Wagner- und Verdijahr 2013

Ich würde dir allerdings empfehlen, weniger Wagner zu hören, denn sonst erleidest du vor lauter Grimm noch einen Infarkt.
Danke der Fürsorge. Die Gefahr besteht allerdings nicht mehr, da ich hier gelernt habe, die Wagnerwerke als Komödien zu begreifen. Bei der Fußwaschung im "Parsifal" habe ich noch gewisse Probleme, aber ich denke, das schaffe ich schon auch noch.
 
Gibt es dazu ein einschlägiges Wagnerzitat?

Sehr gute Frage, denn ein solches Zitat existiert nicht. Da muss Gerd Franke wieder missinterpretatorisch tätig werden.
Doch, das gibt es - keine vorschnellen übelwollenden Vermutungen:

In einem Brief an Franz Liszt beklagt sich Wagner darüber, dass er den „Tannhäuser“ und den „Lohengrin“ auf dem Opernmarkt verkaufen musste. Er schreibt da: „Sie [scil. die beiden Opern] sind von mir verflucht worden, für mich zu betteln und nur noch Geld zu bringen [..,] Beachten wir die Welt nicht anders als durch Verachtung [...]Sie ist schlecht, schlecht, grundschlecht [...] Sie gehört Alberich: niemand anders!!!“
Die drei Ausrufezeichen hat Wagner gesetzt.

Vor dieser Alberich-Welt des Geldes und der Gier wollte er den "Ring" (den er "Die Nibelungen" nennt) bewahren, nicht "mit einem jüdischen Calcul beflecken und sie mir auch in dieser Hinsicht rein erhalten".

Das ist übrigens auch ein weiterer Beitrag zur Frage, mit welchem Grad an Humor Wagner selbst seinen "Ring" gesehen hat.
 
Na klar!

Ich habe die Texte nachgelesen.

Dort findet sich kein einziges Argument zur Frage der musikalischen Qualität von Wagners Kompositionen.
- Text #224 behandelt die sieben gängigsten Wagner-Apologeme - hauptsächlich bezogen auf den Antisemitismus-Vorwurf,
- #243 antwortet auf "dekumatland" und
- #244 behandelt den Mythos von Wagner als Revolutionär.

Argumente gibt's da genug, und darnach war ja gefragt. Ein Ausflug auf musikalisches Gebiet wäre da eine Themaverfehlung gewesen.
 
- Text #224 behandelt die sieben gängigsten Wagner-Apologeme - hauptsächlich bezogen auf den Antisemitismus-Vorwurf,
- #243 antwortet auf "dekumatland" und
- #244 behandelt den Mythos von Wagner als Revolutionär.

Argumente gibt's da genug, und darnach war ja gefragt. Ein Ausflug auf musikalisches Gebiet wäre da eine Themaverfehlung gewesen.

Gefragt war nach Argumenten für eine Behauptung, in der die musikalische Qualität ausdrücklich genannt wird.

Nein, sondern nach der literarischen, musikalischen, künstlerischen Qualität. Und da fällt Wagner mit Bomben und Granaten durch.

Vielen Dank für das Selbst-Eingeständnis der Themaverfehlung.
Und Tschüss. :winke:
 
Sie ist schlecht, schlecht, grundschlecht [...] Sie gehört Alberich: niemand anders!!!“
Die drei Ausrufezeichen hat Wagner gesetzt.
Gab es damals schon die Goldman Sachs Group? Ähm, ja... Kapitalismuskritik? Ein zweiter Karl Marx? Ach nee, geht nicht, Marx kam aus einer Rabbinerfamilie.
 
