Wieso war Napoleon bei den Franzosen so beliebt?

Segur schreibt in seinem Buch über den russ. Feldzug Napoleons, wie seine (Napoleons) Beliebtheit in den östlichen Provinzen Frankreichs ungleich höher als in denen des Westens und des Südens gewesen wäre.
"Denn durch jene Provinzen strömte seit über einem Jahrzehnt der Reichtum Europas" (was der Süddeutsche mit gemischten Gefühlen liest)

Auf alle Fälle lässt sich ableiten, dass die Beliebtheit Napoleons sehr unterschiedlich gemischt und ungleich verteilt war.
 
Ich finde das mann alle hier genannten Standpunkte in einem gewissen Maß vertreten kann doch finde ich persönlich auch das er die beliebtheit beim Volk auch durch die beliebtheit innerhalb der Armee zu verdanken hatte. Denn diese beliebtheit in der Armee erhielt er nach seiner ersten (für mich ersten großen Schlacht) von "Lodi" bei dem Sieg über die Österreicher, als nähmlich die Soldaten begannen ihn "den kleinen Korporal" zu nennen.
Gruß
Napoleon# 95:yes:
 
Nicht zu vergessen:

der Code Civil (gleiche Rechte für Alle)

Es wird mir sicher nicht allein so gehen, den Code Civil nicht gelesen, geschweige denn mit anderen Gesetzeswerken z.B. der Revolution oder des ancien régime verglichen zu haben, und so kann es nicht verwundern, dass der zitierte Satz bisher unwidersprochen blieb ... Aber gut, dass es andere gibt/gab, die es getan haben. Und so habe ich bei Herold eine etwas ausführlichere Passage gefunden, die das genaue Gegenteil beweist:

"Der Code Napoléon wurde aus mancherlei triftigen Gründen kritisiert. Einige seiner fragwürdigen Züge lassen sich auf Bonapartes Einfluß zurückführen. Sie sind ohne Ausnahme antiliberal, um nicht zu sagen: reaktionär, und haben das Sozialgefüge Frankreichs für alle Zukunft schwer beeinträchtigt. Dem Vater wurde fast despotische Gewalt über die Familie zugesprochen, einschließlich des Rechts, sein Kind für einen Monat einzusperren; uneheliche Kinder wurden von der Erbschaft ausgeschlossen, oder hatten, im Falle ihrer Anerkennung, nur auf einen kleinen Anteil Anspruch; die äußerst freizügigen Ehescheidungsgesetze der revolutionären Ära wirden beträchtlich eingeengt, in dem Bemühen, anstelle des Einzelmenschen die Familie als Grundeinheit der Gesellschaft wiederherzustellen.

Was die Stellung der Frau betraf, so bedeutete der Code einen enormen Rückfall. "Eine Braut", äußerte Bonaparte vor dem Staatsrat, "muss klargemacht werden, dass sie von der Stunde an, da sie der elterlichen Vormundschaft entschlüpft, unter jene ihres Gatten fällt." Dieser Grundsatz wurde im Code Napoléon voll ausgeschöpft: Ehefrauen unterstanden ihren Gatten, hatten kein Verfügungsrecht über das gemeinschaftliche Hab und Gut, durften keinen Besitz verschenken, veräußern oder verpfänden und solchen nur mit der schriftlichen Zustimmung des Gatten erwerben. Unter dem ancien régime hatten sich die verheirateten Frauen weitgehender Freiheiten, getrennter Eigentumsrechte und eines einflussreichen Platzes im Gemeinwesen erfreut. Die Revolution hatte ihre Rechte noch erweitert. Bonaparte zwang der französischen Gesellschaft seinen Standpunkt auf, dass Frauen ihr Leben lang als unverantwortliche Minderjährige behandelt werden sollen. "Die Frauen sollten bei ihrem Strickstrumpf bleiben", sagte er einmal zum Sohn Madame de Staëls, von der man nicht behaupten kann, sie habe viel gestrickt. Vor dem Staatsrat erklärte er: "Der Ehemann muss das absolute Recht besitzen, zu seiner Frau zu sagen: "Madame, Sie werden nicht ausgehen. Sie werden nicht ins Theater gehen. Sie werden die und die Person nicht in ihrem Salon empfangen; denn die Kinder, die Sie tragen sollen, werden mir gehören." Ein französischer Ehemann unter dem ancien régime wäre mit so einem Spruch nicht weit gekommen.

