, wo nach Verbindung mit den Hattiern das Volk der Hethiter entstand.

Das sind, wohlbemerkt, lediglich hypothetische Szenarien, aber angesichts schlagender Beweise lässt das Thema nur so diskutieren.
 
Dieter schrieb:
So wird die Anatolientheorie mehrheitlich von der Forschung abgelehnt und das deckt sich auch mit meiner Meinung. Im Raum Kleinasien/Vorderasien waren entweder semitische Sprachen verbreitet oder aber altkleinasiatische, d.h. nichtindogermanische Idiome, die keiner bekannten Sprache zuzuordnen sind.

Welche Idiome außer dem Hattischen wären dies?

Dieter schrieb:
Für den östlichen Weg spricht, dass man bis Maikop hinunter Grabhügel bzw. "Kurgane" findet (Maikopkultur)

Welche nachweisbare Verbindung besteht zwischen den Kurganen und den Hethitern?

Dieter schrieb:
Für den Weg von Westen her könnte man z.B. vermuten, dass sich im Raum des Balkan die einwandernden Indoeuropäer etwa um 2200 v. Chr. in Protogriechen und Protohethiter aufspalteten.

Eines so späte Trennung zwischen Proto-Griechen und Proto-Anatoliern ist kaum denkbar. Die wenige Jahrhunderte später belegten Sprachen Hethitisch und Mykenisch liegen so weit auseinander, daß von einer wesentlich längere Trennung auszugehen ist.
 
Witege schrieb:
Wie sehen dann deiner Meinung nach die Beweise für eine Einwanderung der Kurgan-Leute in Anatolien aus? Die ersten Schriften beweisen, dass es sowohl Indoeuropäer als auch Hattier gab. Das war dann aber auch alles was bekannt ist.
Nur weil es die Lehrmeinung ist, muß sie doch nicht stimmen.

Lieber Witege,
Beweise gibt es, wie schon Dieter schrieb für keine der vielen Theorien. Warum sollen die Hethiter nicht am Rande des Schwarzen Meers nach Süden gewandert sein?:confused: Dass sie da waren und eine indogermanische Sprache gesprochen haben kann man ja schließlich aus ihren Schriftbildern entnehmen. :grübel:
 
heinz schrieb:
Warum sollen die Hethiter nicht am Rande des Schwarzen Meers nach Süden gewandert sein?

Weil es außerhalb von Anatolien und außerhalb des Großhethitischen Reiches nie Hethiter gegeben hat.
 
hyokkose schrieb:
Weil es außerhalb von Anatolien und außerhalb des Großhethitischen Reiches nie Hethiter gegeben hat.
..oder es wurden bis jetzt keine gefunden,bzw.identifiziert. "Gab es nie" kannst du einfach nicht belegen.
 
tamas schrieb:
..oder es wurden bis jetzt keine gefunden,bzw.identifiziert. "Gab es nie" kannst du einfach nicht belegen.

Richtig.
Möglicherweise besiedelten die Hethiter auch Tahiti. Daß es dort keine Hethiter gab, läßt sich schließlich auch nicht belegen.
 
hyokkose schrieb:
Richtig.
Möglicherweise besiedelten die Hethiter auch Tahiti. Daß es dort keine Hethiter gab, läßt sich schließlich auch nicht belegen.
"Gab es nie in der Nachbarschaft", oder "gab es nie auf Tahiti"- ist doch hoffentlich nicht gleichzustellen,oder ?
 
tamas schrieb:
"Gab es nie in der Nachbarschaft", oder "gab es nie auf Tahiti"- ist doch hoffentlich nicht gleichzustellen,oder ?

Richtig, denn über die Nachbarn gibt es eine Menge archäologischer Belege, und man weiß ungefähr, wer dort gewohnt hat.