(„Johohoe! Johohoe! Hojohe!“ Das klingt nach Brünnhilde – was uns wohl der Meister damit sagen will?)
(vielleicht will er uns - in der Darstellung von absurden Phantasten - damit sagen: "sehet, ihr unbegabten Menschlein, dermaleinst wird kommen der Tag, da werde ich erneut eine strophische Arie für dramatischen Sopran komponieren"...)
nix und nüscht hat Sentas Ballade mit Brünhildes Antrittsarie (zweiter Aufzug Walküre) zu tun, weder die Richtung der Intervallsprünge noch die Rhythmik weist irgendeine auch nur entfernte Ähnlichkeit auf ---- muss ich mir die Mühe machen, in Notenbeispielen zu zeigen, dass eine Quarte abwärts (Senta) was anderes ist als eine Oktave aufwärts (Brünhilde)?...
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aber wenn man mit Kenntnissen ausgestattet (sic!) was gegen Wagners musikalische Verfahrensweisen unternehmen will, dann könnte man fragen, warum er hin und wieder die ansonsten in seinen musikalischen Theorien so sehr verpönte strophische da capo Arie einsetzt :D Brünhildes schematische a-b-a Arie, Siegfrieds Schmiedelieder, Siegfrieds "Sterbegesang" (oh weh, da muss der arme verreckende Siegfried ganz hoch das Thema singen, das zuvor der Waldvogel-Koloratursopran gebracht hatte)... kurzum: wir finden immer wieder formale Einschübe, die es eigentlich nach Wagners Theorien im Musikdrama nicht geben dürfte :D:D ...wie schon vor längerem gesagt: manchmal muss man Wagners Musik vor Wagners eigenen Theoremen in Schutz nehmen, ja man könnte bösartig konstatieren, dass seine Musik halt besser als sein theoretisches Geschwurbel ist, und da er ein genialer Musiker war, hatte er sich oft genug über seine eigenen Theorien hinweggesetzt :) Man sieht das auch sehr schön daran, wie in Ring und Tristan das zuvor als "Dichtung" publizierte Libretto in der Partitur von ihm selber der Musik angepasst wurde! (von wegen der Text seie ach so ultrarelevant...) ;)
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noch was ganz anderes:
Kontroversen, wenn mit geschliffener Feder geführt, können richtig interessant sein und Spaß machen! Nicht dass hier der Eindruck entsteht, ich würde mich mit Teilnehmer Gerd Franke streiten oder gar zanken: der hat von mir für einen geistreichen Beitrag einen Grünbommel erhalten :yes:

...zu fragen ist allerdings, ob eine Diskussion über musikalische Qualität (welcher ich nicht ausweiche, wenn sie denn geführt werden sollte) in einem Geschichtsforum überhaupt angebracht ist. Hoffentlich darf eine solche Diskussion hier geführt werden, denn ich hätte meine Freude daran! :)
 
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Ich nehme es keinem Foristen hier übel, dass er den Experten und Programmheft-Autoren zunächst einmal mehr vertraut als einem völlig unbekannten Schreiber im Thread. Aber wenn man das weiß, was ich hier etwa über Curt von Westernhagen mitgeteilt habe, sollte man schon etwas hellhörig werden.

Du glaubst doch nicht im Ernst, ich würde mich bei der Beurteilung von Wagners Opern und seiner Musik von dir oder anderen beeinflussen lassen? Da spreche ich sicher auch im Namen meines geschätzten Mitdiskutanten dekumatland.

Wir dürfen dir versichern, dass wir intelligent genug sind, uns eine eigene Meinung zu bilden,
 
Kleiner Unterschied

@Dieter und Rheingold
Ich finde gerade Rheingold zeigt am wenigsten verschluesselt worum es im Ring geht. Die Entfernung des Menschen vom idealen Naturzustand durch die Ausbeutung und Gier. Was ist das Rheingold denn sonst als die von der Natur zur Verfuegung gestellten Ressourcen?
Das sieht ganz so aus, als habe Wagner sich und uns an die Brust geklopft und zur Besinnung und zu Mäßigung, sozialer Wärme und vielleicht sogar zum Umweltschutz aufgerufen. So wollen es die Wagnerverharmloser nach 1945 natürlich gerne gesehen wissen.

Da gibt es jedoch einen kleinen, aber wesentlichen Unterschied. Man erinnere sich: An Franz Liszt schrieb Wagner, er müsse den "Ring" nur noch für die Frankfurter und Leipziger Juden komponieren, er sei ganz für sie gemacht. Das Zitat in meinem Text #237 geht in die gleiche Richtung, und in den berüchtigten "Bayreuther Blättern" hat er sogar noch einmal nachgelegt, wo er schrieb: "Der verhängnisvolle Ring des Nibelungen als Börsen-Portefeuille dürfte das schauerliche Bild des gespenstischen Weltbeherrschers zur Vollendung bringen.

Ausbeutung und Gier sah Wagner in seinem antisemitischen Wahn einseitig bei den Juden, von deren Seite er ja auch den Untergang der arischen Rasse befürchtete. Zitat kann gerne nachgeliefert werden.
 
