Frauen im Osmanischen Reich

Amira

Neues Mitglied
Hallo :winke:
Mein Beitrag passt vermutlich nicht ganz hierher, aber ich hoffe doch, dass ihr mir weiterhelfen könnt.

Als ich noch ein Kind war, waren meine Familie (meine Eltern, meine beiden Geschwister und ich) fast jedes Jahr in der Türkei und haben Verwandte besucht. Zu dieser Zeit war mein Großvater noch am leben.
Vor kurzem habe ich mir ein Videoband angesehen, auf dem mein Großvater zu sehen war. Er sprach über unsere Familie und das Dorf, in dem er gelebt hatte. Mein Vater filmte ihn, während mein Großvater erzählte. Ich habe leider nicht alles verstehen können. Ich muss gestehen, meine Türkischkenntnisse sind nicht besonders gut. Irgendwann sprach er über seine Eltern und charakterisierte sie. Über meine Urgroßmutter sagte er, dass sie sehr vornehm gewesen sei. Er sagte, sie sei eine "Osmanlı Kadın" gewesen. Ich bin mir nicht sicher, was er damit sagen wollte. Ich denke mal er meinte, dass meine Urgroßmutter im Osmanischen Reich gelebt hat (bin mir mit meiner Übersetzung nicht sicher). Ich wollte jetzt eigentlich wissen, wie die Frauen in diesem Reich waren. Wie haben sie gelebt? Wurden sie mit den Männern gleichberechtigt?
Ihr werdet mich wahrscheinlich für verrückt halten. Aber ich versuche herauszufinden, was mein Großvater meinte. Ich habe auch schon meinen Vater darauf angesprochen. Er aber ignorierte meine Fragen und blockte immer ab, indem er das Thema wechselte. Jetzt versuche ich es hier und frage euch.
Ich hoffe ihr antwortet mir und könnt mir helfen, auch wenn mein Beitrag nicht zum Thema passt.

Liebe Grüße
Amira
 
Er sagte, sie sei eine "Osmanlı Kadın" gewesen. Ich bin mir nicht sicher, was er damit sagen wollte. Ich denke mal er meinte, dass meine Urgroßmutter im Osmanischen Reich gelebt hat (bin mir mit meiner Übersetzung nicht sicher).
Ob deine Urgroßmutter im osmanischen Reich gelebt hat und wieviel davon sie noch bewußt selbst erlebt hat, läßt sich ungefähr doch errechnen. Meine Großmutter ist 1903 geboren und ihre Töchter haben sie als kaiserzeitlich geprägt beschrieben, also so ähnlich wie dein Großvater im Film seine Mutter. Meine Großmutter war die Tochter eines Kleinbeamten, dem es aufgrund seines Status in der Kaiserzeit und danach als Pensionär relativ gut ging und daher ist eine gewisse Kaisertreue durchaus verständlich. Auch wenn sie im Laufe ihres Lebens noch viele andere politische Umstände erlebt hat, so sind die Verhältnisse, die in der Kindheit und Jugend erfahren wurden, meist am prägendsten.

Ich wollte jetzt eigentlich wissen, wie die Frauen in diesem Reich waren. Wie haben sie gelebt? Wurden sie mit den Männern gleichberechtigt?
Ich bin kein Spezialist für osmanische Geschichte, du kannst dich jedoch durch dieses Forum wühlen, da wirst du sicher fündig, auch wenn im Titel nicht die Frage nach den gewöhnlichen Frauen im osmanischen Reich auftaucht.
Nach Frauenrechte in der Türkei – Wikipedia gab es in der Endzeit des Osmanischen Reichs Anfang des 20.Jhdt kleine Verbesserungen bei den Frauenrechten, wesentliche Änderungen wurden aber erst durch Atatürk gesetzlich verankert. Damit liegen die Entwicklungen in der Türkei auf der Linie des allgemeinen Zeitgeists in Europa.
Deine Urgroßmutter war also nicht mit den Männern gleichberechtigt, sondern sie war noch viel stärker auf die Frauenrolle festgelegt, vielleicht hat dein Großvater sogar diesen Umstand gemeint.
Ihr werdet mich wahrscheinlich für verrückt halten. Aber ich versuche herauszufinden, was mein Großvater meinte. Ich habe auch schon meinen Vater darauf angesprochen. Er aber ignorierte meine Fragen und blockte immer ab, indem er das Thema wechselte. Jetzt versuche ich es hier und frage euch.
Ich hoffe ihr antwortet mir und könnt mir helfen, auch wenn mein Beitrag nicht zum Thema passt.
Dein Beitrag paßt durchaus zum Thema und wenn wir alle mehr über die Entwicklung der Frauenrechte in der Endzeit des OR und vor allem die praktische Auswirkungen auf die "gewöhnlichen" Frauen herausfinden, ist das Einzelschicksal deiner Urgroßmutter ein guter Einstieg. Was hast du denn noch über sie herausgefunden?
 