Bonaparte, der einen Abscheu vor der moralischen Laxheit des achtzehnten Jahrhunderts hatte, die er der Vorherrschaft der Frauen in der Gesellschaft zuschrieb, war entschlossen, das Familienleben nach römischen, oder vielleicht eher korsischen Grundsätzen zu reformieren. Mit ihm und nicht erst mit Königin Viktoria, kam die viktorianische Moral zur Welt. So wie Bonaparte die einzige Autorität im Staat war, sollte der Ehemann und Vater die alleinige Autorität über die Familie ausüben. Die Tyrannei auf beiden Ebenen kann leider nur in Scheinheiligkeit enden." [1]

Grüße
excideuil

[1] Herold, Christopher: Der korsische Degen – Napoleon und seine Zeit, Deutsche Buch-Gemeinschaft, Berlin, Darmstadt, Wien, 1968 (1966), Seite 149-150
 
Natuerlich, die Gleichbehandlung von Mann und Frau war nicht gewæhrleistet.

Frage: Wie war es in den anderen Staaten?

Gruss, muheijo
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Beispiel des Werkes und des tragischen Todes von Olymp de Gouges nur 10 Jahre vor der Inkraftsetzung des Code Civil und zu einem Zeitpunkt, als man bereits die ersten Züge dieses Gesetzeswerkes schuf, zeigt doch überdeutlich, dass es in dieser Zeit fast einer Utopie glich, der Frau die gleichen Rechte zu verschaffen, wie den Männern.

Woher sollten die Männer um Napoleon und der Erste Konsul selbst, die Kraft nehmen sich einer Volksmeinung zu widersetzen, die zu derartigen tödlichen Eskapaden im Stande war.
Dies von Napoleon zu erwarten, hieße die Zwänge der Zeit zu mißachten.

Und die lange Zeit, die es noch brauchte, bis Frauen in Frankreich wenigstens das Wahlrecht ausüben durften beweist doch, welcher im Übermass unerfüllbarer Anspruch hier an Napoleon gestellt würde, wollte man schon 1803 von ihm die Gleichberechtigung der Frauen erwarten.

Immerhin hat Napoleon Frauen wie Thérèse Figueur, welche sich im nachrevolutionären Frankreich eine Nische in der männlichen Welt des Soldatseins erobert hatten, nicht auf dem Scheiterhaufen verbrennen oder an die Wand stellen lassen. Als Thérèse die im 15ème régiment de dragons diente, mit einer Pension abgefunden werden sollte, setzten sich die Marschälle Lannes, Augereau und Géneral Nouguez (dessen Leben sie einstmals rettete) für deren Reaktivierung und Verbleib bei den Dragonern ein.*1


Aber zurück zu der durchaus berechtigten Frage, warum Napoleon I. in Frankreich so beliebt war und ist.
:fs:

Aufschluss darüber kann uns mit Sicherheit der Kammerdiener Constant des Kaisers geben, der bis auf wenige Monate, auf Schritt und Tritt an der Seite des Konsuls und dann des Kaisers war.

