Hitlers Ideologie in Bezug auf seine Verbündeten und mitlitärischen Notwendigkeiten

Trinny

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Hallo, mich interessieren zwei Fragen:

- Wie ließ sich Hitlers Rassenwahn mit seinen Verbündeten vereinbaren
- Wann hat Hitler rassische und ideologische Grundsätze militärischen Grundsätzen untergeordnet? War er in gewisser Hinsicht pragmatisch? Und gab es irgendwann einen Bruch wo eine Handlungsweise sich mehr und mehr durchgesetzt hat, bspw. gegen Ende des Krieges?

Diese Fragen interessieren mich aufgrund folgender zwei Beispiele:

Die Bulgaren wurden als Slawen ja eher als minderwertige Rasse eingestuft, trotzdem waren sie mit dem deutschen Reich verbündet. Ebenso die Japaner, auch wenn die Beziehungen hier eher formaler Natur gewesen sind, bzw. nicht so eng wie mit den anderen Verbündeten. Wurde hier im Sinne der militärischen Ziele der Rassegedanken in den Hintergrund gestellt? Ebenso gab es ja später in der Waffen-SS eine Vielzahl von versch. Nationalitäten, dazu kam die Wlassow-Armee, die ja ebenfalls aus Russen bestand, und eine Vielzahl von Hiwis in der Wehrmacht. Meine Annahme ist, dass Hitler dies als vorübergehendes Übel akzeptiert hat, schließlich half ihm eine Verlängerung des Krieges sein primär verqueres Ziel, die Ausrottung der Juden, zu erreichen.

Dies führt mich zum zweiten Beispiel: Ich hab neulich im Internet gelesen (ein Buch hatte ich als Quelle zu dem Thema nicht zu Verfügung) dass Hitler sich 1941 beim Putschversuch der eisernen Garde in Rumänien auf die Seite des Marschalls Antonescu gestellt hat. Vorausgesetzt dass diese Organisation stärker antisemitisch indoktriniert war (dass scheint sie anhand der spärlichen Quellen zu sein) und er damit seine rassischen Ziele leichter hätte verfolgen können, würde dies ja im Umkehrschluss bedeuten dass er auch hier die militärischen Notwendigkeiten über die Ideologie gestellt hat.

Auf der anderen Seite hat Hitler allerdings auch nicht davor zurückgescheut Ressourcen dem Holocaust unterzuordnen und sie der Wehrmacht vorzuenthalten (Menschen, Material).

Wo wurde jetzt die Grenze gezogen, welche Begründungen gibt es für dieses Verhalten und hat es primär etwas mit dem Zeitpunkt und Verlauf des Krieges zu tun?