Hallo rena8
Erstmal danke, dass du mir geantwortet und meinen Beitrag auch ernst gemeint hast! :winke:
Ich weiß leider sehr wenig über meine Urgroßmutter. Ich würde so gerne mehr über sie wissen, aber ich habe das Gefühl, dass mein Vater nicht gerne über die Familie spricht. Ich habe mir mal überlegt Ahnenforschung zu betreiben, aber ich weiß weder wie man das macht, noch wie viel sowas kostet.
Die meisten Verwandten kenne ich leider auch nicht.
Was ich weiß ist, dass mein Nachname sich von einem Namen ableitet und dass meine Familie wohl sehr groß ist.

Wenn man die Lage der Frauen im OR mit der aktuellen Lage in der Türkei vergleicht, dann merkt man doch, dass die Frauen immer noch nicht ganz gleichberechtigt und respektiert werden, oder? Dennoch würde ich sagen, dass sich durch Atatürk vieles verändert hat. Zum Beispiel dürfen Frauen wählen , etc.

Liebe Grüße
Amira
 
Ich weiß leider sehr wenig über meine Urgroßmutter. Ich würde so gerne mehr über sie wissen, aber ich habe das Gefühl, dass mein Vater nicht gerne über die Familie spricht.
Geht es dir denn nur um diese Urgroßmutter? Und warum fragst du nicht andere Verwandte, wenn dein Vater nichts über seine Oma berichten will.
Das klingt fast so, als wärest du einem dunklen Familiengeheimnis auf der Spur. :grübel:

Ich habe mir mal überlegt Ahnenforschung zu betreiben, aber ich weiß weder wie man das macht, noch wie viel sowas kostet.
Die meisten Verwandten kenne ich leider auch nicht.
Was ich weiß ist, dass mein Nachname sich von einem Namen ableitet und dass meine Familie wohl sehr groß ist.
Um Ahnenforschung zu betreiben, braucht man korrekte Namen, Geburtsdaten und -orte und am besten amtliche Papiere, wie Geburts- und Heiratsurkunden. Vielleicht kannst du mehr Informationen erhalten, wenn du Kontakt zu entfernteren Verwandten aufnimmst.
So eine Urgroßmutter hatte gewöhnlich Geschwister und diese haben wiederum Kinder und Kindeskinder, auch in deinem Alter. Das kann ganz nett sein, sich mit sehr entfernten Verwandten zu schreiben oder zu unterhalten. Wenn du nicht gut türkisch sprichst, bitte doch einen Bekannten, dir einen Einstiegsbrief zu übersetzen.
Ich würde damit beginnen, die Namen von allen Geschwistern der Urgroßmutter aufzuschreiben.

Wenn man die Lage der Frauen im OR mit der aktuellen Lage in der Türkei vergleicht, dann merkt man doch, dass die Frauen immer noch nicht ganz gleichberechtigt und respektiert werden, oder? Dennoch würde ich sagen, dass sich durch Atatürk vieles verändert hat. Zum Beispiel dürfen Frauen wählen , etc.

Naja, die Rechtslage und vor allem das Selbstverständnis von Frauen hat sich in den letzten 100 Jahren überall auf der Welt verändert, auch in der Türkei.
Vielleicht findest du in deiner Urgroßmutter eine frühe, besonders mutige Kämpferin für Frauenrechte, wäre doch spannend. :winke:
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein auch für mich sehr interessantes Thema, denn auch ich weiß kaum etwas über die vergangenheit meiner Ahnen. Und ich habe leider fast die selben Probleme wie Amira. Auch mein türkisch lässt enorm zu wünschen übrig. Und dadurch, dass meine Familie untereinander so zerstritten ist, und ich daher kaum kontakte zu verwandten habe oder sonst was, traue ich mich kaum, einfach da anzukommen, und sie über unsere Ahnen ausquetschen zu wollen.
Habe nur meine Mutter gefragt, wie generell das Leben früher war, sie konnte nur aus ihren eigenen Erfahrungen und Erinnerungen berichten. (Hat man in Deutschland die Wäsche anfangs auch mit Holzkohle sauber gemacht?? wäre die erste Frage, die mir so aufkommt :p)
Und da mein Opa früh ein weisenkind wurde (hab erfahren, dass sein Vater ein soldat oder ähnliches gewesen ist) möchte ich auch nicht zu sehr in seiner vergangenheit wühlen...

