Seit wann gibt es den nordischen Glauben

@Dieter

als Bewiesen sehe ich diese Analogien und das Fortleben alter Götter in Brauchtumsfiguren nicht an. Bei einigen Gestalten wie Holle oder dem wilden Jäger finde ich solche Theorien eher angebracht, bei den meisten dann doch weniger.

Ein Mercurius Cimbrianus beweist NUR ,daß ein "kimbrischer Merkur" oder "Merkur namens Cimbrianus" verehrt wurde, nicht ,daß dieser identisch mit Wodan war.

@Dekumatland

ja in cder Tat, bei den mittelalterlichen Schilderungen bin ich eher skeptisch, gerade da dichterische Umschreibngen weder sonderlich als sein, noch etwas mit längst vergessener tatsächlicher Kultpraxis zu tun haben müssen.
 
welches Heidentum soll es im hohen Mittelalter gegeben haben? tauchen irgendwo außerhalb von Skandinavien die germanischen Götter im hohen Mittelalter auf??
Frau Holle & Co. im bäuerlichen Brauchtum ist ja ok - aber bzgl. des Alters der Bräuche herrscht zumeist Unklarheit. Insofern sind angebliche Verbindungen zum germanischen oder nordischen Heidentum nicht nur sehr diffus, sondern wohl auch eine Art Rückprojektion. Deine und andere Sagen- / Märchengestalt taucht als Name zwar vereinzelt (beileibe nicht alle!!) im 12. Jh. auf, aber dabei ist nicht viel heidnisches zu erfahren...

Wir können lange darüber diskutieren, in welche zeitliche Tiefen Gestalten wie Holle u.a. zurückgehen. Wir haben zuvor bereits festgestellt, dass es leider kaum Quellen gibt und fast alles hypothetisch erhellt werden muss. Und darüber kann man dann sehr geteilter Meinung sein. Die Umfahrten um Felder haben meines Erachtens eindeutig heidnische Wurzeln, was auch auf die zitierten merowingischen Ochsenkarren zutrifft. Allerdings war diese Vergangenheit später nur noch wenigen bewusst - wenn überhaupt.

...nein, ganz so zweifellos ist das alles nicht - es ist motivgeschichtlich, gewissermaßen religions- und sagengeschichtlich hochinteressant, aber so feste Sicherheiten, wie du sie gerne formulierst, lassen sich da NICHT festmachen: es bleibt bei motivischen Verbindungen und Wahrscheinlichkeiten

Feste Sicherheiten gibt es überhaupt nicht. Allerdings kann man manche Hypothesen für wahrscheinlich halten, andere nicht.
 
@Dieter

als Bewiesen sehe ich diese Analogien und das Fortleben alter Götter in Brauchtumsfiguren nicht an. Bei einigen Gestalten wie Holle oder dem wilden Jäger finde ich solche Theorien eher angebracht, bei den meisten dann doch weniger.

Da es uns an ausreichenden Quellen mangelt, sind wir hier dabei, anhand von Analogien und verstreuten Quellenfragmenten Hypothesen oder auch nur Spekulationen zu entwickeln - nicht mehr und nicht weniger!

Sicher ist nur sehr weniges! :S
 
Ein Mercurius Cimbrianus beweist NUR ,daß ein "kimbrischer Merkur" oder "Merkur namens Cimbrianus" verehrt wurde, nicht ,daß dieser identisch mit Wodan war.
Obendrein liegt hier womöglich ein Zirkelschluss vor:
- Die Nennung eines Mercurius Cimbrianus "beweist", dass schon die Kimbern Wodan verehrten.
- Der Umstand, dass schon die Kimbern Wodan verehrten, "beweist", dass die Verehrung Wodans mindestens bis ins 2. Jhdt. v. Chr. zurückreicht.
- Somit kann man davon ausgehen, dass mit dem von den Römern "Mercurius" genannten wichtigen germanischen Gott Wodan gemeint gewesen sein muss.
- Da Mercurius Wodan war, war auch Mercurius Cimbrianus Wodan, womit bewiesen ist, dass schon die Kimbern Wodan verehrten.
....................

