Schlachten in Romanen

Jacobum

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Schriftsteller sind in der Regel keine Historiker (obwohl es auch hier Ausnahmen gibt). Gerade von Verfassern historischer Romane wird jedoch erwartet, dass sie nicht nur gut zu schreiben vermögen sondern sich auch mit der Zeit der Romanhandlung befasst haben.

Das gilt vor allem dann, wenn Schlachten beschrieben werden. Hier ist es besonders wichtig, wahrheitsgemäß zu schreiben, selbst wenn die Romanfiguren fiktiv sind. Vor allem dann, wenn der Ablauf der Schlacht historisch bekannt ist.

Leider wird hier oft nicht nur ungenau sondern regelrecht falsch beschrieben. Für die Handlung mag das irrelevant sein, vielleicht sogar gewollt. Für den historisch Interessierten ist das aber oft mit Bauchgrimmen verbunden - jedenfalls geht es mir so.

Kennt ihr denn Romane, in denen der Ablauf einer Schlacht nicht nur spannend sondern daneben auch vom Ablauf (Taktik, Bewaffnung, Verlauf) korrekt wiedergegeben wird? Zeit und Ort sind egal. (Natürlich ist über Verdun und Rossbach mehr bekannt als über Kadesch oder Tours/Poiters.)

Und bitte nur historisch belegte Schlachten und Gefechte. Tolkien war ein begandeter Autor, die Schlacht auf den Pelenorfeldern ist hervorragend beschrieben ... nur leider ist sie fiktiv.

Als beispielhaft möchte ich Tolstois "Krieg und Frieden" nennen, wo mehrere Schlachten der Napoleonischen Kriege präzise und gut beschrieben sind. Oder diverse Schlachten des Hundertjährigen Krieges in den Büchern von Rebecca Gablé.

Was kennt ihr denn noch so?

Grüße

Jacobum
 
Ich habe zwar keine Ahnung, ob die Beschreibung mit den Fakten übereinstimmt, aber Les Misérables von Victor Hugo beinhaltet eine spannende Beschreibung der Schlacht von Waterloo.

Sicherlich erwähnenswert ist auch Patrick Rimbauds Die Schlacht, die auf einem nie realisierten Romanprojekt Balzacs zur Schlacht von Aspern basiert. Gelesen hab ich es allerdings nocht nicht. Aber vielleicht jemand anderer?

http://www.perlentaucher.de/buch/1479.html
 
Wie schon in anderen Foren erwähnt:
Bernard Cornwell(studierte Geschichte): Der Bogenschütze( exzellente Beschreibungen von La Roche Derrien/ Caen und Crecy)
Der Wanderer( Schlacht von Nevilles Cross/ La Roche Derrien)

und auch Simon Scarrow(Geschichtsdozent): Die Adlerserie: Viele Schlachten die im Verlauf des Britannienfeldzugs stattfanden(42 v. Chr)
 
Unbedingt lesen:

Sparta von Steven Pressfield.
Eine, wie ich finde, äußerst drastische Schilderung der Schlacht an den Thermopylen, ich kenne nichts besseres.
 
Als beispielhaft möchte ich Tolstois "Krieg und Frieden" nennen, wo mehrere Schlachten der Napoleonischen Kriege präzise und gut beschrieben sind.

Schön, dass du dieses ehrfurchtgebietende Beispiel gebracht hast :) , denn sonst hätte ich es tun müssen und wäre vermutlich aus dem Schwärmen nicht herausgekommen...

Man kann vielleicht nicht von Schlachten sprechen, aber ich meine, dass Feuchtwanger sich im „Jüdischen Krieg“ bei der Schilderung der Kämpfe (beispielsweise um Jotapata und Jerusalem) weitgehend an die überlieferten Fakten gehalten hat, und das liegt ja auch nahe, wenn eine detaillierte Quelle zur Verfügung steht. Bin allerdings nicht so versiert in militärischen Dingen und möchte deshalb nicht meine Hand ins (virtuelle) Feuer legen. Ich habe Flavius Josephus eine Weile nach dem Roman gelesen, aber um sicher zu gehen, müsste man wohl Roman und Quelle parallel lesen (was ich mir schon schwierig vorstelle) – und dazu noch Historiker oder zumindest sehr gut, das heißt, bis ins Detail informiert sein.:grübel:
 