Ich bin zwar hier ein Laie, aber das was ich hier zu lesen bekam, war sowohl in seiner Ausdrucksweise als auch teilweise inhaltlich für mich inakzeptabel.<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /><o:p></o:p>
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Meiner Verehrung gegenüber einen der größten Musikgenies der Welt – ich bin Stolz darauf das er ein Deutscher ist – hat das keinerlei misstrauen hinterlassen.
Auch dann nicht, wenn noch ein paar weitere Werke hier "analysiert" werden.<o:p></o:p>
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Negative Kritik alles ganz gut und schön und auch erforderlich. <o:p></o:p>

Für mich kommt es darauf an, wem verpasse ich eine negative Kritik.<o:p></o:p>
Ganz vorsichtig werde ich, wenn derjenige schon lange Tod ist, sehr viel gutes der Menschheit gegeben hat und deshalb auch viel Verehrung bekommt, sowie Achtung unter vielen, vielen Menschen hat.<o:p></o:p>
 
Ich bin zwar hier ein Laie, aber das was ich hier zu lesen bekam, war sowohl in seiner Ausdrucksweise als auch teilweise inhaltlich für mich inakzeptabel.<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /><o:p></o:p>
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Meiner Verehrung gegenüber einen der größten Musikgenies der Welt – ich bin Stolz darauf das er ein Deutscher ist – hat das keinerlei misstrauen hinterlassen.
Auch dann nicht, wenn noch ein paar weitere Werke hier "analysiert" werden.<o:p></o:p>
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Negative Kritik alles ganz gut und schön und auch erforderlich. <o:p></o:p>

Für mich kommt es darauf an, wem verpasse ich eine negative Kritik.<o:p></o:p>
Ganz vorsichtig werde ich, wenn derjenige schon lange Tod ist, sehr viel gutes der Menschheit gegeben hat und deshalb auch viel Verehrung bekommt, sowie Achtung unter vielen, vielen Menschen hat.<o:p></o:p>
Ähm, negative Kritik ist doch schön und gut und ich wüsste nicht, warum davon Wagner ausgenommen sein sollte.

Ich fürchte, Du neigst genau zum gegensätzlichen Extrem wie Gerd Franke.

Weil jemand zu einer gewissen Zeit gern gehört wurde oder wird, ist er nicht unbedingt ein toller Musiker. Die Gunst des Publikums ist ja sehr wechselhaft wie wir über Jahrtausende Menschheitsgeschichte feststellen können.

Bis jetzt habe ich eigentlich von noch keinem Diskutanten hier gelesen, warum Wagner ein großartiger oder ein schlechter Komponist gewesen sein soll. Einzig Rovere sprach vielleicht mal den Faktor Originalität an, was mir an der Diskussion bis jetzt am besten gefallen hat. :yes:
Der Rest war meistens dem persönlichen Empfinden verschuldet.
Vielleicht geht das auch garnicht anders.
Ich war ein paar Jahre in einem Musikforum bis es mir zu langweilig wurde, dass laufend irgendwelche Leute dasselbe schrieben - à la: "Harnoncourt ist so furchtbar." "Harnoncourt ist ja so toll." "Garnicht wahr." blabla. Waren sicher auch einige studierte Musikwissenschaftler darunter, die bis hin zu Größen ihrer Zeit sogar Komponisten Unfähigkeit, Platitüden, abgedroschene Phrasen und sonstwas in ihren Werken unterstellten.

Was ich hier an der Stelle unterschreiben würde ist, dass Erstens das Verdi- und Wagnerjahr bald vorüber ist. Zweitens: die Plattenindustrie durch Kritik im GF an beiden Komponisten (wobei man sich hier eh auf Wagner eingeschossen hat :D) keine Umsatzeinbußen zu befürchten hat. Drittens: beiden Komponisten ausreichend in allen möglichen Städten weit und breit gedacht wurde. Viertens: die Musik beider Komponisten ausreichend häufig in ausreichend unterschiedlicher Qualität und Intensität gespielt wurde und wird. Fünftens: nach wie vor viele Leute gerne Musik von Wagner und Verdi anhören.

