Die Sperre von Gibraltar durch die Punier - reale Geopolitik oder Mythos?

Außerdem: Wieso haben denn die Karthager die Straße von Gibraltar ge sperrt, wenn ohnehin niemand durchfahren wollte, weil die Route an der Küste Westeuropas entlang so gefährlich und gefürchtet gewesen sei? Die Karthager selbst, zumindest Himilko, haben die Route jedenfalls befahren.
Die Sperre Gibraltars geschah wohl eher mit Blick auf die Südroute nach Westafrika.
Hanno der Seefahrer ? Wikipedia
 
Zudem, das darf man in diesem Zusammenhang nicht vergessen, hatte zum Zeitpunkt der Reise Karthago die Straße von Gibraltar für fremde Schiffe gesperrt.

Ich halte die Sperre der Straße von Gibraltar nach wie vor für einen Mythos. Es gelingt selbst heute mit Motorschiffen, Hubschraubern und Radar der spanischen Küstenwache nur mit Hilfe der Marokkaner Drogenhandel und undokumentierte afrikanische Einwanderer einzudämmen. Wie hätten die Karthager mit Muskelkraft gegen Muskelkraft und ohne technische Hílfsmittel die Meerenge schließen sollen?
 
Ich halte die Sperre der Straße von Gibraltar nach wie vor für einen Mythos. Es gelingt selbst heute mit Motorschiffen, Hubschraubern und Radar der spanischen Küstenwache nur mit Hilfe der Marokkaner Drogenhandel und undokumentierte afrikanische Einwanderer einzudämmen. Wie hätten die Karthager mit Muskelkraft gegen Muskelkraft und ohne technische Hílfsmittel die Meerenge schließen sollen?
Das ist nicht vergleichbar.

Ein modernes Schmugglerschiff kann innerhalb weniger Stunden die Meerenge überqueren. Es hat gute Ortskenntnisse, kann nachts fahren und die Küstenwache hat nur ein kleines Zeitfenster, um es zu entdecken und abzufangen. Und die Schmuggler haben natürlich an Land auf beiden Seiten Unterstützer und Versteckmöglichkeiten.

Die Karthager haben dagegen damals beide Landseiten kontrolliert - jedenfalls soweit, daß ein potentieller griechischer Blockadebrecher von Land nicht auf Hilfe rechnen kann. Der Blockadebrecher muß parallel zur Küste fahren, über eine recht lange Strecke - das "Sperrgebiet" umfaßt ja nicht nur die direkte Linie zwischen Gibraltar und Ceuta, sondern im Prinzip das ganze andalusische Küstengebiet. Soweit ich mich erinnere, kann man von erhöhten Aussichtspunkten an der Küste das komplette Gebiet der Straße und des angrenzenden Mittelmeers/Atlantiks übersehen.
Zwischen Marbella und Cadiz dürfte ein frühantikes Schiff je nach Wind- und Strömungsverhältnissen vielleicht 4 bis 8 Tagesetappen gebraucht haben. Viel Zeit also für die Karthager, das Schiff aufzubringen.

Ein einzelnes, schnelles Schiff könnte es im Ausnahmefall wohl schon schaffen, eine solche Blockade zu überwinden. Aber ich kann mir niemand vorstellen, der in dieser frühen Zeit die Ressourcen aufbringt, um eine so riskante Mission durchzuführen.

Für die normale Handelsschiffahrt dagegen war die Gegnerschaft der Karthager gegen eine Passage schon ausreichend Risiko, um es gar nicht erst zu versuchen. Wahrscheinlich war gar keine echte "Blockade" im Sinne späterer Zeiten nötig (also mit speziellen patroullierenden Kriegsschiffen).
Es könnte schon gereicht haben, daß die Karthager alle wesentlichen Häfen kontrollierten und genügend Schiffe in der Region hatten, um Fremde zu kapern, sobald diese in Sichtweite kamen.
 
Das ist nicht vergleichbar.

Ein modernes Schmugglerschiff kann innerhalb weniger Stunden die Meerenge überqueren. Es hat gute Ortskenntnisse, kann nachts fahren und die Küstenwache hat nur ein kleines Zeitfenster, um es zu entdecken und abzufangen. Und die Schmuggler haben natürlich an Land auf beiden Seiten Unterstützer und Versteckmöglichkeiten.

Ich habe nicht nur von den Drogenhändlern gesprochen, sondern auch von den illegalen Einwanderern. Und die kommen meist auf kaum seetauglichen pateras.

