Otto von Bismarck und seine Bündnispolitik/ Mündliches Abitur

Okay gut danke, da gibts noch eine Sache die ich nicht verstehe: Warum hast Italien 82 dem Zweibund angeschlossen? Was wollte Bismarck damit bezwecken?
War er nicht ein Feind Italiens?


Der Dreibund war gar nichts Bismarcks Idee. Die Initiative ging von Rom aus und Italien war außenpolitisch isoliert. Besonders stark war man mit Frankreich im Clinch. Italien suchte Schutz.
 
Bismarck hat durch seine Position in der Hinterhand lange Zeit verstanden, es zum offenen Bruch zwischen Russland und Österreich-Ungarn kommen zu lassen.
Du meinst sicher, dass er diesen offenen Bruch verhindert hat. Wenn ja: Sehe ich genauso.

Das geschah erst im Zuge der Bulgarienkrise und Bismarck hat aus dem Scherben seiner Bündnispolitik noch das beste gemacht. Es wurde 1887 mit Russland der Rückversicherungsvertrag abgeschlossen.
Das stimmt nicht ganz. Schon 1876 konnte Bismarck auf den Spannungen zwischen Russland und Österreich-Ungarn nicht mehr den Deckel draufhalten. In dem Jahr verabschiedete sich Russland wegen der orientalischen Krise aus dem drei Jahre zuvor geschlossenen Dreikaiserabkommen. 1881 wurde der Bruch nochmal unter lautem Zähneknirschen Russlands durch den Dreikaiserbund gekittet. Dieser Bund wurde 1887 nicht mehr verlängert, weil zwei Jahre zuvor wegen Bulgarien die Rivalität zwischen Russland und Österreich offen und unüberbrückbar ausgebrochen war. Der danach geschlossene Rückversicherungsvertrag war nur noch ein "Notnagel". Eine echte Lösung des Problems war er nicht.

Jedenfalls zeigt dieses Dreiecksverhältnis, dass Bismarck sehr wohl bereit war, Verträge mit zwei tief verfeindeten Mächten zu schließen.

Die deutsche Unterstützung für französische Kolonialpolitik hatte nur den einen Zweck, nämlich Frankreich von seiner Ostgrenze abzulenken und optimalerweise in Gegensatz zu Großbritannien zu bringen.
Warum führte das dann zu einer Isolation Russlands? Auch Russen und Franzosen waren seinerzeit verfeindet.

Eben doch und die Gründe hierfür habe ich schon dargelegt.
Eben doch was? Meinst Du, dass Bündnisse mit untereinander verfeindeten Mächten doch möglich waren? Dann stimme ich Dir zu.

Außerdem, welches Bündnis schloss Bismarck beispielsweise denn mit Großbritannien?
Wie ich geschrieben habe, hat Bismarck den Anstoß zur Mittelmeerentente gegeben. Dadurch wurde England an den Dreibund gebunden. Das war kein direktes Abkommen zwischen Großbritannien und dem Deutschen Reich, aber es stellte Verbindungen her. Und zu diesem Mittel musste Bismarck nur greifen, weil die Briten ein direktes Abkommen abgelehnt hatten. Dass Bismarck eine Annäherung an Großbritannien wollte, dürfte nicht umstritten sein.

Das Wohlwollen Großbritanniens war für Italiens aus geographischen, wirtschaftlichen und militärischen Gründen ebenfalls sehr wichtig. Aber auch Großbritannien hatte in jener Zeit Interesse sich an dem Dreibund anzulehnen. Der Dreibund war übrigens rein defensiv eingestellt.
Genau. Nebenbei: Welches andere Bündnis des Bismarck´schen Systems war denn offensiv angelegt?

Österreich-Ungarn hätte als dritten Partner Großbritannien bevorzugt, schon um später gegen Russland vorgehen zu können. Das waren jedenfalls Andrassys Träumereien. Das hat Bismarck erfolgreich hintertrieben.
Auch das belegt Bismarcks Ziel, keine Bündnisse für geplante Kriege zu schließen. Vielmehr sollte sein Bündnissystem Blockbildungen und Kriege verhindern.

MfG
 
Maelonn schrieb:
Du meinst sicher, dass er diesen offenen Bruch verhindert hat. Wenn ja: Sehe ich genauso.

Genau.

Maelonn schrieb:
Das stimmt nicht ganz. Schon 1876 konnte Bismarck auf den Spannungen zwischen Russland und Österreich-Ungarn nicht mehr den Deckel draufhalten. In dem Jahr verabschiedete sich Russland wegen der orientalischen Krise aus dem drei Jahre zuvor geschlossenen Dreikaiserabkommen. 1881 wurde der Bruch nochmal unter lautem Zähneknirschen Russlands durch den Dreikaiserbund gekittet. Dieser Bund wurde 1887 nicht mehr verlängert, weil zwei Jahre zuvor wegen Bulgarien die Rivalität zwischen Russland und Österreich offen und unüberbrückbar ausgebrochen war. Der danach geschlossene Rückversicherungsvertrag war nur noch ein "Notnagel". Eine echte Lösung des Problems war er nicht.

Das DreiKaiserabkommen von 1873 war ja auch "nur" sehr allgemein gehalten und ist von der Substanz nicht mit den späteren Verträgen nicht vergleichbar. Auch hier ging es Bismarck schon darum, Russland von Frankreich fernzuhalten.