Unter den beiden Hilfs-Sekretären (des Herrn de Meneval – Anm. d. Verf.) war besonders einer, der soviel Schulden hatte, dass er wenn nicht ein unvorhergesehenes Ereignisse eingetreten wäre, entlassen worden wäre.
Nachdem er eine ganze Nacht über seine Verlegenheit nachgedacht hatte, um sich die Summen zu verschaffen, die seine ungestümen Gläubiger verlangten, kam er auf den Gedanken, in der Arbeit Befreiung von seinen vielen Sorgen zu suchen.
Schon um fünf Uhr morgens stellte er sich in seinem Bureau ein. Da er glaubte, dass ihn zu dieser frühen Stunde niemand hören würde, begann er wohl mitten in seiner Arbeit zu pfeifen wie ein Hänfling.
Der Kaiser hatte aber eines Morgens nachdem er bereits eine ganze Zeit in seinem Kabinett gearbeitet, das Pfeifen gehört:
„Was Teufel, schon da Monsieur! Das ist recht,“ rief er das Bureau betretend. „Maret wird zufrieden mit Ihnen sein. Wieviel Gehalt bekommen Sie?“
„Sire, ich habe 8000 Francs jährlich. Ich wohne im Schloß und werde hier verpflegt.“
„Oh! Das ist ja sehr gut, Sie können zufrieden sein Monsieur.“
Der junge Mann der bemerkt hatte, dass der Kaiser guter Laune war, beschloss sogleich die Schwierigkeiten seiner Lage offen auseinanderzusetzen.
„Ach Sire, ich sollte wohl freilich glücklich sein, aber ich bin es nicht.“
„Und warum nicht?“
„Ich muss es wohl bekennen, Sire. Ich habe mit so vielen „Engländern“ zu tun, außerdem einen alten Vater, zwei Schwestern und eine Mutter zu erhalten.“
„Was wollen Sie denn mit Ihren „Engländern“ sagen; müssen Sie diese Leute auch erhalten?“
„Nein Sire, aber es sind Leute, die für meine Vergnügungen mit dem Gelde, welches sie mir geliehen hatten, aufkamen. Man nennt heute seine Gläubiger „Engländer“.
„Genug, genug! Mit dem Gehalt welches Sie beziehen, machen Sie also noch Schulden? Ich will nicht länger jemanden um mich haben, der zu dem Solde von „Engländern“ seine Zuflucht nimmt, wenn er mit dem Solde, welches ich ihm zahle, sehr behaglich leben kann. Innerhalb einer Stunde werden Sie Ihre Entlassung haben.“
Der Kaiser warf noch einen strengen Blick nach dem jungen Sekretär hin und entfernte sich. Dieser war, wie man sich denken kann, der Verzweiflung nahe; Gedanken an Selbstmord schwirrten ihm durch seinen Kopf, als der diensthabende Adjutant eintrat und ihm einen Brief des Kaisers überreichte. Derselbe lautete:
„Monsieur!
Sie haben verdient, aus meinem Kabinett fortgejagt zu werden. Aber ich habe an Ihre Familie gedacht; um Ihrer Familie willen verzeihe ich Ihnen. Da sie es vor allem ist, die unter Ihrem schlechten Betragen leiden würde, so schicke ich Ihnen zugleich mit meiner Verzeihung 10 000 Franken in Bankscheinen. Bezahlen Sie mit dieser Summe alle „Engländer“, von denen Sie belästigt werden und geraten Sie nicht nochmals in die Hände derselben, denn dann müßte ich Sie aufgeben.
Napoleon“
Mit einem schallenden „es lebe der Kaiser“ verließ der junge Mann eiligen Schrittes das Kabinett, um seiner Familie die frohe Kunde zu überbringen.
Sein junger Kollege, dem er ebenfalls alles erzählt hatte, erschien nun auch schon mit Tagesanbruch bei der Arbeit, pfiff auch wie sein Freund, um des Kaisers Aufmerksamkeit zu erwecken und in den Besitz von Banknoten zu gelangen.
Leider aber hörte ihn der Kaiser nicht.*2

Constant gibt uns hier einen Einblick in die Großzügigkeit des Kaisers für seine Umgebung und vor allem auch in Bezug zu den Menschen, die sein Vertrauen eigentlich nicht verdient hatten, als eine Facette der Persönlichkeit Napoleons I.

Die hier im Forum an anderer Stelle suggerierte Meinung, "der Kaiser sei geizig und habe jeden Knopf gezählt", ist deshalb mit Sicherheit nicht richtig und eine einseitige, nicht wahrheitsbezogene Darstellung.

Allerdings finde ich im "Constant" nicht einen einzigen Beitrag zu Talleyrand, trotz des "herausstechenden Wesens" des ehemaligen Außenministers.

