Die rassistische Struktur des "Parsifal"
Eigentlich ist mit drei Wörtern alles gesagt. Wenn am Schluss die Gralsgemeinschaft zusammen "mit Stimmen aus der mittleren sowie der obersten Höhe" ergriffen singt: "Erlösung dem Erlöser", dann ist damit das Programm zusammengefasst, nach dem der "Parsifal" angelegt ist. Auf diese drei Wörter läuft alles zu. Dass man über die an die denkbar prominenteste Stelle gesetzte Parole so einfach hinweggeht, ist nicht mehr mit Achtlosigkeit zu erklären; hier wird absichtsvoll ignoriert.
Was er damit gemeint hat, hat Wagner mehr als einmal gesagt: Der Erlöser soll "von aller alexandrinisch-judaisch-römisch despotischen Verunstaltung gereinigt und erlöst" werden, der "Kern der Religion" soll "gerettet" werden, und zwar von einem siegfriedhaften deutsch-germanisch-arischen Christus.
Ganz wie im "Ring" verraten auch im "Parsifal" diejenigen Punkte, an denen er die Überlieferung geändert hat (von den Kürzungen einmal abgesehen), besonders deutlich, worauf es Wagner ankam:
Da wäre einmal das scheinbar unscheinbare Detail des Namens: "Parzival" - die verdeutschte Form des französischen "Perceval" war Wagner viel zu romanisch; da musste eine falsche Etymologie her, das Persische wird bemüht, nach Wagners Auffassung die Sprache der Ur-Arier, und siehe da - der Name verrät genau das, was Wagner an seinen Helden schätzt, nämlich die Reinheit und dass sie unbelastet sind von alexandrinisch-judaisch-römischer Bildung, reine Toren eben.
Kundry ist nicht einfach wie bei Wolfram Gralsbotin, sondern daneben auch Klingsors gefährlichste Waffe, Verführerin und Überträgerin des Leidens, das Amfortas befallen hat und die Gralsgemeinschaft bedroht. Sie trägt nicht nur Ahasver-Züge, sondern wird von Wagner sogar als "Ahasvera" und "Herodias" bezeichnet.
Man redet viel von "Mitleidsethik" im Parsifal; aber die einfühlende Frage, die im mittelalterlichen Epos zentrale Bedeutung hat, interessiert Wagner nicht. Sein Parsifal wird "durch Mitleid wissend", genauer gesagt "welthellsichtig". Das bedeutet, er erkennt in dem Moment, in dem er Kundrys Verführung widersteht, wie es in der Welt läuft: Da gibt es die Guten, die mit Gott verbundene Gralsgemeinschaft nämlich, aber auch das Reich des Bösen, also Klingsors, der die Gemeinschaft der Guten verderben will. Wie im "Ring" ist die Vermischung der einen mit der anderen Gemeinschaft, man darf getrost sagen: die Rassenvermischung, das Einfallstor der Verderbnis.
Und wie wenn das noch nicht deutlich genug wäre, erfindet Wagner im ersten Akt eine aberwitzige Blut-Hydraulik von heiligem und Sündenblut und dem Leck in Amfortas' Körper, das nur durch den heiligen Speer in der Hand des arischen Christus Parsifal geschlossen werden kann. Die Tatsache, dass sich dieser heilige Speer zunächst in der Gewalt Klingsors befindet, macht Wagners Lieblingsgedanken von der "Verunstaltung" des Erlösers durch ungermanische, nichtarische Einflüsse sinnlich begreifbar.
Die Identifikation Parsifals mit Christus zeigt geradezu aufdringlich die leicht blasphemische Stelle, an der Kundry Parsifals Füße salbt und mit ihren Haaren trocknet, wie das bei Joh. 12 von Maria, der Schwester des Lazarus, erzählt wird. Und damit wirklich jeder glaubt, dass der "Parsifal" und Wagners rassistische Prosa aufeinander bezogen sind, tauft der neue Gralsführer Kundry, die denn auch alsbald brav entseelt zu Boden sinkt - ein sprechendes Bild des kulturellen und physischen Untergangs eben, wie Wagner ihn den Juden zugedacht hat.