Andrassy hatte im Zuge dieser Balkankrise mit dem Feuer gespielt und dabei seine ganze Politik der vergangenen Jahre, nämlich ein Bündnis mit den Status Quo Mächten, Großbritannien und dem Deutschen Reich, gegen die "Störenfriede", in erster Linie Russland und in zweiter Frankreich, in Schach zu halten. Gegen Russland wollte Andrassy sogar militärisch vorgehen, um die Schmach von 1849 zu tilgen. Als die Briten ihn zwangen Farbe zu bekennen, kniff Andrassy, da er sich mit den Russen schon im Juli 1876 in Reichstadt und nochmals im Frühjahr 1877 in Budapest, geeinigt hatte. Sein gewagtes Doppelspiel war gescheitert. Jedenfalls war der Schwenk Österreich-Ungarns von 1873 in Richtung Russland nur rein taktisch motiviert gewesen.

Kurz vor der Vereinbarung von Reichstadt hatte es im Mai 1876 in Berlin eine mehrtägige Besprechung zwischen Andrassy, Gortschakow und Bismarck gegeben. Hier wurde die Grundlage für einige Einigung zwischen den Kontrahenten gelegt.

Maelonn schrieb:
Jedenfalls zeigt dieses Dreiecksverhältnis, dass Bismarck sehr wohl bereit war, Verträge mit zwei tief verfeindeten Mächten zu schließen.

Ich weiß nicht, ob der Begriff tiefverfeindet es trifft. Es lag auch nicht ganz unwesentlich in der Person des österreichisch-ungarischen Außenministers, der eine ganz persönliche, erhebliche Antipathie gegen Russland hatte. Natürlich gab es Interessengegensätze auf dem Balkan, aber war man schon zu jenem Zeitpunkt tiefverfeindet?

Maelonn schrieb:
Warum führte das dann zu einer Isolation Russlands? Auch Russen und Franzosen waren seinerzeit verfeindet.

Russland war schon isoliert und hatte sicher kein Interesse sich für französische Interessen in Nordafrika mit Großbritannien noch ein weiteres Konfliktfeld zu eröffnen. Des Weiteren war Frankreich 1879/81 noch nicht bündnisfähig. Insofern schied als Bündnispartner aus.

Maelonn schrieb:
Wie ich geschrieben habe, hat Bismarck den Anstoß zur Mittelmeerentente gegeben. Dadurch wurde England an den Dreibund gebunden. Das war kein direktes Abkommen zwischen Großbritannien und dem Deutschen Reich, aber es stellte Verbindungen her. Und zu diesem Mittel musste Bismarck nur greifen, weil die Briten ein direktes Abkommen abgelehnt hatten. Dass Bismarck eine Annäherung an Großbritannien wollte, dürfte nicht umstritten sein.

Das ist falsch. Die Pläne für eine Mittelmeerentente gingen von Italien aus und waren bereits seit Herbst 1886 Gesprächsthema. Italien machte sich reichlich Sorgen wegen der französischen Expansionspolitik in Nordafrika. Schon in den vorhergegangen Jahren hatte man versucht mit London ins Geschäft zu kommen. Man bot Großbritannien Unterstützung für seine Politik in Ägypten an und erwartete als Gegenleistung Beistand gegen Frankreich leisten. Das war der Ausgangspunkt der Mittelmeerentente.
 
Das ist falsch. Die Pläne für eine Mittelmeerentente gingen von Italien aus und waren bereits seit Herbst 1886 Gesprächsthema.
Na, das ist jetzt vielleicht eine Interpretationsfrage. Das Abkommen ist unter Vermittlung von Bismarck zustandegekommen.


Italien machte sich reichlich Sorgen wegen der französischen Expansionspolitik in Nordafrika. Schon in den vorhergegangen Jahren hatte man versucht mit London ins Geschäft zu kommen. Man bot Großbritannien Unterstützung für seine Politik in Ägypten an und erwartete als Gegenleistung Beistand gegen Frankreich leisten. Das war der Ausgangspunkt der Mittelmeerentente.
Auch Österreich (und später Spanien) ist dem Abkommen beigetreten. Motiv hierfür war nicht Ägypten und auch nicht die Bedrohung Italiens durch Frankreich, sondern der Umstand, dass das Abkommen den Status Quo im Mittelmeer (damit auch britische Ansprüche) sicherte. Dazu gehörten Bosporus und Dardanellen und dazu gehörte die Existenz des Osmanischen Reichs. All das stellte russische Interessen infrage. Darum ging es sowohl den Briten als auch den Österreichern. Und indem Bismarck sowas vermittelt hat, verstieß er im Grunde gegen den Geist seines Rückversicherungsvertrags.

MfG

P.S.: Die Briten nahmen die "Krüger-Depesche" von Kaiser Wilhelm II. zum Anlass, die Mittelmeerentente aufzukündigen. Dabei gehörte Deutschland doch gar nicht zu den Unterzeichnern und Italien und Österreich konnten doch gar nichts für das Geschreibsel des Kaisers... Dieser britische Rückzug wäre nicht passiert, wenn es keine deutsche "Verwickelung" gegeben hätte und die Mittelmeerentente tatsächlich nur auf italienische Initiative zustande gekommen wäre und nur italienischen Interessen gedient hätte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Maelonn schrieb:
Na, das ist jetzt vielleicht eine Interpretationsfrage. Das Abkommen ist unter Vermittlung von Bismarck zustandegekommen.

Nö, das ist keine Interpretation, das ist Fakt. (1)


Maelonn schrieb:
Auch Österreich (und später Spanien) ist dem Abkommen beigetreten. Motiv hierfür war nicht Ägypten und auch nicht die Bedrohung Italiens durch Frankreich, sondern der Umstand, dass das Abkommen den Status Quo im Mittelmeer (damit auch britische Ansprüche) sicherte. Dazu gehörten Bosporus und Dardanellen und dazu gehörte die Existenz des Osmanischen Reichs. All das stellte russische Interessen infrage. Darum ging es sowohl den Briten als auch den Österreichern. Und indem Bismarck sowas vermittelt hat, verstieß er im Grunde gegen den Geist seines Rückversicherungsvertrags.