Gruß Trinny
 
Wie du weißt, ist Rassismus kein auf wissenschaftlichen Grundlagen basierende Ideologie und so lassen sich Ideologeme auch mal leicht über Bord werfen.
In der Festungshaft schrieb Hitler über die Japaner noch folgendes:
"Würde man die Menschheit in drei Arten einteilen: in Kulturbegründer, Kulturträger und Kulturzerstörer, dann käme als Vertreter der ersten wohl nur der Arier in Frage. Von ihm stammen die Fundamente und Mauern aller menschlichen Schöpfungen, und nur die äußere Form und Farbe sind bedingt durch die jeweiligen Charakterzüge der einzelnen Völker. Er liefert die gewaltigen Bausteine und Pläne zu allem menschlichen Fortschritt, und nur die Ausführung entspricht der Wesensart der jeweiligen Rassen. In wenigen Jahrzehnten wird zum Beispiel der ganze Osten Asiens eine Kultur sein eigen nennen, deren letzte Grundlage ebenso hellenischer Geist und germanische Technik sein wird wie dies bei uns der Fall ist. Nur die äußere Form wird - zum Teil wenigstens - die Züge asiatischer Wesensart tragen. Es ist nicht so, wie manche meinen, daß Japan zu seiner Kultur europäische Technik nimmt, sondern die europäische Wissenschaft und Technik wird mit japanischer Wesensart verbrämt. Die Grundlage des tatsächlichen Lebens ist nicht mehr die besondere japanische Kultur, obwohl sie - weil äußerlich infolge des inneren Unterschiedes für den Europäer mehr in die Augen springend - die Farbe des Lebens bestimmt, sondern die gewaltige wissenschaftlich-technische Arbeit Europas und Amerikas, also arische Völker. Auf diesen Leistungen allein kann auch der Osten dem allgemeinen menschlichen Fortschritt folgen. Dies ergibt die Grundlage des Kampfes um das tägliche Brot, schafft Waffen und Werkzeuge dafür, und nur die äußere Aufmachung wird allmählich dem japanischen Wesen angepaßt. Würde ab heute jede weitere arische Einwirkung auf Japan unterbleiben, angenommen Europa und Amerika zugrunde gehen, so könnte eine kurze Zeit noch der heutige Aufstieg Japans in Wissenschaft und Technik anhalten; allein schon in wenigen Jahren würde der Brunnen versiegen, die japanische Eigenart gewinnen, aber die heutige Kultur erstarren und wieder in den Schlaf zurücksinken, aus dem sie vor sieben Jahrzehnten durch die arische Kulturwelle aufgescheucht wurde. Daher ist, genau so wie die heutige japanische Entwicklung arischem Ursprung das Leben verdankt, auch einst in grauer Vergangenheit fremder Einfluß und fremder Geist der Erwecker der damaligen japanischen Kultur gewesen. Den besten Beweis hierfür liefert die Tatsache der späteren Verknöcherung und vollkommene Erstarrung derselben. Sie kann bei einem Volke nur eintreten, wenn der ursprünglich schöpferische Rassekern verlorenging oder die äußere Einwirkung später fehlte, die Anstoß und das Material zur ersten Entwicklung auf kulturellem Gebiete gab. Steht aber fest, daß ein Volk seine Kultur in den wesentlichsten Grundstoffen von fremden Rassen erhält, aufnimmt und verarbeitet, um dann nach dem Ausbleiben weiteren äußeren Einflusses immer wieder zu erstarren, kann man solch eine Rasse wohl als eine 'kulturtragende', aber niemals als eine 'kulturschöpferische' bezeichnen."

Zwei Jahrzehnte später galten sie ihm als 'Arier'. Vielleicht aber auch schon damals, denn es gibt eine Stelle, in den meisten Ausgaben zu finden auf S. 700, in der Hitler behauptet, die britische-jüdische Presse hetze gegen Japan und man solle doch lieber die Juden hassen, als ein anderes arisches Volk. Dies impliziert, dass er die Japaner als arisches Volk angesehen hätte.

Da hat offensichtlich Hess seinen Job als Lektor nicht erfüllt.

Also: Ja, Hitler war von Fall zu Fall pragmatisch. Er selbst konnte auch Juden "arisieren".
Ähnliches passierte mit den Kindern des tschechischen Dorfes Lidice. Ihre Eltern wurden in einer Vergeltungsaktion (ein Attentat in Prag auf einen der Organisatoren des Holocausts, Reinhard Heydrich, der auch aggressiv gegen die tschechische Bevölkerung vorging) umgebracht, sie selbst wurden selektiert, die, welche ein "arisches" Aussehen hatten, sollten germanisiert werden, die anderen wurden vergast. (Siehe auch Volksdeutsche Mittelstelle).

Dieser Pragmatismus funktioniert im Übrigen bis heute, z.B. wenn Neonazis gegen die Unterdrückungspolitik Israels auf die Straße gehen. Dieselben Neonazis, die heute für den unterdrückten Palästinenser auf die Straße gehen, gehen morgen "Araber klatschen".
 
Hitler war ein konsequenter Ideologie, der sich selber eine messianische Rolle zugedacht hat. Diese Rolle spielt er bis zum Schluss und findet einen Niederschlag in seinem politischen Testament. In dem er das internationale Judentum erneut und zum letzten Mal dokumentiert massiv angreift und seine Ausrottung erneut rechtfertigt.

Politisches Testament Adolf Hitlers ? Wikipedia

In diesem Punkt ist eine eindeutige ideologische Grunddisposition seines politischen Handelns zu erkennen.

In einer Reihe von anderen Aspekten hat sich Hitler pragmatisch als Machtpolitiker verhalten, der im machiavellischen Sinne alle Instrumente seiner Zielerreichung untergeordnet hat.

