Schilde an den Drachenbooten

huski

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Darstellungen von "Wikingerschiffen" zeigen immer wieder, dass die Rundschilde der Krieger außen an der Bordwand angebracht wurden.
Seit langem frage ich mich was davon zu halten sein soll. :grübel:
Man liest hier und da davon, dass es dem Schutz diene wobei sich mir die Frage stellt, dem Schutz wovor?
Bei einem Seegefecht, in dem die Boote parallel zu einander ausgerichtet und sogar mit einander vertäut wurden, wäre der Schild in den Händen des Kämpfers wesentlich effektiver gewesen, zumal die Boote ja sehr flach und niedrig waren. Schützten sie die Ruderer vielmehr vor der Gischt oder wie ist das zu verstehen?
Meine Vermutung ist ja eine wesentlich unromantischere;
Platz war auf einem Drachenboot Mangelware und alles was dort nicht unnötig herumlag war schon ein kleiner Erfolg.
Da ein Rundschild, und in diesem Fall ja mehrere, einiges an Platz wegnehmen würden und bei der Fahrt selbst, völlig nutzlos waren, schien es eine vernünftige Idee sie einfach nach "draußen" zu verlagern.

Um weitere Gedanken zu dem Thema wäre ich sehr dankbar!
 
Sind die Dinger am Schiff nachgewiesen in Form einer Aufhängung am Schiff oder textlichen Erwähnung?
Ich frage mich was für Schilde es waren, bei einfachen Varianten aus einer Lage Holz sehe ich kein Problem, die dort zu befestigen, aber bei Kompositbauweisen Leder oder Textillagen eventuell geklebt und feines Metall zu verzierung, sehe ich bei Salzwasser/Schlechtwetter über mehrere Tage reines Gift für die Schilde.
 
Genau das gilt es ja herauszufinden.
In meiner, zugegebener Maßen flüchtigen, Auseinandersetzung mit der Konstruktionsweise der Boote wird nirgends explizit erwähnt, dass die Schilde essentieller Bestandteil der Ausrüstung waren.
Es ist daher davon auszugehen, dass für sie nicht unbedingt eine eigens dafür vorgesehene Halterung existierte.
Dies deckt sich auch mit den Überresten jener Boote die die Archäologie gesichtet hat weshalb ich zunehmend den Verdacht habe, dass es sich bei dieser Geschichte um eine Art "Hörnerhelm-Phänomen" handelt.
Vielleicht ist dieses darauf zurück zu führen, dass mittelalterliche Darstellungen die Krieger an Bord so dicht bei einander und in voller Kampfmontur darstellten, dass es den Anschein hatte die Schilde hingen außen.
Dabei hätte die Schildwand lediglich der Darstellung der Kampfstärke des Schiffs gedient.
Ach, ich weiß es doch auch nicht...
 
Die Scilde wurden während der Fahrt hereingenommen, denn sie hinderten das Rudern.
Also ein ornamentaler Schmuck bei der Ausfahrt, sowas wie wenn auf einem Schiff alle möglichen Fahnen gesetzt wurden, nur damit es schmuck ausschaut?

In den Bilderbüchern meiner Jugend hingen die Schilde immer dran bei den Kriegsschiffen der Wikinger.:weinen:
 
Dies deckt sich auch mit den Überresten jener Boote die die Archäologie gesichtet hat weshalb ich zunehmend den Verdacht habe, dass es sich bei dieser Geschichte um eine Art "Hörnerhelm-Phänomen" handelt.
Vielleicht ist dieses darauf zurück zu führen, dass mittelalterliche Darstellungen die Krieger an Bord so dicht bei einander und in voller Kampfmontur darstellten, dass es den Anschein hatte die Schilde hingen außen.
Die Schilde der Normannen (keine Wikinger) werden ja auf dem Teppich von Bayeux auch sehr präsent auf den Schiffen dargestellt: The Crossing - Scene 2
 
Genau das gilt es ja herauszufinden.
In meiner, zugegebener Maßen flüchtigen, Auseinandersetzung mit der Konstruktionsweise der Boote wird nirgends explizit erwähnt, dass die Schilde essentieller Bestandteil der Ausrüstung waren.
Doch, das waren sie. In den frühesten norwegischen Gesetzen wird ein Waffenapell am Schiff angeordnet, bei dem die Waffen vorzuzeigen waren. Da wird auch die Konstruktion des Schildes vorgeschrieben.
Es ist daher davon auszugehen, dass für sie nicht unbedingt eine eigens dafür vorgesehene Halterung existierte.
Die Verdickung der obersten Seitenplanke wird als Halterung für die Schilde interpretiert ( A.W. Brøgger und Haakon Shetelig: Vikingeskipene. Deres forgjengere og etterfølgere. (Wikingerschiffe. Deren Vorläufer und Nachfolger). Oslo 1950.)