Natürlich hat Bismarck dieses Abkommen nach Kräften unterstützt und sich dafür in Rom und London entsprechend engagiert. Aber der Grundgedanke ging eindeutig von Rom aus.

Und ja, Bismarck verstieß gegen den Geist des Rückversicherungsvertrages. Aber Bismarck ging es darum, Großbritannien an die Seite Österreich-Ungarns zu schieben. Es ging ihm ja um nichts Geringeres als die Wahrung des Friedens und wenn Wien Großbritannien an seiner Seite hat, dann war die Gefahr eines russischen Griffs nach den Meerengen erheblich geringer einzustufen.


Maelonn schrieb:
P.S.: Die Briten nahmen die "Krüger-Depesche" von Kaiser Wilhelm II. zum Anlass, die Mittelmeerentente aufzukündigen. Dabei gehörte Deutschland doch gar nicht zu den Unterzeichnern und Italien und Österreich konnten doch gar nichts für das Geschreibsel des Kaisers... Dieser britische Rückzug wäre nicht passiert, wenn es keine deutsche "Verwickelung" gegeben hätte und die Mittelmeerentente tatsächlich nur auf italienische Initiative zustande gekommen wäre und nur italienischen Interessen gedient hätte.

Die Mittelmeerentente war genaugenommen schon mit der Nichtverlängerung des Rückversicherungsvertrages aus britischer Sicht obsolet geworden, denn die deutsche Diplomatie hat es für nötig befunden, dies in London auch noch mitzuteilen.



(1) Femers, Deutsch-Britische Optionen, S.220ff
 
Nö, das ist keine Interpretation, das ist Fakt. (1)
Okay. Wenn das da so geschrieben steht...

Natürlich hat Bismarck dieses Abkommen nach Kräften unterstützt und sich dafür in Rom und London entsprechend engagiert. Aber der Grundgedanke ging eindeutig von Rom aus.
Aha. Er hat sich in London und Rom dafür engagiert und ist in den Gesprächen dann als Vermittelter tätig geworden. Aber es war trotzdem nur eine römische Idee. Sehr logisch.

Und ja, Bismarck verstieß gegen den Geist des Rückversicherungsvertrages. Aber Bismarck ging es darum, Großbritannien an die Seite Österreich-Ungarns zu schieben. Es ging ihm ja um nichts Geringeres als die Wahrung des Friedens und wenn Wien Großbritannien an seiner Seite hat, dann war die Gefahr eines russischen Griffs nach den Meerengen erheblich geringer einzustufen.
Warum sollte ihn das interessiert haben? Deiner Auslegung nach waren doch Russland und Österreich seine wichtigsten und natürlichen Partner. Warum sollte er deren ohnehin schon ausreichend komplizierte Beziehung noch durch Hinzuziehung eines weiteren feindseligen Mitspielers verkomplizieren?

Die Mittelmeerentente war genaugenommen schon mit der Nichtverlängerung des Rückversicherungsvertrages aus britischer Sicht obsolet geworden, denn die deutsche Diplomatie hat es für nötig befunden, dies in London auch noch mitzuteilen.
Weder Russland noch Deutschland waren Teil der Mittelmeerentente. Was hatte der Rückversicherungsvertrag also damit zu tun? Russland soll für London kein Problem mehr gewesen sein, weil Deutschland plötzlich "aus dem Spiel" war? Gab es damit plötzlich keine italienischen Interessen mehr, die für die Mittelmeerentente ausschlaggebend gewesen wären?

Ich glaube übrigens, dass unsere Diskussion immer weniger mit der Ausgangsfrage zu tun hat.

MfG
 
Aha. Er hat sich in London und Rom dafür engagiert und ist in den Gesprächen dann als Vermittelter tätig geworden. Aber es war trotzdem nur eine römische Idee. Sehr logisch.

In der Tat, das ist sehr logisch, da Rom nämlich um Unterstützung in Berlin nachgesucht hat!

Warum sollte ihn das interessiert haben? Deiner Auslegung nach waren doch Russland und Österreich seine wichtigsten und natürlichen Partner. Warum sollte er deren ohnehin schon ausreichend komplizierte Beziehung noch durch Hinzuziehung eines weiteren feindseligen Mitspielers verkomplizieren?

Meiner Auslegung nach?

Wieso war Großbritannien denn gegenüber dem Deutschen Reich oder Österreich-Ungarn feindselig? Ist mir neu?

Die Briten hatten ein Interesse an der Erhaltung des Staus Quo im Mittelmeer, ganz besonders im östliche Mittelmeer. Noch genauer die Meerengen. Und woran hatten die Russen ein starkes Interesse? Und weshalb konnte es den Briten nicht gefallen, wenn die Meerengen für russische Kriegsschiffe geöffnet worden wären?

Weder Russland noch Deutschland waren Teil der Mittelmeerentente. Was hatte der Rückversicherungsvertrag also damit zu tun? Russland soll für London kein Problem mehr gewesen sein, weil Deutschland plötzlich "aus dem Spiel" war? Gab es damit plötzlich keine italienischen Interessen mehr, die für die Mittelmeerentente ausschlaggebend gewesen wären?


In London hatte man durchaus Kenntnis vom Dreibund und das hinter Wien Berlin stand. Überlege doch einmal: Wozu benötigte Großbritannien noch die Mittelmeerentente wenn das Deutsche Reich nicht mehr mit Russland verbunden war?

Durch die Nichtverlängerung stand aus britischer Sicht das Deutsche Reich bereits in einem Gegensatz zu Russland. Wozu noch eine Bindung eingehen? Das Deutsche Reich würde es sicher doch nicht mit beiden Flügelmächten verderben wollen oder?