Die Karthager haben dagegen damals beide Landseiten kontrolliert - jedenfalls soweit, daß ein potentieller griechischer Blockadebrecher von Land nicht auf Hilfe rechnen kann.

Haben die Karthager das? Oder sagen wir mal die Punier? Wie haben die Städte untereinander kommuniziert, beide Küsten sind gebirgig, voneinander sind sie an der engsten Stelle 13 km entfernt.


Der Blockadebrecher muß parallel zur Küste fahren, über eine recht lange Strecke - das "Sperrgebiet" umfaßt ja nicht nur die direkte Linie zwischen Gibraltar und Ceuta, sondern im Prinzip das ganze andalusische Küstengebiet. Soweit ich mich erinnere, kann man von erhöhten Aussichtspunkten an der Küste das komplette Gebiet der Straße und des angrenzenden Mittelmeers/Atlantiks übersehen.

Ein kleines Schiff mittem im Meer siehst du kaum. Von Andalusien aus sichtbar und das auch nur von einem kurzen Küstenaschnitt bei klarer Sicht, ist der Abschnitt von Ceuta (die griechische Gründung Hepta Adelphia!) bis zum Kap Spartel, das ist ein etwa 50 km langer Streifen.

Was von der anderen Seite von Andalusien zu sehen ist, weiß ich nicht genau. Ich schätze so etwa vom Kap Trafalgar bis nach Gibraltar, was ebenfalls etwa 50 km Luftlinie entspricht. Trotzdem bleibt das Problem, dass man 1) ein Schiff erst einmal sichten muss - selbst die 13 km an der engsten Stelle sind gar nicht mal so wenig, meist sind es mehr - 2) es als feindlich identifizieren muss, 3) die ausreichende Menge an Kriegsschiffen bemannen und ins Wasser bringen muss und 4) das Schiff auch stellen muss.

Die von Silesia angeführte Düsenwirkung des in das Mittelmeer einströmenden Oberflächenwassers dürfte das Hauptproblem gewesen sein. Aber gegen dieses hätten auch etwaige Verfolger zu kämpfen gehabt.

Zwischen Marbella und Cadiz dürfte ein frühantikes Schiff je nach Wind- und Strömungsverhältnissen vielleicht 4 bis 8 Tagesetappen gebraucht haben. Viel Zeit also für die Karthager, das Schiff aufzubringen.

Zur fraglichen Zeit gab es längst Biremen.

Ein einzelnes, schnelles Schiff könnte es im Ausnahmefall wohl schon schaffen, eine solche Blockade zu überwinden. Aber ich kann mir niemand vorstellen, der in dieser frühen Zeit die Ressourcen aufbringt, um eine so riskante Mission durchzuführen.

Schifffahrt war riskant.

Wie gesagt, es gelingt selbst heute mit Hubschraubern, Grenzzäunen, Schnellbooten, Nachtsichtgeräten und Radar nicht, die Straße von Gibraltar zu kontrollieren.
 
@El: Ein kleines Schiff mittem im Meer siehst du kaum. Von Andalusien aus sichtbar und das auch nur von einem kurzen Küstenaschnitt bei klarer Sicht, ist der Abschnitt von Ceuta (die griechische Gründung Hepta Adelphia!) bis zum Kap Spartel, das ist ein etwa 50 km langer Streifen.
13 km sind an für sich nix. Aber wegen der Strömung musste man sich wohl für eine Seite entscheiden, wo man dann küstennah durchrutschte. Es war ganz sicher für Karthago nicht erforderlich, ständig Schiffe in Abfangposition auf See zu halten.
Wie gesagt, es gelingt selbst heute mit Hubschraubern, Grenzzäunen, Schnellbooten, Nachtsichtgeräten und Radar nicht, die Straße von Gibraltar zu kontrollieren.
Das ist eine ganz andere Geschichte.

Wir hatten doch schonmal einen Thread betr. Sichtweiten auf See.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zwischen Marbella und Cadiz dürfte ein frühantikes Schiff je nach Wind- und Strömungsverhältnissen vielleicht 4 bis 8 Tagesetappen gebraucht haben. Viel Zeit also für die Karthager, das Schiff aufzubringen.

