Grenzverlauf Franken / Thüringen durch Karl den Großen

sidbr

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Halle Geschichtsprofis,

ich habe ein kleines Problem. Kann mir jemand sagen, wie Karl der Große um 786 Thüringen geteilt hat. Ich brauche mal einen Grenzverlauf entlang des Thüringer Waldes. Mich interesiert dabei besonders das heutige Thüringen. War die Werra in Teilbereichen auch eine ntürlcihe Grenze und wenn ja in welchen Gebieten.
Vielleicht kennt sich einer aus. Mir würde es helfen, die regionale Geschichte im Ort besser zu anlysieren.
 
Kommst du deshalb auf das Jahr 786, weil du dich mit einem Ort befasst, der im Breviarium des Heiligen Lullus genannt ist?

Es gab ein thüringisches Herzogtum, dass nach gängiger Forschungsmeinung bereits unter Karl Martell 719 aufgelöst worden ist.
Das generelle Problem ist, dass mangels aussagekräftiger Quellen wenig bekannt ist über die Ausdehnung des thüringischen Königreichs wie des später im 7. Jahrhundert begründeten Herzogtums. Es gibt aber einige Hinweise, dass es vor allem im Westen und Süden über die heutige thüringische Grenze hinausgriff. Zumindest einige der thüringischen Herzöge (die allerdings von Franken eingesetzt und selbst wohl fränkischer Herkunft waren) scheinen in Würzburg residiert zu haben. Als weiteren Hinweis einer Abgrenzung in späterer Zeit wertet man die Gründung der Bistümer Würzburg (wäre für Mainfranken), Büraburg (für Hessen) und Erfurt natürlich für Thüringen. Auch diese Theorien geben jedoch nur vage Hinweise über Grenzverläufe.

Aus archäologischer Sicht sah man gerade im Meißner-Raum (Eschwege etc.) thüringische Einflüsse im Fundgut.
 
Hallo,
danke für das Interesse.
Mein Anliegen bezieht sich auf eine örtliche Besonderheit. Es geht um einen Ort im heutigen Thüringen, der durch die Werra geteilt wird. Man stelle sich eine kleine Ansiedlung Anfang des 10. Jahrhunderts vor, über die eine Burg oder Festung thronte. Ob die Burg zerstört oder die Funktion verloren hatte, wissen wir nicht. Unterhalb der Burg verlief eine Heerstraße. Auf den Resten der Burg entstand später ein Kloster. Der Ort war bis 933 königliches Eigentum (Urkunde aus dem 12. Jh.). Danach geht es in den Besitz der Reichsabtei Hersfeld über. Und jetzt beginnt das Verwirrspiel. Auf der anderen Seite der Werra gründete die Reichabtei ein anderes Kloster und stellte es unter königlichen Schutz (war gut versorgt). Das andere Kloster (auf den Resten der Burg) unterstand dem Papst und nahm eine völlig andere Entwicklung. Wir vermuten, dass es ein Eigenkloster war, denn die Klosterkirche wurde im Auftrag eines Grafen 1112 geweiht. Warum entstehen in einem kleinen Ort zwei Klöster? Wir vermuten, dass nicht das ganze Gebiet einst königliches Eigentum war, sondern ein Teil einem Thüringischen Herzog gehörte. Die eine Seite des Ortes ist aber fränkisch (beweist auch die Mundart). Auch im Laufe der Geschichte wurde der Ort an der Werra erneut geteilt. Griff man auf alte Grenzen zurück? Vielleicht sehe ich es zu eng.
 
Das grundsätzliche Problem ist, dass die Herzogtümer Thüringen und Franken ethnisch eben alles andere als homogen waren. Anhand von thüringischen Mundarten oder auch (mitunter anachronistischen) archäologischen Fundlagen. Der Herzogtum Thüringen umfasste neben Thüringern nachgewiesen auch Stammesteile der Angeln, Warnen und Ostfranken.
Die Grenzen des Gebietes waren nie durch Stammeszugehörigkeit bestimmt, es handelte sich um das diffuse Herrschaftsgebiet eines Mannes, stetem Wandel unterworfen.

