Völkermord Herero - Problemfrage stellen

Fazit: Ich persönlich würde das Vorgehen gegenüber den Hereros als Völkermord werten, gleichzeitig bin ich aber überzeugt, dass die damaligen Verantwortlichen auf diesen Vorwurf überwiegend mit Unverständnis reagieren würden oder diesen als "abwegig" zurückweisen würden. Und das nicht, um sich von einem schlechten Gewissen zu befreien, sondern aus der Überzeugung heraus, ihre Pflicht erfüllt zu haben. Ausnahmen bestätigen die Regel.

Den Kolonialkrieg gegen die Herero als "Völkermord" zu klassifizieren, stößt bis zum heutigen Tage auf ungeahnte Probleme.

Zu Beginn dieses Jahres lehnte der Bundestag mit den Stimmen von CDU und FDP Anträge der Opposition ab, die gefordert hatte, die Kolonialverbrechen der Deutschen im heutigen Namibia als Völkermord anzuerkennen. Bundestag und Bundesregierung betonten zwar bislang stets ihre "historische Verantwortung für Namibia", vermieden jedoch stets die Bezeichnung "Völkermord" oder lehnten ihn ausdrücklich ab. Als Argument nennt die Bundesregierung, dass die Völkermordkonvention der UNO erst seit 1955 in Deutschland gelte.

Natürlich ist das ein schwaches Argument, was der Bundesregierung auch bewusst ist, denn wenn man dieser Argumentation folgt, müsste man aus allen Stellungnahmen zum Holocaust das Wort "Völkermord" streichen. Insofern sind alle Stellungnahmen der Bundesregierung hierzu ein Balanceakt, denn unter Historikern ist längst klar, dass der Krieg gegen die Herero und Nama im damaligen Deutsch-Südwestafrika die Merkmale eines Völkermords erfüllt.

Gewiss sind dabei auch finanzielle Hintergründe im Spiel: Würde sich die Bundesregierung zu einem Völkermord und zu ihrer Verantwortung dazu bekennen, müsste sie Schadenersatzklagen einzelner Hereo gegen die Bundesrepublik Deutschland stattgeben. Und das könnte ein teures Vergnügen werden.
 
Stimmt natürlich. Aber für mich macht es trotzdem einen kleinen Unterschied, ob ich jemanden grundsätzlich vernichte, vertreibe oder versklave oder - auch - mit der Intention an die Sache herangehe, ihm die Segnungen der Zivilisation näherzubringen.


Den Hereros wurden aber nicht die Segnungen der Zivilisationen nahegebracht, sondern sie wurden in die Wüste getrieben...


Der "theoretische Unterschied" ist leider rein imaginiert. Sowohl die Afrikaner als auch die slawischen Völker hatten in den Augen der Kolonialisten bzw der Nazis die Rolle der untergeordneten, "niederen" Arbeitskräfte zu spielen, die zu ihrem eigen Besten von den "überlegenen" Weißen/Ariern angeleitet und beherrscht werden mussten. Widerstand wurde in beiden Fällen mit brutaler Gewalt begegnet, gegen Widerstand leistende und andere, gegen Erwachsenen und Kinder, und immer mit einem besonderen Blick darauf, die Lebensgrundlage der Beherrschaten zu kontrollieren oder im Zweifelsfall zu zerstören.


Ich rede wie gesagt nicht von der gezielten Vernichtung ganzer Menschengruppen, sondern vom "Vernichtungskrieg", der das Ziel hat, mit allen Mitteln eine vollständige Herrschaft über eine Gruppe, deren Territorium und Ressourcen zu erlangen, auch wenn dafür die andere Gruppe teilweise oder vollständig vernichtet, dh ermordet wird.
 
Ich rede wie gesagt nicht von der gezielten Vernichtung ganzer Menschengruppen, sondern vom "Vernichtungskrieg", der das Ziel hat, mit allen Mitteln eine vollständige Herrschaft über eine Gruppe, deren Territorium und Ressourcen zu erlangen, auch wenn dafür die andere Gruppe teilweise oder vollständig vernichtet, dh ermordet wird.