Daher stimme ich Haerangil vollkommen zu, dass Mercurius Cimbrianus kein Beleg für eine Verehrung Wodans durch die Kimbern sein kann, denn erst einmal wäre - davon unabhängig! - zu beweisen, dass Mercurius=Wodan war (und mit Mercurius immer Wodan gemeint war), wofür erst einmal - unabhängig von der Nennung von Mercurius durch römische Quellen - zu beweisen wäre, dass zur Zeit von Tacitus die Kontinentalgermanen bereits Wodan verehrten (was immer noch nicht beweisen würde, dass dieser Wodan von den Römern tatsächlich mit Mercurius gleichgesetzt wurde).
 
Tacitus ist jene Quelle, die den Merkur als wichtigsten Gott der Germanen bezeichnet.
Deorum maxime Mercurium colunt, cui certis diebus humanis quoque hostiis litare fas habent. Germania Cap. 9,1

Die Quelle des Tacitus ist offensichtlich Caesar:
Deorum maxime Mercurium colunt. De bello Gallico, Liber VI Cap. 16,1

Tacitus zitiert Caesar wörtlich: Von den Göttern verehren sie am meisten den Merkur!
Und der gallische Merkur ist kein Gott des Todes, sondern ein Gott des Geldes. Erkennbar ist dies bei den gallo-romanischen Merkur-Darstellungen. Der Merkur mit Hirschgeweih hat immer einen ausgeschütteten Geldbeutel bei sich.

Alternativen zu üblichen Identifikation von Odin/Wodan mit dem germanischen Merkur:
Sucht man einen antiken Odin, muss man die Augen offenhalten.
Der Mars Thingsus von Housesteads am Hadrians Wall hat typische Odin-Attribute. Verehrt wurde der friesische Kriegsgott zusammen mit kriegerischen Matronen, Schwanenjungfrauen oder Walküren: Friagabis und Baudihillia. Dargestellt wird er mit einem Schwan.
Sicher mag man nun bemerken, dass das klassische Wodan-Motiv des Heilers hier fehlt. Der Tierzauber wird in der nordischen Mythologie ohnehin dem Thor nachgesagt, dessen dessen Böcke durchaus dem hinkenden Fohlen des Merseburger Zauberspruchs entsprechenden.
Betrachten kann man auch Hercules Magusanus, den wichtigsten Gott der Bataver. (Gerade Batavern wird die Teilhabe n der Genese der Franken unterstellt und den Franken wird üblicherweise eine wichtige Rolle bei einer angeblichen Ausbreitung des Wodan-Kultes zugewiesen.) Die Bataver schufen Kult-Ringe mit lateinischer Inschrift HER-MAG - d. h. Hercules Magusanus. Die geweihte Ringen mit Inschrift würde man sofort mit sofort mit Odin in Verbindung bringen, wenn eben nicht Herkules drauf stehen würde. Aus späterer Zeit ist auch Ring mit Runeninschrift aus Pietroasa, Rumänien, bekannt; die teils kryptische Weihe-Inschrift gilt vielleicht Wodan.

Im übrigen halte ich die in Lexika, Fachbüchern usw. seit Jahrzehnten verbreiteten Deutungen der antiken und völkerwanderungszeitlichen Quellen zur germanischen Religion durch die Brille der nordischen Mythologie für ziemlich gewollte Rekonstruktionen.
Tatsächliche Kontinuitäten werden hingegen gekonnt ignoriert. So gibt es nur eine einzige Göttersage aus Völkerwanderungszeit, nämlich die vom Ursprung der Langobarden. In ihr kommen die Götter Godan und Frea vor. Überliefert ist sie von Paulus Diaconus. Sie findet sich auch in der Dänen-Geschichte von Saxo Grammaticus.
 
Zuletzt bearbeitet:
Alternativen zu üblichen Identifikation von Odin/Wodan mit dem germanischen Merkur:
Sucht man einen antiken Odin, muss man die Augen offenhalten.
Der Mars Thingsus von Housesteads am Hadrians Wall hat typische Odin-Attribute. Verehrt wurde der friesische Kriegsgott zusammen mit kriegerischen Matronen, Schwanenjungfrauen oder Walküren: Friagabis und Baudihillia. Dargestellt wird er mit einem Schwan.
denkbar ist auch, dass die erwähnten Damen auf einen Synkretismus von keltischen und germanischen Vorstellungen verweisen - interessant hierzu Alaisiagae - Wikipedia, the free encyclopedia
 