Aussagen darüber wie das Land nach der Aufteilung des alten Herzogtums im 8. Jahrhundert aufgeteilte wurde, gibt vielleicht diese Karte der Gaue im 9. Jahrhundert im hessisch-thüringischen Grenzgebiet.
In welcher Beziehung sich die Gaue zur Grafschaft, die Grafschaft zu Bistümern und Klostern usf. verhält... oder ob ein Gau mehreren Herzogtümern angehören konnte (wie beim Hessengau offenbar der Fall)... aufgrund mangelhafter schriftlicher Überlieferung ein großes Rätsel
 
Es geht um einen Ort im heutigen Thüringen, der durch die Werra geteilt wird.
Um welchen Ort konkret geht es denn?

Warum entstehen in einem kleinen Ort zwei Klöster?
Die naheliegende Vermutung: Weil ein Grundbesitzer Güter im Ort hatte und ein Kloster für sich bzw. seine Familie stiften wollte. Klöster waren ja nicht geographisch für "ihren" Ort und seine Einwohner "zuständig", sondern für den/die Stifter. Die direkte Nachbarschaft eines anderen Klosters ist selten, aber nicht auffällig.

Wir vermuten, dass nicht das ganze Gebiet einst königliches Eigentum war, sondern ein Teil einem Thüringischen Herzog gehörte.
Das hätte jetzt aber nicht umbedingt etwas mit der Grenze des Herzogtums zu tun. Wenn der König oder der Herzog oder ein anderer Adliger Grundbesitz hat, daß er einem Kloster stiftet - dann hat das mit der politischen Grenzziehung (die in dieser Zeit ohnehin noch recht unscharf ist) eigentlich gar nichts zu tun. Insbesondere kann ein Herzog problemlos Grundeigentum oder auch lokale Herrschaftsrechte in einem anderen Herzogtum haben.
 
Es handelt sich um den Ort Breitungen an der Werra, zwischen Eisenach und Schmalkalden. Die Abtei Hersfeld bekam bereits 1114 das Marktrecht, hatte Münz- und Zollprivileg. Das galt aber nur für den einen Teil des Ortes. Die Urkunden, die uns von hersfeldischer Seite vorliegen verweisen immer wieder auf den Ort König- oder später Frauenbreitungen. Burg- oder Herrenbreitungen wird als hersfeldischer Besitz nicht ausgewiesen. Sie hatten scheinbar keinen Einfluss auf diese Seite Breitungens. Somit kann es doch 933 auch nicht königlicher Besitz gewesen sein. Der Thüringische Adel stand oft als Oposition zum König/Kaiser und nach dem Tod des Stifters der Klosterkirche (Siegfried von Orlamünde, geb. Ballenstedt) zog Heinrich V. das Allod ein, musste es aber an die Askanier zurück geben. In Erbfolge gelangten die Thüringer Landgrafen (Ludowinger) in den Besitz des Klosters. Aus dieser Stellung heraus und als Vögte der Abtei Hersfeld (Girsonenerbe) versuchten sie Breitungen als Stadt auszubauen. Sie scheiterten aber an der Vormachtstellung der Hersfelder Abtei, die das Ansinnen vor den Kaier zur Klage brachten - sie gewannen im 2. Anlauf. Geschehen im 12. Jh., in der Zeit, auf die die Urkunde von 933 datiert wird. Ich weiß, jeder wollte seine Macht ausbauen. Die Langrafen mussten die Städtegründung in Breitungen aufgeben.
Frage: Die königliche Gewalt stand doch immer über der des lokalen Herzogs. Wie kann es zu so einem Machtspiel kommen. Hier kämpfen mehrere Fronten und das in einer kleinen Marktsiedlung in dieser Zeit.
 
Die Urkunden, die uns von hersfeldischer Seite vorliegen verweisen immer wieder auf den Ort König- oder später Frauenbreitungen. Burg- oder Herrenbreitungen wird als hersfeldischer Besitz nicht ausgewiesen.

Zu deiner ersten Frage bezüglich der beiden Klöster:
Ich habe dich hoffentlich richtig verstanden. Es gibt ein sogenanntes "Burg-" oder "Herrenbreitungen", welches sich auf der alten Burgstelle befindet. Auf der anderen Werraseite befindet sich das König- oder Frauenbreitungen, dass NACH dem Burgkloster gegründet wurde.

