Grabstein Familie Zeigler Dt. Kaiserreich

Fink Ployd

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Hallo liebe Geschichtsfreunde,

Beim Stöbern im Wikipedia Artikel zum Deutschen Kaiserreich stieß ich auf das folgende Foto eines Grabsteins:

File:Zeitler Familie 2.jpg - Wikimedia Commons

Der darauf gravierte Text beschreibt - für mich etwas befremdlich - beispielsweise die Umstellungen auf neue Masseinheiten, aber auch den Übergang des Rechtes diverse Urkunden auszustellen von der Kirche auf den Staat.

Meine Fragen hierzu: War dies so üblich? Gibt es andere Beispiele? Warum tat man dies?

Vielen lieben Dank!
 
War dies so üblich? Gibt es andere Beispiele? Warum tat man dies?
dass das - polit.-hist. Infos aus zeitgenössischer Sicht auf Grabsteinen - besonders üblich war, glaube ich nicht. Möglicherweise ist es in diesem Beispiel eine Art sehr sachlicher Patriotismus, sofern die Auflistung der Bezugserhöhungen von Arbeitern im Sinne einer positiven Veränderung gemeint sind (das geht aus dem sehr sachlichen Text nicht eindeutig hervor)

im weitesten Sinne patriotische Bekundungen auf Epitaphen dieser Zeit sind nicht ganz so selten.
 
Das ist natürlich kein typischer Grabstein.
Vor allem ist es absolut ungewöhnlich und ein bißchen kurios, dass auf dem Mausoleum Informationen zum Bau des Grabes selbst stehen.
Der Typus der gehobenen bis monumentalen Familiengrabstätte oder -gruft ist aber im Kaiserreich häufiger vertreten, und zwar im wohlhabenden Bürgertum.
Hier ein Beispiel aus meiner Heimatstadt:

File:2006-03 Gießen 12.jpg - Wikimedia Commons

Dieses Grab, zur gleichen Zeit entstanden, nimmt - wenn auch in viel konventionellerer Weise - ebenfalls auf die Zeitepoche Bezug: Viktoria schwebt über den im deutsch-französischen Krieg verstorbenen Toten.
 
Ja, es ist vor allem die Sachlichkeit, die diesen Text (auf einen Grabstein graviert) auf mich befremdlich wirken lässt.

Ich habe beim ersten Lesen aus dem Text noch einen ganz leichten negativen Unterton rauszuhören geglaubt, deshalb wirkte er anfangs wie eine zornig gegen die neuen Zeiten erhobene Faust noch aus dem Grab heraus - man verzeihe mir das schwache Bild.

Aber nach mehrmaligem Lesen bleibt nur die Sachlichkeit.
 
Ja, es ist vor allem die Sachlichkeit, die diesen Text (auf einen Grabstein graviert) auf mich befremdlich wirken lässt.

Ich habe beim ersten Lesen aus dem Text noch einen ganz leichten negativen Unterton rauszuhören geglaubt, deshalb wirkte er anfangs wie eine zornig gegen die neuen Zeiten erhobene Faust noch aus dem Grab heraus - man verzeihe mir das schwache Bild.

Aber nach mehrmaligem Lesen bleibt nur die Sachlichkeit.

Hallo Fink Ployd,
ich glaube, mit dem negativen Unterton hast du Recht. Die Inschriftenplatte muss freilich erst Jahrzehnte nach dem Bau eingefügt worden sein. Der eigenartigste Teil ist der mit der Rechtsfolge ganz am Ende - die Veränderung des Personenstandsrechts (1875), der das Reichsstrafgesetzbuch (1872) vorausgeht, und das Bürgerliche Gesetzbuch 1900 nachfolgt.
In der Tat mit sehr kritischem Unterton: "ein Strafgesetzbuch für alle Deutsche. Ein bürgerliches Gesetzbuch erst 1900."
Das einheitliche Strafrecht vor dem einheitlichen Zivilrecht.
Um die Richtung der Kritik näher beurteilen zu können, müsste man mehr über die Familie Zeitler wissen. Diese Platte dürfte jedoch ziemlich einzigartig sein.
 
So in etwa wie die von Prozesshanseln, die ihre Korrespondenz mit unterschiedlichen Behörden oder Staatsanwaltschaften eingescannt auf Websites präsentieren um Amtsleiter X oder Staatsanwältin Y zu diskreditieren?

Das könnte das Bedauern über die späte Einführung des BGB erklären - damit liießen sich dann Leute aus ganz Deutschland leichter mit Privatklagen überhäufen :)
 
Zweifellos ist die Inschrift kritisch gemeint. Einen Teil der Motivation kennen wir ja noch von den DM-Nostalgikern.

"Man kann gar nicht so schnell bauen, wie sich die Vorschriften ändern und alles teurer wird." Lohnerhöhungen wird man wohl nicht als positiv gesehen annehmen müssen bei Leuten, die sich ein Grabmal "für die Ewigkeit" hinstellen lassen.

Zu berücksichtigen ist aber als Hintergrund auch das:
Gründerkrach ? Wikipedia
 
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