Noch mal nachgehakt: Wie sieht es denn nun aus mit der Idee, dass es sich um einen Mutterkult oder Fruchtbarkeitskult handelt?
Zoka und ich hatten unsere Skepsis ob dieser Interpretation schon ausgedrückt.
Spott der Archäologen über ihre eigene Peer: Alles was der Archäologe nicht auf Anhieb erklären kann, ist kultisch.
Sehe darin ebensowenig eine Fruchtbarkeitssymbolik, wie wahrscheinlich jene Lausitzer.
Allerdings schließe ich mich den weiteren Überlegungen nicht so ohne weiteres an.
Erstens sind die Brüste hierfür viel zu klein, und zweitens dient eher eine breite Hüftform zur Darstellung von Fruchtbarkeit. Da hier die Form mit den draufgesetzten Brüsten zum Torso gemacht wurde, geht es hier nur um die Weiblichkeit, oder um die Nahrung.
Ich schrieb ja, dass ich die Ähnlichkeit ebenfalls als frappierend empfände (dazu siehe unten), allerdings würde ich darauf nicht so weitreichende Hypothesen aufbauen, dass damit irgendetwas ausgedrückt werden sollte.
Die Größendiskussion halte ich für fehlgehend, da sie sicher von den Proportionen des Gefäßes ahängig war, wenn also eine bestimmte Darstellung beabsichtigt war, unterlag sie dem Zwang der Proportion. Man muss bedenken, dass die Gefäße schon sehr elaboriert sind, der Töpfer also sein Handwerk verstand. Wer selber schon mal getöpfert hat, weiß, dass das ungeübt nicht ganz einfach ist. Und um Drehscheibenkeramik handelt es sich auch noch nicht.
Falls das Gefäß Leichenbrand enthielt, würde ich auf eine Urne für eine Frau tippen, und nicht auf die Darstellung irgendeiner ‘Urmutter’, der die Überreste wieder zurückgegeben werden.
Auch wenn man von irgendwelchen kultischen Funktionen ausginge und in Richtung eines wie auch immer gearteten Weiblichkeitskult dächte, müsste die Abweichung dieser bronzezeitlichen Keramik von irgendwelchen neolithischen Venus-Figurinnen mit überdimensionierten primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen, die häufig als 'Urmütter' o.ä. interpretiert werden, überhaupt nicht zwingend sein. Es ließe sich vieles denken. Aber genau das ist eben auch das Problem: Wir wissen es nicht.
Und wenn man sich mal die zweite Hofbuckelurne, die in dem Beitrag dargestellt ist, anschaut, dann sieht man, dass die Hofbuckel dort schon viel weniger Ähnlichkeit mit der menschlichen Anatomie haben, da trifft das Adverb
frappierend überhaupt nicht mehr.