Diesen Vorgang findet man im 11. und 12. Jh. häufiger. Zunächst wurde ein Herrenkloster als Eigenkirchenbesitz weltlicher Stifter errichtet.
(Im deutschsprachigen Raum in dieser Zeit waren es eigentlich durchgängig weltliche Stifter die dann als Eigenkirchenherren fungierten. Im Rahmen der Hirsauer Reform (Ende 11. Jh. bis Mitte 12. Jh.) kam es auch in Thüringen zur vermehrten Befreiung der Klöster aus der Eigenkirchenherrschaft und der Unterstellung dieser unter den Heiligen Stuhl in Rom. Die Stifter blieben oft nur Schutzvögte).
Auch die "Reichsabtei" war aus Sicht Roms eine sogenannte Laienstiftung und wurde vom Pontifikat nicht anders bewertet, als eine durch einen Herzog oder Grafen gestiftete Abtei. Nur waren die Reichsabteien länger in der Eigenkirchenherrschaft und durch den finanziellen Status seines Stifters in aller Regel auch sehr gut versorgt. Allerdings ging es den Klöstern im 11. und 12. Jh. allgemein nicht schlecht!

Nun aber zum 2. Kloster:
Ich halte es für unwahrscheinlich, dass zwei Männerklöster sozusagen in Konkurrenz ihrer Stifter einander gegenüber gestellt wurden. Mit einen Kloster übte man keine Macht aus und demonstrierte auch keine Stärke, sondern damit sicherte man sich das ewige Gebetsgedenken und sicherte sich eventuell noch Grund und Boden vor Konkurrenten, in dem man ihn dem Kloster überschrieb. (Solange sich das Kloster nicht der Hirsauer Reform anschloss, funktionierte das auch ;) )
Es ist aber sehr wahrscheinlich, gerade für das frühe 12. Jh., dass sich ein Frauenkonvent "im Schatten" des Männerklosters ansiedelte. Es dauerte relativ lange, bis Frauenklöster überhaupt erlaubt wurden und wenn, dann unterlagen sie hohen Anforderungen und strikten Regeln. Eine Regel war, dass sie nicht isoliert und alleine bestehen durften, sondern nur in einer Art "Abhängigkeit" zu einem Herrenkonvent, denn nur Mönche konnten zum Priester geweiht werden und durften im Frauenkonvent die Messe abhalten. Allerdings musste auch eine gewisse räumliche Trennung zwischen Herren und Frauenkonvent eingehalten werden.

Allein die Namen "Herren-" und "Frauenbreitungen" dürften Hinweis darauf genug sein. Es gibt einige solcher Beispiele, z.B. Herrenalb - Frauenalb

Über den Grenzverlauf, Machtverhältnisse und Besitzstreitigkeiten sagt dies natürlich nichts aus, düfte aber für die Entstehung der beiden Klöster auch einigermassen unerheblich sein.

LG
KeineAhnung
 
Ich schon wieder :winke: :scheinheilig:,

ich habe bemerkt, ich habe vorhin schlampig gelesen. So wie du es beschreibst ist es tatsächlich ein Verwirrspiel und ich versuche mal aufzuzeigen, warum:

Auf den Resten der Burg entstand später ein Kloster. Weiß man ungefähr, wann dieses Kloster entstand?

Der Ort war bis 933 königliches Eigentum (Urkunde aus dem 12. Jh.). Danach geht es in den Besitz der Reichsabtei Hersfeld über. Was geht in den Hersfelder Besitz über, das Kloster oder der Ort? Wird das Kloster nun zur Filiation der Reichsabtei, oder war es von Anfang an Reichsabtei?

Und jetzt beginnt das Verwirrspiel. Auf der anderen Seite der Werra gründete die Reichabtei ein anderes Kloster und stellte es unter königlichen Schutz (war gut versorgt). Im Verbund mit dem oben geschriebenen, wäre das dann die 2. Reichsabtei - aber:

Das andere Kloster (auf den Resten der Burg) unterstand dem Papst und nahm eine völlig andere Entwicklung. Wir vermuten, dass es ein Eigenkloster war, denn die Klosterkirche wurde im Auftrag eines Grafen 1112 geweiht. Wie jetzt? War es a) Reichskloster (wie du oben beschrieben hattest) oder war es b) dem Papst unterstellt oder war es c) in der Eigenkirchenherrschaft eines Grafen? Denn eines schließt das andere aus.
In Anbetracht des Jahres 1112 wurde es vermutlich durch einen Grafen gestiftet und in großzügiger Geste Rom unterstellt.