Tacitus ist jene Quelle, die den Merkur als wichtigsten Gott der Germanen bezeichnet.
Deorum maxime Mercurium colunt, cui certis diebus humanis quoque hostiis litare fas habent. Germania Cap. 9,1

Die Quelle des Tacitus ist offensichtlich Caesar:
Deorum maxime Mercurium colunt. De bello Gallico, Liber VI Cap. 16,1

Tacitus zitiert Caesar wörtlich: Von den Göttern verehren sie am meisten den Merkur!
Und der gallische Merkur ist kein Gott des Todes, sondern ein Gott des Geldes. Erkennbar ist dies bei den gallo-romanischen Merkur-Darstellungen. Der Merkur mit Hirschgeweih hat immer einen ausgeschütteten Geldbeutel bei sich.
das spricht dann eher gegen "Wodan = Mercurius"!

Aus späterer Zeit ist auch Ring mit Runeninschrift aus Pietroasa, Rumänien, bekannt; die teils kryptische Weihe-Inschrift gilt vielleicht Wodan.
die ältere Deutung "der Goten Jupiter heilig" (hier nun abwechslungshalber mal Jupiter als Wodan?!...) scheint aus sprachwiss. Gründen nicht mehr zu überzeugen, stattdessen wird "der Goten Erbbesitz geweiht heilig" bevorzugt für gutani o wi hailag
Ring von Pietroassa ? Wikipedia

Im übrigen halte ich die in Lexika, Fachbüchern usw. seit Jahrzehnten verbreiteten Deutungen der antiken und völkerwanderungszeitlichen Quellen zur germanischen Religion durch die Brille der nordischen Mythologie für ziemlich gewollte Rekonstruktionen.
d´accord!!

Tatsächliche Kontinuitäten werden hingegen gekonnt ignoriert. So gibt es nur eine einzige Göttersage aus Völkerwanderungszeit, nämlich die vom Ursprung der Langobarden. In ihr kommen die Götter Godan und Frea vor. Überliefert ist sie von Paulus Diaconus. Sie findet sich auch in der Dänen-Geschichte von Saxo Grammaticus.
wobei wir hier wirklich nicht viel über die Charakteristika von Godan und Frea erfahren -- allerdings deutet diese Ursprungssage womöglich an, dass die den Langobarden feindlichen Vandalen ebenfalls an Godan glaubten (er will ihnen ja zuerst den Sieg gönnen)
 
Eine Quelle wurde bisher noch nicht diskutiert: Es handelt sich um die sog. Goldbrakteaten und ähnliche Bildfunde, um deren Interpretation sich insbesondere Karl verdienstlich bemüht. Ich habe in einen Artikel dieses Autoren reingelesen: "Altuppsalas Polytheismus exemplarisch erhellt mit Bildzeugnissen des 5.-7. Jahrhunderts" (in Studien zum Altergemanischen. Festschrift für Heinrich Beck, herausgegeben von Heiko Uecker, 1994, S.196 ff: Studien zum Altgermanischen: Festschrift für Heinrich Beck - Heiko Uecker - Google Books)
Der Ikonologe bespricht darin Darstellungen Thors als wohl oberste Gottheit, Wodan/Odin als nordischen Mars und wohl auch bereits Todes- und Heilsgott, schließlich Freyr als Hochzeitsgott.
 