Und wie bemerkte Lord Salisbury doch: " Ich vermisse bei den deutschen Freunden den Scharfsinn des alten Mannes."
 
In der Tat, das ist sehr logisch, da Rom nämlich um Unterstützung in Berlin nachgesucht hat!
Das ist nicht die Frage. Die Frage lautet: Warum hat Berlin die Unterstützung gewährt, wenn es sich dadurch in einen Konflikt mit Russland bringen musste, das Deiner Auslegung nach neben Österreich der einzige logische Verbündete Deutschlands sein musste?

Meiner Auslegung nach?
Ja. Ich wüsste nicht, wie man Deine folgende Aussage sonst interpretieren sollte:
Nach Lage der Dinge konnte die Verbündeten nur Österreich-Ungarn und Russland heissen.

Wieso war Großbritannien denn gegenüber dem Deutschen Reich oder Österreich-Ungarn feindselig? Ist mir neu?
Erstens sprach ich davon, dass Deutschland das ohnehin schon komplizierte Verhältnis zwischen RUSSLAND und ÖSTERREICH durch Hinzufügung eines feindseligen Dritten komplizierter machte. Dass ein feindseliges Verhältnis zwischen Russland und England bestand, steht ja wohl außer Zweifel. Zweitens war auch das deutsch-britische Verhältnis nicht von herzlicher Freundschaft geprägt und ein Bündnis zwischen England und Italien dürfte in Österreich auch nicht zwingend wohlwollend aufgenommen worden sein, da Österreich und Italien auch so ihre Probleme miteinander hatten.

Die Briten hatten ein Interesse an der Erhaltung des Staus Quo im Mittelmeer, ganz besonders im östliche Mittelmeer. Noch genauer die Meerengen. Und woran hatten die Russen ein starkes Interesse? Und weshalb konnte es den Briten nicht gefallen, wenn die Meerengen für russische Kriegsschiffe geöffnet worden wären?
Das ist auch nicht die Frage. Vielmehr lautet sie: Warum hat Deutschland hier britische Interessen gegen Russland gestürtz, obwohl doch Russland einer von zwei möglichen Verbündeten Deutschlands war?

Überlege doch einmal: Wozu benötigte Großbritannien noch die Mittelmeerentente wenn das Deutsche Reich nicht mehr mit Russland verbunden war?
Willst Du andeuten, dass die Briten einen Krieg gegen Russland wollten und daran nur durch Deutschland gehindert wurden? Dann ist umso weniger erklärlich, warum sie sich dem Dreibund angenähert und damit deutschen Interessen Vorschub geleistet haben. Mit der Mittelmeerentente hat England an der Seite Deutschlands seine Stellung gegenüber Russland gestärkt. Warum das obsolet gewesen sein soll, nachdem die Bindung zwischen Berlin und Moskau brüchig geworden war, verstehe ich nicht.

Und wie bemerkte Lord Salisbury doch: " Ich vermisse bei den deutschen Freunden den Scharfsinn des alten Mannes."
Tja, was mag er damit wohl gemeint haben? Wie Du zweifellos weißt, wurde dieser Satz geäußert, nachdem Bismarck im Ruhestand und sein Bündnissystem in sich zusammengebrochen war.

Dabei belasse ich es jetzt mal...

MfG
 
Ach ja, Wikipedia übersieht in seinem Artikel, das am 24.November 1887 eine neue, eine 2.Mittelmeerentente abgeschlossen worden war. Sie wurde am 12.Dezemer 1887 via Notenaustausch vollzogen.
 
Hey Turgot, danke dir und den anderen, ihr habt mit auf jeden Fall geholfen. Aber eine Frage habe ich noch:
Es ging ganz sicher auch darum, das beide Mächte sehr gerne die andere vorschieben wollten, um selbst in der so vorteilhaften Position der Hinterhand bleiben wollten. Keiner wollte für den anderen "die Kastanien aus dem Feuer holen."
was meinst du mit vorschieben, um so in der vorteilhaften Position zu sein? Und mit den ,, Kastanien,, meinst du den Konflikt auf dem Balkan oder?
 
So langsam gewinne ich den Eindruck, du möchtest gar nicht verstehen. Ich fasse mich möglichst kurz.

Maelonn schrieb:
Das ist nicht die Frage. Die Frage lautet: Warum hat Berlin die Unterstützung gewährt, wenn es sich dadurch in einen Konflikt mit Russland bringen musste, das Deiner Auslegung nach neben Österreich der einzige logische Verbündete Deutschlands sein musste?


Habe ich schon erläutert. Stichwort ist die britische Diplomatie quasi im Dienst für ÖU zu nehmen.

Maelonn schrieb:
Ja. Ich wüsste nicht, wie man Deine folgende Aussage sonst interpretieren sollte:

Glaube nicht alles was bei Wiki steht. Meine Kenntnisse stammen jedenfalls aus zahlreichen wissenschaftlich Werken, die sich auf der Höhe der Forschung befinden. Literaturhinweise findest du hier:

http://www.geschichtsforum.de/f58/literaturempfehlungen-f-r-die-zeitspanne-von-1870-1914-a-36907/


Maelonn schrieb:
Erstens sprach ich davon, dass Deutschland das ohnehin schon komplizierte Verhältnis zwischen RUSSLAND und ÖSTERREICH durch Hinzufügung eines feindseligen Dritten komplizierter machte. Dass ein feindseliges Verhältnis zwischen Russland und England bestand, steht ja wohl außer Zweifel. Zweitens war auch das deutsch-britische Verhältnis nicht von herzlicher Freundschaft geprägt und ein Bündnis zwischen England und Italien dürfte in Österreich auch nicht zwingend wohlwollend aufgenommen worden sein, da Österreich und Italien auch so ihre Probleme miteinander hatten.