Warum entstehen in einem kleinen Ort zwei Klöster? Aufgrund der Namen Herren- und Frauenbreitung halte ich obige Theorie immer noch aufrecht, wobei Frauenklöster oft nur wenige Jahrzehnte Bestand hatten und in den Urkunden/Chroniken kaum Beachtung fanden. Die Räumlichkeiten wurden dann "anderweitig" genutzt.

Wir vermuten, dass nicht das ganze Gebiet einst königliches Eigentum war, sondern ein Teil einem Thüringischen Herzog gehörte. Die eine Seite des Ortes ist aber fränkisch (beweist auch die Mundart). Auch im Laufe der Geschichte wurde der Ort an der Werra erneut geteilt. Griff man auf alte Grenzen zurück? Vielleicht sehe ich es zu eng.

Abschließend noch die Frage, um welche Orden es sich denn handelte? Gerade dein Hinweis auf die unterschiedliche Entwicklung, die die beiden Klöster nahmen, kann auch auf unterschiedliche Orden hinweisen. Ende des 12. Jahrhunderts bis Anfang des 13. Jahrhunderts bildeten sich zum Beispiel die Zisterzienser aus den Reihen der Benediktiner heraus.

LG
KeineAhnung
 
Die interessantere Seite der notwendigen Recherchen scheint mir im Zusammenhang mit dem "Herrenkloster" zu stehen. Es ist offensichtlich älter als das "Frauenkloster" und müsste eigentlich schon im 11. Jh. gegründet gewesen sein. Es ist sicher schwierig, aus dieser Zeit urkundliche Hinweise zu bekommen. Vielleicht gibt es welche, kann leider keinen Hinweis geben, wo man sie finden könnte.
 
Hallo Fangemeinde,
ich bin begeistert von den Kommentaren. Es hat mir schon einige Fragen beantwortet. Aber ich bin eben doch noch auf einer weiteren Spur, die ich noch nicht als Möglichkeit ausschließe.
Die Burgreste (Burg- später Herrenbreitungen) die man wiederrum auf den Resten des Klosters fand sind karolingischer Baustil (750 - 930). Es gibt gerade auch für den mitteldeutschen Raum im 10. Jh. die häufigen Ungarnüberfälle. Am 03. August 908 stellte sich ein deutsches Herr bestehend aus thüringischen und fränkischen Kämpfern, in Eisenach auf dem Gebiet wo später die Wartburg gebaut wurde, dem Feind in den Weg. Eine verhängnisvolle Schlacht, denn der Befehlshaber des Heeres der Thüringer Herzog Burkhard fiel und das Heer unterlag den ungarischen Reitertruppen. Nun hätten seine Söhne die Nachfolge antreten sollen, aber das verhinderte der Sachsenherzog Otto, der Vater des späteren König Heinrich I. Er übernimmt 910 die Herzogenwürde über Thüringen selbst.
Ich vermute, dass die Burg, eben weil auch unterhalb die Heerstraße entlang führte, für die Angreifer ein Dorn im Auge war und man zerstörte sie.
Zur Gründungszeit des Klosters können wir nur Vermutungen anstellen. Es gibt eine Urkunde von 1046 über eine Grundstücksschenkung die im Monasterium Breitingen ausgestellt wurde. Kann sich nur um das Herrenbreitunger Kloster handeln, denn auf der anderen Seite der Werra wurde 1137 erst ein Hospial gegründet, dass 1150 in ein Kloster (erst ein Doppelkonvent und später bis 1552 Prämonstratenserkloster) aufging. Aber wie gesagt, es gibt kein verbrieftes Datum. Das Kloster hat bis 1553 existiert. Geht man davon aus, dass es ein Eigenkloster war bleibt die Frage, wer hat den Klosterbau vorangetrieben und warum konnte die Reichabtei nur zusehen? Die Tauschurkunde von 933 (Nachschrift nachweislich aus dem 12. Jh.) ist für mich umstritten, denn in dieser Urkunde geht es um 4 Orte, aber nur die Mark Breitungen wird detailiert beschrieben und schließt das Gebiet Herrenbreitungen mit ein. Die Reichsabtei Hersfeld wollte scheinbar nachweisen, dass das sie Eigentümer über Herrenbreitungen sind. Gab es da eine Gebietsgrenze, die einfach durch eine Urkunde nachträglich korrigiert wurde? In dem Fall, um den Einfluss der Thüringer Landgrafen zurück zu drängen? Mit dieser Urkunde hätten sie vor Gericht gezogen sein können.
Auch spannend die Tatsache, dass in das Herrenbreitunger Kloster Benediktiner einzogen, die aus Erfurt (Kloster St. Peter) kamen und die Hirsauer Reform vertraten.
Kann es sein, dass es sich bei dem Herrenbreitunger Kloster und seinen Besitzungen um Thüringen handelt und auf der anderen Seite der Werra um Franken? Deshalb meine Frage, kann die Werra Grenzfluss gewesen sien?
Ich habe mal eine Karte, die ich gefunden habe, auf unserer Plattform hinterlegt.
Der Link zeigt den Weg.
Karte aus dem 8. Jh.