Erst Völkermord, jetzt Vernichtungskrieg .... vielleicht sollte erstmal die Definition der Handlungen der Kolonialmächte gegen die Bevölkerung geklärt werden.

Ich habe das Gefühl, daß ich hier überlesen werde, aber niemand würde auf die Idee kommen, den Burenkrieg mit dem Holocaust zu vergleichen!
 
Erst Völkermord, jetzt Vernichtungskrieg .... vielleicht sollte erstmal die Definition der Handlungen der Kolonialmächte gegen die Bevölkerung geklärt werden.

Richtig!

Es gibt eine Tendenz, hier eine Kontinuität zu unterstellen. Markant ist das bei Hull erfolgt [Hull, Isabel V.: Absolute Destruction - Military Culture and the Practices of War in Imperial Germany], die die gerade Linie von militärischen Vorstellungen und Verhalten im Herero-Krieg über Schlieffen/Moltkes Vernichtungsschlacht, Falkenhayns Abnutzungsschlachten, Ludendorffs Entscheidungsschlacht und Polen- und Ostfeldzug der Wehrmacht zieht. Ergebnis: diese seien geprägt durch die "Military Culture". Die These halte ich für falsch:

Der Vergleich mit der Beteiligung der Wehrmacht am Vernichtungskrieg aus angeblich militärischen Gründen [was dann benutzt wird, um Parallelen zum Herero-Krieg zu ziehen] ist bzgl. der Wehrmacht im Ostkrieg nach den aktuellen Publikationen nicht zu halten:

Gerlach, Christian, Krieg, Ernährung, Völkermord
Hartmann/Hürter/Lieb/Pohl, Der deutsche Krieg im Osten - Facetten einer Grenzüberschreitung
Hartmann, Christian, Wehrmacht im Ostkrieg - Front und militärisches Hinterland 1941/42.
Hasenclever, Jörn, Wehrmacht und Besatzungspolitik in der Sowjetunion - Die Befehlshaber der rückwärtigen Heeresgebiete 1941-43
Kunz, Norbert, Die Krim unter deutscher Herrschaft 1941-1944
Oldenburg, Manfred, Ideologie und militärisches Kalkül - Besatzungspolitik der Wehrmacht in der SU 1942
Römer, Felix, Der Kommissarbefehl
Bartusevicius/Tauber/Wette, Holocaust in Litauen - Krieg, Morde und Kollaboration im Jahre 1941

usw.

Die verschiedenen untersuchten Aspekte zeigen, dass es sich um die Vernichtungskonzeption aus einem NS-Weltanschauungskrieg handelt, dem die Wehrmacht, allerdings ohne militärische Begründung, beigetreten ist bzw. dessen Ideen sie absobiert und ausgeführt hat.

Ebenso klar ist herausgearbeitet worden, dass dieser weltanschaulich begründete Vernichtungskrieg sogar militärischen Aspekten zuwiderlief, bzw. militärische Notwendigkeiten konterkarierte oder unberücksichtigt ließ. Das zieht sich von der Wehrmacht im Besatzungsregime, über Teilnahme an Massenmorden, Kommissarbefehl, Partisanenkrieg bis hin zur Behandlung von Kriegsgefangenen mit Millionen Toten.

Einzelne "militärische" Begründungen hierfür dienten höchstens vordergründig der Exkulpation für den Genozid, die Wehrmachtsakten zeigen hier ein anderes Bild. Insofern ist den anderweitigen Behauptungen oben zur Wehrmacht ("militärische Gründe" als Auslöser des Genozids) zu widersprechen.

Diese Wertung auf Basis der aktuellen Forschung sollte man berücksichtigen, wenn man Übertragungen auf den Kolonialkrieg versucht.
 
Den Hereros wurden aber nicht die Segnungen der Zivilisationen nahegebracht, sondern sie wurden in die Wüste getrieben...