Eine Quelle wurde bisher noch nicht diskutiert: Es handelt sich um die sog. Goldbrakteaten und ähnliche Bildfunde, um deren Interpretation sich insbesondere Karl [Hauck] verdienstlich bemüht.
(...)
Der Ikonologe bespricht darin Darstellungen Thors als wohl oberste Gottheit, Wodan/Odin als nordischen Mars und wohl auch bereits Todes- und Heilsgott, schließlich Freyr als Hochzeitsgott.
bzgl. der wenigen, dabei oft nur ornamentalen (und sprachjlich unergiebigen) Runen auf den Brakteaten des 6.-8. Jhs. sei auf Düwel verwiesen; auch die gemeinsamen Publikationen von Hauck und Düwel sind für das Thema sehr interessant. Das gilt natürlich auch für Haucks Aufsatz im Ergänzungsband "germanische Religionsgeschite" zum RGA.
Die Deutungen der Bildprogramme legen für den erwähnten frühmittelalterlichen Zeitraum in mehr oder weniger Südskandinavien eine andere Götteranordnung als in den späteren Eddas nahe, nämlich mit Thor (der in Südgermanien dem Donar entspricht) als zentraler Gottheit, flankiert vom Kriegsgott Odin (der waffentanzend mit Hörnerhelm [sic!] dargestellt wird, was evtl. von den spätrom. barbarischen Cornuti hergeleitet werden kann) und vom "Hochzeitsgott" Freyr. Hierbei finden sich Parallelen in den Beschreibungen Adams von Bremen und vereinzelten karolingischen Quellen. Bzgl. der Relevanz von Thor sei auch noch auf die vielen Thorshämmer (Amulette) verwiesen.
--> der nordische Götterhimmel des 5.-10. Jh. ist also trotz einiger gemeinsamer Gottheiten offensichtlich nicht komplett identisch mit dem Götterhimmel der Eddas. Das wiederum legt nahe, die völkerwanderungszeitlichen Quellen und Indize nicht durch die isländische Brille des 13. Jh. zu betrachten.
 
HHmmm
irgendwie überzeugt mich die Gleichsetzung
Godan=Wodan nicht. Könnte es sein , das mit Godan einfach "Gott" gemeint ist?
Also einfach kein Name eines Gottes, sondern "der Gott"? Wenn es nicht gar die Pluralform ist?
Denn in der Abschwörungsformel der Sachsen wird Wodan Uuoden, was , wenn ich mich nicht täusche, in der heutigen Schreibweise Uauden geschrieben werden müßte.

Ich sehe da einen zu großen Unterschied zwischen G und U sowie o und au und eine zu große Ähnlichkeit zwischen Godan und Gott/englisch God
 
Ich sehe da einen zu großen Unterschied zwischen G und U sowie o und au und eine zu große Ähnlichkeit zwischen Godan und Gott/englisch God
aber weder die Langobarden noch Paulus Diaconus waren Engländer :winke:

das uu in uuodan entspricht einem w

Godan:
"tunc accessisse Gambaram ad Fream, uxorem Godan, et Winilis victoriam postulasse" (Paulus Diaconus, Historia Langobardorum)
irgendwo hatte ich mal was sprachhistorisches bzgl. godan-g(u)odan gelesen - es soll jedenfalls sicher sein, dass der langobardische Godan niemand anderes als Wodan ist.
 
Eine Quelle wurde bisher noch nicht diskutiert: Es handelt sich um die sog. Goldbrakteaten und ähnliche Bildfunde, um deren Interpretation sich insbesondere Karl verdienstlich bemüht. Ich habe in einen Artikel dieses Autoren reingelesen: "Altuppsalas Polytheismus exemplarisch erhellt mit Bildzeugnissen des 5.-7. Jahrhunderts" (in Studien zum Altergemanischen. Festschrift für Heinrich Beck, herausgegeben von Heiko Uecker, 1994, S.196 ff: Studien zum Altgermanischen: Festschrift für Heinrich Beck - Heiko Uecker - Google Books)
Der Ikonologe bespricht darin Darstellungen Thors als wohl oberste Gottheit, Wodan/Odin als nordischen Mars und wohl auch bereits Todes- und Heilsgott, schließlich Freyr als Hochzeitsgott.

Archäologische Hinweise wie auch zeitgleiche Schriftquellen für eine bestimmte Götterverehrung sind nicht sehr häufig. Im wesentlichen handelt es sich um Runeninschriften auf Schmuckgegenständen oder auch Brakteaten. Es gibt eine Fibel des 6. Jh. von Nordendorf (Augsburg), die eine Beschwörung von Wodan und Donar liefert, die Fibel von Mülheim-Kärlich mit der allerdings umstrittenen Inschrift "Wodini hailag". Das ursprüngliche Runenalphabet bietet drei Götternamen und zwar Teiwaz, Ingwaz und Ansaz, die mit Ziu, Ing und Wodan gleichgesetzt werden. Als zeitgleiche Überlieferung germanischer Götternamen kann der zweite Merseburger Zauberspruch herangezogen werden.