Es bedarf keiner Großbuchstaben! Und nochmals. Du argumentiert an den entscheidenden Punkt einfach vorbei. Es ging darum, das ÖU nicht allein auf dem Balkan und der Meerengenfrage ist und britische Unterstützung genießt.

Das ist auch nicht die Frage. Vielmehr lautet sie: Warum hat Deutschland hier britische Interessen gegen Russland gestürtz, obwohl doch Russland einer von zwei möglichen Verbündeten Deutschlands war?

Natürlich ist das die Frage. Du hast die Intentionen Bismarcks Außenpolitik nicht verstanden. Und wir drehen uns im Kreise. Großbritannien wurde für Österreich-Ungarn benötigt und "dienstbar" gemacht.

Willst Du andeuten, dass die Briten einen Krieg gegen Russland wollten und daran nur durch Deutschland gehindert wurden? Dann ist umso weniger erklärlich, warum sie sich dem Dreibund angenähert und damit deutschen Interessen Vorschub geleistet haben. Mit der Mittelmeerentente hat England an der Seite Deutschlands seine Stellung gegenüber Russland gestärkt. Warum das obsolet gewesen sein soll, nachdem die Bindung zwischen Berlin und Moskau brüchig geworden war, verstehe ich nicht.

Ganz gewiss nicht. Und ja, du verstehst wirklich nicht. Wenn das Deutsche Reich seinen Draht nach Moskau freiwillig löst, damit also Russland in Frankreich Arme treibt, wozu bedarf es dann aus britischer Sicht eines indirekten Bündnisses mit dem Deutschen Reich?
 
Hey Turgot, danke dir und den anderen, ihr habt mit auf jeden Fall geholfen. Aber eine Frage habe ich noch: was meinst du mit vorschieben, um so in der vorteilhaften Position zu sein? Und mit den ,, Kastanien,, meinst du den Konflikt auf dem Balkan oder?

Damit ist gemeint, das der jeweils andere Partner sich für die gemeinsamen Belange einsetzten soll und man selbst nicht mit den Kontrahenten in Streit gerät und ggf. möglicherweise noch einen Ausgleich vermittelt.
 
Nochmals zu Großbritannien:

Das Deutsche Reich hat Großbritannien Anfang April 1890 umfassende Verständigungsbereitschaft signalisiert. Ziel war ein Bündnis. Als Grund gab der deutsche Diplomat Berchem gegenüber den britischen Botschafter Malet die Loslösung von Russland an. Es wurde entschiedene Unterstützung in der Bulgarienfrage angeboten. Man war bereit sich Großbritannien in die Arme zu werfen.

Salisbury hatte gegen einen kolonialpolitischen Ausgleich nichts einzuwenden. In der Bulgarienfrage wollten die Briten die Deutschen aber lediglich vorschieben; mehr nicht.

Das Reich leistete aber für London noch wertvolle Dienste. Beispielsweise hat man1897 beim Sultan die Räumungsfrist für Ägypten vermittelt.

1895 war Salisbury noch daran interessiert, in Kooperation mit dem Deutschen Reich, das Osmanische Reich aufzuteilen. Daran hatte das Reich aber kein Interesse, da es in der Türkei eigene Ambitionen hatte, die sich nicht mit einer Auflösung vertrugen. Damit war das Misstrauen der Briten geweckt.
1896 hat sich Wilhelm II. mit der Krüger Depesche einen echten Fehltritt geleistet, der internationales Aufsehen erregte.

Und als Ende 1897 herausposaunt wurde, man wolle jetzt Weltpolitik betreiben, 1898 die Konzessionierung der Bagdadbahn unter Dach und Fach gebracht worden war, sah Großbritannien seine Position am Persischen Golf gefährdet. 1897 begann auch der Ausbau der Flotte.

Großbritannien hat Italien in seinem Krieg gegen Äthopien, vor allem nach der Niederlage bei Adua, dann weder militärisch noch finanziell unterstützt.
 
1895 war Salisbury noch daran interessiert, in Kooperation mit dem Deutschen Reich, das Osmanische Reich aufzuteilen. Daran hatte das Reich aber kein Interesse, da es in der Türkei eigene Ambitionen hatte, die sich nicht mit einer Auflösung vertrugen. Damit war das Misstrauen der Briten geweckt.

Wir befinden uns allerdings hier kurz vor Aufgabe der "splendid Isolation - und in der Situation der zunehmenden Überforderung in der politischen und militärischen Erhaltung des Status Quo durch Großbritannien.

Die "Visionen" von Salisbury betrafen den Kollaps des Osmanischen Reiches, hervorgerufen durch innere und äußere (von Großbritannien nicht betriebene) Umstände.

Für diesen Fall wollte man aktiv werden und damit dem Zugriff Russlands auf die Dardanellen - dem Alptraum für die strategische Lage "Suez-Indien" - zuvorkommen. In der RN befasste man sich bereits mit Szenarien, wie auf eine handstreichartige russische Besetzung der Meerengen umzugehen sei. Der Offenbarungseid war, dass man dem allein "east of Malta" nichts entgegensetzen könne, zumal der zweite "koloniale Gegner" Frankreich im westlichen Mittelmeer saß.

Das Deutsche Reich hatte allerdings seine eigenen "orientalischen Träume".
 
Wir befinden uns allerdings hier kurz vor Aufgabe der "splendid Isolation - und in der Situation der zunehmenden Überforderung in der politischen und militärischen Erhaltung des Status Quo durch Großbritannien.

Ja, das hatte Chamberlain dann am 13.Mai 1898 in Birmingham in einer aufsehenerregenden Rede deutlich vorgetragen.
 
Eigentlich wollte ich ja nicht, aber ich kann gerade nicht aus meiner Haut...

