Warum waren andere Staatsformen nach Ende 1. Weltkrieges nicht möglich?

pgeschichte

Neues Mitglied
Hallo,

ich bin mal wieder an einer Hausaufgabe in Geschichte und ich soll u.a. beantworten, warum andere Staatsformen, abgesehen von der parlamentarischen Demokratie und einem "Reinen Rätesystem", nicht möglich gewesen sind? z.B. Monarchie? warum wäre die nicht gegangen? und warum? habt ihr noch andere Staatsformen?
lg
 
@pgeschichte

Staatsformen können Dir meine Mitdiskutanten und ich viele aufzählen, die nützen Dir aber nichts bei Deiner Hausaufgabe. Da sich Deine Aufgabe konkret auf die Situation in Deutschland nach dem I. WK bezieht.

Eine Monarchie war faktisch unmöglich, W. II. hatte abgedankt und war in die NL geflohen, die anderen Bundesfürsten hatten ebenfalls alle abgedankt. Welche Dynastie hätte nach dem I. WK einen glaubwürdigen Monarchen stellen können und wäre selbiger akzeptiert worden? Monarchie war also keine Option.

Vergl u.a.:

http://www.geschichtsforum.de/f58/das-ende-der-k-nige-29248/

Welche Polarität bestand zwischen parlamentarischer Demokratie und "Räte-Republik"?

Was hätte eine "Räte-Republik" für Deutschland bedeutet? Welche Parteien befürworteten eine "Räte-Republik"; hatten sie die Mehrheit z.B. bei der Wahl zur Nationalversammlung? Wer hatte überhaupt die Mehrheit bei der Wahl zur Nationalversammlung?

Denk darüber nach, wenn Du magst, stell den Entwurf Deiner Arbeit oder auch Gliederung bzw. Ideenskizze hier ein.


M.
 
Der Zwang zur Demokratisierung wurde auch teilweise von außen aufgezwungen. So machte Wilson, als Präsident der USA zur Voraussetzung für Waffenstillstands- bzw. für Friedensgespräche, dass er mit "Volksvertretern" verhandelns wollte.

Diese Forderung ist vor dem HIntergrund verständlich, dass der spezifisch preußische Militarismus, den man im Ausland als einen wichtigen Faktor zur Erklärung des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs ansah, wesentlich an die Monarchie gebunden war.

Aus diesem Grund bestanden die Siegermächte auf einer Demokratisierung als Voraussetzung für den Frieden und um zukünftige Kriege zu verhindern.

Den Forderungen der Alliierten im Rahmen der Verhandlungen hatte Deutschland zuzustimmen, da andernfalls die allierten Armeen in Deutschland einmarschiert wären.

Auch keine parlamentarische Monarchie, wie in England, war vermutlich 1918 mehr denkbar.
 
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Der Zwang zur Demokratisierung wurde auch teilweise von außen aufgezwungen. So machte Wilson, als Präsident der USA zur Voraussetzung für Waffenstillstands- bzw. für Friedensgespräche, dass er mit "Volksvertretern" verhandelns wollte.

Diese Forderung ist vor dem HIntergrund verständlich, dass der spezifisch preußische Militarismus, den man im Ausland als einen wichtigen Faktor zur Erklärung des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs ansah, wesentlich an die Monarchie gebunden war.

Aus diesem Grund bestanden die Siegermächte auf einer Demokratisierung als Voraussetzung für den Frieden und um zukünftige Kriege zu verhindern.

Den Forderungen der Alliierten im Rahmen der Verhandlungen hatte Deutschland zuzustimmen, da andernfalls die allierten Armeen in Deutschland einmarschiert wären.

Auch keine parlamentarische Monarchie, wie in England, war vermutlich 1918 mehr denkbar.


Das liest man öfter, es war aber wohl nicht so.
Mit einer Demokratisierung siehe "Oktober-Verfassung" wären die Alliierten einverstanden gewesen. Wobei Wilhelm und der Kronprinz für den Posten aus den von Dir genannten Gründen eher nicht in Frage gekommen wären.
In der US-Kriegseintritts-Propaganda nahm Wilhelm die Stellung ein, die Hitler später verdient hätte.
Wobei, ich glaube Lansing, Wilhelm nach dem Krieg schrieb, dass die USA keineswegs seine Abdankung verlangt hätte.
 
Das liest man öfter, es war aber wohl nicht so.

Dem würde ich mit Kolb widersprechen. Laut Kolb (Der Frieden von Versailles,S.29) forderte Wilson mit der Note vom 23.Oktober 1918, dass Deutschland sich zu ergeben hätte, sofern die monarchischen Autokraten weiterhin an der Macht sind. Verhandlungen gäbe es nur mit legitimierten Volksvertretern.

Dieser Note weist Kolb eine beschleunigende Funktion im deutschen Meinungsbild in Berlin zu, die zur eigenmächtigen Veröffentlichung der Abdankung von KW2 am 09.11.1918 durch den Reichskanzler Max von Baden geführt hat.

Es wird an diesem Tag die "Deutsche Republik" von Scheidemann (SPD) ausgerufen.