Vielleicht drücke ich mich unklar aus, aber die Kolonien wurden nicht mit der Absicht errichtet, die dort lebenden Völker in die Wüste zu treiben. Das war die Konsequenz aus einem Aufstand oder Krieg, der nach eigener Anschauung nicht vom Deutschen Reich begonnen wurde, aber, schon aus Prestigegründen, um jeden Preis und möglichst schnell gewonnen werden musste.

Den Unterschied zur späteren Wehrmacht hat silesia inzwischen ja nochmals deutlich herausgestellt.

Viele Grüße

Bernd
 
Die Definition "Völkermord" greift nach Ansicht der meisten Historiker, weil:

- das Ziel nicht nur Sieg und Unterwerfung war, sondern Vertreibung und Vernichtung;

- weil 50-70% der bis zu 100 000 Hereo ums Leben kamen;

- weil von den rund 20 000 Nama rund 50% ums Leben kamen;

- weil Tausende in Konzentrationslagern starben, die errichtet wurden, um die Unterstützung durch Einheimische auszuschalten.

Planmäßigkeit bei der Vernichtung und Verhältnislosigkeit und Grausamkeit der Mittel erfüllen den Tatbestand des Völkermords.
 
Die Definition "Völkermord" greift nach Ansicht der meisten Historiker, weil ...

... Was, wie oben deutlich gemacht wurde, von der juristischen Beurteilung und Völkerrechtslage zu unterscheiden ist.

Nichts anderes als diese Differenzierung (insbesondere keine Negierung der geschichtswissenschaftlichen Forschung und Qualifizierung als Genozid) enthalten die umständlich wirkenden Deklarationen der Regierung.

Um mal die Thesen von Hull zur "Military Culture" und "Absolute Destruction" zu verdeutlichen, ein Ausschnitt aus ihrem Aufsatz:

"A final characteristic of Imperial Germany’s military culture that can be mentioned here was one shared by other European countries: The army represented state authority. But this was nowhere truer than in Germany, where the army had been the instrument of national unifica- tion and where Kaiser Wilhelm had elevated it to the chief bulwark of the monarchy. In the context of Weltpolitik, the revolt in SWA assumed na- tional security dimensions that only reinforced the symbolic importance of military success and the use of the military to punish offenders against state authority. This punitive aspect of the German military was signifi- cant in determining the lethal conditions in the prison camps. For ex- ample, Trotha himself set the original starvation ration, justified by a high colonial administrator “as retaliation for the uprising.”9 But officers who took over from Trotha after his departure in December 1905 and who set out to ameliorate conditions repeatedly ran up against the principle that enemies of German authority merited exemplary punishment. This was yet another link in the chain of mass death.
Even this brief discussion will have indicated how the standard prac- tices of Imperial German military culture tended to produce absolute destruction. In SWA (and in German East Africa from 1905 to 1908), they achieved this. The same military practices came very close to doing so again in the First World War."

http://www.ghi-dc.org/publications/ghipubs/bu/037/6hull.pdf
 
... Was, wie oben deutlich gemacht wurde, von der juristischen Beurteilung und Völkerrechtslage zu unterscheiden ist.

Nichts anderes als diese Differenzierung (insbesondere keine Negierung der geschichtswissenschaftlichen Forschung und Qualifizierung als Genozid) enthalten die umständlich wirkenden Deklarationen der Regierung.

Darauf bin ich in meinem Beitrag # 22 ausführlich eingegangen. Die Bundesregierung vollzieht einen Balanceakt mit dem formalen Standpunkt, dass die Völkermordkonvention der UNO erst seit 1955 in Deutschland gelte. Damit entzieht sie sich einer weiteren Beurteilung, ob die Merkmale des Völkermords nun zutreffen oder nicht, wobei sicher finanzielle Aspekte wie kostspielige Schadenersatzklagen im Hintergrund zu vermuten sind.

Im übrigen erhebt sich die Frage, warum die Opposition von SPD und Grünen nicht die nun beklagte Negation des Völkermords durchsetzte, als sie jahrelang in der Regierungsverantwortung stand.
 