Im Fall Tahiti ist mir für die Zeit der Hethiter nichts dergleichen bekannt.
 
hyokkose schrieb:
Richtig, denn über die Nachbarn gibt es eine Menge archäologischer Belege, und man weiß ungefähr, wer dort gewohnt hat.
Na ja, das ist mir zu pauschal..
Aber viel wichtiger ist, das die Hethiter sich selber nicht als Einheimische, sondern als zuwanderer verstanden. Hattisch ist wie es aussieht ein vorfahre/verwandte des Abchasischen. Nesa oder Kanes, von wo die Hetthiter sich nannten lag im südosten, und gehörte nicht zu den wichtigsten städten des (spät.) Reiches.
Deshalb nehmen manche an , die seien von osten gekommen.
Laut den Hethitischen Legenden stieg die Sonne bei den Wanderungen aber immer aus dem Meer .Das würde eine Wanderung entlang des Schwarzen Meeres (westliche Richtung) , bei den meeresengen vorbei bedeuten.
 
tamas schrieb:
Na ja, das ist mir zu pauschal..
Aber viel wichtiger ist, das die Hethiter sich selber nicht als Einheimische, sondern als zuwanderer verstanden.

In Hattusa natürlich.

Die Heimat der Hethiter war in Nesa, südöstlich davon.



tamas schrieb:
Hattisch ist wie es aussieht ein vorfahre/verwandte des Abchasischen.

Sagt wer?



tamas schrieb:
Laut den Hethitischen Legenden stieg die Sonne bei den Wanderungen aber immer aus dem Meer

Was für Wanderungen bitte? Könntest Du diese Legende einmal zitieren?
 
Die Hattische Sprache gilt als die Sprache der Ureinwohner Anatoliens vor der Einwanderung der indogermanischen Hethiter, Luwier und Palaier.

Hattisch wurde nicht in ganz Anatolien gesprochen, sondern in Zentralanatolien.

Die Sprache war bei der Einführung der Schrift bereits ausgestorben und wurde nur bei einigen religiösen Texten in hethitisch-hattischen Bilinguen verwendet.

Immerhin wurde Hattisch lange bei den Hethitern als Ritualsprache verwendet.
Eine Verwandschaft zu anderen Sprachen kann nicht bewiesen werden, am ähnlichsten scheint das Hurritsche, also eine kaukasische Sprache.

Da ich mich nicht gut mit den Hethitern auskenne und auch nichts genaueres im Netz gefunden habe, wollte ich fragen, ob diese Theorie als bewiesen gilt, oder eher verfasst wurde um die Kurgan-Hypothese zu stützen.

Nach der Sprachwissenschaft ist Hattisch mit keiner anderen Sprache verwandt. Wie du schon schriebst.
Gibt es hethitische Quellen die diese beschreiben und die Hatti eindeutig als anderssprachige Vorbevölkerung nennen?

Die hethitischen Quellen unterscheiden strikt zwischen Hethitisch und Hattisch. Die Hethiter bezeichneten die Hattische Sprache als „hattili“, während sie ihre eigene Sprache als „nesili“ bezeichneten.
 
Hattisch wurde nicht in ganz Anatolien gesprochen, sondern in Zentralanatolien.

Das stimmt natürlich. Dennoch wäre es interessant zu wissen, wie weit das Hattische in die anatolische Vorgeschichte hinabreicht oder ob es gar ein Fortsetzer der Sprache ist, die die Leute von Catal Hüyük sprachen. Anders herum: Zählen die Hattier zur autochthonen Bevölkerung Kleinasiens und somit zu den Ureinwohnern?

Immerhin wurde Hattisch lange bei den Hethitern als Ritualsprache verwendet.

Das zeigt den hohen Stellenwert der Hattier bei den Hethitern, was auch durch die Übernahme zahlreicher hattischer Kulturtraditionen bestätigt wird. Vielfach wird angenommen, dass die frühen indogermanischen Hethiter als noch ziemlich archaische Burschen beim Militär hattischer Fürsten in Lohn und Brot standen, bis sie schließlich um 1800 v. Chr. in deren Stadtstaaten bzw. kleinen Fürstentümern selbst das machtpolitische Ruder übernahmen.

Nach der Sprachwissenschaft ist Hattisch mit keiner anderen Sprache verwandt. Wie du schon schriebst.