Laut Plinius brauchte ein Schiff von Cádiz nach Ostia sieben Tage:

herbam esse quae Gadis ab Herculis columnis septimo die Ostiam adferat et citeriorem Hispaniam quarto, provam Narbonensem tertio, Africam altero, quod etiam mollissimo flatu contigit C. Flavio legato Vibi Crispi procos.? audax vita, scelerum plena! aliquid seri, ut ventos procellasque capiat,
 
13 km sind an für sich nix. Aber wegen der Strömung musste man sich wohl für eine Seite entscheiden, wo man dann küstennah durchrutschte. Es war ganz sicher für Karthago nicht erforderlich, ständig Schiffe in Abfangposition auf See zu halten.
Das ist eine ganz andere Geschichte.

Wir hatten doch schonmal einen Thread betr. Sichtweiten auf See.

Das war es aber auch nicht, wenn man davon ausgeht, dass die angebliche Sperre der Meerenge durch die Karthager ein römischer Mythos ist. Die Existenz einer griechischen Siedlung - Ceuta - am Eingang der Meerenge (aus Sicht des Mittelmeers) spricht ganz deutlich gegen die Wahrhaftigkeit dieses Mythos. Darüber hinaus gibt es Vermutungen, dass es in der Provinz Málaga - Mainake, sowie an der portugiesischen Algarve und im Raum Lissabon griechische Kolonien oder Rastplätze gab.
 
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Die Straße von Gibraltar war im weiteren und näheren Umkreis dicht von punischen Kolonien umgeben: Gades, Kaine und Malaca auf europäischer Seite, Abyle und Tingis auf afrikanischer. Das lässt vermuten, dass die Karthager diesem Flaschenhals und der Ausgangspforte aus dem Mittelmeer ganz besondere Aufmerksamkeit widmeten. Und das wird sich besonders erstreckt haben auf die Kontrolle ausfahrender Schiffe und vielleicht auch auf die Erhebung von Zöllen. Bestimmt aber werden die Karthager die Beherrschung der Straße von Gibraltar für ihre machtpolitischen Zwecke ausgenutzt haben.
 
Laut Plinius brauchte ein Schiff von Cádiz nach Ostia sieben Tage:

Solche Angaben der antiken Schriftquellen sind immer spannend.

1. Die direkte Distanz sind rd. 1650 km. bzw. 900 sm, also gut 1000. Das wären 6 Knoten im Schnitt, keine küstennahe Fahrten, Tag und Nacht. Das ist nur ein theoretischer Wert, den man um einen Faktor erhöhen muss.

2. Beim küstennahen Weg kann man das Ergebnis von 1. nochmal verdoppeln, bei nächtlichen Pausen vervierfachen.
 
Es gab zwei Hauptrouten zwischen Cádiz und Ostia, die über die Balearen und die über Afrika und Sizilien.
 
Das war es aber auch nicht, wenn man davon ausgeht, dass die angebliche Sperre der Meerenge durch die Karthager ein römischer Mythos ist. Die Existenz einer griechischen Siedlung - Ceuta - am Eingang der Meerenge (aus Sicht des Mittelmeers) spricht ganz deutlich gegen die Wahrhaftigkeit dieses Mythos. Darüber hinaus gibt es Vermutungen, dass es in der Provinz Málaga - Mainake, sowie an der portugiesischen Algarve und im Raum Lissabon griechische Kolonien oder Rastplätze gab.
Falls es bei Ceuta wirklich eine griechische Stadt gab, wurde sie aber spätestens im 4. Jhdt. von den Karthagern erobert. Malaga war eine phönizische Gründung. Gibt es eigentlich irgendwelche Beweise für griechische Kolonien außerhalb der Säulen des Herakles?
 
13 km sind an für sich nix. Aber wegen der Strömung musste man sich wohl für eine Seite entscheiden, wo man dann küstennah durchrutschte. Es war ganz sicher für Karthago nicht erforderlich, ständig Schiffe in Abfangposition auf See zu halten.
Das ist eine ganz andere Geschichte.

Wir hatten doch schonmal einen Thread betr. Sichtweiten auf See.

13 km sind es an der engsten Stelle, bei der Isla de las Palomas. Also punktuell. Die Meerenge ist nicht in ihrer gesamten Breite so schmal. Östlich und westlich der Isla de las Palomas entfernt sich die Küste jeweils nach Norden, wohingegen das marokkanische Gegenstück sich wie ein Aktivenkurs von Osten (Ceuta) nach Westen (Kap Spratel) leicht südlich zurückzieht.
 
