Morgensterne, Streithämmer, Streitkolben und Kriegsflegel

YoungArkas

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Man kann in diversen Büchern lesen, dass Morgensterne als unritterliche Waffen galten und somit im Europa des Mittelalters merh oder minder "geächtet" waren. Ich bin nicht unbedingt der Experte für Mittelalterliche Waffen und den Ehrenkodex des Mittelalters, deswegen stellen sich für mich einige Fragen:

1) In wie weit wurden Morgensterne trozdem auf den Schlachtfeldern Europas genutzt bzw. ab wann war er "geächtet"? War er wirklich nur die Waffe der Bauern oder hat man Morgensterne in allen Kreisen der mittelalterlichen Kriegsführung genutzt?

2) Wie sah der Einsatz zur Zeit der Kreuzzüge aus? War er in diesem Fall gestattet oder fühlte man sich auch gegenüber den Sarazenen an den Ehrenkodex der Ritterlichkeit gebunden.

3) Waren der Kriegsflegel, Streitkokben und Streithämmer auch "geächtet"? Im endeffekt sind sie auch Wuchtwaffen bei denen die Rüstungen mit wucht deformiert und durchbrochen werden.
 
Auch wenn ich ebenfalls kein Experte für mittelalterliche Waffen bin, so stammten die Versuche einzelne Waffen zu ächten von kirchlicher Seite. So wie die Ächtung der Armbrust auf dem zweiten lateranischen Konzil 1139. Die Waffe galt aufgrund ihrer Reichweite und Durchschlagskraft und in Anbetracht des Umstandes, dass ein relativ ungeübter, nicht sonderlich geübter Schütze (da die Kraft ja durch den Bogen "gespeichert" wurde) einen Ritter töten, der eigentlich sein ganzes Leben damit verbrachte seine Fähigkeiten zu bewahren und zu fördern.

Diese Ächtung galt allerdings nicht für den Einsatz gegen Heiden. Die Ächtung der Armbrust durch geistliche Autoritäten wurde allerdings im Kriegsalltag selten berücksichtigt, und ich denke so wird es auch im Falle der von dir erwähnten Waffen sein.
 
Zumindest Streitkolben waren nicht geächtet, da sie die bevorzugte Waffe von Klerikern, die mit in die Schlacht zogen, waren. Es war ihnen nämlich untersagt, Blut anderer Christen zu vergießen. Einem Gegner mit dem Streitkolben den Schädel zu zerschmettern galt aber - im Gegensatz zu Hieb- oder Stichwunden durch Schwerter oder Lanzen - als "unblutige" Tötungsart. (So zumindest eine verbreitete Ansicht, eindeutig bewiesen ist sie nicht.)
 
Zumindest Streitkolben waren nicht geächtet, da sie die bevorzugte Waffe von Klerikern, die mit in die Schlacht zogen, waren. Es war ihnen nämlich untersagt, Blut anderer Christen zu vergießen. Einem Gegner mit dem Streitkolben den Schädel zu zerschmettern galt aber - im Gegensatz zu Hieb- oder Stichwunden durch Schwerter oder Lanzen - als "unblutige" Tötungsart. (So zumindest eine verbreitete Ansicht, eindeutig bewiesen ist sie nicht.)

Naja wenn du mal schwere Sturzverletzungen von Radfahrern gesehen hast.... unblutig ist anders. Aber eine interessante herangehensweise. Wie Papst Julius II dann wohl mit seinem Schwert kämpfte? Vornehmlich mit Knauf und flacher Seite? ;)
 
In den Kreuzzügen war es egal wie man Heiden tötete ,Hauptsache man tat es. Wenn man jedoch unter Rittern war kämpfte man mit Waffen mit denen die Kirche offiziel einverstanden war (z.b. auf Turnieren). Wie das war wenn zwei Christliche Länder sich bekriegten weis ich jedoch nicht , aber ich denke dass auch dort nur konforme Waffen benutzt wurden ,den papst will man ja nicht gerade als Feind haben.
 
Nunja auf Turnieren magst du Recht haben, denn wo sich Ritter "ritterlich" messen haben bäuerliche Waffen wie Kriegsflegel (und vor allem die Armbrust) nichts zu suchen.