Hattisch gilt als isolierte Sprache, was es möglicherweise 1000-2000 Jahre zuvor nicht gewesen ist, wenn man es als Sprache der anatolischen Urbevölkerung betrachtet - zumindest als eine der seit dem späten Neolithikum in Anatolien verbreiteten Sprachen. Vermutlich hat die rasche Ausbreitung des Hethitischen zusammen mit dem Luwischen und Palaischen den vor-indogermanischen altanatolischen Sprachen den Garaus gemacht.
 
Das stimmt natürlich. Dennoch wäre es interessant zu wissen, wie weit das Hattische in die anatolische Vorgeschichte hinabreicht oder ob es gar ein Fortsetzer der Sprache ist, die die Leute von Catal Hüyük sprachen. Anders herum: Zählen die Hattier zur autochthonen Bevölkerung Kleinasiens und somit zu den Ureinwohnern?

Man weiß, dass die Hattier bereits im 3. Jt. v. Chr. in Zentralanatolien gelebt haben. Ob sie nun autochthon waren oder irgendwann nach Zentralanatolien migriert sind, ist wohl unklar. Welche Sprache in der neolithischen Siedlung Çatalhöyük, deren Siedlungsgeschichte bis in das 7. Jt. v. Chr. zurückreicht, gesprochen wurde, weiß man sicherlich nicht.
 
Welche Sprache in der neolithischen Siedlung Çatalhöyük, deren Siedlungsgeschichte bis in das 7. Jt. v. Chr. zurückreicht, gesprochen wurde, weiß man sicherlich nicht.

Nein, natürlich weiß man das nicht und ich habe es auch nur als Hypothese oder Spekulation erwähnt. :grübel:

Allerdings kann man beobachten, dass isolierte Sprachen meist ein hohes Alter aufweisen und in ihren Regionen zu den frühesten Idiomen zählen. Das gilt für das Baskische ebenso wie für das Sumerische oder Hurritische mit seinem Fortsetzer, dem Urartäischen. Und vielleicht gilt das ja auch für das Hattische, das leider wegen der unzureichenden schriftlichen Überlieferung - einzelne Einsprengsel in hethitischen Texten - nur unzureichend erforscht ist.
 
So wird die Anatolientheorie mehrheitlich von der Forschung abgelehnt und das deckt sich auch mit meiner Meinung.


Die Hypothese, dass die Urheimat der indoeuropäischen Sprachfamilie in Anatolien zu suchen ist, wird zwar von der Indogermanistik nicht grundsätzlich abgelehnt, hat aber nie eine mit der Kurgan-Hypothese vergleichbare Akzeptanz erreicht. Es gibt zu viele gewichtige Argumente gegen die Anatolien-Hypothese. Zum Beispiel gibt es keine archäologischen Spuren, die auf indoeuropäische Siedlungen für das 8. und 7. Jahrtausend v. Chr. hindeuten. Auch ist die Wissenschaft sich darüber einig, dass Çatalhöyük nicht von einer indoeuropäischen Bevölkerung besiedelt wurde. Es gibt nicht die geringsten Beweise dafür, dass die ursprünglichen Träger des Indoeuropäischen aus Anatolien stammen.
 
Nein, natürlich weiß man das nicht und ich habe es auch nur als Hypothese oder Spekulation erwähnt. :grübel:

Allerdings kann man beobachten, dass isolierte Sprachen meist ein hohes Alter aufweisen und in ihren Regionen zu den frühesten Idiomen zählen. Das gilt für das Baskische ebenso wie für das Sumerische oder Hurritische mit seinem Fortsetzer, dem Urartäischen. Und vielleicht gilt das ja auch für das Hattische, das leider wegen der unzureichenden schriftlichen Überlieferung - einzelne Einsprengsel in hethitischen Texten - nur unzureichend erforscht ist.


Beim Hurritischen und Urartäischen geht die Linguistik mittlerweile davon aus, dass es sich bei beiden Sprachen um kaukasische gehandelt hat. Ob das nun bewiesen ist, weiß ich aber nicht genau.
 
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