Nachtrag: Lion Feuchtwanger hat Geschichte studiert. (Darauf hätte ich in Anbetracht seiner Vorliebe für historischen Stoff eigentlich früher kommen müssen...)
Und deshalb kann man davon ausgehen, dass er verantwortungsvoll mit den Fakten umgegangen ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Peter Berling schickt in seinem Buch "die Ketzerin" seine Romanheldin, Laurence de Belgrave, in die Schlacht von Muret.
Diese fand am 12. September 1213 stadt und entschied den Albigenserkreuzzug zu Gunsten Frankreichs.
Im Roman geht Berling weniger auf Taktik und Strategie ein.
Sein Augenmerk richtet sich vor allem auf den Tod Peters II. von Aragon, der die Okzitanier anführte sowie auf Laurences Schicksal nach der Schlacht.
Sie wird auf der Leiche Peters von Alan de Roucy (der denn König in der Schlacht erschlug) vergewaltigt.
 
Da fällt mir noch das wundervolle Buch "Asha-Sohn von Malta" von David Ball ein.
Im letzten Drittel des Buches erlebt der Leser die große Belagerung Maltas durch die Türken, 1565, mit.
Geschichte und Schlacht wird aus der Perspektive der drei Hauptfiguren erzählt.
Der Malteser Nicolo/Asha wurde als Kind von Kosaren entführt und gelangte nach Umwegen über Algerien an den Hof Sultan Sulaimanns des Prächtigen wo er aus Liebe zum Islam konvertiert und Karriere in der osmannischen Flotte macht. So nimmt er schließlich an der Belagerung seiner Heimat teil.
Nicolos Schwester, Maria Borg, durchlebt derweil auf Malta eine ärmliche und bittere Kindheit. Sie wird von einem katholischen Kleriker vergewaltigt, der ihr im Verlauf der Geschichte immer wieder über den Weg läuft.
Sie unterstützt ihren ungeliebten Vater beim Bau der Befestigungen der Johanniterritter. Dabei verliebt sie sich in den französischen Ritter Christian, der lieber Medizin studiert hätte und nur wegen eines Versprechens seiner Mutter gegenüber dem Johanniterordern beigetretten ist.

Schließlich gipfelt die Geschichte in der dramatischen Belagerung Maltas.
Der Fall St. Elmos. Die aufreibende Verteidigung Birgus und St. Angelos, sowie die Uneinigkeit unter den türkischen Feldherren und Admirale.
Der Autor versteht es eine dramatische, fiktive Geschichte (bei dem sogar meine Augen feucht wurden:) ) mit historischen Handlungen und Orten zu verbinden.

Zudem versäumt er es nicht zwischen den Kapiteln die historisch-politischen Ereignisse die zur Belagerung geführt haben, in kurzen Absätzen zu erläutern. Was für den Laien unter den Lesern sehr hilfreich ist.
 
De Leu van Vlanderen (Der Löwe von Flandern) von Henryk Conscience. Er machte Flämisch als Literatursprache hoffähig. Der Roman beschreibt den Freiheitskampf der Flamen gegen Philipp den Schönen. Vor allem am Beispiel der Stadt Brügge. Psychologisch gut beschrieben werden die beiden Brügger Freiheitshelden, der listig verschlagene Pieter de Coninck und der hitzige Jan Breydel. Höhepunkt des Romans ist die berühmte Schlacht der Goldenen Sporen 1302 auf dem Groninger Anger bei Kortrijk (Courtrai) Diese Schlacht spielt im nationalen Bewußtsein Belgiens bis heute eine große Rolle. Conscience erreicht dabei sicher sein Vorbild Sir Walter Scott. In einer epischen Breite beschreibt Conscience das Gelände, die Taktik und die Charaktere der Akteure. Es ist recht authentisch. Was einige Flamen ungerne hören, ist daß es sich keineswegs um eine rein nationale Auseinandersetzung Franzosen vs.Flamen handelte. So stand zum Beispiel das niederländische Brabant auf Seiten der Franzosen, die französischprachigen Bürger Namurs kämpften auf Seite der Flamen.
 