Danach übergab er das Amt das Reichskanzlers an Friedrich Ebert.

Am 11.11.1918 Waffenstillstand von Compiegne.

So wäre m.E. der korrekte Ablauf.
 
Danach währe ein Kaisertum aber trotzdem möglich gewesen, wie zum Beispiel in Frankreich. Dort kam es 1848 zum 2. Republik, der erste Präsident liess sich aber 1852 zum Kaiser wählen.
 
Dem würde ich mit Kolb widersprechen. Laut Kolb (Der Frieden von Versailles,S.29) forderte Wilson mit der Note vom 23.Oktober 1918, dass Deutschland sich zu ergeben hätte, sofern die monarchischen Autokraten weiterhin an der Macht sind. Verhandlungen gäbe es nur mit legitimierten Volksvertretern.

Dieser Note weist Kolb eine beschleunigende Funktion im deutschen Meinungsbild in Berlin zu, die zur eigenmächtigen Veröffentlichung der Abdankung von KW2 am 09.11.1918 durch den Reichskanzler Max von Baden geführt hat.

Es wird an diesem Tag die "Deutsche Republik" von Scheidemann (SPD) ausgerufen.

Danach übergab er das Amt das Reichskanzlers an Friedrich Ebert.

Am 11.11.1918 Waffenstillstand von Compiegne.

So wäre m.E. der korrekte Ablauf.


Mir fehlt iM die Zeit die Quellen heraus zu suchen. Insofern bitte ich vorläufig um Dispens.

Immerhin haben weder Ebert noch Max v. Baden die Sache so gesehen.

Scheidemanns Rede war ein Alleingang, weder mit Ebert noch sonst abgestimmt.
 
@Repo: Habe bei Ullrich (Die nervöse Großmacht 1871-1918,S.562) eine identische Darstellung der Position Wilsons gefunden.

Die Position Wilsons verschärfte sich sogar im Laufe der drei Noten! und war absolut unmißverständlich.

Die Monarchie muss weg!

Ähnliche bzw. unterstützende Positionen, die auf das demokratietheoretische Konzept von Wilson abstellen, finden sich z.B. bei Schröder: Demokratie und Hegemonie. Woodrow Wilsons Konzept einer Neuen Weltordnung und bei Niedhart: Kriegsende und Friedensordnung als Problem der deutschen und internationalen Politik, in: Der Erste Weltkrieg. Michalka (Hg.)
 
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Ähnliche bzw. unterstützende Positionen, die auf das demokratietheoretische Konzept von Wilson abstellen, finden sich z.B. bei Schröder: Demokratie und Hegemonie. Woodrow Wilsons Konzept einer Neuen Weltordnung und bei Niedhart: Kriegsende und Friedensordnung als Problem der deutschen und internationalen Politik, in: Der Erste Weltkrieg. Michalka (Hg.)

Das ist aber umstritten.

Schwengler (Völkerrecht, Versailler Vertrag und Auslieferungsfrage) stellt darauf ab, dass nicht Abdankung, sondern "Entmachtung" von Wilson gefordert sei. Demnach habe Wilson bei den Noten noch eine parlamantarische Monarchie vorgeschwebt, insbesondere, um einen totalen Zusammenbruch in Deutschland zu vermeiden. Ähnliches geht nmE aus den Lansing-Papers und der Biographie von Link über Wilson hervor, müßte ich aber nachlesen.

[P.S. Auch die später zunächst geforderte Auslieferung Wilhelms sei erst auf Druck der beiden Westalliierten zustande gekommen. Wilson habe danach entschieden, ihn "wie Napoleon zu behandeln"]
 
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Leider liegen mir die "Wilson Papers" in den 96 Bänden nicht vor. Habe auch noch keine Quelle gefunden, die den Text im Original abgedruckt haben.

Zu den bereits genannten Quellen würde ich noch eine Reihe von Historikern hinzunehmen, die die Interpretation einer von Wilson dynamisierten demokratischen Umgestaltung stützen.

Wichtig ist m.E. zwischen den retrospektiv zu ermittelnden völkerrechtlichen Intentionen von Wilson und der damaligen realen Wahrnehmung im vorrevolutionären Berlin zu unterscheiden.

In diesem Sinne äußert sich Ritter (Staatskunst, Bd.IV, S.452), der in den Wilson Noten den Dammbruch sah, daß das Thema Abdankung überhaupt erst ernsthaft diskutiert werden konnte.

Ob Wilson eine Entmachtung oder eine Abdankung im Sinne hatte würde ich persönlich anhand der Quellen in Richtung Abdankung und tiegreifende Umgestaltung des deutschen politischen Systems interpretieren.

Zumindest legt es die Argumentation von Schröder (Demokratie und Hegemonie siehe oben) nahe. Er stellt in hohem Maße auf die "Offene-Tür"-Doktrin in Kombination mit dem amerikanischen Anspruch, Demokratie und liberalen Kapitalismus zur Grundlage der Nachkriegsordnung zu machen. Und die imperialistische, militarische Politik der deutschen Autokraten paßte aus der Sicht von Wilson nicht mehr in dieses Konzept.