Mal was anderes: welche Sau - äh Komponist - wird denn nächstes Jahr durchs Dorf getrieben? Pardon, welchem Komponisten wird denn nächstes Jahr gedacht? (Hoffentlich keiner, der Gerd Franke auf die Palme bringt. :D Und auch keiner, der über die Maßen verehrt wird.) Wie wäre es mit Carl Philipp Emanuel Bach? Dürfen wir uns auf einen Thread zu ihm freuen, dekumatland?:yes:
 
Schwierige Vorlage

Bekanntlich hat Wagner den Stoff zum "Fliegenden Holländer" von Heinrich Heine, dem er das natürlich nicht gedankt hat.

Heine berichtet in den "Memoiren des Herren von Schnabelewopski" (Kap. VII) vom Theaterbesuch des Erzählers in Amsterdam mit der erschröcklichen Schmonzette über den Fliegenden Holländer. Der Erzähler hat die Schmierenkomödie wohl nur deswegen durchgestanden, weil er sie mit einem heißen Flirt unterbrach. Herrlich Heines ironischer Zeigefinger am Schluss: "Die Moral des Stückes ist für die Frauen, dass sie sich in acht nehmen müssen, keinen fliegenden Holländer zu heuraten."

Weil Heine nur den Anfang der Geschichte bis zu Sentas "Ja" und dann wieder das Ende mit dem Klippensprung erzählt, entsteht eine Lücke, die Wagner aus eigener Phantasie schließen musste. Das tat er mit der Szene bei den Schiffen - schlecht und recht, und so nimmt die Handlung einen Verlauf, der mit Folgerichtigkeit oder psychologischer Plausibilität nichts zu tun hat.

Es war auch aus anderem Grunde nicht leicht für Wagner: Heine erzählt mit einem leichten, humoristischen, etwas sarkastischen Ton - nichts für die wagnersche Wucht. Und während Heine eine feine Doppeldeutigkeit in die Schlussszene bringt, indem das Mädchen den Tod als sicheres Mittel für ewige Treue bezeichnet (so als sei sie sich andernfalls nicht ganz sicher), kommt Wagner mit der Treue bis in den Tod, bis zum Tod oder durch den Tod bewiesene Treue ganz schön durcheinander.

Auch das heinesche Motiv für den Abschied des Holländers war Wagner etwas unangenehm: Heine deutet an, dass der Holländer im allgemeinen ganz froh war, "von der Ehe selbst wieder erlöst und seine Erlöserin los zu werden" (wie wenn er über Wagners Erlösungswahn geschmunzelt hätte). Wagner musste die Entwicklung mit Bordmitteln zum dramatischen Ende führen, und das ist ihm gründlich misslungen.

So liegt also der kuriose Fall vor, dass Heine sich über ein ernst gemeintes Stück gekonnt lustig macht, Wagner die Sache arg ungekonnt ins Ernste ziehen möchte, dabei aber reichlich unfreiwilligen Humor versprüht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bis jetzt habe ich eigentlich von noch keinem Diskutanten hier gelesen, warum Wagner ein großartiger oder ein schlechter Komponist gewesen sein soll. Einzig Rovere sprach vielleicht mal den Faktor Originalität an, was mir an der Diskussion bis jetzt am besten gefallen hat.

Warum Wagners Musik von der Musikkritik positiv - oft sogar euphorisch - beurteilt wird, warum sie originell und zukunftweisend war, ist schon oft beschrieben worden.

1. Er gilt als wichtigster Vertreter der (Spät)Romantik.

2. Er wird als Vorbereiter und Vorläufer einer "Neuen Musik" betrachtet, die direkt zur impressionistischen Musik führt. Gustav Mahler und Richard Strauss übernahmen Wagners Tonsprache, andere wie Tschaikowsky, Dvorak oder Bruckner sind ohne ihn nicht denkbar.

3. Wagner überwand endgültig die alte Nummernoper mit Rezitativen oder Dialiogen zugunsten einer durchkomponierten musikdramatischen Großform. Wagners Musikdrama besitzt eine "unendliche" Melodie, welche mit dem ersten Taktschlag beginnt und sich bis zum letzten Akt durchzieht. So bildet das gesamte Musikdrama eine Einheit, was die alte Nummernoper nicht zu leisten vermochte.