Grüße an die Mitstreiter - finde ich klasse, danke
 
Auch spannend die Tatsache, dass in das Herrenbreitunger Kloster Benediktiner einzogen, die aus Erfurt (Kloster St. Peter) kamen und die Hirsauer Reform vertraten.

Damit ist der zeitliche Rahmen, zumindest für den Einzug der Benediktiner fassbar. Die Hirsauer Reform begann im Südwesten ziemlich genau um 1079 mit der Abfassung der Consuetudines Hirsaugiensis durch Abt Wilhelm, breitete sich während der nächsten Jahre weiter in Richtung Norden und Osten aus, erlahmte aber nur wenige Jahrzehnte nach dem Tode des Abtes Wilhelm (1091). Für die wirklich aktive Verbreitung des Reformgedankens wird nur ein Zeitraum von ca. 40 Jahren angenommen, mit zeitlichen Ausläufern also grob bis Mitte des 12. Jh.

LG KeineAhnung
 
Hallo Keine Ahnung,
danke für den Hinweis, wieder ein Stück Puzzel. Verstehen kann ich die Besetzung von Benediktinermönchen in ein Eigenkloster aber nicht. War es nicht so, dass besonders der Klerus gegen die Gründung von Eigenklöstern war und sie zurück drängen wollte. Wie kann ein weltlicher Klostergründer dann Beneditinermönche in sein Kloster holen. Eigenklöster waren doch erblich und der Streit zwischen Kirche (Papst) und dem weltlichen Herren waren doch eigentlich vorher absehbar. Damals wie heute läßt es sich am besten um Geld und Macht streiten - ohne pardon.
 
Keine Ursache

Verstehen kann ich die Besetzung von Benediktinermönchen in ein Eigenkloster aber nicht. War es nicht so, dass besonders der Klerus gegen die Gründung von Eigenklöstern war und sie zurück drängen wollte.

Hm, stimmt so nicht ganz. Bei Klostergründungen waren die Benediktiner eigentlich immer auf das Geld und die Güter von weltlichen Stiftern abhängig. Um beim Beispiel der Hirsauer zu bleiben: Unter der Federführung von Abt Wilhelm wurden ca. 100 bestehende Klöster reformiert und ca. 2 Duzend mit Hilfe weltlicher Stifter neu gegründet. Die Klöster wurden dann von ihren Stiftern in die "Selbstverwaltung" übergeben. (Vorlage hierfür war das "Hirsauer Formular" - Ein Freiheitsbrief)

Wie kann ein weltlicher Klostergründer dann Beneditinermönche in sein Kloster holen. Eigenklöster waren doch erblich und der Streit zwischen Kirche (Papst) und dem weltlichen Herren waren doch eigentlich vorher absehbar.

Ok, ich glaube da muss ich etwas tiefer in den Investiturstreit gehen. Der Streit zwischen Papst Gregor VII und König Heinrich IV ging in erster Linie um Simonie (also Kauf geistlicher Ämter durch Laien) und um Investitur (also die Einsetzung hoher geistlicher Würdenträger durch Laien). Das bezog sich eigentlich nur auf die Ämter der Bischöfe und Äbte.
Es war nicht so, dass automatisch alle "geistlichen" der Gregorianischen Seite und alle "weltlichen" der königlichen Seite folgten. Ganz im Gegenteil!

