War die Französische Revolution auch nationalistisch?

Masim

Neues Mitglied
Guten Tag,

ich frage mich, in wie weit die Französische Revolution nationalistisch bzw. patriotistisch war. Kann mir das einer beantworten? Sehr gerne auch mit Buchtips dazu.

LG

Masim
 
Die französische Revolution in ihrer Gesamtheit war garantiert patriotisch.
Man denke nur an das "leve en masse" der Kriegsfreiwilligen, an den Vorwurf gegen Ludwig XVI, er habe "die Nation verraten" oder auch einfach nur an die erste Zeile der
Marseillaise: Allons! Enfants de la Patrie!
oder auch an das : Amour sacré de la Patrie!
Wenn das kein Patriotismus oder gar Nationalismus ist weiß ich auch nicht...

Als Buchtipp zur Revolution im allgemeinen:
Hans-Ullrich Thamer: Die Französische Revolution aus der Reihe Beck Wissen
 
Vielen Dank! Dass Danton die Freiwilligen zur Verteidigung entsendet hat, wusste ich auch, aber ich war mir nicht ganz sicher, ob das nationlistischer Natur war. Was Konkretes konnte ich auch dazu nicht finden, aber jetzt habe ich es. Vielen Dank noch mal. :)
 
So einfach, nach dem schwarz-weiss-Muster, ist die Antwort vermutlich nicht. Vielmehr wird man von unterschiedlichen Phasen ausgehen müssen. Aber das können die Spezialisten hier sicherlich besser erklären.

Dennoch, in der Frühphase der FR wird man von einem durchaus vorhandenen "Universalismus" der Revolution ausgehen können, die eine nicht-nationalistische Haltung war. Die Einführung universeller Rechte, unabhängig von der Geburt, war ein allgemeines Recht und somit zunächst völkerverbindend.

Erst in späteren Phasen der Republik und dem "Export der Revolution" zeigte sich, dass ein derartiges Vorhaben nicht einfach ist und an ethnischen und kulturellen Grenzen Barrieren erfährt. Und teilweise als eine Zurückweisng der Ideale und Ideen der FR in angrenzenden Gebieten erfahren wurde.

Verstärkt wurde das Zurückdrängen der universalistischen Haltung, das die Kerngedanken der FR spiegelte, durch die Bedrohung der aufmarschierenden Armeen der europäischen Monarchien.

Diese beiden Prozesse veränderten die ursprüngliche Haltung und beförderten nationalistische und patriotische Haltungen.
 
So einfach, nach dem schwarz-weiss-Muster, ist die Antwort vermutlich nicht. Vielmehr wird man von unterschiedlichen Phasen ausgehen müssen. Aber das können die Spezialisten hier sicherlich besser erklären.

Dennoch, in der Frühphase der FR wird man von einem durchaus vorhandenen "Universalismus" der Revolution ausgehen können, die eine nicht-nationalistische Haltung war. Die Einführung universeller Rechte, unabhängig von der Geburt, war ein allgemeines Recht und somit zunächst völkerverbindend.

Dies unterstützend möchte ich eine in der Debatte der Nationalversammlung vom 1. August 1789 gemachte Äußerung des Marquis Boniface de Castellane einbringen:
"Blicken wir doch auf die Oberfläche unseres Erdballs, und Sie werden mit mir erbeben, wenn sie sehen, wie wenig Nationen keineswegs im Vollumfang ihrer Rechte, sondern nur einige Ideen, einige Reste ihrer Freiheit bewahrt haben. Ohne hinwiesen zu müssen auf ganz Asien und auch nicht auf die unglücklichen Afrikaner, die auf den westindischen Inseln eine viel härtere Sklaverei erdulden müssen als in ihrer eigenen Heimat, ohne, sage ich, aus Europa hinauszugehen, sehen wir da nicht ganze Völker, die sich als Eigentum einiger Herren betrachten? Sehen wir nicht, dass sie sämtlich sich einbilden, sie seien Gesetzen Gehorsam schuldig, die von Despoten gemacht sind, denen diese selbst sich aber nicht unterwerfen?"
Weniger als vier Wochen danach wurde die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte offiziell verabschiedet und veröffentlicht.
 
Es gab da ganz unterschiedliche Revolutionäre.
Brissot beispielsweise gehörte zu einer Gruppe Revolutionäre in Frankreich, welche die Revolution über Europa oder die ganze Welt ausbreiten wollten. Gewissermaßen diente das natürlich auch der Sicherung der Revolution, weil man damit erhoffte befreundete Staaten rings um sich zu haben, wenn die Monarchien gestürzt wären. (Ein entsprechendes Zitat kann ich mal raussauchen.) Jacques Pierre Brissot ? Wikipedia
Dabei würde ich Brissot, trotz seines leidenschaftlichen Einsatzes für den Krieg, eher als eine Art Weltbürger ansehen. Er interessierte sich auch intensiv bspw. für die Verhältnisse in den USA und war Abolitionist.

Auf der anderen Seite hatte die Revolution auch einen nationalistischen Charakter.
Die Chants und Chansons würde ich da i.d.R. außen vor lassen. Darin geht es ja vornehmlich nicht darum die feindlichen Völker zu vernichten, sondern "nur" darum, die Angreifer abzuwehren. Recht deutlich wird die Unterscheidung in der Marseillaise selbst:
"Français, en guerriers magnanimes, Portez ou retenez vos coups! Epargnez ces tristes victimes, A regret s’armant contre nous. (bis) Mais ces despotes sanguinaires, Mais ces complices de Bouillé Tous ces tigres qui, sans pitié, Déchirent le sein de leur mère! "

Deutlicher zu Tage trat der an Fremdenfeindlichkeit grenzende Nationalismus in der Zeit des Terreur. Es kamen viele ausländische Liberale nach Frankreich, die mit den Idealen der Revolution sympathisierten. Einige wurden recht rasch der Spionage für deutsche Monarchen verdächtigt (bzw. wurde der Verdacht vorgeschoben). So wurden Anacharsis Cloots und Friedrich Freiherr von der Trenck hingerichtet. Cloots wurde zuvor als Ausländer aus dem Konvent (dem damaligen franz. Parlament) ausgeschlossen.

Aber das ist generell ein umfangreiches Thema. Der Kosmopolitismus galt jedenfalls eher Richtung der Girondisten (wie Brissot), während die Montagnards (wie Robespierre) eher für einen Nationalismus einstanden, welcher bei der Unterschicht in den Städten m.E. populärer war. (vgl. auch: Eulogius Schneider ? Wikipedia )


PS:
@ LordNelson
Bitte nicht die Levée en Masse und die Freiwilligen von 1792 durcheinanderwerfen!
 
Zurück
Oben