4.
Für Wagner stellte die Harmonik den interessantesten Teil der Musik dar und er revolutionierte sie gründlich. Im Gegensatz zur musikalischen Klassik rückt bei Wagner die Harmonik in den Vordergrund, mit der er Personen und Handlungen genauestens charakterisierte und Situationen dramatischer betonen konnte. Als Beispiel wird hier gern der "Tristan-Akkord" genannt, ein leitmotivisch eingesetzter Akkord in der Oper "Tristan und Isolde", der sich durch seine harmonische Undurchsichtigkeit auszeichnet und Wagners extrem chomatische und tonal unstete Hamonik symbolisiert. Tristan-Akkord ? Wikipedia

5. Zur besonderen Charakterisierung von Personen, Gefühlen und seelischen Stimmungen baute Wagner die Technik des Leitmotivs in einer Weise aus, die für sein musikalisches Schaffen besonders kennzeichnend ist.

Das sind die zentralen Punkte, die Wagners musikalisches Werk bestimmen und ihm einen besonderen Rang unter den Opernkomponisten verleihen. Diese Aussage soll z.B. die Leistung Verdis nicht schmälern, der die Oper in anderen Bereichen ebenso revolutionär vorangebracht hat.
 
Ich fürchte, Du neigst genau zum gegensätzlichen Extrem wie Gerd Franke.

Garantiert nicht.<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /><o:p></o:p>
Und weder ich noch irgendjemand in meiner Familie hatte jemals was mit Antisemitismus am Hut.<o:p></o:p>
Es kann auch nicht sein, wenn man hier Position für Wagner bezieht, dass man dann gleich in die Ecke von Antisemitisten geschoben wird :(. <o:p></o:p>
 
@Ralf.M: Das ist wohl ein Mißverständnis, wenn ich denn mal sagen darf, wie ich Brissotin verstanden habe.

Seine Aussage bezog sich lediglich auf Deine positve Wertschätzung von Wagner. Und da hat er Recht, dass diese positive Sicht den Gegenpol zu der harschen Kritik von Gerd Franke bildet.

Ansonsten ist es natürlich nicht nachvollziehbar, wenn man Wagner als Musiker schätzt, dass man deswegen automatisch antisemitisch sein soll.
 
Warum Wagners Musik von der Musikkritik positiv - oft sogar euphorisch - beurteilt wird, warum sie originell und zukunftweisend war, ist schon oft beschrieben worden.

1. Er gilt als wichtigster Vertreter der (Spät)Romantik.

2. Er wird als Vorbereiter und Vorläufer einer "Neuen Musik" betrachtet, die direkt zur impressionistischen Musik führt. Gustav Mahler und Richard Strauss übernahmen Wagners Tonsprache, andere wie Tschaikowsky, Dvorak oder Bruckner sind ohne ihn nicht denkbar.

3. Wagner überwand endgültig die alte Nummernoper mit Rezitativen oder Dialiogen zugunsten einer durchkomponierten musikdramatischen Großform. Wagners Musikdrama besitzt eine "unendliche" Melodie, welche mit dem ersten Taktschlag beginnt und sich bis zum letzten Akt durchzieht. So bildet das gesamte Musikdrama eine Einheit, was die alte Nummernoper nicht zu leisten vermochte.

4. Für Wagner stellte die Harmonik den interessantesten Teil der Musik dar und er revolutionierte sie gründlich. Im Gegensatz zur musikalischen Klassik rückt bei Wagner die Harmonik in den Vordergrund, mit der er Personen und Handlungen genauestens charakterisierte und Situationen dramatischer betonen konnte. Als Beispiel wird hier gern der "Tristan-Akkord" genannt, ein leitmotivisch eingesetzter Akkord in der Oper "Tristan und Isolde", der sich durch seine harmonische Undurchsichtigkeit auszeichnet und Wagners extrem chomatische und tonal unstete Hamonik symbolisiert. Tristan-Akkord ? Wikipedia

5. Zur besonderen Charakterisierung von Personen, Gefühlen und seelischen Stimmungen baute Wagner die Technik des Leitmotivs in einer Weise aus, die für sein musikalisches Schaffen besonders kennzeichnend ist.

Das sind die zentralen Punkte, die Wagners musikalisches Werk bestimmen und ihm einen besonderen Rang unter den Opernkomponisten verleihen. Diese Aussage soll z.B. die Leistung Verdis nicht schmälern, der die Oper in anderen Bereichen ebenso revolutionär vorangebracht hat.