Kircheisen schreibt, dass die Herausgabe der Memoiren recht schwierig und an eine Datumsfrist gebunden war.
Auch blieb Constant mit den Kapiteln "Die Tagebuchblätter der Madame X" und "Der Lebenslauf der Baronesse de V......,von ihr selbst erzählt" im anonymen Bereich.
Offenbar fürchtete Constant um sein Leben, wenn seine Memoiren zu Lebzeiten und in der Zeit der Restauration veröffentlich wurden.
Der Inhalt der Memoiren blieb daher zu Lebzeiten Constants geheim.
Wer ihn wohl bedrohte und um den Inhalt nicht wissend oder im Zweifel, um seinen Ruf fürchtete?:grübel:
Das wäre ein sehr lohnendes Forschungsthema!:rofl:

*1 "Thérèse Figueur - un ancien du 15e Dragons", Edition Delmas, 1936,
"Femmes aux armées", M.-L. Jacotey, Edition Dominique Guéniot, 1999 ,

*2 "Napoleon - Nach den Memoiren seines Kammerdieners Constant", Schmidt & Günther in Leipzig, Dritter Band, Seite 275 - 277.....
.........................
.......alles aus @laGalopines grundsolidem Bücher - Humidor :winke:!
 
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Das Beispiel des Werkes und des tragischen Todes von Olymp de Gouges nur 10 Jahre vor der Inkraftsetzung des Code Civil und zu einem Zeitpunkt, als man bereits die ersten Züge dieses Gesetzeswerkes schuf, zeigt doch überdeutlich, dass es in dieser Zeit fast einer Utopie glich, der Frau die gleichen Rechte zu verschaffen, wie den Männern.

Woher sollten die Männer um Napoleon und der Erste Konsul selbst, die Kraft nehmen sich einer Volksmeinung zu widersetzen, die zu derartigen tödlichen Eskapaden im Stande war.
Dies von Napoleon zu erwarten, hieße die Zwänge der Zeit zu mißachten.

Nun, das Beispiel Olymp de Gouges mag verdeutlichen, dass es eine Frau gab, die sich für die Rechte der Frauen einsetzte, die zu ihrer Zeit nicht zu verwirklichen waren. Es erklärt aber nicht, warum Bonaparte sich genötigt sah, die Rechte der Frauen selbst über das im ancien régime Erreichte (vergl. # 23) zurückzuschrauben. Ich würde dich daher bitten, deine Quellen anzugeben, die die von dir beschriebene "Volksmeinung" oder "derartige tödlichen Eskapaden" stützen.

Grüße
excideuil
 
Wenn es wirklich notwendig ist, dann such ich Dir in einer freien Minute den Link heraus, wo man nachlesen kann, dass Theaterstücke von Olympe de Gouges, in der sie die Befreiung der Sklaven thematisierte, zu einem Aufruhr im Publikum und zur gezielten Hetze gegen sie führten.

Das meinte ich, als ich von "Volksmeinung" schrieb. Da es für mich keinen Beleg gibt, dass der Widerstand und Tumult in der Aufführung ihrer Stücke gelenkt war. Ihr Rauswurf bei der Comèdia Francaise dagegen mit Sicherheit.
Nun und es dürfte schon zur Allgemeinbildung gehören, dass Hinrichtungen vom Mob begleitet wurden, der sodann für die notwendige Rahmenveranstaltung zur Guillotinierung sorgte und nicht erst bezahlt werden musste. Ein mehrheitlicher oder einzelpersönlicher Widerstand gegen ihre Hinrichtung dagegen ist nicht überliefert.

Und eine Guillotinierung halte ich schon für eine tödliche Eskapade (von wem auch immer veranlasst).

Ich gehe aber recht in der Annahme, dass Du nicht beabsichtigst, diesen Thread mit themenfernen und fragwürdigen Beschuldigungen gegen Napoleon I. zu schreddern oder?
Auch wenn Du uns hier bei dem Unterlassen von Solchem den Beweis schuldig bleiben müsstest, dass

Bonaparte sich genötigt sah, die Rechte der Frauen selbst über das im ancien régime Erreichte (vergl. # 23) zurückzuschrauben.

Darüber ob Napoleon sich dazu tatsächlich "genötigt sah" (oder nicht) und ob man im ancien-régime tatsächlich ein Mehr erreichte, dass Napoleon "zurückzuschrauben" hatte (oder nicht), lässt sich sicher ein eigenes Thema eröffnen.
Ich versprech Dir auch, mich daran zu beteiligen..........zumindest solange die Darstellung der tatsächlichen Umstände damals, in dem Thema bei der differenzierenden Darstellung der Quellen bleibt. Ehrlich!:winke:

(Jetzt muss ich aber wirklich zu "Krieg und Frieden" vor den Fernseher)
 
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