Kriminalgeschichte des Christentums - Geschichtsklitterung mit System?

Auch beim Nobelpreis sei an Pearl S. Buck erinnert... Einen Preis zugesprochen zu erhalten besagt noch lange nichts darüber, ob die Qualität der Arbeit dies auch rechtfertigt, mediale Aufmerksamkeit hin oder her.
was ist denn in solchen Fällen häufiger: Fehlentscheidungen oder richtige Entscheidungen? In diesem Sinne ist es eher unwahrscheinlich, dass ein "Hetzer" für seine "Hetze" in diesem unserem Lande der letzten paar Jahrzehnte einen oder mehrere renommierte Preise verliehen bekam.
 
Ob man ihn als Hetzer bezeichnen will lasse ich mal dahingestellt sein, als Fanatiker aber in jedem Fall, und diesen Eindruck hatte ich auch bei persönlichen Begegnungen...
 
als Fanatiker aber in jedem Fall, und diesen Eindruck hatte ich auch bei persönlichen Begegnungen...
das ist erträglich - Kleiber war auch Fanatiker, Thielemann ist Fanatiker (die zwei letzteren in Sachen gut dirigieren) :):)
aber kehren wir zu Deschners nun abgeschlossenem 10-Bände-Opus zurück:
- es ist keine Dissertation ;)
- ich würde es bzgl. der Gattung als ungewöhnlich umfangreiche Streitschrift bezeichnen
- wie schon gesagt, hab ich auch schon besseres gelesen
- aber auch weitaus schlechteres...
evtl. verdienen die 10 Bände nicht das Geschrei, das darumherum veranstaltet wird (Deschner ist kein Proust, der von Band zu Band feiner wird)
 
Ich weiß nicht, warum auf dem Preis so herumgeritten wird. Den hat er schließlich für sein literarisches Werk 1988 erhalten, da war von der Kriminalgeschichte gerade einmal der erste Band (1986) erschienen.

Niemand wird Deschner verdenken können, dass er aufgrund des Unrechts, welches ihm von Seiten der Katholischen Kirche angetan worden ist, beleidigt reagierte.
Was Deschner vorgeworfen wird und werden muss ist, dass er sich nicht darauf beschränkt an der Kirche (oder den Kirchen) zu kritisieren, was zu kritisieren ist, sondern dass er zweckgebunden Geschichte dazu missbraucht, die Kirche(n) mit Schmutz zu bewerfen und zwar über den hinaus, den die Kirche(n) selbst produziert haben.
 
Ich weiß nicht, warum auf dem Preis so herumgeritten wird.
mir schien angemessen, angesichts von "Hetze" und Liebenfelsvergleich auf diese Weise zum relativieren und überdenken anzuregen (denn diese Wortwahl war zu starker Tobak) ((nebenbei hat er nicht nur 1988 einen, sondern über die Jahre hin mehrere Preise bekommen))

Was Deschner vorgeworfen wird und werden muss ist, dass er sich nicht darauf beschränkt an der Kirche (oder den Kirchen) zu kritisieren, was zu kritisieren ist, sondern dass er zweckgebunden Geschichte dazu missbraucht, die Kirche(n) mit Schmutz zu bewerfen und zwar über den hinaus, den die Kirche(n) selbst produziert haben.
das bitte ich, mir noch etwas ausführlicher zu erläutern: wie gelingt es ihm, Geschichte zu missbrauchen? Der Wiki-Artikel, den ich jetzt nicht nochmal zitiere, erklärt, dass an den von Deschner aufgeführten Fakten nichts zu rütteln sei - worim besteht dann der Missbrauch? Zieht er offensichtlich total falsche Schlüsse? (das wäre ja nur Blödheit, und die hätte zu Gelächter und nicht zu erbostem Aufruhr geführt)
 
Ich dachte, das hätte ich oben erläutert:

Halbwahrheiten kann man nicht widerlegen, man kann sie höchstens ergänzen, um ein schiefes Bild gerade zu rücken. Was Deschner vorgeworfen wird, ist ja nicht, dass er Geschichte erfände, sondern dass er nicht nach Gründen und Motiven fragt, Dinge unterschlägt und im Prinzip das Urteil schon vorher gesprochen hat also unausgewogen ist. Vor das Werturteil gehört das Sachurteil!
Natürlich kann man z.B. Kreuzzüge, Hexenverbrennung, Inquisition, das ein oder andere Konkordat erwähnen, bzw. man muss das sogar. Man sollte dabei aber nicht vergessen, dass etwa die Hexenverbrennung aus einem Mischmasch aus Teufelsglauben, Hysterie und Habgier mit wechselnden Anteilen bestand und von der Amtskirche eher abgelehnt wurde, dass die Inquisition im Mittelalter - bei allem Unschönen, was mir mit ihr verbinden - im Grunde einen Rechtsfortschritt bedeutete (etwas anderes ist die Spanische Inquisition), dass es innerkirchlich Kritiker der Kreuzzüge gab etc. pp. Wenn man das unterschlägt, muss man sich vorwerfen lassen, einseitig zu sein und keine historischen sondern ideologische Motivationen zu haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
das hatte ich gelesen -- mal ganz naiv gedacht: wenn einer schon partout nur eine Kriminalgeschichte irgendeiner Institution verfassen will, muss der dabei notwendig eventuell vorhandene gute Taten derselben umfangreich erwähnen?
Müssen muß ein Autor gar nichts. Aber wenn jemand als Historiker gesehen werden will ist es gefährlich, eine Mission zu haben, was bei Deschner ja unverkennbar der Fall ist. Beides gleichzeitig geht nicht: entweder man bemüht sich um ein gewisses "sine ira et studio" (was ja auch bei Tacitus schon nur teilweise klappte) oder man verfaßt ein polemisches Werk. In letzterem Fall scheidet er aus der historischen Diskussion allerdings aus.
 
das hatte ich gelesen -- mal ganz naiv gedacht: wenn einer schon partout nur eine Kriminalgeschichte irgendeiner Institution verfassen will, muss der dabei notwendig eventuell vorhandene gute Taten derselben umfangreich erwähnen?
Nein, nicht, wenn seine Absichten lauter sind. Wenn aber die Absichten die sind, aus der Geschichtsdarstellung etwas über die gemeinte Institution auszusagen, etwa dass diese durch und durch böse sei - und genau das tut Deschner - dann zeichnet derjenige ein schiefes Bild. Wenn z.B. Bischof XY eine Kriminalgeschichte des Christentums schriebe, um sich mit den Verfehlungen der Kirche und ihren Irrwegen auseinanderzusetzen, wäre das etwas völlig anderes. Da würde es dann um eine Kurskorrektur gehen (wie etwa bei Papst Johannes Paul II., der für diverse Verfehlungen der katholischen Kirche eine Bitte um Entschuldigung ausgesprochen hat). Statt Kollektivschuldtheorien zu pflegen, sollte man die Einzelfälle betrachten.

Wenn jemand eine Geschichte über die nationalsozialistischen Kontinuitäten in der FDP schriebe und daraus schlösse, dass die FDP die Nachfolgepartei der NSDAP sei, würde derjenige der FDP dann nicht furchtbar ungerecht werden? Würde man ihm nicht zu recht entgegenhalten, dass er den Naumann-Kreis in der Geschichte völlig überbetonen würde und dagegen das Parteiprogramm, einen Theodor Heuss oder eine ehemalige Grande Dame der FDP, Hildegard Hamm-Brücher unterschlagen würde, Einseitigkeit vorwerfen müssen?

@tannhäuser: Bei Tacitus' "sine ira et studio" muss man wohl annehmen, dass dies nur ein Lippenbekenntnis war und nicht sein wirkliches Konzept.
 