Ob Wilson zur Stabilisierung eine parlamentarische Demokratie akzeptiert hätte erscheint mir persönlich - vor dem Hintergrund der bisher genannten Quellen - eher unwahrscheinlich. Möglicherweise wäre sie akzeptabel gewesen in Hinblick auf eine politische Stabilisierung Deutschlands wie Silesia schon ausgeführt hat.

Von einer Forderung Wilsons nach einer tiefgreifenden Umgestaltung gehen ähnlich W. Mommsen (Der Erste Weltkrieg, S. 192), Wehler (Deutsche Gesellschafts-Geschichte, 1914-1949, S. 179ff) und Nipperdey (Deutsche Geschichte, Bd II, S. 865) aus.
 
Leider liegen mir die "Wilson Papers" in den 96 Bänden nicht vor. Habe auch noch keine Quelle gefunden, die den Text im Original abgedruckt haben.

Dieses ist eine kleine Sammlung wichtiger Äußerungen:
Guarantees of peace, messages and addresses to the Congress and the people, Jan. 31, 1918, to Dec. 2, 1918, together with the peace notes to Germany and Austria : United States. President (1913-1921 : Wilson) : Free Download & Streaming : Internet Ar

"It is evident that the German people have no means of commanding the acquiescence of the military authorities of the Empire in the popular will; that the power of the King of Prussia to control the policy of the Empire is unimpaired; that the determining initiative still remains with those who have hitherto been the masters of Germany. Feeling that the whole peace of the world depends now on plain speaking and straightforward action, the President deems it his duty to say, without any attempt to soften what may seem harsh words, that the nations of the world do not and cannot trust the word of those who have hitherto been the masters of German policy, and to point out once more that in concluding peace and attempting to undo the infinite injiuies and injustices of this war the Government of the United States cannot deal with any but veritable representatives of the German people who have been assured of a genuine constitutional standing as the real rtilers of Germany.
If it must deal with the military masters and the monarchical autocrats of Germany now, or if it is likely to have to deal with them later in regard to the international obligations of the German Empire, it must demand, not peace negotiations, but surrender. Nothing can be gained by leaving this essential thing unsaid."
 
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Ob Wilson zur Stabilisierung eine parlamentarische Demokratie akzeptiert hätte erscheint mir persönlich - vor dem Hintergrund der bisher genannten Quellen - eher unwahrscheinlich. Möglicherweise wäre sie akzeptabel gewesen in Hinblick auf eine politische Stabilisierung Deutschlands wie Silesia schon ausgeführt hat.

Aus Wilson, Memoiren und Dokumente III, ist mir noch folgendes aufgefallen:

Untersuchungsausschuss an Wilson über "Kriegsziele und Friedensbedingungen", vom Januar 1918 (Von Wilson teilweise für die 14 Punkte verwendet, mit Randnotizen):

"Der Abbau des preußischen Mitteleuropas.
...
1. Weitere Demokratisierung Deutschlands; das bedeutet zweifellos gesetzliche Änderungen, wie die Reform des preußischen Wahlrechts, vermehrte Ministerverantwortlichkeit, Beherrschung des Heeres und der Marine, der Kriegsmacht und der Auswärtigen Politik durch dem deutschen Volke verantwortliche Repräsentanten.
...
Die Richtlinie der Offensive gegen Deutschland sind bereits von dem Präsidenten dargelegt worden. Es müßte in klarerer Form die Versicherung abgegeben werden, dass die Strafe einer Unterlassung, Deutschland stärker zu demokratisieren, Ausschluss von der Freiheit des Verkehrs nach dem Kriege ... bedeute. Diese Offensive müßte natürlich die ausdrückliche Versicherung in sich begreifen, dass wir nicht beabsichtigen, die Form der verantwortlichen Regierung in Deutschland zu diktieren ..."
 
peinlich, peinlich:S Mir ist gerade aufgefallen, dass ich nicht "parlamentarische Demokratie" gemeint habe, sondern eigentlich "parlamentarische Monarchie" schreiben wollte bzw. gemeint habe. Sorry.
 
Der Zwang zur Demokratisierung wurde auch teilweise von außen aufgezwungen. So machte Wilson, als Präsident der USA zur Voraussetzung für Waffenstillstands- bzw. für Friedensgespräche, dass er mit "Volksvertretern" verhandelns wollte.

Gegenüber dem Deutschen Reich war Zwang im Zuge der "Notenoffensive" Wilsons nicht nur teilweise, sondern direkt und massiv.

Diese Forderung ist vor dem HIntergrund verständlich, dass der spezifisch preußische Militarismus, den man im Ausland als einen wichtigen Faktor zur Erklärung des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs ansah, wesentlich an die Monarchie gebunden war.

Auf jeden Fall war es eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Deutschen Reiches, naiv und absolut kontraproduktiv. Und man kämpfte mit einen Monarchie, dem Zarenreich, eine despotische, auf der gleiche Seite im Weltkrieg. Und wenn man die enormen aufgewendeten Summen für das Militär als Parameter für Militarismus heranzieht, dann befand sich das Deutsche Reich in bester Gesellschaft.
 
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