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Einzelne "militärische" Begründungen hierfür dienten höchstens vordergründig der Exkulpation für den Genozid, die Wehrmachtsakten zeigen hier ein anderes Bild. Insofern ist den anderweitigen Behauptungen oben zur Wehrmacht ("militärische Gründe" als Auslöser des Genozids) zu widersprechen.

Diese Wertung auf Basis der aktuellen Forschung sollte man berücksichtigen, wenn man Übertragungen auf den Kolonialkrieg versucht.

Wenn sich Dein Beitrag auf mich bezieht: Ich widerspreche der Aussage, dass sich die Handlungen der deutschen Kolonialherren rechtfertigen oder legitimieren lassen, indem man sie als "militärisch sinnvoll" oder "militärisch notwendig" hinstellt. "Militärische" Begründungen legitimierten weder die Wehrmacht zu ihren Taten im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion, noch taten sie das mit den Aktionen der deutschen Schutztruppen!

Kolonialistische Gewalt kann niemals legitim mit militärischen Notwendigkeiten begründet werden.

Vielleicht drücke ich mich unklar aus, aber die Kolonien wurden nicht mit der Absicht errichtet, die dort lebenden Völker in die Wüste zu treiben.

Nein, die Absicht war es, die dort lebenden Menschen auszubeuten und ihre Ressourcen für sich selbst zu nutzen. Jeder Widerstand gegen diese Absicht wurde mit brutaler Gewalt gebrochen (eben bis hin zum Mord an ganzen Bevölkerungsgruppen).

Das war die Konsequenz aus einem Aufstand oder Krieg, der nach eigener Anschauung nicht vom Deutschen Reich begonnen wurde, aber, schon aus Prestigegründen, um jeden Preis und möglichst schnell gewonnen werden musste.

Genau das waren auch die Hintergedanken von Nazis und Wehrmachtsführung: Die Sowjetunion möglichst schnell zu unterwerfen, die dort lebenden Menschen zu Sklaven zu machen und die Ressourcen für das eigene Volk bzw den eigenen Krieg zu nutzen. Um dieses Ziel um jeden Preis zu erreichen wurde keinerlei Rücksicht auf die Bevölkerung genommen, im Gegenteil.

Es war nicht die Absicht der Nazis, alle Bürger der Sowjetunion zu ermorden (im Gegensatz bspw zu den Juden, da war genau das die anvisierte "Endlösung").
 
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Wenn sich Dein Beitrag auf mich bezieht: Ich widerspreche der Aussage, dass sich die Handlungen der deutschen Kolonialherren rechtfertigen oder legitimieren lassen, indem man sie als "militärisch sinnvoll" oder "militärisch notwendig" hinstellt.

Das ist sicher keine stichhaltige Begründung und von silesia bstimmt nicht so gemeint. Als "militärisch sinnvoll und notwendig" hat die Regierung des Osmanischen Reichs auch das Vorgehen gegen die Armenier bezeichnet, was dennoch bei der Beurteilung des Genozids aus verschiedenen Gründen wenig wiegt.
 
Wenn sich Dein Beitrag auf mich bezieht: Ich widerspreche der Aussage, dass sich die Handlungen der deutschen Kolonialherren rechtfertigen oder legitimieren lassen, indem man sie als "militärisch sinnvoll" oder "militärisch notwendig" hinstellt. "Militärische" Begründungen legitimierten weder die Wehrmacht zu ihren Taten im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion, noch taten sie das mit den Aktionen der deutschen Schutztruppen!

Kolonialistische Gewalt kann niemals legitim mit militärischen Notwendigkeiten begründet werden.

Darum ging es oben nicht.

Zunächst wurde ein Vergleich von Trotha und dem Ostkrieg der Wehrmacht gezogen. Daraufhin wurde eingewandt, dass Trothas Handlungen militärisch begründet worden seien. Darauf kam die Aussage zur Stützung des Vergleichs, auch das sei bei der Wehrmacht ebenso.

Letzteres ist falsch.