In "Michael der Finne" beschreibt Mika Waltari gleich mehrere Schlachten. Held ist Michael Pelzfuß, ein Simplizius Simplizissimus der die Reformation, die Hexenverfolgungen, den Bauernkrieg und den Sacco die Roma. Michaels Freund, der bärenstarke Söldner Andy Carlson liefert eine hinreißende Schilderung der Schlacht von Pavia in der primitiv bildhaften Sprache eines Landsknechts. Die beiden schließen sich der Armee der Bauern an und erleben das Gemetzel an der Donau, das der Truchseß von Waldburg anrichten läßt. Andy zwingt einige Bauern sich gemeinsam mit Michael im wahrsten Sinne des Wortes durchzuschlagen. Nach dem Gemetzel schließen sie sich den Bauern in Thüringen und Sachsen an und erleben die Schlacht von Frankershausen. Als Wundarzt schließt sich der Held schließlich dem kaiserlich/ spanischen Heer unter Frundsberg an und erlebt das Wüten der deutschen und spanischen Landsknechte in Rom
Michael flieht schließlich, angeekelt von Europa an den Hof Suleimans nach Konstantinopel. Ich habe den Roman schon mal im Thread "Historische Romane" genannt, aber er verdient es wiederholt genannt zu werden und hat mir noch viel besser gefallen, als "Sinuhe der Ägypter".
 
Von Bernard Cornwell wurde kürzlich der neueste Roman "Azincourt" veröffentlicht. Ich habe ihn mir bei einem Shopping-Trip in London gekauft und inzwischen gelesen.

Die Beschreibung der gleichnamigen Schlacht (1415) ist dem Autor sehr gut gelungen. Besonders hervorzuheben ist der Umstand, dass er auch neuere Forschungsergebnisse hat einfließen lassen, wonach die französische Übermacht bei weitem nicht so hoch und die englische Truppenstärke bei weitem nicht so niedrig war, wie oft behauptet wird.

Neben der ausgezeichnet und sehr anschaulich geschilderten Schlacht von Azincourt werden auch viele Details u.a. zu Bewaffnung, Strategie und Taktik in der zweiten Hälfte des Hundertjährigen Krieges beschrieben.

Gruß

Jacobum
 
Gerade erst gesehen das Thema.
Jacobum, bist du sicher das Tolstoi wirklich so "realistisch" schreibt? Er ist doch sehr stark Literat und betont im Nachwort, das er die von Historikern seiner Zeit betriebene Hermeneutik der Geschichte ablehnt.
Wenn denn also seine Helden schwer verletzt mit der Fahne in der Hand zu Boden gehen bekam man nichts von Zögern oder Angst mit, geschweige denn von den Schmerzen, die der Mann in dem Moment spüren mußte. Vielmehr kümmern ihn die Wolken. Wäre dies nur ein mal im Buch, könnte man noch annehmen, dem wäre so. Immerhin gibt es soetwas wie einen Schock.
Aber exakt die gleiche Situation trifft einen gewissen Fähnrich.

Nicht das wir uns falsch verstehen, ich halte vieles an den Schilderungen für sehr gut, und für seine Zeit bahnbrechend. Liest man sich aber die Einsatzberichte späterer Autoren durch, bekommt man den "Realismus" eben ganz logisch besser vor Augen geführt.
Die Schilderung nach Realismus müßte sich also immer an der Entstehungszeit und dem grad des literarischen Wesens des Autors orientieren.
 
Natürlich hat jeder Autor seinen eigenen Schreibstil. Hinzu kommt, dass auch jede Zeit ihre Art von literarischer Behandlung bestimmter Themen hat.

Das gilt natürlich auch für Tolstoi. Ich habe "Krieg und Frieden" vor etwa 15 Jahren gelesen (und gestehe, dass ich mir das momentan nicht noch einmal antun möchte), habe aber seine Kriegs- und Schlachtenschilderungen noch als beeindruckende Darstellungen im Gedächtnis.

