Was meinte Walther Rathenau mit dem unten genannten Zitat?

Pancake115

Neues Mitglied
Walther Rathenau hatte mal gesagt:
,,Wenn ich mich jetzt unter den Linden aufstelle und rufe: Hoch die große alte Zeit! Hoch bismarck, hoch kaiser und reich!, dann werde ich vielleicht verhaftet, die männer aber blicken mich mit Rührung an, und die Frauen werfen mir kusshändchenzu. Schreie ich jedoch: Hoch die Republik!, so lacht alles.''

Also das ist ein Zitat von Rathenau, zum Thema Weimarer Republik. Ich wollte jetzt fragen, was für eine Stimmung der bevölkerung er damit ausdrückt und warum? Danke im Voraus :winke:
 
Versuch die Frage doch mal selber zu beantworten. Was bedeuten die Ausrufe denn und in welcher Situation hätte er sie gemacht? Das ist nicht so schwer.
 
Und wo, welche Linden? Oder ist ein Ort gemeint? Oder gar eine Straße? Wenn ja, dann versuch doch mal nach zu gucken welche Symbolik gemeint ist.

Apvar
 
Ein Gros der Beiträge, die nur noch auf der Metaebene sich abspielten, wurden gelöscht, um zum Kern zurückzukommen.
 
Erst einmal muß ich sagen, dass mich das Zitat doch sehr zum schmunzeln bringt. Es hatte das damalige Lebensgefühl auf den Punkt gebracht.
Die Bevölkerung war leider nicht sehr begeistert von der Weimarer Republik, obwohl man ja bis zum Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 durchaus eine konstitutionelle Demokratie mit noch mehr Volksbeteiligung wollte. Spätestens nach diesem Krieg wurde die Bevölkerung aber monarchisch konservativer, demokratischere Züge waren nicht mehr so gefragt. Die "da oben" würden es schon richten. Leider merkte man diese Züge eben nach dem Zerfall des monarchischen Systems im Deutschen Reich. Zumal viele gar keine "reine" Demokratie wollten.
Hinzu kamen natürlich die Belastungen durch die Reparationszahlungen, die psychischen Probleme eines verlorenen Krieges, verlorenen Selbstbewußtseins und verlorener Gebiete, welche ein "Opfer" für den Aggresionsabbau nötig zu machen schienen. Die Weimarer Republik hatte mit alldem stark zu kämpfen. Hinzu kam, dass die Deutschen demokratisch noch sehr unerfahren waren. So hatte der Reichspräsident beispielsweise die Rechte eines Kaisers. Besser wußte man sich noch nicht zu helfen.
Hier geht es ja nur ca. um die Zeit bis 1922. Rathenau wurde dann ja ermordet, also fange ich mal nicht mit Hindenburg und der Weltwirtschaftskrise an.

Noch etwas persönliches :): Schade, um die Weimarer Republik.
 
Erst einmal muß ich sagen, dass mich das Zitat doch sehr zum schmunzeln bringt. Es hatte das damalige Lebensgefühl auf den Punkt gebracht.

Ein Hinweis: Rathenau spricht hier mE bestimmte Gruppen an.

In den Umständen 1919/22 hat bestimmte Teile der Bevölkerung mehr interessiert, was zum Beißen auf dem Tisch stand, und große Teile der Arbeiterschicht haben dem Kaiserreich sicher auch nicht nachgetrauert.
 
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Ein Hinweis: Rathenau spricht hier mE bestimmte Gruppen an.

In den Umständen 1919/22 hat bestimmte Teile der Bevölkerung mehr interessiert, was zum Beißen auf dem Tisch stand, und große Teile der Arbeiterschicht haben dem Kaiserreich sicher auch nicht nachgetrauert.

Sehr interessanter Thesenanstoß. Ich dachte immer, dass auch der kleinste Bürger sich nach der Kaiserzeit zurück sehnte. Gemäß dem Motto: "Was der Bauer nicht kennt...", war ihm die Demokratie sicherlich nicht geheuer.
Schließlich wurde bis dahin alles von oben geregelt, und, wenn ich das so sagen darf, recht gut.
Desweiteren schaffen ja gerade Zeiten der Not eine Bevölkerung, die sich politisch einsetzt.
Aber das ist freilich nur mein empfinden, welches ich hier zum Ausdruck bringe.
 
Schließlich wurde bis dahin alles von oben geregelt, und, wenn ich das so sagen darf, recht gut.
Desweiteren schaffen ja gerade Zeiten der Not eine Bevölkerung, die sich politisch einsetzt.

:nono: Natürlich darf man es sagen, aber man hat keinen Anspruch auf Zustimmung. Eine derartige Einschätzung provoziert, zumindest bei mir, eher ungläubiges, verständnisloses Kopfschütteln.

Ein wenig wurde das Thema hier schon diskutiert.

http://www.geschichtsforum.de/f58/b-rger-und-arbeiter-im-deutschen-kaiserreich-35581/


Und man kann die autokratische Politik des Kaiserreich mit den Begriffen Wehler als "Sozialimperialistisch" bezeichnen.

Sozialimperialismus ? Wikipedia

Die Ursache für das Ablenken der Arbeiterbewegung aus der innenpolitischen Konfrantationsposition auf die Außenpolitik, verweist auf die Notwendigkeit der Integration des neu geschaffenen Kaiserreichs und auf die Beschaffung politischer Legitimität.

Die Ausgrenzung von Teilen der wilhelminischen Gesellschaft führte zu einer Verkrustung der wilhelminischen Gesellschaft und erzeugte einen sozialen Innovationsstau. Und das ist auch einer der Gründe, dass das Heraufdämmern des Weltkrieges als eine Möglichkeit angesehen wurde, diese verkrusteten, undemokratischen Strukturen im Rahmen revolutionärer Veränderungen aufzubrechen.