Pauschal kann man vier Phase in seiner ideologischen Position erkennen.

1. Phase bis zur Machtergreifung (33): ideologisch und militant
2. Phase bis ca. 37 (Hoßbachprotokoll): Pragmatisch und "friedliebend"
3. Phase bis ca. 41/42 dem Zenith des militärischen Erfolgs eine zunehmende Ideologisierung seines Handelns
4. Phase bis zum Zusammenbruch 45 weitgehende Ideologisierung seiner Machtpolitik , unter Ausblendung pragmatischer Politikansätze (Separatfrieden etc.)

Grundsätzlich kann man festhalten, dass Hitler zwar eine "Rassenideologie" verfolgte, aber er nicht in der Lage war eine koherente "Pan-Germanische Philosophie" zu entwickeln, die im positiven Sinne den besetzten Völkern im Westen ein Ansatzpunkt für eine politische Partizipation geboten hätte (Beispiele wären Norwegen oder auch die Niederlande etc.)

Daß diese nicht erfolgt ist hat vermutlich mehrere Gründe. Ein Grund ist sicherlich, dass der "Zeitraffer", mit dem die Veränderungen in Europa durch Hitler inszeniert wurden in seiner Geschwindigkeit und in seinem Erfolg auch Hitler überrascht hat. Auch er ging beispielsweise von einem längeren Krieg im Westen aus.

Vor diesem Hintergrund ist ein Großteil seiner Handlungen als improvisiert zu bezeichnen.

Die Völker in SO-Europa betrachtete er dabei keineswegs als gleichrangig, weder rassich, politisch und auch in keiner anderen Sichtweise, und benutzte sie lediglich als "billige" Hilfstruppen, die ihre Haut für seine "heheren Ziele" opfern durften und halfen seine hegemonialen bzw. imperialen Ansprüche durchzusetzen.

Ähnlich wie den Franzosen hätte er ihnen in einer zukünftigen germanischen Weltordnung lediglich untergeordnete Bedeutung zugewiesen, im Gegensatz übrigens zu den Griechen und auch zu den Italienern.

Nicht zuletzt bedurfte er der Unterstützung der SO-europäischen Staaten, da das 3. Reich durchaus im Vorfeld des WW2, obwohl sie die führende Militärmacht weltweit war, auf eine zusätzliche Unterstützung dingend angewiesen war (militärisch, politisch, wirtschaftlich und ressourcenmäßig)
Das Problem einer pragmatischen Machtpolitik vs. einer ideologiegetriebenen Außenpolitik kan man am deutlichsten im Verhältnis zwischen dem 3. Reich und Polen verdeutlichen.

Ein konkretes Beispiel: Nach der Machtergreifung steuerte beispielsweise Hitler den revisionistischen, konfliktorientierten Kurs der traditionellen konservativen Eliten (AA und WM) um und ging zu einer Kooperation mit Polen über.

Vor diesem Hintergrund ging man beispielsweise bei "Bedrohungsanalysen" in der SU um ca. 1936 von einem Szenario eines "Koalitionskrieges", in dessen Rahmen das 3. Reich in Kooperation mit Polen die SU angreifen würde.

Da Hitler jedoch Polen als Aufmarschgebiet für seinen Angriff auf die SU brauchte, verfolgte er die duale Strategie, entweder mit Polen gegen die SU oder alleine gegen die Su, mit vorheriger Besetzung Polens.

An diesem Beispiel wird deutlich, dass Hitler sich vor 1939 durchaus pragmatisch im Rahmen seiner Außenpolitik verhalten konnte, jedoch nur so lange, wie diese Haltung nicht mit der grundsätzlichen ideologisch motivierten Zielwahl kollidierte.

Und nach 1939 ordnete sich zunehmend, wie bereits oben kurz ausgeführt, seine Außen- bzw. Machtpolitik komplett seinen ideologisch motivierten Zielen unter.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich möchte zu dem Thema den Zeitzeugenbericht eines Verwandten wiedergeben :

Er war in der Ukraine mit einem Spähtrupp (ca. 6 Leute) unterwegs. Plötzlich kamen aus dem Gebüsch Soldaten und "ergaben" sich dieser Gruppe. So kamen schließlich um die hundert "Gefangene" zusammen.