Romanschriftsteller der Gegenwart gehen an solche Themen natürlich ganz anders ran. Eine romantische Verklärung wie im 19. Jh. wäre heute nicht mehr zeitgemäß. Viele Dinge, die damals umschrieben wurden oder ungenannt blieben, werden heutzutage z.T. sehr realistisch beschrieben (Und es zeichnet gute Autoren aus, wenn sie die Schilderung einer Schlacht nicht auf ein billiges und blutrünstiges Abschlachten mit viel action beschränken).
 
Wobei dabei eben die Frage nach dem von dir gewünschten Realismus abzuwägen ist mit den zeitlichen Gegebenheiten.
Tolstoi hat in meinen Augen keine Grenzen überschritten, keine Konventionen verletzt mit seiner Schlachtdarstellung. Da ist viel pathos, viel Glanz, eine gute Prise Dreck und Rauch dabei.
Da wäre es interessant, ihn mal neben andere Schlachtbeschreibungen aus seiner Zeit zu stellen. Besonders die US Literatur müßte da ja den ein oder anderen Roman bieten.

50 Jahre später, in einer Zeit in der im Kino bereits bilder flimmerten und die ersten gezeigten "realen" Schlachtszenen "Mütter in Ohnmacht fielen ließen und das Publikum protestierend den Saal verließ" schreibt Remarque einen Roman, in dem er nicht gnadenlos berichtet, aber doch sehr eindringlich und zum Teil sehr realistisch auf die Menschen der Schlacht wirklich eingeht.
Tolstoi berichtet nur über einen einzigen einfachen Soldaten etwas genauer, und der war vorher Offizier, wird zum Bösewicht und tunichtgut stilisiert, während die meisten, etwa die Kosaken, gesichtslose Waffenhalter bleiben. Emotionen, Wahrnehmung dieser Soldaten spielt wenig Rolle.

Hugo mit seinen Elenden war da deutlicher und gnadenloser, auch wenn Waterloo im Ablauf nicht realistisch wird, so sind die Eindrücke doch wesentlich grausiger beschrieben, der Mensch, natürlich programmatisch, immerhin nicht aus Pathos und Ehre geboren.
 
In seinem neuesten Roman "1356" beschreibt Bernhard Cornwell die Schlacht von Poitiers während des Hundertjährigen Krieges.

Es ist eine der weniger bekannten Schlachten dieses Krieges, die ein wenig im Schatten von Crécy und Azincourt stand. Aber immerhin wurde bei Poitiers der französische König gefangen genommen.
 
Mir hat die Schilderung der Seeschlacht von Svold im Roman Die Vinland-Saga von Josef Nyary sehr gut gefallen. Die ist zwar nicht historisch im Sinne von "was ist damals wie passiert", aber sie gibt sich alle Mühe, den Sagas gerecht zu werden, die die historischen Quellen für die Schlacht bilden; sehr, sehr viele Details habe ich da wiedererkannt. Sehr nett zu lesen, wenn man wissen will, wie ein Skalde die Schlacht besungen hätte, aber nicht besonders objektiv.
 
Mit "The Killer Angels" ist Michael Shaara m. E. eine ganz geglückte Darstellung der Schlacht von Gettysburg gelungen.

"Fire in the East" (Harry Sidebottom): beschreibt zwar die fiktive Belagerung der ebenso fiktiven römischen Stadt Arete durch die Sassaniden, scheint sich aber recht eng an den Forschungsstand bezüglich der Belagerung von Dura Europos zu halten. Allerdings gibt der Autor selbst zu, dass er mangels Masse an belastbaren Quellen sehr viele derzeit unwiderlegbare Thesen mit aufnehmen konnte.

Zuletzt noch die Seefahrerromane von Patrick O'Brian, in denen er einfach seine eigenen Protagonisten auf reale Seegefechte aufpropft wie z. B. den desaströsen Angriff eines britischen Fregattengeschwaders auf Grand Port 1810 ("The Mauritius Command", dt. "Geheimauftrag Mauritius") oder die sehr spannende Schilderung des Seegefechts der britischen "Java" gegen die USS "Constitution" im Krieg von 1812 ("Fortune of War", dt. "Kanonen auf hoher See").
 
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