Im wesentlichen sind wir aber auf Berichte späterer Zeit angewiesen, um Göttervorstellungen zu rekonstruieren, wobei es sich vor allem um Schriftquellen aus der Bekehrungszeit handelt: Berichte und Lebensbeschreibungen der Bekehrer, kirchliche Schriften wie Predigten, Traktate, Briefe, Taufgelöbnisse, Glaubens- und Abschwörungsformeln, Straf- und Bußparagrafen kirchlicher Synoden und Mönchsorden, Konzilienbeschlüsse und Gesetze, hier auch ein Verzeichnis des sächsischen Aberglaubens.

Bekannt ist hier auch das altsächsische Taufgelöbnis nach dem Codex Palatinus 577: "Ek forsacho allum Dieboles werkum und wordum, Thunaer ende Woden ende Saxnote ende allum them unholden, the hira genotas sind." :devil:

In einer anderen Niederschrift (Indiculus superstitionum et paganiarum http://de.wikipedia.org/wiki/Indiculus_superstitionum_et_paganiarum) werden heidnische Haine, Quellen, Tempel und Feste, Totenopfer und Totenmahl, Totenlieder, die Verehrung Wodans und Donars, Zaubermittel, Vorzeichendeutung und dergleichen angeführt und verboten.

Folgt man den leider spärlichen Quellen seit der Zeitenwende, so wird analog zu den sozioökonomischen Verhältnissen ein Wandel im kultischen Brauchtum und in den Vorstellungen einer Hierarchie der Götterwelt erkennbar. Die veränderten gesellschaftlichen Verhältnisse brachten neue Sitten und Gebräuche hervor und vermutlich wird die Zeit der Völkerwanderung einen besonderen Einschnitt bedeutet haben.

Ich vermute, dass die großen Hauptgötter Tyr/Tiwaz/Ziu, Wodan/Odin und Donar/Thor bereits in die Zeit vor Christus zurückreichen, allerdings zeitlich und regional unterschiedliche Wertschätzung fanden. Daneben gab es sicher eine Fülle weiterer Gottheiten, die im Lauf der Zeit verschwanden und von denen uns die meisten überhaupt nicht bekannt sind, da Quellen und Berichte fehlen. Von Nerthus, Baduhenna oder Tanfana hören wir in antiken Berichten, finden sie aber später nicht mehr in der Götterhierarchie. Entweder versanken sie oder sie verschmolzen - wie vielleicht Ingwe mit Freyr - mit anderen Gottheiten. Nehalennia und Hludana finden wir auf Inschriften und Darstellungen auf Steien im Rheinland, wo sie segenspendende germanische Göttinnen repräsentieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Archäologische Hinweise wie auch zeitgleiche Schriftquellen für eine bestimmte Götterverehrung sind nicht sehr häufig. Im wesentlichen handelt es sich um Runeninschriften auf Schmuckgegenständen oder auch Brakteaten. Es gibt eine Fibel des 6. Jh. von Nordendorf (Augsburg), die eine Beschwörung von Wodan und Donar liefert, die Fibel von Mülheim-Kärlich mit der allerdings umstrittenen Inschrift "Wodini hailag". Das ursprüngliche Runenalphabet bietet drei Götternamen und zwar Teiwaz, Ingwaz und Ansaz, die mit Ziu, Ing und Wodan gleichgesetzt werden. Als zeitgleiche Überlieferung germanischer Götternamen kann der zweite Merseburger Zauberspruch herangezogen werden.
die Brakteaten verfügen primär über (teils dechiffrierte) Bildprogramme, und nur wenig sinnvoll entziferbare Runen - und nicht nur da zeigt sich, dass die speziell nordische Mythologie im 6.-10. Jh. doch deutlich anders aussah als in den Eddas).

aber wieso bezeichnest du den zweiten Merseburger Zauberspruch als zeitgleich mit der Nordendorfer Spange??
 
Die Stammessage der Langobarden findet sich nicht erst in der "Historia Langobardorum" von Paulus Diaconus aus dem 8. Jhdt. , sondern auch schon in der "Origo Gentis Langobardorum" aus dem 7. Jhdt. Uns hilft das leider nicht weiter, da auch dort die Namensformen "Godan" und "Frea" stehen.
 