Ich denke in wirklichen Kriegen war man da pragmatischer. Ein Krieg hat nichts mit "edlem Ringen" zweier Seiten zu tun, auch wenn manche Werke aus dem Mittelalter uns das Glauben machen wollten. Die Wahrheit sah, (zumindest für "normale Krieger" die nicht hoffen konnte gefangen genommen zu werden um gegen Zahlung eines Lösegeld frei gelassen zu werden) anders aus.
 
Wenn man bedenkt, wie oft die Kirche Turniere verboten hat und es nichts genützt hat, dann sieht man auch, warum das mit den Streitkolben, Kriegshämmern und Armbrüsten nicht so recht gelingen konnte...

PS:Waren Kriegshämmer nicht noch sehr viel später Statussymbole bei preußischen Husarenoffizieren?
Und wurden Kriegshämmer etc. nicht erst zu von vielen Rittern verwendeten Waffen, als es galt die schweren Plattenharnische des Spätmittelalters zu knacken? Wozu sollte man denn mit einem 4-Kilo-Streithammer auf einen leichtgerüsteten Sarazenen oder nur mit einem Kettenhemd gepanzerten Kreuzritter einprügeln?
 
Ich könnte es mir so erklären, dass Kriegshämmer, die ja aus einem Werkzeug entstanden sind, ähnlich wie Kriegsflegel, deswegen als Waffe bäuerlicher Herkunft gesehen wurden und somit unbeliebt oder belastet waren.
 
Es kann sein, dass diese Waffen nicht das Ansehen von Schwert oder Lanze hatten, geächtet waren sie m.W. aber nicht, im Gegensatz zur Armbrust, die Objekt einer päpstlichen Bulle war.

Zumindest Streitkolben waren nicht geächtet, da sie die bevorzugte Waffe von Klerikern, die mit in die Schlacht zogen, waren. Es war ihnen nämlich untersagt, Blut anderer Christen zu vergießen. Einem Gegner mit dem Streitkolben den Schädel zu zerschmettern galt aber - im Gegensatz zu Hieb- oder Stichwunden durch Schwerter oder Lanzen - als "unblutige" Tötungsart. (So zumindest eine verbreitete Ansicht, eindeutig bewiesen ist sie nicht.)

Richtig. Es gibt aber mindestens einen Beleg. Bischoff Odo von Bayeux ist auf dem Teppich mit einer Keule aus Holz dargestellt. Andere Figuren sind mit Streitkolben bewaffnet. Es ging auch so weit ich weiss nicht um das Blutvergiessen als solches, sondern um den Spruch aus Matheus 26:52: "stecke dein Schwert in die Scheide; denn wer zum Schwert greift, soll durch das Schwert umkommen."

Echte "Morgensterne" sind mir übrigens nur von den Husitten bekannt. Streitkolben und Hämmer sind jedoch weit verbreitet gewesen. Die ältesten bekannten Streithämmer kommen übrigens aus dem nahen Osten, aus der Zeit der Kreuzzüge. Im Westen haben sie sich mit der zusammen mit der Plattenrüstung verbreitet.
 

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Dass der Teppich gerne als Beleg herangezogen wird, ist mir bekannt. Er beweist aber nicht, dass das mit den Klerikern und Streitkolben generell so war. Es gibt auch Berichte über Kleriker, die sehr wohl Schwert oder Lanze führten. Eine eindeutige Vorschrift für Kleriker ist mir nicht bekannt.
 
Hat nicht Thomas von Aquin als einer der ersten gefordert, dass Kleriker nicht mehr als Kombatanten an Kriegszügen teilnehmen " ...dass den Klerikern die Teilnahme am Krieg in der Gestalt des pugnare nicht erlaubt ist, dass es ihnen aber aufgetragen sein kann, die irdischen Kriege auf höhere Güter auszurichten" entnommen aus Josef Rief, Die bellum-iustum Theorie historisch, in: Frieden in Sicherheit, Basel 1981. Bei den vorrangegangenen Werken zu der Tötungs und Kriegslegitimierungsproblematik von Augustinus Aurelius oder Isidor von Sevilla ist mir gerade keine Stelle die sich explizit auf Geistliche bezieht bewusst. Zumal Aurelius das Thema des gerechten Krieges ohnehin unstet und am Rande in vielen seiner Werke versteckt.. womit ich mich im Rahmen meiner Seminararbeit gerade auseinandersetzen kann.
 