Ich bin musikalisch nicht so versiert und mit Wagner ging es mir ähnlich wie dem Organisten Pfühl in den Buddenbrooks, der zunächst geradezu entsetzt über Wagner ist, schließlich aber durch Zureden Gerda Buddenbrooks zögernd die musikalische Qualität anerkennt. Meiner Meinung nach eine der besten literarischen Rezeptionen von Wagners Wirken und Wirkung. Ähnlich gelungen ist übrigens auch die Beschreibung wie Thomas Buddenbrook über den Tod und die Vergänglichkeit sinniert und ein Traktat eines ihm unbekannten Philosophen- Arthur Schopenhauer- liest. Die meisten Kenner Wagners sind der Meinung, dass Tristan und Isolde Wagners beste Oper ist, doch muss ich gestehen, dass mich diese gefühlten 4 Std Wagner etwas ermüden, meine musikalische Aufnahmefähigkeit vielleicht auch überfordern, während ich Tannhäuser, den Fliegenden Holländer, Rienzi und die Meistersänger gerne höre.

Schade finde ich, dass Wagner keine Sinfonien komponierte.
 
Wie wärs wenn wir wieder mal was über Verdi schreiben?

Der Rigoletto ist ja so ein unsympathischer Trottel.....wenn man schon einen Killer bucht, dann erkundigt man sich doch vorher!
 
Bekanntlich hat Wagner den Stoff zum "Fliegenden Holländer" von Heinrich Heine, dem er das natürlich nicht gedankt hat.

Heine berichtet in den "Memoiren des Herren von Schnabelewopski" (Kap. VII) vom Theaterbesuch des Erzählers in Amsterdam mit der erschröcklichen Schmonzette über den Fliegenden Holländer. Der Erzähler hat die Schmierenkomödie wohl nur deswegen durchgestanden, weil er sie mit einem heißen Flirt unterbrach. Herrlich Heines ironischer Zeigefinger am Schluss: "Die Moral des Stückes ist für die Frauen, dass sie sich in acht nehmen müssen, keinen fliegenden Holländer zu heuraten."

Weil Heine nur den Anfang der Geschichte bis zu Sentas "Ja" und dann wieder das Ende mit dem Klippensprung erzählt, entsteht eine Lücke, die Wagner aus eigener Phantasie schließen musste. Das tat er mit der Szene bei den Schiffen - schlecht und recht, und so nimmt die Handlung einen Verlauf, der mit Folgerichtigkeit oder psychologischer Plausibilität nichts zu tun hat.

Es war auch aus anderem Grunde nicht leicht für Wagner: Heine erzählt mit einem leichten, humoristischen, etwas sarkastischen Ton - nichts für die wagnersche Wucht. Und während Heine eine feine Doppeldeutigkeit in die Schlussszene bringt, indem das Mädchen den Tod als sicheres Mittel für ewige Treue bezeichnet (so als sei sie sich andernfalls nicht ganz sicher), kommt Wagner mit der Treue bis in den Tod, bis zum Tod oder durch den Tod bewiesene Treue ganz schön durcheinander.

Auch das heinesche Motiv für den Abschied des Holländers war Wagner etwas unangenehm: Heine deutet an, dass der Holländer im allgemeinen ganz froh war, "von der Ehe selbst wieder erlöst und seine Erlöserin los zu werden" (wie wenn er über Wagners Erlösungswahn geschmunzelt hätte). Wagner musste die Entwicklung mit Bordmitteln zum dramatischen Ende führen, und das ist ihm gründlich misslungen.

So liegt also der kuriose Fall vor, dass Heine sich über ein ernst gemeintes Stück gekonnt lustig macht, Wagner die Sache arg ungekonnt ins Ernste ziehen möchte, dabei aber reichlich unfreiwilligen Humor versprüht.


Es ist richtig, dass Wagner durch Heines "Memoiren des Herrn von Schnabelowski" auf die Sage vom Fliegenden Holländer aufmerksam wurde, aber der Mythos war deutlich älter und geht auf das 18. Jahrhundert zurück. Als reale Vorbilder kommen verschiedene persönlichkeiten in Frage: Bernard Fokke, ein Kapitän der Ostindienkompanie gelang es mehrmals die äußerst schwierigen und gefährlichen Gewässer um das Kap der Guten Hoffnung in Rekordzeit zurückzulegen, dass gemunkelt wurde, er sei mit dem Teufel im Bunde. Von Vasco da Gama wurde berichtet, dass er eine drohende Meuterei gebrochen habe, indem er den steuermann in Eisen legen ließ und die Navigationsmittel über Bord warf.