So langsam gewinne ich den Eindruck, du möchtest gar nicht verstehen. Ich fasse mich möglichst kurz.
Lieber @Turgot, verzeih mir, wenn ich Deinem fundierten Fachwissen nicht den gebührenden Respekt gezollt haben sollte. Aber ich meinerseits habe auch langsam den Eindruck, dass Du nicht verstehen willst. Deshalb werde auch ich mich möglichst kurz fassen:

Ausgangspunkt unserer Diskussion war Deine Behauptung, dass für Bismarck als Bündnispartner Deutschlands nur Russland und Österreich-Ungarn in Frage kamen. Und das ist nunmal einfach falsch. Nicht umsonst haben Zeitgenossen dem ollen Bismarck vorgehalten, dass er auf einem Pferderücken sitzend mit FÜNF Bällen zu jonglieren versuche, nicht etwa mit zweien.

Bismarcks Nachfolger haben sich auf ganz bestimmte Partner festgelegt. Das genau meinte Salisbury, als er öffentlich den "Scharfsinn des alten Mannes" vermisste. Jener "alte Mann" hatte Deutschland nämlich genau NICHT durch Bündnisse an eine oder zwei ganz bestimmte Mächte gebunden. Verzeih die Großbuchstaben. ICH fand sie hier wichtig, auch wenn Du das anders sehen solltest.

Es bedarf keiner Großbuchstaben!
Offensichtlich doch. Ich sprach nämlich von Spannungen zwischen Russland und Österreich und Du merktest spitzfindig an, dass Dir von einer Feindseligkeit zwischen England und Deutschland nichts bekannt sei. Hierzu merke ich spitzfindig an, dass Du vielleicht nochmal Deine Literaturempfehlungen durchstöbern solltest. Dann findest Du ganz sicher Hinweise auf deutsch-britische Spannungen, auf die ich in dem Zusammenhang gar nicht angespielt hatte.

Du argumentiert an den entscheidenden Punkt einfach vorbei. Es ging darum, das ÖU nicht allein auf dem Balkan und der Meerengenfrage ist und britische Unterstützung genießt.
Die "britische Unterstützung" hatte aber ihren Preis. Sie war nur zu bekommen, indem man den Briten Zugeständnisse machte. Und zwar Zugeständnisse auf Kosten Russlands! Zugeständnisse, die überwiegend nichtmal Österreich nutzten! Welches Interesse hatte Österreich denn an den Dardanellen, am Bosporus oder an der Kap-Kairo-Linie? Warum machte Bismarck das, obwohl Russland doch Deiner Ansicht nach neben Österreich der einzige in Frage kommende Bündnispartner Deutschlands war?

Ganz gewiss nicht. Und ja, du verstehst wirklich nicht. Wenn das Deutsche Reich seinen Draht nach Moskau freiwillig löst, damit also Russland in Frankreich Arme treibt, wozu bedarf es dann aus britischer Sicht eines indirekten Bündnisses mit dem Deutschen Reich?
Verzeih mir meine Dummheit. Ich bin beschämt.

Obwohl: Hat das Deutsche Reich denn überhaupt seinen Draht nach Moskau freiwillig gelöst? War es nicht eher so, dass MOSKAU unter den gegebenen Bedingungen keinen Bock mehr hatte, in den alten Bündnissen zu verbleiben?

Aber zu Deiner Frage: Als die Mittelmeerentente geschlossen wurde, war sie für Großbritannien ein Mittel, in einem möglichen Konflikt mit Russland deutsche Neutralität, vielleicht sogar "wohlwollende" deutsche Neutralität zu bekommen. Wieso sollte das "überflüssig" geworden sein, nachdem das deutsch-russische Verhältnis abkühlte? Das war doch geradezu der Sinn der Übung für die Briten. Hätten sie ihr indirektes Bündnis mit dem Deutschen Reich nicht eher stärken müssen, nachdem ihre Politik Erfolge zeigte?

Die Mittelmeerentente wurde für Großbritannien nicht verzichtbar, weil Deutschland und Russland sich "zerstritten" haben, sondern weil Großbritannien und Russland sich einander annäherten. An Deutschland vorbei und am Ende sogar unter Beteiligung Frankreichs (Triple Entente). Genau das war es, was Bismarck stets zu verhindern versucht hatte.

MfG
 
Ausgangspunkt unserer Diskussion war Deine Behauptung, dass für Bismarck als Bündnispartner Deutschlands nur Russland und Österreich-Ungarn in Frage kamen. Und das ist nunmal einfach falsch. Nicht umsonst haben Zeitgenossen dem ollen Bismarck vorgehalten, dass er auf einem Pferderücken sitzend mit FÜNF Bällen zu jonglieren versuche, nicht etwa mit zweien.


Anstatt meine Aussage zu verneinen, für die ich Argumente geliefert habe, bzw. zu behaupten, solltest du für deine These Fakten liefern. Die bist du bisher schuldig geblieben.

Beispielsweise hatte Bismarck in seinem Spiel mit dem fünf Kugeln im Oktober 1879 den dortigen deutschen Botschafter Graf Münster beauftragt, herauszufinden, wie sich London verhalten würde, wenn sich das Reich weiteren Zumutungen von Petersburg zu versagen. Das ganze war ein deutlicher Wink nach Petersburg, um den Handlungsspielraum des Deutschen Reichs zu demonstrieren. Beabsichtigt war Druck auszuüben, damit das Zarenreich sich wieder mit Berlin und Wien wieder verbündet. 1881 war es schließlich auch soweit.

Zum Thema Großbuchstaben:

Ich denke, du weißt, welche Bedeutung diese in einer Forendiskussion haben. Schreien ist alles andere als hilfreich in einer Diskussion.