Ebenso ist zwischen dem Vernichtungskrieg der Wehrmacht im Osten und den kolonialtypischen Kriegen zu unterscheiden, deren "Extermination"-Ansatz erst mit der Stärke des Widerstandes, somit situativ, eskalierte. Der Vernichtungsansatz im Ostkrieg hat dagegen mit dem Verlauf des Ostkrieges nichts zu tun, sondern bestand schon vor dessen Beginn.

Die Kontinuitäten werden u.a. auf den ex-ante-Bezug der Vernichtungsschlacht gestützt (s.o. Hull), was Unsinn ist.
 
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Silesia, Du hast natürlich insofern recht, als dass der Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion von vorne herein geplant war. Dabei sollten mWn diese Gebiete wie auch Polen unterworfen und die (angeblich minderwertige) Bevölkerung zu Sklaven degradiert werden, indem auf der einen Seite wild und willkürlich, auf der anderen Seite gezielt (gegen Komissare, "Intelligenz" etc.) und machmal auch einfach massenweise gemordet wurde.

Der Kolonialismus war ein lange anhaltender, nicht zentral geplanter Prozess, bei dem Gebiete unterworfen und deren (angelbich minderwertige) Bevölkerung zu Sklaven degradiert wurde, indem auf der einen Seite wild und willkürlich, auf der anderen Seite gezielt (Widerstand Leistende, Führungspersönlichkeiten) und manchmal auch einfach massenweise (Herero) gemordet wurde.

Ich seh die Unterschiede, halt aber die Parallelen für interessant. Und mal im Ernst: Vielleicht liegts ja allein an mir, aber kommt Euch das Bild vom blonden, arischen Übermenschen, der am Schwarzen Meer liegend über eine Schar unterwürfiger, slawischer Diener verfügt, nicht irgendwo her bekannt vor? Ich mein, wo's 1918 doch mit dem Platz an der Sonne Kolonial-Afrikas vorbei war...

Oder um es drastischer zu sagen:

Aber für mich macht es trotzdem einen kleinen Unterschied, ob ich jemanden grundsätzlich vernichte, vertreibe oder versklave oder - auch - mit der Intention an die Sache herangehe, ihm die Segnungen der Zivilisation näherzubringen.

Kolonialisten stehen auf der ersteren Seite; das "auch" ist und bleibt Propaganda. Sry, Cephalotus, ich versteh zT, was Du meinst. Aber wenn koloniales Militär eingreift war die Geschichte zu selten dabei, irgendwelche Segnungen zu verteilen, und zu oft bei der "Erkenntnis" eines Philip Sheridan:

"Die einzigen guten Indianer, die ich je sah, waren tote Indianer."

Und das ist mE kein Segen. :winke:
 
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Ich seh die Unterschiede, halt aber die Parallelen für interessant. Und mal im Ernst: Vielleicht liegts ja allein an mir, aber kommt Euch das Bild vom blonden, arischen Übermenschen, der am Schwarzen Meer liegend über eine Schar unterwürfiger, slawischer Diener verfügt, nicht irgendwo her bekannt vor? Ich mein, wo's 1918 doch mit dem Platz an der Sonne Kolonial-Afrikas vorbei war...
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Du willst ja aber nicht ernsthaft einen Vergleich zwischen dem Kolonialismus und der ideologisch verblendeten Massenvernichtung der Juden zur NS- Zeit ziehen? :nono:

Damit stellst Du alle Kolonialmächte , also die der 2. Kolonialzeit, auf die gleiche Stufe, wie das Nazi-Regime! Denn alle, Franzosen, Niederländer, Belgier, Engländer, Deutsche usw. haben sich wie die Axt im Walde in ihren Kolonien aufgeführt!
 
NEIN, zum Teufel! Ich hab hier nie was zum Holocaust gesagt, außer das der auf nem völlig anderen Blatt steht!

In den Kolonien (und um die geht es) haben sich alle wie die "Axt im Walde" aufgeführt, wie Du so treffend sagst. Und genau darum geht es! Um die Kolonisierung fremder Territorien mit den entsprechenden Folgen für die dort lebenden Menschen.

Und die Folgen für die Herero waren in der Relatione gesehen verheerender als die Folgen des 2. Wk. für die Sowjetunion; ebenso wie für hunderte andere Ethnien. Trotz aller Unterschiede...
 