Mein plötzliches Interesse daran habe ich dir, Lynxxx zu verdanken :)
Ich hab mich über fast alle Beiträge von dir durchgelesen, allerdings brauche ich noch mehr Zeit um mich auch noch durch deine links durchzuwühlen :p

Wenn ich jetzt nach den äußerlichen merkmalen meiner familie urteilen würde, würde ich sagen, dass auf den straßen im OR ne richtige "multikuliti" gesellschaft stattgefunden hat. Augenfarbe, Augenform, Haarfarbe, Nase, Kinn, Augenbrauenform gleicht keinem anderen. Habe 6 geschwister + vater und mutter, da kommt man ganz schön ins grübeln. (Schätze, da müsste man dann wohl genauer die Jahre in betracht ziehen)

Daraus kommen noch mehr Fragen auf, zu denen ich bis jetzt im internet oder in der einfachen buchhandlung brauchbaren antworten finden konnte.

Denke man muss unterscheiden, ob man in "großstädten" gewohnt hat oder außerhalb, also auf dem Land. Ebenso welche Tätigkeit die der Mann ausgeübt hat. War er Bauer, Händler, Architekt, Lehrer (was haben Lehrer damals gelehrt und vorallem wie und wo?) oder war sogar in Ämtern tätig? Wie war das mit den Janitscharen, konnten die nebenbei noch heiraten und eine Familie gründen? Wie wurden sie alle damals entlohnt? Und gab es dort streitereien zwischen konvertierten muslimen und anderen muslimen, also wurden sie herzlichst begrüßt oder doch erstmal verachtet? Wie war es mit den Christen und Juden. Es heißt, sie wurden im Reich geduldet, und hatten die selben pflichten und rechte wie muslime nur dass sie eine höhere Steuer leisten mussten. Es gab doch bestimmt auch Heiden? Wie wurden diese behandelt? Wurden diese gezwungen eine Religion anzunehmen?

Dazu muss man die Religion des Reiches in Betracht ziehen, welches ja der islam war (?), aber in wieweit wurde das praktiziert unter den Bürgern ebenso bei den Gerichten (wenn es sowas gab).

Das würde dann ja auch mehr über das tägliche Leben der Frau aussagen. Wie war es damals mit der Bildung? Wenn jeder die gleiche chance hatte aufzusteigen, egal welchen gesellschaftlichen Status man hatte und was für ein Geschlecht man hatte.

Männer wurden ja dazu verpflichtet zu arbeiten und die Finanzierung der Familie zu übernehmen, und die Frauen im Gegensatz dazu zuhause sich u. a. um die Erziehung der Kinder kümmern mussten. kann ich davon ausgehen, dass das die norm war?


So viele Fragen hatte ich anfangs eigentlich nicht, aber es "ergab" sich irgendwie alles nacheinander :p schätze ich werde mich erstmal selbst auf die suche nach antworten machen.

ich musste mal über die hexenverfolgungen recherchieren, und da gab es im netz haufenweise infos dazu, schade, dass es über das OR erst seit kurzem so viele infos gibt.

Gute nacht!
 
Ich weiß auch nicht viel über meine Ahnen ich weiß aufjedenfall das der Großvater meines Vaters (mütterlicherseits) Meksüt hieß, ein Name der heutzutage eher selten oder garnicht gebraucht wird. Jedenfalls ist es ein alttürkischer name.

Ich weiß nur das das Gebiet aus dem meine Eltern stammen also mein Vater kommt aus Ordu und meine Mutter aus Corum, damals in der Selcuken-Periode zum Danischmenden Reich gehört hatte das war ein Fürstentum das ein Gazi-Söldner-Staat war. Die Danischmenden waren die größten Konkurrenten der Selcuken.

Welche Volksgruppen aus und in dem Gebiet Ordu/Corum leben und lebten ist mir
bis heute leider nicht bekannt.
 
Welche Volksgruppen aus und in dem Gebiet Ordu/Corum leben und lebten ist mir
bis heute leider nicht bekannt.