Da bleibt im Ergebnis wenig von Deiner monarchischen, wilhelminischen Sozialromantik.
 
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@Thanepower
Auch sehr gute Denkanstöße!

Meines Erachtens nach haben sich die Fürsten trotz alledem sehr liebevoll um ihre jeweiligen Hoheitsgebiete gekümmert. Stets bemüht technologisch und wirtschaftlich vorne dabei zu sein, erreichten sie das auch nicht selten. Es war ihnen wichtig, ihren Nachfolgern ein gut funktionierendes Gebiet zu hinterlassen. Zumindest die letzten Jahrzehnte deutscher Monarchie erscheinen mir so.
Die Wirtschaft stieg ja auch, mit einigen Unterbrechungen, bis 1914. Und damit auch der Lebensstandard.

Ich wollte niemanden reizen. Entschuldigt vielmals.
 
Ich wollte niemanden reizen. Entschuldigt vielmals.

Habe mich auch nicht gereizt gefühlt und wollte nur sagen, dass man es auch anders sehen kann. Es gibt ja einige im Forum, die leicht "monarchistisch angehaucht" sind und auch interessante Beiträge schreiben.

Dafür sind wir ja ein pluralistisches Forum. :winke:
 
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Sehr interessanter Thesenanstoß. Ich dachte immer, dass auch der kleinste Bürger sich nach der Kaiserzeit zurück sehnte. Gemäß dem Motto: "Was der Bauer nicht kennt...", war ihm die Demokratie sicherlich nicht geheuer.
Schließlich wurde bis dahin alles von oben geregelt, und, wenn ich das so sagen darf, recht gut.
Desweiteren schaffen ja gerade Zeiten der Not eine Bevölkerung, die sich politisch einsetzt.
Aber das ist freilich nur mein empfinden, welches ich hier zum Ausdruck bringe.

Ich wüsste nicht, dass ein solcher Konservativismus bzw. monarchistische Tendenzen der "kleinen Leute" in der Frühphase der Weimarer Republik nachgewiesen sind.

Du musst Dir du existenziellen Probleme der unteren Schichten der Bevölkerung nach dem verlorenen Krieg vor Augen halten. Gut sichtbar wird das zB in Regionalstudien, insbesondere zur verbreiteten Armut, Armenhilfe und Armenfürsorge.

Bzgl. des Wunsches nach Ordnung ist anzumerken, dass dieses Kaiserreich soeben einen Weltkrieg verloren hatte! Und dazu interessierte die nach Brot und Arbeit suchenden unteren Schichten der Bevölkerung nicht einmal spürbar die Dolchstosslegende, die hier die Schuld des Verlustes abwälzen sollte. Denk zudem an all die Leute, die diesem Kaiserreich ihre Ersparnisse zur Kriegsführung anvertraut hatten, die nun auch verloren waren. Wer aus diesen Schichten politisiert war, befand sich eher bei SPD und Novemberrevolutionären.
 
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Desweiteren schaffen ja gerade Zeiten der Not eine Bevölkerung, die sich politisch einsetzt.
Deine These widerspricht allem, was ich gelernt - und auch erlebt - habe: "Das Sein bestimmt das Bewußtsein". Hunger und Not mag zu Revolten, Aufständen führen, aber zu zielgerichteter politischer Tätigkeit? Daher meine Frage: Worauf stützt sich deine These?

Grüße
excideuil
 
Ich wüsste nicht, dass ein solcher Konservativismus bzw. monarchistische Tendenzen der "kleinen Leute" in der Frühphase der Weimarer Republik nachgewiesen sind.

Du musst Dir du existenziellen Probleme der unteren Schichten der Bevölkerung nach dem verlorenen Krieg vor Augen halten. Gut sichtbar wird das zB in Regionalstudien, insbesondere zur verbreiteten Armut, Armenhilfe und Armenfürsorge.

Bzgl. des Wunsches nach Ordnung ist anzumerken, dass dieses Kaiserreich soeben einen Weltkrieg verloren hatte! Und dazu interessierte die nach Brot und Arbeit suchenden unteren Schichten der Bevölkerung nicht einmal spürbar die Dolchstosslegende, die hier die Schuld des Verlustes abwälzen sollte. Denk zudem an all die Leute, die diesem Kaiserreich ihre Ersparnisse zur Kriegsführung anvertraut hatten, die nun auch verloren waren. Wer aus diesen Schichten politisiert war, befand sich eher bei SPD und Novemberrevolutionären.

Sehr gut. Übernehme ich so für meine weiteren Sichtweisen.
Wie sah es dann aber im weiteren Verlauf aus? Als es spürbar bis zur WWK aufwärts ging. Man kennt ja die Meinung, nach der ja immer das Vergangene besser sei, als die Gegenwart.
 
Deine These widerspricht allem, was ich gelernt - und auch erlebt - habe: "Das Sein bestimmt das Bewußtsein". Hunger und Not mag zu Revolten, Aufständen führen, aber zu zielgerichteter politischer Tätigkeit? Daher meine Frage: Worauf stützt sich deine These?

Grüße
excideuil

Nun, ich komme aus einer Stadt, welche im sterben liegt. Die Berufsmöglichkeiten waren seit der Wende schwindend gering. Und so kam es, dass ich bereits mit 16 am Stammtisch mit Gleichaltrigen in ausschließlich politische Gespräche verwickelt war. Eine Tatsache, welche ich in meinem heutigen Lebensumfeld schmerzlich vermisse.
 
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