HHmmm
irgendwie überzeugt mich die Gleichsetzung
Godan=Wodan nicht. Könnte es sein , das mit Godan einfach "Gott" gemeint ist?
Also einfach kein Name eines Gottes, sondern "der Gott"? Wenn es nicht gar die Pluralform ist?
Denn in der Abschwörungsformel der Sachsen wird Wodan Uuoden, was , wenn ich mich nicht täusche, in der heutigen Schreibweise Uauden geschrieben werden müßte.

Wie schon richtig gesagt wurde, Paulus Diaconus war kein "Engländer", sondern ein "Italiener", selbiges gilt für seinen "Vorgänger". Hier greifen die Regeln der romanischen Sprachen, dass nämlich "W-" zu "gue-" wird.

Die /w/ werden in den romanischen Sprachen - wenn entlehnt - regelmäßig umgelautet. So wird das germanische Wort wardjan, welches im Deutschen noch als 'Wart' oder 'Wärter' erhalten ist, in den romanischen Sprachen zum guarda etc. Mit dem Normanischen kommt es ins Englische, wo die etymologische Form und die romanisch überlieferte Form nebeneinander stehen: warden und guardian. Das Beispiel Gardarobe/wardrobe gehört hier mit hinein. Die Gardarobe ist das, wo man das Beutegut verstaut, also der 'Beute-' oder 'Kleiderwächter'. Warum sich allerdings aus dem germanischen Etymon raupa letztlich ein Wort für Kleidung entwickelt hat (span. ropa, 'Kleidung', frz. robe 'Kleid'), weiß ich nicht. Vielleicht war Kleidung ein beliebtes Beutegut?! Eigentlich kaum vorstellbar.

Weitere Beispiele: Altgermanisch wirra oder werra (erhalten in 'Wirren', 'Kriegswirren', aber auch englisch war) wird zu guerre, guerra.
Auch Wörter anderer Provinienz werden so behandelt. So wird der Baetis flumen unter den Arabern zum '(der) großen Fluss' - al-wādī al-kabīr - was im Spanischen zum Guadalquivir umgeformt wird. Das Inka-Wort Wanaku wird zu Guanaco und die Wantschen (Ureinwohner der Kanaren) werden zu den Guanchen.
Aktuelle Beispiele im lateinamerikanischen Spanisch sind der Wächter (watchman > guachiman, mit zusätzlich eingefügtem Fugen-i) und Microsoft Güindows.
Warum das so ist? Weil das /w/ nicht zum Phonem-Inventar der Romania gehört und die Form /gu/ dem /w/ nach romanischem Gehör am nächsten kommt.

Beispiele aus dem Italienischen sind Ghibellinen und Guelfen. Die Ghibellinen sind die staufische, die Guelfen die welfische Partei in Italien gewesen, woher sich die Guelfen ableiten ist klar, die Ghibellinen leiten sich von Waiblingen ab.
 
Nun, gu ~= W ist mir nichts neues
Aber , wo ist das u in Godan? Uuodan wird im Niederdeutschen zu Wode mit angedeutem n am Ende und mit einem leichten u im o (selbst gehört in der Geschichte: , warum die letzte Garbe stehen bleiben soll,-die wäre für Wodes pierd-)

Die Kurve vom germanischen "double u" zum romanischen gu kriege ich ja noch, aber vom weichen uuo zum harten go fällt mir schwer. Aber wenn´s sprachwissenschaftlich einwandfrei erwiesen ist ....
 
Die drei überlieferten Handschriften stammen aus dem 9. und 11. Jhdt. sind also erheblich jünger als das Original. Der textkritische Apparat liefert die Varianten.

Hinzu kommt das, was Paulus Diaconus schreibt.
Certum tamen est, Langobardos ab intactae ferro barbae longitudine, cum primis Winnili dicti fuerint ita postmodum appellatos. Nam iuxta illorum linguam 'lang' longam, 'bart' barbam significat. Wotan sane, quem adiecta littera Godan dixerunt, ipse est qui apud Romanos Mercurius dicitur et ab universis Germaniae gentibus ut deus adoratur...