Ich glaube nicht dass du schwer von Begriff bist ;) Das war eher im Bezug auf Raveniks Äußerung geschrieben und ist eben die erste Regelung für Kleriker im Bezug auf Kriegsführung die mir in den Sinn kam. Zumal sich Christen erst relativ spät mit der Problematik der Kriegsführung und dem Konflikt mit dem 5ten Satz des Dekalogs der damit einhergeht ausienander setzen mussten.
 
Zumal sich Christen erst relativ spät mit der Problematik der Kriegsführung und dem Konflikt mit dem 5ten Satz des Dekalogs der damit einhergeht ausienander setzen mussten.
Naja, das trifft wohl eher auf ihre Theoretiker zu. Praktisch hatten Christen sehr früh mit Kriegsführung zu tun, wenn sie in der Armee dienten. Sogar das NT enthält schon Verhaltensregeln für Soldaten - wenn auch nicht von Jesus, sondern von Johannes dem Täufer.
 
Ich denke wir können uns darauf einigen, dass Krieg und der gute alte Vatikan so eine Sache ist und sich da viele Sachen widersprechen, wie so oft mit Papa Vaticano
 
Naja, das trifft wohl eher auf ihre Theoretiker zu. Praktisch hatten Christen sehr früh mit Kriegsführung zu tun, wenn sie in der Armee dienten. Sogar das NT enthält schon Verhaltensregeln für Soldaten - wenn auch nicht von Jesus, sondern von Johannes dem Täufer.

Meine Aussage war auch eher auf die Theoretiker wie Augustinus von Hippo, Isidor von Sevilla etc. bezogen. Soldaten dürfte sehr klar gewesen sein, dass man im Krieg tötet. Allerdings ergab sich die Ausienandersetzung für die Gesamtheit des Christentums ja erst als die Anzahl an Christen in den Armeen des Weströmischen Reiches zunahm, bzw. das Christentum zur vorherrschenden Religion wurde, aber ich schweife zu sehr ab.

Aber damals ( zur Zeit von Augustinus z.B) kann man denke ich noch sehr schlecht vom Vatikan als dem Konsens der Kirche sprechen, zumal erst 590 verbindlich festgelegt wurde, dass nur der Bischof von Rom sich Papst nennen darf). Aber was kirchliche "Ächtungen" von Waffen angeht so werden die Militärs (ebenso wie die Militärs des Kalten Krieges oder des 1.WK) in erster Linie pragmatisch und "Erfolgsorientiert" gedacht haben, und dann erst im Hinblick auf moralische Grundlinien.
 
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Absolut Richtig, bei mir stand der vatikan jetzt mal stellvertretend für alles wiedersprüchliche der Kirche ;-)
 
Vor rund einhundert Jahren unterschied die Blankwaffenkunde nicht zwischen Morgensternen und Streitkolben. Einfache keulenartige Streitkolben waren ohne Zweifel Bauernwaffen, aber in den Chansons de geste tauchen Passagen auf, in denen der Held (in dem mir bekannten Fall hieß er Rainvars) ein Schwert verschmäht und lieber zum Streitkolben greift. Ab 1280 versah man die kugelförmigen oder zylindrischen Köpfe der Streitkolben mit Stacheln. Im 14. Jahrhundert wurden die Köpfe durch radial angeordnete Schlagblätter ersetzt. Bauernwaffen in ihrer kruden Form existierten weiterhin, aber auch aufwendig gearbeitete Streitkolben, die zu einer Art Rangabzeichen bedeutender Würdenträger entwickelten, sozusagen als militarisiertes Zepter. Kaiser Friedrich III. besaß einen, der im Zeughaus in Berlin aufbewahrt wurde. Aufsehen erregten Waffen immer dann, wenn sie sich als wirksam gegen ritterliche Kavallerie erwiesen, beispielsweise der Goedendag der Flamen bei Kortrijk. Manchmal wissen die Chronisten aber nicht genau, wie der Waffentyp heißt, bzw. sie beschreiben ihn allegorisch. 1262 besiegte das Aufgebot der Stadt Straßburg das aus elsässischen Rittern bestehende Heer des Straßburger Bischofs. Chronist Richerius führt den Sieg auf die "Dänenaxte" der Straßburger zurück, mit denen man Rüstungen durchdringen könnte. Allerdings waren Dänenäxte dort nicht in Gebrauch.
 