Dieses Thema ist aus diversen Gründen nie beendend ausdiskutiert und kommt ja auch hier ständig wieder zur Sprache, weil es Standard-Schulthema ist.

Erstmal verweise ich auf meinen Beitrag von 2005. Dann ein zusätzlicher Diskussionsanreiz, über den man nachdenken sollte:

Tatsache ist ja, daß als Anlaß für das schreckliche Schicksal der Hereros immer wieder der Befehl von Trothas angeführt wird - wobei meist nur der "offizielle" erste Teil und nicht der zweite "inoffizielle" Befehl zur Ausführung an die Truppe zitiert wird. Für damalige Verhältnisse, recht schnell wurde der Befehl, nachdem klar wurde, was er für Folgen hatte, dann von der oberen politischen und militärischen Führung zurückgenommen. (Siehe auch Wikipedia).

General von Trothas militärische Karriere war anschließend praktisch beendet und gesellschaftlich geriet er ins Abseits. Der Kaiser wollte ihn nach der Rückkehr nicht mal empfangen. (Wikipedia von Trotha).

Zu diskutieren wäre nun, wer eigentlich verantwortlich für das Geschehen war? So wie sich das oft darstellt, scheint es bald, als hätte ein hoher Offizier da etwas verbockt, was er so gar nicht beabsichtigt hatte, zumindest über dessen Folgen er sich gar nicht im Klaren war. Kann man von einem "unbeabsichtigten Völkermord im Affekt" (Siehe auch Beitrag von 2005, Punkt 3c) sprechen? Verbietet sich das allein im Respekt vor den Opfern? Kann eine einzelne Person (auch wenn sie in hoher Position Verantwortung trägt) überhaupt allein schuldig an einem Völkermord sein?

Dagegen spricht, daß die ganze Geschichte ja nicht mit dem Geschehen nach dem Gefecht am Waterberg beendet war. Eine große Anzahl Hereros starb erst in den später eingerichteten Lagern, durchaus möglich daß dort mehr starben als im Sandfeld und das war nicht die alleinige Verantwortung von Trothas. Ich meine, es greift zu kurz, allein immer wieder diesen "Vernichtungsbefehl" anzuführen und alleinstehend durchzukauen, da hängt mehr viel dran.

Die These des Zusammenhangs vom Hererokrieg und der Judenvernichtung im Dritten Reich, die manche Historiker vertreten, halte ich persönlich für sehr weit hergeholt. Einige werden mich dafür steinigen, aber scheinbar dreht sich für manche Historiker die ganze deutsche Geschichte nur um die NS-Herrschaft und sie versuchen zwanghaft alles "Böse" der deutschen Geschichte dazu in Relation zu setzen.
Die industrielle Menschenvernichtung in den NS-Konzentrationslager ist in der Geschichte in Ausmaß und Ausführung einmalig. Bei jedem Versuch andere Geschehen "auf dieselbe Stufe" zu setzen, habe ich Bauchschmerzen.
 
Ja, das Buch von Zimmerer hat ja praktisch damals die ganze Diskussion mit der Kontinuität und den Zusammenhängen losgetreten. Nach wie vor, sind die Thesen sehr umstritten.
 
Das halte ich auch für abwegig. Allerdings wird man sehr wohl die Frage nach möglichen Kontinuitäten stellen dürfen und auch müssen, so wie das z. B. hier geschieht: Von Windhuk nach Auschwitz?: Beiträge zum Verhältnis von Kolonialismus und ... - Jürgen Zimmerer - Google Books

Ich wiederhole mich gern zu der Frage!
Warum müssen! Stellt denn auch ein Historiker die Frage nach einem Zusammenhang zwischen dem englischen Burenkrieg und dem Holocaust, denn nix anderes, war der Burenkrieg, wie die Niederschlagung des Herero Aufstandes ... nur war es in einem deutschen Kolonialgebiet!

Ich möchte auch mit der Frage nix relativieren, sondern hier zum Nachdenken anregen.
 
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