Dies deckt sich auch mit den Überresten jener Boote die die Archäologie gesichtet hat weshalb ich zunehmend den Verdacht habe, dass es sich bei dieser Geschichte um eine Art "Hörnerhelm-Phänomen" handelt.
Das mit den Hörnerhelmen ist eine ganz eigene Sache. Denn die gab es ja wirklich. In Mainz sind im römisch-germanischen Museum Pressbleche zu besichtigen, die Krieger mit Hörnerhelmen darstellen. Nur handelte es sich dabei offenbar um Zeremonialhelme. Es kann sich aber auch um einen Übertragungsfehler handeln: "Hornhelme" = Helme aus Hornplatten. Die sind archäologisch nachgewiesen.

Also ein ornamentaler Schmuck bei der Ausfahrt, sowas wie wenn auf einem Schiff alle möglichen Fahnen gesetzt wurden, nur damit es schmuck ausschaut?
Nö, eifach ein Aufbewahrungsort im Hafen.

Die Schilde der Normannen (keine Wikinger) werden ja auf dem Teppich von Bayeux auch sehr präsent auf den Schiffen dargestellt: The Crossing - Scene 2
Das ist ne andere Baustelle. Langschilde wurden nie außen angebracht. Hier geht es um Rundschilde.
 
Nö, einfach ein Aufbewahrungsort im Hafen.

Ach wie schade, ich bin ja auch "Wickie"-gepægt, obwohl bei mir in Norwegen die Schiffe quasi vor der Haustuer liegen/lagen.

Komisch finde ich es aber schon:
Man staut die Schilde also ein, weil man keinen Platz an der Bordwand hat (weil's das Rudern behindert), hængt die im Hafen aber pløtzlich dran - um sie beim Verlassen des Hafens schnell wieder abzumachen. Kann man sie dann nicht gleich im Schiff liegen lassen?
Sind die Schilde wirklich im Weg beim Rudern? Die Idee ist doch eigentlich gut, auch beim Angriff auf feindliche Schiffe - sie erhøhen ja quasi die Bordwand nochmal und geben damit zusætzlichen Schutz - wenn sie denn nicht im Weg wæren. So ganz leuchtet es mir nicht ein, dass es nicht gehen sollte.
Hat jemand gute Bilder, die das plausibler machen oder womøglich widerlegen?

Gruss, muheijo
 
Und was hat das für einen Sinn? Wenn ich im Hafen bin, kann ich doch auch mein Gerödel mitnehmen.
Wohin? Es handelt sich doch um Bauernkrieger, die von weit her kommen. Auf dem Schiff wurde ein Zelt errichtet. Darunter hat man geschlafen (selten an Land). Das "Gerödel" war und blieb an bord.
 
Halten wir mal kurz fest:
Fingalo sagt es gab durchaus Halterungen an der Bordwand und die Schilde wurden auch dort angebracht, allerdings nicht bei der Fahrt selbst.
Letzteres wegen der eingeschränkten Möglichkeit die Ruder zu bewegen.

Gehe ich also recht in der Annahme, dass die äußere Anbringung der Schilde
also tatsächlich dem Platzsparen bei Übernachtung auf dem Schiff diente?

Was ich jedoch tatsächlich nicht begreife; man muss doch davon ausgehen, dass jeder Krieger mehrere Schilde mit sich führte, denn diese waren mit Sicherheit einer kurzen Lebensdauer unterzogen.
Würde es da so viel ausmachen, wenn man pro Mann nur eines dieser Schilde nach draußen hängt?
 
man muss doch davon ausgehen, dass jeder Krieger mehrere Schilde mit sich führte, denn diese waren mit Sicherheit einer kurzen Lebensdauer unterzogen.
Ich zitiere mal aus dem Gulathingslov Kap. IX: Der Mann soll haben eine Breitaxt und einen Speer und einen Schild, über den bei geringstem Aufwand drei Eisenbänder quer übergelegt und der Handgriff angenagelt ist mit Eisennägeln.
Aus dem Frostathingslov Kap. VII: Ein Bogen soll bei jeder Ruderbank liegen; den sollen die beiden Bankgenossen beschaffen, die ausfahren, und die Sehne dazu, oder einen Øre büßen, und sie sollen trotzdem den Bogen beschaffen. Und zwei Dutzend Pfeile, Schaftpfeile oder Pfeile mit Eisenspitze, die sollen die Bonden beschaffen, ein halber Øre Strafe für jeden fehlenden Pfeil und sechs Øre für die zwei Dutzend Pfeile. Jeder Jungmann soll Schild und Speer und ein Schwert oder eine Axt haben. Und die Äxte gelten als vorschriftsmäßig, die geschäftet sind, und die Speere, die geschäftet sind. Und wenn ihm ein Stück dieser Bewaffnung fehlt, da liegt eine Strafe von drei Øre darauf, und wenn ihm alles fehlt, darauf liegt eine Strafe von neun Øre, und er sei ohne Bußanspruch, bis er sich die Waffen verschafft hat. … Jeder Holzschild soll vorschriftsmäßig sein, über den drei Querbänder aus Eisen gelegt sind, und der einen Handgriff auf der Innenseite hat.“
Man hatte nur einen Schild.
 