Der Name Corum soll armenischen Ursprungs sein, sagt Wiki Çorum ? Wikipedia

Es ist auf jeden Fall eine interessante Gegend, die gut für Landwirtschaft geeignet war. Vielleicht haben deine Urgroßeltern schon Haselnüsse angebaut? Weißt du, welchen Beruf sie hatten?
Ich kann mir das Leben von Menschen aus früheren Epochen viel besser vorstellen, wenn ich weiß, wie sie gearbeitet haben und wovon sie lebten.
Beruf und soziale Schicht zu kennen, hilft weiter, auch wenn es über das Leben der normalen Leute meist nicht so viele Informationen gibt wie über Herrscher oder Kriegshelden.
 
Urgroßvater Meksüt war Bauer nach angaben meines Vaters.
Seine Neffen so sagt mein Vater,haben im Streit um sein Besitz,
zwei seiner Söhne umgebracht.Und sind ohne Haftstrafen davon gekommen
weil Urgroßvater Meksüt sie nicht verklagt hatte.

Ich dachte bei uns Türken wird Humanität immer Groß geschrieben
doch nach der Story hatte ich meine zeweifel, wie kann einem die eigene
Familie aus Neid nur sowas antun. Das ist nur eine von vielen tragischen Geschehnissen
aus meiner Familie.

Ein Onkel meines Vaters wurde von seiner Braut während der Hochzeitsnacht erschossen . Angeblich wollte sie sich nur ein Scherz erlauben und hat auf ihn gezielt,als sie abdrückte ging die Kugel mitten ins Herz, so wurde es mir zumindest berichtet.

Ein anderer Onkel kam bei einer Strömung im Fluss ums leben seine Leiche wurde nie gefunden.

Ein Vetter meines Vaters kam bei einem Arbeitsunfall ums Leben.

Mein Vater selbst sagte einmal zu mir:"Ich bin in einer Zeit aufgewachsen wo Kommunisten
auf Gelehrten und Gelehrte auf Kommunisten schossen und keiner wurde zur Rechenschaft gezogen". Ich aus meiner persönlichen Sicht glaube, dass ich solch eine Kindheit nie richtig verarbeiten könnte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Urgroßvater Meksüt war Bauer nach angaben meines Vaters.
Seine Neffen so sagt mein Vater,haben im Streit um sein Besitz,
zwei seiner Söhne umgebracht.Und sind ohne Haftstrafen davon gekommen
weil Urgroßvater Meksüt sie nicht verklagt hatte.

So schrecklich das ist, ist es doch ein interessantes Detail, um mehr über die Verhältnisse damals zu erfahren.
Wann hat dein Urgroßvater gelebt? Anfang des 20 Jhd., schätze ich, das wäre dann die Zeit um das Ende des osmanischen Reichs oder zur Zeit von Atatürks Reformen.
Wie war damals das Erbrecht in der Gegend?
Wenn Neffen 2 Söhne deines Urgroßvaters getötet haben, ging es vielleicht um Land oder einen Bauernhof, der zwischen deinem Urgroßvater und seinem Bruder, dem Vater der Neffen, hätte geteilt werden müssen. Es sei denn, es galt Erstgeborenenerbrecht und dein Urgroßvater war der älteste Sohn.

Ich dachte bei uns Türken wird Humanität immer Groß geschrieben
doch nach der Story hatte ich meine zeweifel, wie kann einem die eigene
Familie aus Neid nur sowas antun. Das ist nur eine von vielen tragischen Geschehnissen
aus meiner Familie.

Naja, Streit ums Erbe unter Geschwistern kommt überall vor und ist "so alt wie die Menschheit". Um solche blutigen Auseinandersetzungen zu vermeiden, wurden Rechtssysteme entwickelt und damit wären wir bei der geschichtlich interessanten Frage, welches Recht damals galt, auch wenn dein Urgroßvater es nicht in Anspruch genommen hat.

Ein Onkel meines Vaters wurde von seiner Braut während der Hochzeitsnacht erschossen . Angeblich wollte sie sich nur ein Scherz erlauben und hat auf ihn gezielt,als sie abdrückte ging die Kugel mitten ins Herz, so wurde es mir zumindest berichtet.

Ein anderer Onkel kam bei einer Strömung im Fluss ums leben seine Leiche wurde nie gefunden.

Ein Vetter meines Vaters kam bei einem Arbeitsunfall ums Leben.

Unfälle passieren...erinnert sich denn deine Familie an keine Glücksfälle oder wird über gutes und schönes nur nicht gesprochen?

Mein Vater selbst sagte einmal zu mir:"Ich bin in einer Zeit aufgewachsen wo Kommunisten
auf Gelehrten und Gelehrte auf Kommunisten schossen und keiner wurde zur Rechenschaft gezogen". Ich aus meiner persönlichen Sicht glaube, dass ich solch eine Kindheit nie richtig verarbeiten könnte.