Natürlich handelte es sich um Deserteure, die gegen Stalin waren. Militätrisch wäre es nun logisch gewesen, diese Leute für die Wehrmacht kämpfen zu lassen, ideologisch waren es aber "Untermenschen".

Was geschah nun tatsächlich ? Um die Gefangenen wurde ein Zaun gezogen und sie verhungerten schließlich.
 
Hitler " Rassenwahn " ist eine gern gebrauchte Verallgemeinerung , welche
letztendlich wohl nur in Bezug auf Juden als " Wahn " im Sinne des
erklärten Vernichtungswillens betätigt wird - vielleicht noch gegenüber
Sinti und Roma. Ansonsten findet sich gemäss der Rassenideologie schon
Abstufungen zuerkannter " Wertigkeiten " gegenüber einzelnen Nationalitäten
bzw. " Rassen ".

Hitler hatte in Bezug auf die Achsenpartner keine Probleme , seine Rassen-
ideologie zu kommunizieren .
Italien und Japan waren in ihren politischen Ideologien genauso von
rassistischen Vorurteilen durchdrungen - wenn auch gegenüber anderen
" Rassen " , als Hitler .
Was die Japaner gegenüber Koranern und Chinesen letzendlich an Terror
ausübten , ist ohne die Vorstellung der Japaner , selbst einer überlegenen
" Herrenrasse " anzugehören nicht erklärbar.
Oder das Vorgehen der Italiener in Äthiopien erklärt sich ebenso.

Insofern fiel die Verständigung zwischen den Achsenmächten in bezug auf
rassistische Inhalte bestimmt ausgesprochen leicht.
 
Hitler " Rassenwahn " ist eine gern gebrauchte Verallgemeinerung , welche
letztendlich wohl nur in Bezug auf Juden als " Wahn " im Sinne des
erklärten Vernichtungswillens betätigt wird - vielleicht noch gegenüber
Sinti und Roma. Ansonsten findet sich gemäss der Rassenideologie schon
Abstufungen zuerkannter " Wertigkeiten " gegenüber einzelnen Nationalitäten bzw. " Rassen ".

Die unterschiedliche Radikalität in der Konsequenz für die rassisch Eingestufen macht es nicht weniger wahnhaft, oder?

Insofern fiel die Verständigung zwischen den Achsenmächten in bezug auf
rassistische Inhalte bestimmt ausgesprochen leicht.

Danach war ja nicht gefragt, wie die Kommunikation unter Rassisten verschiedener Nationalitäten funktioniert, sondern vielmehr danach, warum das nationalsozialistische Deutschland - abgesehen von Italien - mit Völkern zusammenarbeiten konnte, die zuvor als "rassisch minderwertig" eingestuft worden waren. Die Japaner werden in seinem Buch, wie oben dargelegt, z.B. nicht als Kulturschöpfer, sondern nur als Kulturträger eingestuft (Hitler kennt Kulturschöpfer, Kulturträger - die von Kulturschöpfern abhängig sind - und Parasiten, die dauerhaft Kulturen bzw. kulturschöpferische Rassen zerstören). An anderer Stelle kann man dann wieder zwischen den Zeilen lesen, dass die Japaner doch "Arier" wären. Ähnlich ist es mit den Slawen. Während z.B. die Vernichtung von Polen und Tschechen mehr oder weniger beschlossene Sache war, hat er andere slawische Nationen in sein Bündnissystem eingebunden, etwa die Slowaken, die Kroaten, die Ukrainer etc.

Dass das damalige Japan und das faschistische Italien - im Übrigen auch die Westmächte, wenn auch in einem weniger extremen Maße - rassistische Politik betrieben, wird davon wenig berührt.
 
Die unterschiedliche Radikalität in der Konsequenz für die rassisch Eingestufen macht es nicht weniger wahnhaft, oder?

Sehe ich nicht anders........


Die Japaner werden in seinem Buch, wie oben dargelegt, z.B. nicht als Kulturschöpfer, sondern nur als Kulturträger eingestuft (Hitler kennt Kulturschöpfer, Kulturträger - die von Kulturschöpfern abhängig sind - und Parasiten, die dauerhaft Kulturen bzw. kulturschöpferische Rassen zerstören). Während z.B. die Vernichtung von Polen und Tschechen mehr oder weniger beschlossene Sache war, hat er andere slawische Nationen in sein Bündnissystem eingebunden, etwa die Slowaken, die Kroaten, die Ukrainer etc.