Also nur so ein gedanklicher Einwurf, aber 1. wo sollten die Schilde aufbewahrt werden? Und 2. was schützt die Mannschaft z.B. vor Bogenbeschuß, wenn durch die Schilde die Bordwand leicht erhöht wird. Übrigens hat man bis zum Ende der Segelschiffära die Bordwände mit allerlei leichtem Materieal "verlängert" um die Mannschaft zu schützen ...
 
Also nur so ein gedanklicher Einwurf, aber 1. wo sollten die Schilde aufbewahrt werden? Und 2. was schützt die Mannschaft z.B. vor Bogenbeschuß, wenn durch die Schilde die Bordwand leicht erhöht wird. Übrigens hat man bis zum Ende der Segelschiffära die Bordwände mit allerlei leichtem Materieal "verlängert" um die Mannschaft zu schützen ...
Verstehe ich jetzt nicht ganz. Während des Kampfes hingen die Schilde doch gar nicht an der Bordwand.
 
Verstehe ich jetzt nicht ganz. Während des Kampfes hingen die Schilde doch gar nicht an der Bordwand.

Du sagtest, wæhrend der Fahrt wæren sie "im"/auf dem Schiff untergebracht, weil sie beim Rudern hinderlich gewesen seien. Das scheint hier Købis und mir nicht einleuchtend. Siehe auch mein Post von heute um 15.11

Gruss, muheijo
 
Burkhard Pieske hat in seinem Buch "Expedition Wiking-Saga" dazu Stellung bezogen. Er meinte das die Schilde im Seegang kaputt gingen, als er es mit einem Nachbau eines Wikingerschiffes versuchte. Sie haben wohl auch keinen Schutz vor der Gischt geboten. Kann mir vorstellen das man sie zu Paketen verpackt hat und in der nähe des Mastes gelagert hat.
Die Schilde an der Bordwand sollten wohl die Kampfbereitschaft der Mannschaft ausdrücken, und potentielle Gegner erschrecken. Das war ja wohl auch der Sinn der Drachenköpfe.

Apvar
 
Du sagtest, wæhrend der Fahrt wæren sie "im"/auf dem Schiff untergebracht, weil sie beim Rudern hinderlich gewesen seien. Das scheint hier Købis und mir nicht einleuchtend. Siehe auch mein Post von heute um 15.11

Gruss, muheijo
Das ist jetzt ohne Zeichnung nur schwer zu erklären: Im Schiff ist es eng. Die Mannschaft wohnt sozusagen auf dem Schiff unter einem Zelt. Unter den Ruderbänken sind die Kisten mit den persönlichen Habseligkeiten. Zwischen den Ruderbänken wird geschlafen. Während der Fahrt sitzt jeder auf seinem Platz, auch die Ablösung. Auf See werden die Schilde nicht gebraucht. Sie werden verstaut. Ein Umhergehen ist so gut wie unmöglich. Aber sobald man vor Anker gegangen ist und kein Kampf zu erwarten ist, kommt Bewegung in die Mannschaft. Da ist es schon mal gut, diese sperrigen Schilde raushängen zu können. Platz ist in einem Schiff eine knappe Ressource.
 
Die außenbords eingehängten Schilde sind keine nordische Erfindung . Bereits in der Antike bewahrten die Ruderer ihre Schilde so auf und sie waren gleichzeitig ein Schutz für ihre Köpfe. Bei einem Seegefecht konnten sie während des Ruderns die Schilde nicht in der Hand halten um sich vor feindlichem Pfeilbeschuss zu schützen. Folglich wurden sie an der Bordwand befestigt.
Bei den Wikingern wird das nicht anders gewesen sein. Weshalb sollten die Schilde beim rudern stören? Wenn zwischen ihnen eine entsprechende Lücke für den Riemen bleibt sind sie nicht hinderlich.