Die "britische Unterstützung" hatte aber ihren Preis. Sie war nur zu bekommen, indem man den Briten Zugeständnisse machte. Und zwar Zugeständnisse auf Kosten Russlands! Zugeständnisse, die überwiegend nichtmal Österreich nutzten! Welches Interesse hatte Österreich denn an den Dardanellen, am Bosporus oder an der Kap-Kairo-Linie? Warum machte Bismarck das, obwohl Russland doch Deiner Ansicht nach neben Österreich der einzige in Frage kommende Bündnispartner Deutschlands war?

Dir ist doch sicher nicht entgangen, das die Dreikaiservereinbarung 1887 tot war. Ich habe dir schon mehrfach erläutert, weshalb Bismarck die Mittelmeerentente beförderte. Das waren keine Kosten, die das Reich zu entrichten hatte und deshalb für Bismarck auch nicht relevant. Bismarck hatte Interesse an Reibungen, so, dass das Deutsche Reich immer benötigt wurde, aber ganz gewiss kein Interesse daran, das Russland sich auf dem Balkan, vor allem den östlichen Balkan samt Meerengen, ausbreitet und Österreich-Ungarn den entweder tatenlos zusehen muss oder es zu einer militärischen Auseinandersetzung kommt. In dem Großbritannien auf dem Erhalt des Status Quo verpflichtet wurde, hatte ÖU einen Partner. Und auch hier gilt: Nicht nur immer verneinen, sondern einmal fundierte Argumente formulieren.

Deine ganzen persönlichen Spitzen kannst du dir übrigens getrost schenken. Und Wikipedia ist nicht immer der Weisheit letzter Schluss.
 
Deine ganzen persönlichen Spitzen kannst du dir übrigens getrost schenken. Und Wikipedia ist nicht immer der Weisheit letzter Schluss.
Überdenk lieber Deinen eigenen Diskussionsstil. Einem Diskussionspartner, der anderer Meinung ist als Du, permanent nachzusagen, er beziehe sein Wissen nur aus Wikipedia, ist ziemlich selbstgerecht.

Zum Thema Großbuchstaben:

Ich denke, du weißt, welche Bedeutung diese in einer Forendiskussion haben. Schreien ist alles andere als hilfreich in einer Diskussion.
Mach Dich mal schlau über das Stichwort "Nettiquette". Zum Beispiel bei Wikipedia ist das erklärt :scheinheilig:. Da lässt sich nachlesen, dass das ANDAUERNDE Schreiben in Großbuchstaben als Schreien empfunden wird. Wie hilfreich oberlehrerhaftes Auftreten für eine Diskussion ist, will ich hier nicht weiter erörtern.


Anstatt meine Aussage zu verneinen, für die ich Argumente geliefert habe, bzw. zu behaupten, solltest du für deine These Fakten liefern. Die bist du bisher schuldig geblieben.
Im Zentrum unseres Disputs steht weiterhin Deine Behauptung, nur Russland und Österreich seien als Bündnispartner Deutschlands infrage gekommen. Ich habe nun mehrfach Bündnisse genannt, die belegen, dass Deine Behauptung absurd ist. Auch Bismarck selbst hat das bewiesen, indem er nicht nur mit Russland und Österreich paktiert hat, sondern auch mit Italien und (indirekt) mit England und indem er in das System auch Spanien und Balkanländer integriert und das Osmanische Reich gestützt hat. Welche weiteren "Fakten" Du von mir erwartest, weißt wohl nur Du selbst.


Dir ist doch sicher nicht entgangen, das die Dreikaiservereinbarung 1887 tot war.
Bismarck hat das mit dem Rückversicherungsvertrag zu kitten versucht. Im Übrigen war bereits der Dreibund mit einer Annäherung an Großbritannien verbunden. Und der wurde 1882 geschlossen, ein Jahr nach dem Dreikaiserbund.

Lies nochmal Deinen eigenen Post durch. Zuerst beharrst Du auf der Behauptung, dass nur Österreich und Russland als Bündnispartner infrage kamen, um dann wortreich darzulegen, wie ein Bündnis mit Großbritannien genutzt wurde, um Russland zu bremsen (übrigens eine Sicht der Dinge, der ich zustimme). Mir scheint, dass Du langsam Deiner eigenen Argumentation nicht mehr folgen kannst.

In dem Großbritannien auf dem Erhalt des Status Quo verpflichtet wurde, hatte ÖU einen Partner.
Großbritannien wurde "verpflichtet"? Wie das denn? Ach egal. EOD
 
Ausgangspunkt unserer Diskussion war Deine Behauptung, dass für Bismarck als Bündnispartner Deutschlands nur Russland und Österreich-Ungarn in Frage kamen. Und das ist nunmal einfach falsch. Nicht umsonst haben Zeitgenossen dem ollen Bismarck vorgehalten, dass er auf einem Pferderücken sitzend mit FÜNF Bällen zu jonglieren versuche, nicht etwa mit zweien.
Die Behauptung habe ich so nicht bei Turgot gefunden, möglicherweise hast Du ihn da missverstanden. Vielmehr hat er darauf hingewiesen, dass nach Lage der Dinge Österreich und Russland für Bismarck als Bündnispartner in Frage kamen, und bzgl. Großbritannien entsprechend erfolglose Versuche unternommen wurden.

Das ist so auch völlig richtig dargestellt. Hier sollte man eine Trennschärfe beibehalten, und Bündnisambitionen (->GB) mit vorhandenen Bündnissen (die sich auf die Kernfrage ausrichten, ob im Kriegsfall Neutralität, defensives oder offensives Verhalten verbindlich zugesagt wird) auseinander halten.