Ein gutes Beispiel , dass sich Hitler von einmal gefassten Vorurteilen leiten liess. Die Japaner waren und sind zwar exzellente Kopisten , jedoch waren und sind sie ebenso innovationsfähig - da muss man nur die Patentanmeldungen nachschlagen.
Zu dem angerissenen rassistisch begründetem Vernichtungswillen bin
ich nicht in der Lage Genaueres zu besprechen .
Hast du ein Quelle ?
Dass Polen und Tschechen auf der Genozid-Liste standen , ist mir doch
neu ...
 
Zu dem Thema kann ich folgenden Buchtitel empfehlen:

Hitlers Imperium: Europa unter der Herrschaft des Nationalsozialismus
Mark Mazower

In dem Buch geht es um den Umgang des nationalsozialistischen Deutschland mit den besetzten Gebieten. Dabei spielt auch die Rassenideologie eine Rolle. Ohne das ganze Buch jetzt hier wieder zu geben, erinnere ich mich an folgende Aussagen:
Rassenideologische Gründe bestimmten vor allem den Umgang mit den Völkern solcher Gebiete, die für den deutschen Lebensraum Ost vorgesehen waren (Polen, Russen....). In Kroatien und Bulgarien hatte man keine Ambitionen und daher "störte" man sich an dem slawischen Ursprung dieser Völker nicht. Auf diese Weise wurden ungeheure Chancen der Kollaboration, die ja beispielsweise im Umgang mit der ukrainischen Bevölkerung bestanden, einfach ungenutzt weg geworfen. Je ungünstiger der Kriegsverlauf sich für Deutschland entwickelte, desto mehr überwogen dann allerdings doch praktische Argumente beim Umgang mit den besetzten Völkern. Gegen Ende des Krieges gab es beispielsweise selbst in der Waffen-SS slawische Verbände aus Ukrainern.
Wie sich der Umgang mit der Bevölkerung in den bestzten Gebieten tatsächlich gestaltete, hing auch sehr stark davon ab, welche Organisation des Dritten Reiches in dem jeweiligen Gebiet zur jeweiligen Zeit die maßgeblich bestimmende Kraft war. Wie in vielen anderen Bereichen des Dritten Reiches, so zeigte sich auch bei der Besatzungspolitik, dass trotz des "Führerprinzips" das Dritte Reich unterhalb der Ebene des Staatsoberhauptes vor allem durch Führungschaos geprägt war. Die verschiedenen Organisationen arbeiteten mehr gegeneinander als miteinander, und zwar vor allem aus einem Ressortdenken heraus. Im Falle der Besatzungspolitik waren die beteiligten Kräfte die Partei (in Gestalt der Gauleiter Danzig-Westpreußen, Warthegau, Frank als Leiter des Generalgouvernement, Reichskomissare für "Ostland" und Ukraine), dann die SS (die unter Himmler in ganz besonderem Maße bestrebt war, ihre Machtbasis auszubauen), die Wehrmacht und die klassische zivile Administration (z.B. in Gestalt des Auswärtigen Amtes, welches gerade im Umgang mit den besetzten Gebieten, die nicht ihrer staatlichen Existenz beraubt wurden, eine wichtige Rolle spielte).
 
In dem Buch geht es um den Umgang des nationalsozialistischen Deutschland mit den besetzten Gebieten.

Ganz richtig, dafür ist es die aktuellste Gesamtdarstellung.

Die Frage oben war allerdings mit einer etwas anderen Gewichtung gestellt - es ist für den Fragesteller gerade interessant, wieso sich das NS-Regime ...

(um die ideologische Bandbreite mal über den stets, vielleicht mit Ausnahme des Antisemitismus, pragmatisch improvisierenden Hitler -/siehe oben den Beitrag von @thanepower/- auszudehnen)

... mit Staaten wie Rumänien und Bulgarien zu arrangiert hat. Nehmen wir das Beispiel Bulgarien: beiderseitige "Bewunderung", Bulgariens Bereitschaft zur Kriegsplattform für den Balkan zu dienen (wichtig war der Einmarsch deutscher Truppen in 1940 für den Griechenland-Feldzug) bis hin zu Kooperation bei der Judenvernichtung.