In letzterem Fall scheidet er aus der historischen Diskussion allerdings aus.
einerseits sind fachhistorische Publikationen nicht die absolute Krone des (nennen wir´s mal) Bücherschreibens, andererseits entscheidet der jeweilige Autor frei über die Form und Gattung, in der er das, was er mitteilen will, ausdrückt - am ehesten trifft meiner Ansicht nach der Gattungsbegriff Streitschrift auf Deschner "Opus Magnum" zu, und da gibt es keinen Grund, es an rein fachhistorischen Publikationen zu messen.
...ob alle seriösen historischen Werke so ganz ohne gelegentlichen Zorn verfasst wurden?

ich bin kein Wiki-Fan, aber der Abschnitt "Zielsetzung" hier http://de.wikipedia.org/wiki/Kriminalgeschichte_des_Christentums beschreibt recht gut die Intention Deschners - und ich sehe jetzt nicht, inwiefern seine "Kriminalgeschichte des Christentums" nicht zu historischen und kirchenhistorischen Überlegungen anregen sollte. Und letzteres scheint mir eine Intention dieses absichtlich einseitigen zehnbändigen Monstrums zu sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn aber die Absichten die sind, aus der Geschichtsdarstellung etwas über die gemeinte Institution auszusagen, etwa dass diese durch und durch böse sei - und genau das tut Deschner - dann zeichnet derjenige ein schiefes Bild.
es sei denn, sie (die gemeinte Institution) erwiese sich als böse...

Spaß beiseite: muss eine absichtlich einseitige Darstellung immer ein schiefes Bild sein?
 
es sei denn, sie (die gemeinte Institution) erwiese sich als böse...

Spaß beiseite: muss eine absichtlich einseitige Darstellung immer ein schiefes Bild sein?

Ist sie das nicht automatisch, wenn die Hälfte der Fakten weggelassen wird?
Wenn man in einem Gerichtsprozess nur die Zeugen der Anklage zu Wort kommen lässt und den Zeugen der Verteidigung den Zugang zum Saal verweigert?
 
Da ich nochmal mit dem Rauchwerk angesprochen wurde:

mir schien angemessen, angesichts von "Hetze" und Liebenfelsvergleich auf diese Weise zum relativieren und überdenken anzuregen (denn diese Wortwahl war zu starker Tobak)

Das ist jedenfalls auch Meinung von Historiker, die sich diplomatisch gewählt ("suggerieren"!) zu der primitiven Hetze Deschners äußern:

"Armin Pfahl-Traughber kritisiert an Deschners Buch Der Moloch, dass es teilweise auf gefälschten Quellen und rechtsradikaler Verschwörungsliteratur beruhe, an einen „Stammtisch-Diskurs“ erinnere und stellenweise suggeriere, dass „die US-Amerikaner schlimmer als die Nationalsozialisten waren“.

Weitere Worte zu dem Machwerk zu verlieren, ist Zeitvergeudung. Das sieht Deschner offenbar auch so, da er weder gegen den Vorworf gefälschter Quellen noch zur Verschwörungsliteratur oder fehlender bedeutender Quellen in der Sache Richtigstellungen finden konnte. Das passt zum Stammtischniveau und wie man sieht, ist Deschner der NS-Vergleich nicht fremd.


das bitte ich, mir noch etwas ausführlicher zu erläutern: wie gelingt es ihm, Geschichte zu missbrauchen? Der Wiki-Artikel, den ich jetzt nicht nochmal zitiere, erklärt, dass an den von Deschner aufgeführten Fakten nichts zu rütteln sei - worim besteht dann der Missbrauch? Zieht er offensichtlich total falsche Schlüsse? (das wäre ja nur Blödheit, und die hätte zu Gelächter und nicht zu erbostem Aufruhr geführt)
bezogen auf den "Moloch" ist das recht einfach, siehe oben:
Das Beispiel dieses Buches von Deschner zeigt, wie berechtigte Kritik und scharfer Diskurs in der Sache mittels Fehler, Halbwahrheiten und unprofessionellen Erklärungsansätzen einerseits und mit einem Sendungsbewusstsein des Autors andererseits verpackt wird, wobei Letzteres geradezu fanatische Züge annimmt.