Auf diesem antiken Tonmodell eines hellenistischen Kriegsschiffes sind die außen angebrachten Schilde gut zu erkennen.
Die zweite Abbildung stammt aus Sparta
 

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Die außenbords eingehängten Schilde sind keine nordische Erfindung . Bereits in der Antike bewahrten die Ruderer ihre Schilde so auf und sie waren gleichzeitig ein Schutz für ihre Köpfe. Bei einem Seegefecht konnten sie während des Ruderns die Schilde nicht in der Hand halten um sich vor feindlichem Pfeilbeschuss zu schützen. Folglich wurden sie an der Bordwand befestigt.
Bei den Wikingern wird das nicht anders gewesen sein. Weshalb sollten die Schilde beim rudern stören? Wenn zwischen ihnen eine entsprechende Lücke für den Riemen bleibt sind sie nicht hinderlich.

Doch, bei den Wikingern wird das sehr wohl anders gewesen sein, denn ein Drachenboot ist keine antike Galeere.
Der Schiffskampf lief, wie ich in meinem ersten Beitrag bereits grob umrissen habe, komplett anders ab.
Alleine der Platz auf dem Boot hätte gleichzeitiges Rudern und Bogenschiessen unmöglich gemacht, was wohl auch für den Feind anzunehmen ist, der ja größtenteils aus anderen Drachenbootmannschaften bestand.
Fingalos Beschreibung ergibt für mich nun immer mehr Sinn, deshalb noch einmal; Bei der Ruderfahrt waren die Schilde an Bord, weil sie sonst gestört hätten oder aber durch das Salzwasser arg in Mitleidenschaft gezogen worden wären. Beim Gefecht trugen die Krieger die Schilde, denn ihr Schutz an der äußeren Bordwand hätte einfach keinen Sinn gemacht, das ergibt sich aus der Kampfweise sowie der Konstruktion der Boote.
Wenn man jedoch nicht ruderte, also zum Beispiel einfach innehielt oder bei ruhigem Seegang segelte, oder eben irgendwo anlandete, dann wurden die Schilde nach draußen verlegt um die Bewegung an Bord zu erleichtern.
Eigentlich ganz logisch. :yes:
 
Doch, bei den Wikingern wird das sehr wohl anders gewesen sein, denn ein Drachenboot ist keine antike Galeere.
Der Schiffskampf lief, wie ich in meinem ersten Beitrag bereits grob umrissen habe, komplett anders ab.
Alleine der Platz auf dem Boot hätte gleichzeitiges Rudern und Bogenschiessen unmöglich gemacht, was wohl auch für den Feind anzunehmen ist, der ja größtenteils aus anderen Drachenbootmannschaften bestand.
Fingalos Beschreibung ergibt für mich nun immer mehr Sinn, deshalb noch einmal; Bei der Ruderfahrt waren die Schilde an Bord, weil sie sonst gestört hätten oder aber durch das Salzwasser arg in Mitleidenschaft gezogen worden wären. Beim Gefecht trugen die Krieger die Schilde, denn ihr Schutz an der äußeren Bordwand hätte einfach keinen Sinn gemacht, das ergibt sich aus der Kampfweise sowie der Konstruktion der Boote.
Wenn man jedoch nicht ruderte, also zum Beispiel einfach innehielt oder bei ruhigem Seegang segelte, oder eben irgendwo anlandete, dann wurden die Schilde nach draußen verlegt um die Bewegung an Bord zu erleichtern.
Eigentlich ganz logisch. :yes:
Wieso sollen die Feinde der Wikinger ausschließlich Drachenboote verwendet haben? Sie befuhren schließlich auch Flüsse und konnten von Land aus mit Pfeilen attakiert werden. Außerdem befand sich ihr Wirkungskreis auch außerhalb der nördlichen Gewässer und im Mittelmeer hatten sie vollkommen andere Schiffstypen als Gegner. Für mich machen die Schilde an den Bordwänden, neben dem Platzmangel nur als Schutz für die Ruderer, die wie auf meiner Skizze vollkommen dahinter verschwanden Sinn. Gerudert wurde ausschließlich bei ruhiger See und die Schilde waren dann auch viel weniger dem Wasser ausgesetzt als unter Segeln wo durch den Wind auch der Wellengang größer war.
Übrigens waren antike Schiffe keine Galeeren. Diese gab es erst ab dem 11. Jh. und waren durch ein vollkommen geschlossenes Deck, auf dem die Ruderer platziert waren gekennzeichnet. In der Antike saßen die Ruderer ebenso wie bei den Langschiffen der Wikinger im Inneren des Rumpfes.
 

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