Immerhin ist sicher, (dass) die Langobarden später wegen (ab, statt 'von') der Länge ihrer von Eisen unberührten Bärte so, (aber) zunächst Winniler genannt wurden. Denn in ihrer Sprache bedeutet 'lang' lang und 'Bart' Bart.
Wotan allerdings, den sie in ihrer Schrift (litteras!) Godan nannten, ist derselbe, der bei den Römern Merkur genannt und von allen Völkern Germaniens als Gott angebetet wird.

Letztere Behauptung des Paulus Diakonus ist natürlich ein Anachronismus, zu seiner Zeit waren etliche germanische Völker Christen, weshalb dies keine zeitgenössische Beobachtung sein kann - wenn sie denn überhaupt wahr wäre.
Bemerkenswert ist die Form Wotan mit <t>, gegenüber dem weichen <d> in Godan, ebenso Bart, wobei der auch schlicht Auslautverhärtung widerspiegeln kann. Könnte ein Hinweis darauf sein, dass das Langobardische die hochdeutsche Lautverschiebung in Teilen mitgemacht hat. Darüber ist bestimmt aber schon geschrieben worden.
 
Die Interpretatio Romana ist auch oftmals mehrdeutig...

Ich erinnere an die keltischen Gottheiten diew in der IP mit ganz verschiedenen römischen Gottheiten gleichgesetzt werden konnten... in den Lukan Scholien ist Taranis z.B. Jupiter und Dispater, Esus und Teutates sind beide Mars und Merkur... inschriftlich wurden dutzende Götter mit Merkur oder Mars identifiziert... das war offenbar eine regionale und auch vieldeutige Geschichte...

denke mal ,daüß man annehmen kann ,daß es bei den germanischen Gottheiten ähnlich vieldeutig und regional sein konnte...
 
Interessant ist daher ein ganz anderer Aspekt der nordischen Mythologie, nämlich die Herkunft und Rolle der Wanengötter und ihr Verhältnis zu den Asen. Vielfach wird darin eine Spiegelung der sozialen Schichtung der Gesellschaft gesehen, wobei die Wanen vermutlich das ältere Göttergeschlecht waren.
(...)
Verschiedentlich wird vermutet, dass der in der Edda geschilderte Wanenkampf auf eine Auseinandersetzung zwischen alteingesessener vorgermanischer bäuerlicher Bevölkerung und der Invasion germanischer Stämme hindeuten könnte. im Lauf der Jahrhunderte - so die Hypothese - kam es zu einem Ausgleich beider Bevölkerungselemente, sichtbar an der Verbindung von Asen und Wanen und deren gleichberechtigter Aufnahme in den Kreis der Asen.
Die von Dir erwähnte gleichberechtigte Aufnahme der Wanen widerspricht der These, dass hier die Götterwelt ein Spiegel sozialer Schichtung ist. Sie widerspricht auch der von Dir weiter oben aufgestellten These, dass eine bäuerlich geprägte Gesellschaft von Wanen-Anbetern von kriegerischen Gruppen von Asen-Anbetern "überschichtet" worden wäre.

Wenn man davon ausgeht, dass die Menschen die Konflikte im "Diesseits" als Spiegel von Konflikten in der Götterwelt ansahen, dann kann die Fusion der Göttergeschlechter der Asen und Wanen nur als Anzeichen dafür lesen, dass zwei menschliche Gesellschaften nach anfänglichen Konflikten zusammenwuchsen.

Hier sei noch angemerkt, dass es ein drittes Göttergeschlecht gibt: die Riesen nämlich. Die sind sogar die ältesten Götter. Und weil die Wanen mit ihnen nicht fertigwurden, haben sie die kriegerischen Asen zu Hilfe gerufen (oder erschaffen?) - die bei genauer Betrachtung kaum als Götter angesehen werden können, da sie weder unsterblich noch allmächtig sind. Und wie die beiden anderen Göttergeschlechter müssen sie nach Regeln leben, über die sie keine Kontrolle haben.

Auf mich wirkt diese ganze Mythologie, die dort in isländischen Schriftquellen geschildert wird, sehr patchworkartig. Da scheinen viele verschiedene Glaubensvorstellungen ineinandergeflossen zu sein - mit regional unterschiedlichen Schwerpunkten. Deshalb würde ich vermuten, dass dieses "Glaubensgebäude" in der Zeit der Völkerwanderung entstanden ist.

MfG
 
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