Wie auch andere erläutert haben, hat das nichts damit zu tun, ob Deschner in seiner Faktenselektion widerlegt werden kann. Die Kritik wäre sicher weniger heftig, wenn die Halbwahrheiten und Auslassungen noch in der Sache einem scharfen Diskurs oder "nur" seiner Zuspitzung dienen würden. Das kann man bei dem Stammtischniveau seiner Ausführungen aber auszuschließen.
 
Das ist jedenfalls auch Meinung von Historiker, die sich diplomatisch gewählt ("suggerieren"!) zu der primitiven Hetze Deschners äußern:

"Armin Pfahl-Traughber kritisiert an Deschners Buch Der Moloch, dass es teilweise auf gefälschten Quellen und rechtsradikaler Verschwörungsliteratur beruhe, an einen „Stammtisch-Diskurs“ erinnere und stellenweise suggeriere, dass „die US-Amerikaner schlimmer als die Nationalsozialisten waren“.
da hab ich wohl was überlesen: ich dachte, hier ginge es um um die Kriminalgeschichte des Christentums - den Moloch von Deschner kenne ich nicht, kann nichts dazu sagen.
 
Ist sie das nicht automatisch, wenn die Hälfte der Fakten weggelassen wird?
Wenn man in einem Gerichtsprozess nur die Zeugen der Anklage zu Wort kommen lässt und den Zeugen der Verteidigung den Zugang zum Saal verweigert?
irgendwie scheine ich auf der Leitung zu stehen? also wenn einer eine Kriminalgeschichte verfasst, wozu sollte der dann parallel sämtliche gute Taten des Delinquenten aufzählen?
 
da hab ich wohl was überlesen: ich dachte, hier ginge es um um die Kriminalgeschichte des Christentums - den Moloch von Deschner kenne ich nicht, kann nichts dazu sagen.

Es geht mir nur um die Methodik seines "Arbeitens", was ich als beispielhaft ansehe und Übertragung unterstelle. Wenn hier zu berichten wäre, dass das in seinem Kirchenkrimi nicht der Fall ist (was ich mir als extremen Wechsel nun allerdings nicht entfernt vorstellen kann), wäre die Kritik natürlich im Thema gegenstandslos.
 
Ist sie das nicht automatisch, wenn die Hälfte der Fakten weggelassen wird?
Wenn man in einem Gerichtsprozess nur die Zeugen der Anklage zu Wort kommen lässt und den Zeugen der Verteidigung den Zugang zum Saal verweigert?

Seit wann werden bei einem Gerichtsprozess sämtliche gute Taten des Angeklagten aufgezählt?

jetzt verwirrst du mich zunehmend...

wenn ich es richtig sehe, dann zählt der Deschner in seinem zehnbändigen "Hauptwerk" die guten Taten der Kirchen bzw. des Christentums nicht auf, weil ihn diese weniger als die anderen Taten interessieren. Was daran methodisch für eine Streitschrift, eine Polemik nicht ok sein sollte, das verstehe ich noch nicht. (und wie wiederholt gesagt: die zehn Bände sind keine Habilitationsschrift an einer theologischen Fakultät)
 
Es geht mir nur um die Methodik seines "Arbeitens", was ich als beispielhaft ansehe und Übertragung unterstelle.
...der Vergleich hinkt, aber dennoch: Zauberberg und Buddenbrooks sind keine schlechten Romane, weil ihr Autor zwischendurch die Betrachtungen eines Unpolitischen geschrieben hat.
...das unterstellen wird jetzt aber hoffentlich nicht zur neuen Methode der Buchkritik? ;):):)
 
Wenn hier zu berichten wäre, dass das in seinem Kirchenkrimi nicht der Fall ist (was ich mir als extremen Wechsel nun allerdings nicht entfernt vorstellen kann), wäre die Kritik natürlich im Thema gegenstandslos.
Dabei sind die von ihm zusammengetragenen und ausgiebig belegten Fakten weitgehend unstrittig. Ihre Auswahl, Interpretationen und polemischen Zuspitzungen werden jedoch vielfach kritisiert.
Kriminalgeschichte des Christentums ? Wikipedia

(ganz unten im Wiki-Artikel ist noch ein interessanter Link zur Kritik)
 
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