- Die Bischöfe kokettierten gerne mit der königlichen Seite, da ihnen durch diese einige Machtbefugnisse und weltliche Privilegien gesichert wurden. Sie befürchteten eine massive Beschneigung ihrer "Rechte", würden sie dem Pontifikat unterstehen.

- Viele Grafen, Fürsten und Herzöge wiederum stellten sich auf die Seite des Papstes. So wurde z.B. am 15. 3. 1077 Rudolf von Rheinfelden (Herzog von Schwaben) von einigen deutschen Fürsten (unter Beteiligung von 13 Reichsbischöfen) zum Gegenkönig gegen Heinrich IV. gewählt.

Beispiel: 1077 befand sich der Bischof von Verdun auf einer Unterstützungsreise zu König Heinrich IV. Er wollte ihm Geld bringen. Er wurde im Schwarzwald durch die Grafen zu Calw festgesetzt und zur Herausgabe des Geldes gezwungen. Dieses Geld gaben die Grafen wiederum dem Rudolf von Rheinfelden, der das Pfingsfest im Hisauer Kloster mit treuen Papstanhängern verbrachte.

So, wieder zurück zur ursprünglichen Frage:

Du siehst, es hängt ausschließlich von der Einstellung des Stifters ab, wen er in sein Kloster holte. Holte er Benediktiner der Hirsauer oder Cluniazensischen Reform, dann war ihm klar, dass ihm neben dem ewigen Gebetsgedenken in aller Regel nur das Vogteirecht über das Kloster blieb. Der Glaube und vor allem die Angst vor der Hölle und dem Fegefeuer war damals viel stärker bei den Menschen ausgeprägt, als wir es uns heute oft vorstellen können.

LG
KeineAhnung
(die von diesem Thema zufälligerweise doch a bissal a Ahnung hat ;) )
 
Zuletzt bearbeitet:
Grundsätzlich sollte man sich mit dem Gedanken anfreunden, dass es seit Absetzung der letzten Herzöge unter den Karolingern kein eigenständiges Thüringen als Gebiet gab. Es war bis zur Errichtung der Landgrafschaft eine Grenzmark, die unter dem sächsischen und fränkischen Herzogtum aufgeteilt wurde, ebenso wie das Gebiet, das später Hessen beinhaltet.
Hessen und Thüringen sind ansich erst wieder im 12. Jh. durch die Einrichtung einer königlichen Schutzmacht in Form der Landgrafschaft zu erkennen. Dabei waren die Landgrafen in keiner Weise Landesherren, sondern hatten nur einige Gebiete in Hessen und Thüringen als Eigenbesitz, bzw. als Schenkung von Königsgut. Sie waren eher Richter in Streitfragen, die auf den Landtagen verhandelt wurden. Erst mit der Spaltung der Landgrafschaft Thüringen im 13. Jh. entstand die Landgrafschaft Hessen.
Sprachlich ist der Übergang zwischen Rhein-Main und Elbe-Saale fließend. So sind die Sprachelemente im westlichen Thüringen dem Hessischen Nachbargebiet weit ähnlicher, als den Sprachelementen im Osterland, die wiederum viel mehr den angrenzenden "sächsischen" Gebieten ähneln.
Zu berücksichtigen ist auch, dass sich die Sprachgrenzen mit der Zeit verschoben haben und man im Mittelalter auch in Thüringen noch einen dem Niederdeutschen ähnlichen Dialekt gesprochen hat.

Die Besitzanhäufung an wichtigen Flußübergängen ist ein ganz typisches Phänomen in ganz Deutschland. Oftmals hatten König (Burggrafschaft), Markgraf/Landgraf und mehrere Grundherren, die entweder direkte Lehnsleute des Königs oder des Markgrafen waren, Besitz in einem Ort, den sie je nach Wichtigkeit ausbauten. Hinzu kamen auch geistliche Lehen, die als Schenkungen der vorgenannten entstanden sind. So kommt es auch in heute unscheinbaren Orten zu einer Anhäufung geistlicher Institutionen. Man darf eben nicht die heutige Größe und Bedeutung von Orten mit damaligen Verhältnissen gleichsetzen.