In welcher Zeit und wo hat dein Vater denn gelebt? Das klingt nach Bürgerkrieg?
 
Um die Hauptfrage zurückzukommen:
Ich habe hier einen interessanten Link zu einer türkischen Seite:
Osmanl? Döneminde Kad?n Haklar?
Leider laesst auch mein türkisch zu wünschen übrig.
Aber morgen frage ich meine Türkischnachhilfe, ob sie mir das übersetzen kann, dann kann ich hoffentlich antworten.
LG Osman 61
 
Ich habe da einen Verdacht, warum niemand über eine
"Osmanlı Kadın" spricht. Eigentlich heißt es einfach "osmanische Frau" .
Wurden nicht die "Jungfrauen des Sultans" so genannt? Ein Bekannter hat mir mal davon erzählt, das junge Mädchen , die die Ehre hatten , dem Sultan zu dienen, als "Jungfrauen" verheiratet wurden.
 
Facharbeit über die Rolle/Stellung der Frau

Hallo liebe Leute,

ich habe ein kleines Problem
ich schreibe eine Facharbeit über das Osmanische Reich bzw. muss ich die Rolle/Stellung der Frau im osman. Reich innerhalb und außerhalb des Palastes vergleichen.

Leider finde ich keine geeignete Literatur, kennt ihr ein paar geeignete Bücher?
 
Interessant wäre da die Zeit der sog. "Weiberherrschaft". In der zweiten Hälfte des 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts hatten die Sultansmütter größeren Einfluss auf politische Entscheidungen, bzw. das Amt des Großwesirs etc.
Die ältere Geschichtschreibung sieht darin den Grund für den Niedergang des osmanischen Reiches und argumentiert, dass die Frauen ja keine Ahnung von Politik gehabt hätten und sich nur von Sympathien leiten ließen, und quasi an der Zerrüttung des Reiches schuld sind. (Danke.)

Als sich dann pluralistische Erklärungsmuster durchsetzen, kam es zu einer Neubewertung dieser Periode. Dort wurde der Einfluss der Frauen im Gegenteil als eher stabilisierender Faktor genannt.

Literatur:
The Ottoman Empire and Early Modern Europe (New Approaches to European History, 24, Daniek Goffman, Cambridge University Press 2002, ISBN: 978-0521452809

The Imperial Harem: Women and Sovereignty in the Ottoman Empire (Studies in Middle Eastern History), Leslie P. Peirce, Oxford University Press 1993, ISBN: 978-0195076738


Außerdem gibt es online einen Artikel von Josef Matuz, ist von 1973 und nicht mehr ganz neu, aber bietet einige Überlegungen zu der Stabilität des Osmanischen Reiches (Ausgangspunkt war die Frage, ob Süleyman wirklich ein starker und herausragender Herrscher war; interessant für Dich ist dabei, dass der Artikel einige Erklärungsmöglichkeiten für Stabilität im Reich gibt.)
http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/4694/pdf/Matuz_Sueleyman_der_Praechtige.pdf

Ein weiterer wichtiger Punkt bei dem Niedergang des Osmanischen Reiches war sicherlich auch die Abschaffung der Devschirme, der Knabenlese. In der Devschirme wurden aus dem ganzen Reich Kinder eingezogen, die eine Ausbildung in Staatsdiensten bekamen - z.B. im Militär. Dass die Janitscharen nicht heiraten durften, keinen Besitz anhäuften und demnach erst recht nicht vererben konnten etc, schuf eine Abhängigkeit zwischen Janitscharen und Sultan. Schon während dieses Abhängigkeitsverhältnisses kam es jedoch mehrere Male zu Revolten, und 1683 die Knabenlese abgeschafft wurde und sie zu Landbesitzern und Geschäftsleuten wurden, änderte sich auch ihr ganzes Selbstverständnis: die Hingabe zu Sultan und Kriegsdienst wurde durch Eigeninteresse und finanzielles Interesse ersetzt, es kam verstärkt zu Revolten und teilweise bestimmten die Janitscharen so, wer das Sultanat inne hatte.

Dieser Umstand beispielsweise fällt mit der Weiberherrschaft zusammen, zeigt jedoch schon, dass man es sich nicht so einfach machen und sagen kann: "Frauen an der Macht, das war der Niedergang des Reiches."


Wäre dieses Vorurteil, die Untersuchung der tatsächlichen Machtstellung und des Einflusses und eine kurze Betrachtung auf weitere Faktoren für den Niedergang nicht ein schönes Thema?
 
Zurück
Oben