Speziell zu dieser "ideologischen Frage" NS-Regime/Slawische Staaten gibt es eine hervorragende Studie, die das Thema querbeet betrachtet:
Schaller, Helmut: Der Nationalsozialismus und die slawische Welt, 2002

Immer noch aktuell ist die Studie: Hillgruber, Andreas, Hitler, König Carol und Marschall Antonescu
Heinen, Armin: Rumänien, der Holocaust und die Logik der Gewalt, Südosteuropäische Arbeiten 135.
Und speziell zu Bulgariens Rolle bei der Judenvernichtung Rossitza Ivkova: Rettung und Mord in genozidalen Entscheidungsprozessen:
Bulgarien 1941-1943, Dissertation 2004.

Beide Sonderfälle lehnten sich erheblich an das Deutsche Reich an, im Prinzip beide wegen der Revisionsfragen des Ersten Weltkrieges, die diese Länder in die Arme des NS-Regimes trieb. Um das für Bulgarien "ideologisch" auf den Punkt zu bringen:

"Die Bewährungsproben, die der für beide Völker unglückliche Ausgang des Weltkriegs und der nachfolgende harte Schicksalskampf mit sich brachte, konnten die einmal geschlossenen Bande nicht nur nicht mehr lösen, sondern knüpften sie noch enger ..."
[Hauke, aus der Deutsch-Bulgarischen Gesellschaft]

"Harte, stämmige, herrliche Menschen sind die Bulgaren, die ihren Weg ohne Zagen und Zaudern gradlinig gehen, auch wenn er noch so schwer ist. Wenn es sein muss, so stürmen sie, wie sie es oft getan haben, Artilleriestellungen nur mit dem Messer in der Hand. Nichts ist für sie unmöglich, wenn es um Volk und Heimat geht. ..."
[Müller-Neudorf, Nationalsozialistische Monatshefte 1935]
 
Das Buch von Eberhard Jaeckel: Hitlers Weltanschauung" befasst sich glaubwürdig mit dem Spagat Hitlers zwischen Pragmatik und Dogmatik. Ich kann das Buch wärmstens empfehlen.
 
Vielen Dank für die hilfreichen Antworten, da ist einiges an interessanter Literatur zusammen gekommen. Wird mir sicher weiterhelfen.
 
Hitler waren alle Mittel recht, um seine wahnsinnigen Ideen umzusetzen. Man denke nur an den Hitler-Stalin-Pakt und seinem Zusatzprotokoll, wo Hitler mit Stalin quasi Gebietsaufteilungen vornahm, während in Deutschland Kommunisten verfolgt und in Konzentrationslagern umgebracht wurden.

Man könnte sagen, dass es für Hitler diverse "Spielwiesen" gab, in denen er den Ton angab oder es versuchte:
- die nationale Politik Deutschlands: hier versuchte er, auf der einen Seite Stimmung für sich zu schaffen (Propaganda), auf der anderen Seite wurden "störende Elemente" (Widerstand, Widerspruch) verfolgt und in KZ's umgebracht
- die eigenen Organisationen (NSDAP, Schutzstaffel, Sturmabteilung, Wehrmacht etc.): dort musste natürlich die Struktur aufrecht erhalten oder sogar verbessert werden
- ideologische Ziele wie z.B. die Vernichtung von Juden, Zigeunern, Homosexuellen, Intellektuellen, Kommunisten, Behinderten etc.
- die internationale Politik: Verbündete zu haben, die einen - direkt oder indirekt - helfen, die eigenen Ziele zu erreichen, ist meist hilfreich. In solchen Situationen war Hitler um des eigenen Vorteils bereit, gewisse eigenen Prinzipien auszublenden wie eben das eigene Rassendenken.

Hitler war ein Machtpolitiker, der stets das tat, was ihm momentan am meisten nützte. Widersprüche zur eigenen Ideologie wurden dann totgeschwiegen. Die eigenen Handlungen wurden immer im "positiven Sinn verkauft", propagandamässig vermarktet.
 
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