Eine ganz ähnliche Geschichte von einem "Geisterschiff" schrieb Wilhelm Hauff in den 1820er Jahren für den Märchenalmanach, und auch Alexander von Sternber (der Fliegende Holländer 1834), Edgar Allen Poe (1833 das "Manuskript in der Flasche"), Annette von Droste- Hülshoff und Theodor Fontane griffen das Holländermotiv oder ähnliche Sagen auf.

Wagner selbst geriet auf der Überfahrt nach Pillau, er musste 1839 vor seinen Gläubigern ins Zarenreich flüchten, in einem Sturm, bei dem er sehr seekrank wurde, und sein Schiff musste einen norwegischen Hafen anlaufen, den Wagner oder Daland im Holländer namentlich erwähnt ("Sandwike ist´s genau kenn ich die Bucht"). Ich verfüge, wie schon gesagt nicht über die musikalischen Kenntnisse, die du und andere Forianer in diesem Thread gezeigt haben, den Sturm, den Wagner im 1. Aufzug entfesselt, halte ich gerade für eine sehr gelungene musikalische Verarbeitung seiner nautischen Erlebnisse.
Der Fliegende Holländer gilt heute im allgemeinen als Wagners Durchbruch zu seinem eigenen musikalischen Stil. Als die Oper 1843 in Dresden uraufgeführt wurde, erlitt sie allerdings einen Durchfall, hatte jedenfalls nur mäßigen Erfolg und wurde nach vier Aufführungen abgesetzt.

Die Diskussion habe ich mit großem Interesse verfolgt, die Bewertung des musikalischen Rangs von Wagners Werk ist auch eine Frage des persönlichen ästhetischen Empfindens und des Geschmacks und muss als solche letztlich subjektiv bleiben, was @Brissotin und andere bereits angemerkt haben.
 
Bis jetzt habe ich eigentlich von noch keinem Diskutanten hier gelesen, warum Wagner ein großartiger oder ein schlechter Komponist gewesen sein soll.
dann hast du wahrscheinlich drei Notenbeispiele übersehen :winke: denen hätte man entnehmen können, dass und wie Wagner komponieren konnte*) (schließlich war da unser wortreicher Wagnerkiller gebeten, zu zeigen, was daran dilletantisch oder ungekonnt sein soll - bislang hat er wohlweislich darauf verzichtet, das zu erklären :D:D)

...aber halt! oh Weh!... über das zweite und dritte Notenbeispiel hatte Wagner an Liszt geschrieben
Wagner schrieb:
ja kann man das überhaupt noch komponieren nennen?
und sicherlich gibt es scharfsinnige Deuter, die aus dem Zusammenhang gerissen, in dieses "Selbstzeugnis" das Eingeständnis des Nichtkönnens hineinlesen wollen - zwar merkt in diesem Brief an Liszt jeder, was Wagner damit gemeint hatte, nämlich über das bislang in der Musik vohandene weit hinaus gegangen zu sein, aber es geht hier ja zu wie im Amifilm, wo die Verdächtigen stets darauf hingewiesen werden, dass alles, was sie sagen, gegen sie verwendet werden kann :D:D
(ich setzte auf Scorpios Sinn für Humor -- nein, der Bachbub wird mich nächstes Jahr nicht dazu verleiten, hier nochmal einen Musikfaden aufzumachen...)
________________
*) unschwer zu erkennen ist, dass der fahle Bläserakkord d-#e-a zwar scheinbar wie ein d-Moll Dreiklang klingt, tatsächlich aber ein doppelter Vorhalt zum Cis-Dur Septimakkord ist - das Neuartige hier ist, dass Harmonien anders sind, als sie dem Gehör erscheinen [zweites Notenbeispiel] und schwer ist danach [drittes Notenbeispiel] zu erkennen, dass die epochale chromatische Harmonie namens Tristanakkord schon hier auftaucht, mit allen Ingredenzien (auch mit dem als klangliche Auflösung wirkenden Dominantseptimakkord am Ende), lediglich der zweite und dritte Akkord dieser Progression aus vier dissonanten Akkorden ist hier im Vergleich zum Tristan vertauscht -- ja, der Wagner hatte die Tristanharmonie schon vor dem Tristan zu Papier gebracht.
 
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