Breitungen hat Ludwig III. 1187 erworben und unverzüglich als Stadt ausgebaut, da es vor 1189 unter den landgräflichen "civitates" aufgeführt wird. Das Breitungen nicht weiter entwickelt wurde, kann auch mit den sich ändernden Plänen der Ludowinger zu tun haben, die sich in den Folgejahren mehr auf Waltershausen (Gegenstück zum Pass über den Thüringer Wald) konzentrierten, was durchaus der Position Hersfelds auf der anderen Breitungen-Seite zu grunde liegen könnte.

Genaueres dazu in:
Landgräfliche Städte in Thüringen : die Städtepolitik der Ludowinger im 12. und 13. Jahrhundert / Christine Müller
Verfasser: Müller, Christine
Ort/Jahr: Köln [u.a.] : Böhlau, 2003
Umfang: 374, [12] Bl. : graph. Darst., Kt. ; 230 mm x 155 mm
Schriftenreihe: Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Thüringen : Kleine Reihe ; 7
 
Vielen Dank für die Erläuterungen.
Es ist für mich sehr interessant. Gibt es eine Urkunde, in der Ludwig III. 1187 Breitungen erworben und zu Stadt erhoben hat.
Ich war bisher der Meinung, dass es zur Stadtgründung nie gekommen ist und er nur aus strategischen Gründen Breitungen als landgräfliche civitas bezeichnet hat.
1215 muss der Abt von Hersfeld das Ansinnen der Landgrafen (Stadtgründung) vor dem Kaiser angezeigt haben und die Landgrafen waren gezwungen die Pläne aufzugeben.
Die Stadtgründungen gehörten zu ihrer territorialen Machterweiterung und die Abtei Hersfeld hat dagegen ihr Veto eingelegt. Wichtig wäre die Frage noch, von wem hat Ludwig III. Breitungen gekauft? Sie wurden nur Vögte des Klosters Herrenbreitungen
und nicht über den ganzen Ort.
 
Hessen und Thüringen sind ansich erst wieder im 12. Jh. durch die Einrichtung einer königlichen Schutzmacht in Form der Landgrafschaft zu erkennen. Dabei waren die Landgrafen in keiner Weise Landesherren, sondern hatten nur einige Gebiete in Hessen und Thüringen als Eigenbesitz, bzw. als Schenkung von Königsgut. Sie waren eher Richter in Streitfragen, die auf den Landtagen verhandelt wurden. Erst mit der Spaltung der Landgrafschaft Thüringen im 13. Jh. entstand die Landgrafschaft Hessen.

Hallo,
Schau mal hier:
http://www.geschichtsforum.de/f77/gauverfassung-34237/

Welcher königlichen Schutzmacht ist bei der Einrichtung zu erkennen.
Die Gebiete des Eigenbesitzes kamen über den Erbfall der Gisonen und den Erbfall der Grafen Werner/Gisonen erst in thüringische Hände. Zu diesem Zeitpunkt waren die Thüringer noch keine Landgrafen. In Fall des Waldgebietes des heutigen Burgwaldes/Wollenberg hatten dies die Thüringer als Lehen von Mainz. Am Anfang ist sind hier keine Schenkungen von Königsgut zu erkennen.
Der Wechsel der Gisonen und Grafen Werner (1114-1118), von der königlichen zum Bistum Mainz, brachte Mainz, in Form von Lehen, erst in den Genuss dieser Gebiete.
 
Wer waren die Grafen Werner?
Das Thüringer Landgrafen erst durch die geschickte Heiratspolitik an die Vogtei Hersfels (vorher die Gisonen) gelangten, das leuchtet mir ein. Sie bauten so ihre Machtposition aus. Was mir fehlt, wie gelangten sie auch an die Vogtei Herrenbreitungen. Die Gisonen hatten, nach meinem Erkenntnisstand keinen Einfluss auf Herrenbreitungen. Also wer hatte hier neben der Abtei Hersfeld Einfluss?
Waren es möglicherweise die Grafen von Weimar Orlamünde? 1112 veranlaßte
Siegfried von Orlamünde die Weihe der Klosterkirche. Kann man daraus einen Einfluss
herleiten oder gehörte es damals zum "guten Ton" unter dem Adel, ein Kloster als
Begräbnisstätte zu unterhalten.
 
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