Mit Schwert und Streitkolben als Waffen verhält es sich ähnlich wie mit Schwert und Strick als Hinrichtungsmittel. Das Schwert galt als "edel" und daher als den Edelmenschen gemäß. Das heißt aber nicht, dass Keule und Strick geächtet oder wenig gebräuchlich gewesen wären - eher im Gegenteil. Mit militärischer Effizienz hat das unterschiedliche Ansehen nichts zu tun. Die Kavallerie galt auch noch als elitär, als die Artillerie schon längst für die verheerenden Verluste sorgte. Etwas ausführlicher:
Streitkolben ? Wikipedia
Ein bisschen was zum Verhältnis des frühen Christentum zum Kriegsdienst.
Pazifismus ? Wikipedia
Dass sich Kleriker vom Waffendienst fernhalten sollen, hat sich bis heute gehalten. Sie sind/waren z.B. in Deutschland nicht wehrpflichtig. Mit dem Problem hier hat das aber nichts zu tun.
 
Vor rund einhundert Jahren unterschied die Blankwaffenkunde nicht zwischen Morgensternen und Streitkolben. Einfache keulenartige Streitkolben waren ohne Zweifel Bauernwaffen, aber in den Chansons de geste tauchen Passagen auf, in denen der Held (in dem mir bekannten Fall hieß er Rainvars) ein Schwert verschmäht und lieber zum Streitkolben greift. Ab 1280 versah man die kugelförmigen oder zylindrischen Köpfe der Streitkolben mit Stacheln. Im 14. Jahrhundert wurden die Köpfe durch radial angeordnete Schlagblätter ersetzt. Bauernwaffen in ihrer kruden Form existierten weiterhin, aber auch aufwendig gearbeitete Streitkolben, die zu einer Art Rangabzeichen bedeutender Würdenträger entwickelten, sozusagen als militarisiertes Zepter. Kaiser Friedrich III. besaß einen, der im Zeughaus in Berlin aufbewahrt wurde. Aufsehen erregten Waffen immer dann, wenn sie sich als wirksam gegen ritterliche Kavallerie erwiesen, beispielsweise der Goedendag der Flamen bei Kortrijk. Manchmal wissen die Chronisten aber nicht genau, wie der Waffentyp heißt, bzw. sie beschreiben ihn allegorisch. 1262 besiegte das Aufgebot der Stadt Straßburg das aus elsässischen Rittern bestehende Heer des Straßburger Bischofs. Chronist Richerius führt den Sieg auf die "Dänenaxte" der Straßburger zurück, mit denen man Rüstungen durchdringen könnte. Allerdings waren Dänenäxte dort nicht in Gebrauch.

Bedeutet das, dass man im Mittelalter gar nicht vom Morgenstern als solchem sprechen kann? Wäre dann die angeblich unritterliche Verwendung dieser Waffen wie so vieles andere auch eine neuzeitliche Erfindung?

Die Tatsache, dass Waffen nicht immer den heutigen Namen trugen ist selbstverständlich. Vielleicht hat sich der Begriff Dänenaxt für alle Streitäxte des Hochmittelalters kurzfristig durchgesetzt.
Vielleicht war sien Ziel auch einfach die diffamierung des Bürgeraufgebots als Barbaren indem er sie mit den gefürchteten Waffen der Nordmänner in Verbindung brachte.
Ich denke einmal diese Begrifflichkeit lässt viele Schlüsse zu. Leider habe ich auf die schnelle keine deutsche Übersetzung des Werkes gefunden und kann mir deshalb kein genaues Bild machen. Mein Latein ist leider etwas bescheiden, da bin ich einfach aus der Übung.


Zu den Klerikern: Mit der steigenden verweltlichung der Kirche im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit wurden auch solche Gebote gerne überlesen/in eine bestimmte Richtung gebogen. Wenn dne Klerikern der Umgang mit dme Schwert von der bibel verboten war wurde zu anderen Waffen gegriffen, aber viel mit dem was in der Spätantike über die Einstellung der Christen zum Krieg und zum Staat geschrieben wurde hat dies wohl nicht mehr zu tun.
 
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