So konnte Bismarck kein Bündnis mit GB erreichen (und damit Russland "ablösen", bzw. verzichtbar machen, wie angestrebt). "Unterhalb" dieser Bündnisfrage gab es selbstverständlich Absprachen und Arrangements, auch für die Peripherie. Dafür nun den Begriff des "indirekten Bündnisses" einzuführen, halte ich nicht für sinnvoll.

Auch die Mittelmeerentente stellte keine Bündnis-Bindung zwischen GB/DR her. Großbritannien verpflichtete sich selbst gegenüber den Signatarmächten ... eigentlich ... zu gar nichts, somit erst recht nicht in Richtung auf das Deutsche Reich wie auch umgekehrt:

"In the interest of peace and of the independence of the territories adjacent to the Mediterranean sea, Her Majesty's Government wish to act in the closest concert and agreement with that of Italy. Both powers desire that the shores of the Euxine, the Aegean, the Adriatic and the northern coast of Africa shall remain min the same hands as now. If, owing to some calamitous events, it becomes impossible to maintain the absolute status quo, both powers desire that there shall be no extension of the domination of any other Great Power over any portion of those coasts. It will be the earnest desire of H. M.'8 Government to give their best cooperation, as hereinbefore expressed, to the Government of Italy in maintaining these cardinal principles of policy."
Text der britischen Note nach Pribram, Secret Treaties of A-H 1879-1914, Volume I, S. 104.


Die "britische Unterstützung" hatte aber ihren Preis. Sie war nur zu bekommen, indem man den Briten Zugeständnisse machte. Und zwar Zugeständnisse auf Kosten Russlands! Zugeständnisse, die überwiegend nichtmal Österreich nutzten! Welches Interesse hatte Österreich denn an den Dardanellen, am Bosporus oder an der Kap-Kairo-Linie? Warum machte Bismarck das, obwohl Russland doch Deiner Ansicht nach neben Österreich der einzige in Frage kommende Bündnispartner Deutschlands war?

Der Sinn und die Zielsetzung für Bismarck liegen doch auf der Hand: mit der Mittelmeer-Entente wird Russland unter Druck gesetzt, und in die "Rückversicherung" mit Deutschland "befördert". Das Bismarck dann dort nun wieder Russland die deutsche Zuarbeit für das Erreichen der Dardanellen in Aussicht stellt, diametral dem von ihm unterstützten Mittelmeerabkommen entgegen gesetzt, zeigt nur das doppelte "Spiel", was er hier trieb, denn zugleich war es der Versuch der weiteren Annäherung an Großbritannien zwecks Endziel einer "Ersetzbarkeit" von Russland als Bündnispartner.

Auch wenn die Bezeichnung populär ist: man sollte das "Spiel mit 5 Kugeln" nicht mit Bismarcks Bündnisaspirationen (->GB) und Bündnisschließungen gleichsetzen. Zum einen zielen die 5 Kugeln auch auf Arrangements (temporär und in der "Peripherie"), zum anderen misslang das Spiel bzgl. GB, und war bzgl. Frankreich nicht auf ein europäisches Bündnis, sondern die Isolierung desselben gerichtet. Kugel ist also nicht gleich Kugel. Und ob hier GB mit Bismarck spielte oder umgekehrt, wäre auch noch die Frage. Verläßt man eine eher deutschzentrische Sichtweise und Geschichtsdarstellung, und wendet sich den angelsächsischen Darstellungen zu, dann wird Bismarck zu einem ein nur regionalen Aspekt der globalen britischen Sichtweise und Balance-Bemühungen, die sich bis 1904 gegen Frankreich und bis 1907 (bzw. sogar 1914!) gegen Russland richteten.
 
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Zur Mittelmeerentente:

Die Tatsache, dass man (man ist das Deutsche Reich) Großbritannien rigoros den Partner (Österreich-Ungarn) zuschob, an dessen territorialer Integrität das Deutsche Reich ein weitaus größeres Interesse hatte (1), wurde mit folgender Feststellung kommentiert, „derselbe auch nicht erwarte, daß wir uns an Unternehmungen gegen Rußland beteiligen, sondern nur, daß wir Frankreich in Schach halten, und das werden wir besorgen.(2)

Das Deutsche Reich blieb also in der Hinterhand. Großbritannien hat sich erstmals seit langer Zeit überhaupt vertraglich an Italien und Österreich-Ungarn vor Ausbruch einer Krise gebunden. Das war eine beachtlich Leistung und Bismarck ist es aus der Hinterhand gelungen, Österreich-Ungarn in eine neue Mächtegruppierung zu leiten. So wurde für Österreich-Ungarn ebenfalls ein Ersatz für den nicht erneuerten Dreikaiserbund gefunden.

Maelonn schrieb:
Im Übrigen war bereits der Dreibund mit einer Annäherung an Großbritannien verbunden. Und der wurde 1882 geschlossen, ein Jahr nach dem Dreikaiserbund.

Kannst du dafür eine Quelle nennen?

Der italienische Außenminister Mancini insistierte nämlich noch kurz vor Vertragsabschluss, das der Vertrag sich auf keinen Fall gegen Großbritannien richten dürfe. (3) Bismarck machte sich diesbezüglich zwar keine Sorgen, aber es wurde trotzdem eine Deklaration an das Vertragswerk angehängt. Von einer Annäherung zu jenem Zeitpunkt ist da nicht die Rede.(4)


(1) Femers, Deutsch-Britsche Optionen, S.229

(2) Große Politik der europäischen Kabinette, Band 4, Dokument Nr.899, Bismarck an Reuß v. 06.März 1887

(3) Afflerbach, Der Dreibund, S.89

(4) Pribram, Geheimverträge, S.27 und darüber hinaus
Große Politik der europäischen Kabinette, Band 3, Dokument 570
 
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