Falls es bei Ceuta wirklich eine griechische Stadt gab,

Der heutige Name der Stadt trägt den der griechischen Kolonie noch in sich:
Hepta Adelphia (Sieben Brüder) wurde von den Römern übersetzt nacht Septem Fratres. Arabisch verkürzt zu Sabta/Sebta. Im Altportugiesischen und Altspanischen hat man b und v/u nicht unterschieden, daher die Schreibung Çeuta/Ceuta
wurde sie aber spätestens im 4. Jhdt. von den Karthagern erobert.
Und seit dem 6. Jahrhundert soll angeblich die Straße von Gibraltar durch die Karthager gesperrt gewesen sein.
Malaga war eine phönizische Gründung.

Natürlich war Málaga eine phönizische Gründung, aber nicht Mainake.

Gibt es eigentlich irgendwelche Beweise für griechische Kolonien außerhalb der Säulen des Herakles?
Beweise wohl nicht, deshalb sprach ich von Vermutungen. Ich besitze (oder besaß, ich habe ihn vor drei Jahren verliehen) einen spanischen Geschichtsatlas, indem diese eingetragen sind, allerdings als hypothetisch, teilweise aber mit den griechischen Namen versehen.
 
Falls es bei Ceuta wirklich eine griechische Stadt gab, wurde sie aber spätestens im 4. Jhdt. von den Karthagern erobert. Malaga war eine phönizische Gründung. Gibt es eigentlich irgendwelche Beweise für griechische Kolonien außerhalb der Säulen des Herakles?

Wie ich oben bereits sagte, war die Straße von Gibraltar nur von punischen Kolonien umgeben: Gades, Kaine und Malaca auf europäischer Seite, Abyle und Tingis auf afrikanischer. Der griechische Gründungsversuch Mainake unmittelbar östlich von Malaca scheiterte.
 
Der griechische Gründungsversuch Mainake unmittelbar östlich von Malaca scheiterte.


Offenbar so gründlich das Strabo Jahrhunderte später noch seine Ruinen kannte und den Namen nennen konnte? Und dass Avienus den Ort in seinem auf einen griechischen Periplus zurückgehenden Gedicht Ora Maritima noch nennen konnte?
 
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Offenbar so gründlich das Strabo Jahrhunderte später noch seine Ruinen kannte und den Namen nennen konnte? Und dass Avienus den Ort in seinem auf einen griechischen Periplus zurückgehenden Gedicht Ora Maritima noch nennen konnte?

Nach Strabon 3,4,2 war Mainake eine nicht mehr bestehende phokäische Kolonie. Der Archäologe Schulten hat ihre Lage westlich von der Mündung des Vélez festgestellt auf dem Hügel Cerro de Penón.

Daraus wurde folgende Wahrscheinlichkeit abgeleitet: Mainake wurde im 7. Jh. von den Phokäern gegründet und stand in engen Beziehungen zu Tartessos, das sich die Flußinsel mit dem Heiligtum der Noctiluca reservierte. Zusammen mit Tartessos wurde es von den Karthagern zerstört. [1]

[1] Lexikon der Antike, Bd. 3, S. 901
 
Eine rein theoretische Überlegung.

Wenn ich hier die auf See erreichten Reisezeiten sehe, rund um die iberische Halbinsel sind es anscheinend ca. 3.000 km, vom Gold du Lion zur Girondemündung 500 km, davon die Hälfte ab Toulouse schiffbar.
Die nautischen Voraussetzungen für den Atlantik./.Mittelmeer darf man auch nicht unterschätzen.

Scheint mir der Aufwand für die Sperrung des Seeweges in die Biscaya für fast zu hoch.

Aber, wie gesagt reine Theorie.
 
Scheint mir der Aufwand für die Sperrung des Seeweges in die Biscaya für fast zu hoch..

Der Begriff "Sperrung" ist sicherlich zu absolut. Aber angesichts von 5 (!) punischen Kolonien rund um Gibraltar auf europäischer und afrikanischer Seite muss man zumindest von einer partiellen Kontrolle der durchlaufenden Schiffe und einer möglichen Erhebung von Zöllen ausgehen. Man kann vermuten, dass karthagische Kriegsschiffe fremde Schiffe bereits eine gewisse Entfernung vor Gibraltar abfingen. Angesichts der Tatsache, dass die Region fest in karthagischer Hand war, dürfte eine Kontrollfunktion unproblematisch gewesen sein.
 
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